DWD Synoptische Übersicht Mittelfrist

04-04-2021 10:30

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Sonntag, den 04.04.2021 um 10.30 UTC



Trog Mitteleuropa. Wechselhaft anfangs stürmisch und für die Jahreszeit deutlich
zu kalt. Im Bergland winterlich.
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Synoptische Entwicklung bis zum Sonntag, den 11.04.2021


Zur Mitte der Woche herrscht eine stark gestörte Zirkulation über dem Atlantik
und Europa. Ein blockierendes Atlantikhoch liegt erstreckt sich bis nach
Grönland. An seiner Ostflanke stößt ein markanter Langwellentrog über
Mitteleuropa bis ins Mittelmeer vor. Seine Achse erstreckt sich von Finnland
über das Baltikum nach Polen, Tschechien bis Italien. Dieser Trog ist
angereichert mit hochreichender arktischer Kaltluft, wobei die
500-hPa-Temperatur unter -40 °C über Süddeutschland liegt. Schneeregenschauer
und Graupelgewitter sind die Folge. Verstärkt werden dies noch durch einen
Bodentrog, der tagsüber nach Südosten abläuft. An seiner Westflanke wird ein
starker Gradient gerechnet der einen Low-Level-Jet mit über 50 kt auf 850-hPa
erzeugt, was die Gefahr von Sturmböen und sogar schweren Sturmböen in
Zusammenhang mit Schauern birgt. Die 850-hPa-Temperaturen liegen in der mit
starker nordwestlicher Strömung einfließenden Kaltluft um -7 °C. Innerhalb des
Bodentrogs steigt diese auf -5°C an, wodurch dort nochmals die Labilität steigt.
Auch dort ist es kalt genug, dass die Niederschläge im Bergland bis in mittlere
Lagen durchweg als Schnee fallen.

Am Donnerstag zieht der Trog mit der höhenkältesten Luft weiter nach Osteuropa
wodurch sich bei uns in der Höhe ein schwacher Keil durchsetzt. Auch im
Bodendruckfeld herrscht dann Hochdruckeinfluss von Frankreich bis
Süddeutschland. Dadurch setzt bei uns Absinken ein wodurch Schauer im
Tagesverlauf allmählich nachlassen und die Wolkendecke im Süden auflockert.
Auf dem Atlantik entwickelt sich stromabwärts des Grönlandkeils ein weiteres
Tief, das von Island unter Verstärkung Richtung Skandinavien zieht. Im Laufe des
Nachmittags greift die Warmfront des Nordatlantiktiefs mit dichter Bewölkung und
etwas Regen auf die Nordhälfte über.

Am Freitag wird das Hoch über Süddeutschland nach Südosteuropa verdrängt,
während das Nordatlantiktief sein Zentrum nach Skandinavien verlagert.
Rückseitig beginnt eine neue Austrogung, die sich nach West- und Mitteleuropa
richtet. Dem entgegen ein Bodentrog über Frankreich der auf seiner Vorderseite
für WLA in Süddeutschland sorgt. Dort steigt die 850-hPa-Temperatur auf über 0
°C an. Im Norden Deutschlands ist in den weit geöffneten Warmsektor des
Skandinavientiefs subpolare Meeresluft mit 850-hPa-Temperaturen von ~ -3 °C
eingeflossen. Gegen Abend greift die Kaltfront des Skandinavientiefs auf den
Norden über und führt einen neuen Schwall arktischer Meeresluft heran.

Am Samstag zieht der Trog nach Deutschland herein, wobei die Kaltfront bis zu
den Alpen vorankommt. Der Norden wird erneut von Höhenkaltluft (T-500hPa < -35
°C) erfasst. Die 850-hPa-Temperatur sinkt dabei wieder unter -5°C.

Im weiteren Verlauf zieht der Trog ostwärts ab und es baut sich eine
Hochdruckbrücke über Norddeutschland auf, in der sich die eingeflossene
arktische Kaltluft nur allmählich erwärmt.
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Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs


Die Entwicklung in den Vorläufen war bis Freitag sehr ähnlich. Jedoch hat sich
das südlichere Tief am Freitag dem neuen Trog angeschlossen, die Austrogung ging
zum kommenden Wochenende über Westeuropa, wodurch Deutschland auf die
Vorderseite gelangte und im Süden massive WLA einsetzte. Dort stiegen die
850-hPa-Temperturen bis +9 °C, während im Norden Subpolarluft dominierte.
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Vergleich mit anderen globalen Modellen


ICON ist bis Freitag ähnlich, die Austrogung wird dann zum Samstag über
Frankreich gerechnet, wodurch die Kaltfront über dem Nordwesten Deutschlands
zurückgehalten wird. Dabei gelangt der Rest von Deutschland trogvorderseitig
unter WLA.
GFS zeigt eine ähnliche Entwicklung lässt aber dabei die Luftmassengrenze am
Wochenende über Deutschland schleifen mit kräftigen Schneefällen auf der kalten
Seite im Schwarzwald, Thüringer Wald und im Erzgebirge.
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Bewertung der Ensemblevorhersagen


Bis Freitag sind die Ensmebles relativ einheitlich. Ab dann ergibt sich eine
deutliche Streuung bezüglich der Erwärmung und anschließendem Trogdurchgang. Der
Hauptlauf mit dem schnellen Trogdruchgang gehört allerdings einer Minderheit an.
Die Clusteranalysen zeigen bis einschließlich +240h nur einen Cluster.
Als Fazit lässt sich festhalten, dass die deutlich zu kalte Witterungsphase noch
bis Freitag andauert. Ob sich dann eine vorübergehende deutliche Erwärmung am
nächsten Samstag ergibt, ist noch unsicher. Dies hängt maßgeblich vom neunen
Trog ab, bei dessen Stoßrichtung in den Modellen und in den Ensembles noch
größere Unterschiede berechnet werden. Nach derzeitigem Stand der Ensembles und
anderer Modelle, ist eine deutliche Erwärmung zum Samstag jedoch nach wie
zumindest im Süden wahrscheinlich, auch wenn sie nicht vom ECMWF-Hauptlauf
gestützt wird. Dieser Warmlufteinschub, wenn er denn kommt, wäre dann
wahrscheinlich jedoch nur von kurzer Dauer.
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Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen


Am Mittwoch treten auf Grund des starken Gardienten und der labilen Grenzschicht
besonders in Schauer und Gewitternähe verbreitet Sturmböen, an der Westflanke
des erwähnten Bodentroges in Gewitternähe eventuell auch schwere Sturmböen auf.
Die 850-hPa-Wind erreicht dort bis zu 55 kt.
In kräftigen Schauern sind im Bergland und am Alpenrand über 5 cm Neuschnee in
kurzer Zeit möglich. Bis in mittlere Lagen bleibt es winterlich, auch im
Tiefland kommt es bei Graupelschauern vorübergehend zu Straßenglätte. Das
Potenzial für kräftige Graupelgewitter ist bei Höhenkaltluft < -40 °C sehr hoch.


Am Donnertag und Freitag nimmt das Potenzial für signifikantes Wetter deutlich
ab.

Am Wochenende lässt sich eine schleifende Front mit kräftigeren Schneefällen in
den Mittelgebirgen auf der kalten Seite nicht ausschließen, ist aber derzeit
noch wenig wahrscheinlich.
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Basis für Mittelfristvorhersage
Bis Freitag: MOSMIX und ECMWF-Hauptlauf, ab Freitag ECMWF-ENS-Mittel und MOSMIX
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VBZ Offenbach / Dipl. Met. Christian Herold