DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

05-04-2021 08:01
SXEU31 DWAV 050800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Montag, den 05.04.2021 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
Tr M Übergang NW z

Stark auffrischender Wind mit stürmischen Böen, bei Schauern Sturmböen. Im
Bergland und an den Küsten häufiger Sturmböen. Deutliche Abkühlung. Kurze
Graupelgewitter mit Glättegefahr auch tagsüber. An den Alpen in der Nacht zum
Dienstag kräftige Schneefälle; vereinzelt in Staulagen 15 bis 20 cm Neuschnee.
Dann verbreitet leichter Frost und Glättegefahr.

In den nächsten Tagen weiter fast spätwinterliche Troglage, kaltes Aprilwetter.
In den Nächten Frost und Glätte.

Synoptische Entwicklung bis Mittwoch 24 UTC
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Montag... der Ostermontag steht ganz im Zeichen einer markanter Austrogung in
Richtung Mitteleuropa mit der einsetzenden Zufuhr maritimer arktischer
Polarluft. Die Vordergrenze der feucht kalten Luftmassen wird markiert von einer
Kaltfront, die den Norden erreicht hat und bis zum Abend sehr zügig auch den
Süden überquert.

An der Kaltfront fällt vorübergehend schauerartiger Regen, meist 1 bis 5, in
Staulagen 5 bis 10 l/qm, wobei der Niederschlag zum Ende teils bis in tiefe
Lagen in Schnee übergeht. Für eine Schneedecke reicht es wegen der kurzen
Andauer und der warmen Vorgeschichte wohl nicht, eventuell aber für etwas
Schneematsch. In den Mittelgebirgen oberhalb
400 bis 600 m, im Laufe der Abendstunden im Alpenvorland, kann sich aber eine
dünne Schneedecke bilden.
Da die Schichtung im Bereich der Kaltfront recht stabil ist, sollte es dort noch
nicht zu Gewittern kommen. Durch die starke Scherung und Querzirkulation kann
sich aber eine markante Schauerlinie bilden.

In der dahinter einfließenden Luftmasse geht die 500-hPa Temperatur in der
Nordhälfte bis zum Abend auf rund -40°C oder etwas darunter zurück, in 850 hPa
mit Ausnahme des äußersten Südens auf -6 bis -9°C.

Entsprechend ist die Luft sehr instabil geschichtet und nach kurzer
postfrontaler Pause kommt es zu häufigen Schauern und kurzen Gewittern, die in
Staffeln von Nordwesten nach Südost über uns hinweg ziehend.
Die Schauer fallen zunehmend als Schneeregen, Schnee oder Graupel. In den
Gewittern, bzw. kräftigen Schauern sind einzelne Sturmböen Bft 9 möglich. Die
hochauflösenden Modelle sowie ICON D2 EPS zeigen auch Hinweise auf schwere
Sturmböen in den Schauern, was aber den "worst case" darstellen sollte. Wegen
der sehr kalten Luftmasse ist keine besonders große vertikale Mächtigkeit
erforderlich, um Gewitter zu generieren. Von daher sollte man sie auch nicht nur
im Küstenumfeld erwarten (wo die Labilität bis etwa 450 hPa hoch reicht),
sondern auch landeinwärts, wo der Deckel z.T. schon bei 600 hPa zu finden ist.

Mit der Gradientverschärfung frischt der Wind nicht nur in Schauern, sonst auch
schon präfrontal deutlich auf. In der
Südhälfte sind im Laufe des Vormittags Böen 7 bis 8 Bft aus Südwest- bis
Westwind zu erwarten, zum Nachmittag im Alpenvorland durch Leitplankeneffekt
vereinzelt 9 Bft. An der Kaltfront mit Winddrehung auf Nordwest kommt es zu Böen
7 bis 8 Bft. In der einfließenden Kaltluft postfrontal treten allein durch den
Gradienten Böen der Stärke 7-8 Bft. An der Küste sowie im höheren Bergland sind
auch Sturmböen 9 Bft häufiger vertreten, in exponierten Kamm- und Gipfellagen
sowie an der Nordsee auch schwere Sturmböen 10 Bft, auf dem Brocken 11 Bft.

Die Temperatur steigt im Süden noch mal auf 10 bis 15°C, sonst werden 4 bis 10°C
erwartet, wobei das Maximum z.T. schon am Vormittag auftritt. In kräftigen
Schauern sind vorübergehend auch tagsüber Temperaturen nahe 0 Grad drin.

In der Nacht zum Dienstag breitet sich die hochreichende Kaltluft über ganz
Deutschland aus. T850 geht auf -7 bis -10°C, T500 auf -36 und -41°C zurück. Die
Kaltfront zieht über die Alpen rasch südwärts ab, dahinter baut sich eine
Staulage auf mit kräftigen Schneefällen in den Alpen. Binnen weniger Stunden
(vor allem in der ersten Nachthälfte) sind 5 bis 10 cm, in Staulagen bis 15 cm,
im Allgäu stellenweise bis zu 20 cm Neuschnee möglich. Im südlichen Alpenvorland
können rund 5 cm zusammenkommen. Bereits in der zweiten Nachthälfte lässt der
Schneefall wieder nach.

In den übrigen Landesteilen entwickeln sich weitere Schnee- oder Graupelschauern
incl. kurzer Gewitter. Betroffen ist zunächst vor allem ein Streifen von der
Nordsee und Benelux zur Mitte, wo durch einen besser am Boden und in der unteren
Troposphäre als in der Höhe markierten Trog Hebung ausgelöst wird. Im Stau der
Mittelgebirge können bis zu 5 cm Neuschnee zusammenkommen und selbst in tiefen
Lagen ist eine dünne Schneedecke oder Schneematsch nicht ausgeschlossen.
Zwischen Main und Donau, im Südwesten und im Nordosten trocknet es dagegen etwas
ab, verbunden mit einem Schauerminimum; zum Teil bleibt es dort sogar ganz
trocken.

Der Gradient fächert auf, was zusammen mit dem Tagesgang ein deutliches
Nachlassen des Windes zur Folge hat. An der Küste, in höheren Lagen sowie im
Westen und in der Mitte (in Verbindung mit dem Bodentrog) reicht es aber noch
für Böen
7 bis 8 Bft, an der Nordsee sowie in exponierten Hochlagen 9 Bft.
Mit Ausnahme des unmittelbaren Küstensaums sowie stellenweise in der
Norddeutschen Tiefebene sinkt die Temperatur trotz z.T. zeitweiliger Bewölkung
respektive relativ kurzer klarer Fenster verbreitet auf etwas unter 0°C, im
Bergland auch in den mäßigen Frostbereich. Dabei muss neben Schneeglätte
(gebietsweise) auch mit gefrierender Nässe gerechnet werden.


Dienstag... dauert die Troglage an. Der Langwellentrog ändert seine Lage nur
wenig und wird durch in seiner Westflanke nach Süden laufende Randtröge
regeneriert. Zwischen einem über Nordskandinavien liegenden Sturmtief und dem
kräftigen Hoch mit Zentrum westlich von Irland wird nach wie vor labil
geschichtete Polarluft arktischen Ursprungs nach Deutschland gesteuert (T850 um
-8°C, T500 um -40°C), in der sehr wechselhaftes und kühles Aprilwetter
garantiert ist.

Es entwickeln sich verbreitet und wiederholt teils kräftige Schnee- und
Graupelschauer (im Lee weniger als im Luv) sowie kurze Gewitter. Begleitet wird
das Ganze von einem stark böigen West- bis Nordwestwind mit Böen 6 bis 7 Bft
über der Mitte und im Süden, im Norden häufiger Bft 8, an der Nordsee und in
Hochlagen 9 bis 10 Bft. Die Temperaturen liegen auch nachmittags nur zwischen 2
und 7°C, oberhalb etwa 600 bis 700 m herrscht leichter Dauerfrost.

In der Nacht zum Mittwoch verbleiben wird unter dem westlichen Teil des
Langwellentroges. An der labilen Schichtung und dem Temperaturniveau ändert sich
nicht viel.

Die Schauerneigung lässt tagesgangbedingt nach, vor allem an der Ostsee und in
Staulagen der Mittelgebirge sind noch Schnee- und Graupelschauer oder ein kurzes
Gewitter unterwegs. Ganz im Süden an den Alpen verstärkt sich die Staukomponente
erneut, so dass durchaus 5 bis 10 cm Neuschnee fallen können, GFS hat 20 mm auf
der Karte, liegt damit aber deutlich in Front.

Im Verlauf der Nacht greift auf den Nordwesten ein Randtrog über, der zwischen
SH, der Nordsee und der Eifel wieder, teils schauerartige Niederschläge, meist
Schneeregen oder nasser Schnee aufkommen lässt. Bis ganz runter ist Schneematsch
oder etwas nasser Schnee möglich, im Bergland eventuell 5 bis 10 cm Neuschnee,
je nach dem, inwieweit Mittelgebirge involviert sind.

Mit dem Übergreifen des Troges würde auch der Wind wieder auffrischen, Bft 7
sind in tiefen Lagen des Nordwestens zu erwarten, Bft 8 im Bergland und
Sturmböen wäre die Option für die Nordsee. Allerdings simulieren die Modelle
noch unterschiedlich und die Entwicklung wird unsicher. ICON zeigt den Trog
weiter westlich als GFS und die Europäer.

Die Temperatur geht außer an den Küsten verbreitet in den leichten, im Bergland
teils mäßigen Frostbereich zurück. Dabei muss mit Glätte durch Schnee,
(gefrierenden) Schneematsch oder gefrierende Nässe gerechnet werden.


Mittwoch... bleibt die Zirkulation stark meridional geprägt. Der Höhentrog
erstreckt sich vom Nordpolarmeer bis zum Mittelmeer, während über dem nahen
Atlantik ein Höhenrücken die Stellung hält. Dazwischen wirkt ein langgestreckter
und hochreichender Nordwest- bis Nordfetch, der uns weiterhin Polarluft
arktischen Ursprungs zuschanzt. Daran ändert auch die Tatsache nichts, dass die
Temperatur in 500 hPa von Westen her etwas ansteigt.

Der Bodentrog wird südostwärts gesteuert, wobei weiterhin die
Ost-West-Diskrepanz, aber auch der Unterschied in der Ausprägung des Troges
zwischen ICON und IFS/GFS bestehen bleibt. Weitere Schnee- oder
Schneeregenfälle, gefolgt von Schnee-, Schneeregen- oder Graupelschauern sowie
kurzen Gewittern ziehen dabei über uns den Vorhersageraum nach Süden.

Zudem frischt der West- bis Nordwestwind in Böen stark bis stürmisch auf,
jedenfalls nach Lesart IFS/GFS; beim ICON ist von einer neuerlichen Windzunahme
nämlich nicht viel zu sehen.

Die Temperaturen ändern sich kaum, bei 2 bis 7°C ist tagsüber Schluss und im
höheren Bergland oberhalb von 600m herrscht meist leichter Dauerfrost.

In der Nacht zum Donnerstag wird der Trog mit der höhenkalten Luft langsam nach
Osten abgedrängt, gefolgt von einem Höhenrücken, der über die Nordsee zu uns
schwenkt. Damit stabilisiert die Schichtung und es baut sich eine
Bodenhochdruckzone über Frankreich und Süddeutschland auf. Vor allem am
östlichen Alpenrand und im Norden und Osten kommt es zu Schauern oder
schauerartigen Niederschlägen, die bis ganz runter teilweise als Schnee und
Graupel fallen. Vor allem im Südwesten lockert die Wolkendecke auch stärker auf.


Die Temperatur sinkt auf Werte um 0 Grad ganz im Norden, sonst gibt es häufig
leichten Frost und gebietsweise Glätte durch geringen Schnee oder gefrierende
Nässe.
Der Gradient fächert deutlich auf und entsprechend lässt der Wind nach. Anfangs
im Süden, ansonsten an den Küsten und im Bergland sind steife Böen zu erwarten,
an der See und auf einigen Gipfeln auch stürmische Böen oder Sturmböen, wobei
auch dort die Tendenz zur Windabnahme zu sehen ist.


Modellvergleich und -einschätzung
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Die Modelle simulieren zunächst bis auf kleinere Unschärfen im Detail ähnlich.
Ab der Nacht zu Mittwoch werden die Unterschiede größer, vor allem in Bezug auf
den nach Südosten ablaufenden Randtrog. Angesichts der Schauer und niedrigen
Temperaturen ist auch tagsüber bei Graupelschauern kurzzeitig Glätte möglich,
nachts kann recht offensiv mit Glättewarnungen vor gefrierender Nässe umgegangen
werden.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Bernd Zeuschner