DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

04-04-2021 07:30
SXEU31 DWAV 040800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Sonntag, den 04.04.2021 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
NW z, Übergang zu N z
Heute zunächst keine markanten Wettergefahren. Erst zum Abend hin an der
Nordfriesischen Küste einzelne stürmische Böen. In der Nacht zum Ostermontag an
der Küste und im höheren (nördlichen und später zentralen) Bergland Sturmböen
Bft 8/9, exponiert schwere Sturmböen. Ostermontag auch auf das süddeutsche
Bergland übergreifend, dann auch in tiefen Lagen stürmische Böen. Zudem später
von der Nordsee her kurze Gewitter, teils mit Sturmböen.
In der Nacht zum Dienstag in tieferen Lagen abflauender Wind, in höheren
Berglagen sowie an der Nordsee weiterhin Sturmböen Bft 8/9, exponiert Bft 10.
Des Weiteren an den Alpen Schneefall, in kurzer Zeit (weniger als 12 Stunden) in
Staulagen um 20 cm Schnee.
Dienstag typisches Aprilwetter, Sturmböen Bft 8/9 nur noch in höheren Berglagen
und mit geringer Wahrscheinlichkeit in Verbindung mit kurzen Gewittern sowie an
der Nordsee. In der Nacht zum Mittwoch an der Nordsee erneut auffrischender Wind
mit Böen bis Sturmstärke, mit stürmischen Böen wahrscheinlich bis ins nördliche
Binnenland ausgreifend.

Synoptische Entwicklung bis Dienstag 24 UTC
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Sonntag... liegt Deutschland zwischen einem blockierenden Hoch mit Schwerpunkt
südwestlich von Island und einem Langwellentrog über Osteuropa, was eine
nordwestliche Strömung ergibt. Ein darin eingelagerter Keil schwenkt heute über
Mitteleuropa hinweg südostwärts. Durch diesen Keil wird eine Hochbrücke
gestützt, die, ausgehend von einem Bodenhoch westlich von Island, über den
Ärmelkanal und Deutschland hinweg in den Karpatenraum gerichtet ist. Die
Divergenzachse, die aktuell noch über der Mitte Deutschlands liegt, verlagert
sich bis heute Abend in den Süden. An deren Nordflanke gelangt mit einer
nordwestlichen Strömung relativ flache Sc-St-Bewölkung, deren Untergrenze etwa
bei 900 hPa liegt, in den Nordwesten und Westen Deutschlands, ohne dass
nennenswerte Niederschläge fallen. Diese Bewölkung dürfte es wohl kaum über die
Mittelgebirge hinweg südwärts schaffen. Dort dauert noch Absinken im
Achsenbereich der Hochbrücke an, so dass längere sonnige Abschnitte zu erwarten
sind. Dies lässt die Temperatur auf 11 bis 15 Grad steigen. Unter der o.g-
Bewölkung sind dagegen nur 7 bis 11 Grad zu erwarten.
Als Gegenspieler zu dem Hoch westlich von Island hat sich über dem Nordmeer,
etwa in der Nähe der Bäreninsel, ein kräftiges Tief in Position gebracht. An
dessen Kaltfront, die bis zum Abend bis in die mittlere Nordsee vordringt,
konnte sich eine Welle und wird sich nachfolgend ein Randtief entwickeln, das
sich in Richtung Bottnischen Meerbusen verlagert. An dessen Südflanke legt der
Gradient zu, so dass ab dem späten Nachmittag zunächst an der Nordsee und zum
Abend hin auch an der Ostseeküste erste Windböen aufkommen. An der
Nordfriesischen Küste kann dann in Böen Bft 8 erreicht werden. Ansonsten ist der
Wind vorerst noch nicht warnrelevant.
In der Nacht zum Montag weitet sich, ausgehend von einem Polarluftvorstoß aus
dem ostgrönländischen Raum, ein Trog bis über die Nordsee hinweg südwärts aus.
Dieser drückt die vorgelagerte Kaltfront rasch nach Süden. Dabei legt mit deren
Annäherung der Gradient weiter zu, wodurch an der Küste und zunächst in den
Hochlagen der nördlichen und später auch der zentralen Mittelgebirge Sturmböen
Bft 8/9 (Brocken schwere Sturm- bis orkanartige Böen) aufkommen. Windböen setzen
dann bis ins nördliche Binnenland ein. Bis Montagfrüh kommen auch in den Kamm-
und Gipfellagen der östlichen und süddeutschen Mittelgebirge Sturmböen Bft 8/9
auf.
Die Kaltfront, die einen stabilen Charakter aufweist, greift bis Montagfrüh etwa
bis zu einer Linie Usedom - Lüneburger Heide - Münsterland über und bringt ein
paar Millimeter Niederschlag. Postfrontal fließt arktische Polarluft ein, im 850
hPa-Niveau erfolgt ganz im Norden ein rascher Temperaturrückgang von positiven
Werten bis -10 Grad, was die Niederschläge dort in die feste Phase übergehen
lässt.
Leichter Frost sollte dann auf die südöstlichen Landesteile sowie den äußersten
Süden beschränkt bleiben. Ansonsten bleibt es aufgrund der aufziehenden
Bewölkung und einsetzenden Durchmischung frostfrei.

Montag... erfasst der o.g. Trog Mitteleuropa. Die diesem Trog vorgelagerte
Kaltfront dringt rasch bis zu den Alpen vor. Mit Passage der Front gehen die
Niederschläge zumindest bis in Lagen oberhalb 400 bis 600 m durchweg in die
feste Phase über (wahrscheinlich aber, ohne dass zunächst davon etwas liegen
bleibt), in tieferen Lagen sind Mischniederschläge vorstellbar. Mit diesem Trog
strömt die kältest-mögliche Luft nach Mitteleuropa. Im 500 hPa-Niveau sinkt
zunächst im Norden und Nordwesten die Temperatur bis deutlich unter -40 Grad, in
850 hPa auf etwa -10 Grad. Somit wird in diesen Gebieten die Schichtung
hochgradig labil, so dass sich typisches Aprilwetter mit wiederholten Schauern
(meist in fester Phase bzw. Graupel), kurzen Gewittern und dazwischen sonnigen
Phasen einstellt.
Die mittleren und später die südlichen Landesteile liegen im Bereich der nach
wie vor stabilen Kaltfront, wodurch dort skalige Niederschläge auftreten.
Mit Annäherung der Kaltfront frischt in den mittleren und später auch in den
südlichen Landesteilen der Wind aus West auf und erreicht in Böen Bft 7, in
freien Lagen Bft 8. Im Bergland sind Sturmböen Bft 8/9 zu erwarten, auf
exponierten Gipfeln stellen sich schwere Sturmböen (Brocken orkanartige Böen)
ein. Postfrontal flaut der Wind vorübergehend ab, was sich warntechnisch kaum
darstellen lässt. Mit dem Vordringen der labil geschichteten arktischen
Polarluft legt der Wind aus Nordwest erneut zu, so dass im Binnenland Wind- und
vermehrt stürmische Böen, an der Küste und in Verbindung mit kräftigeren
Schauern oder kurzen Gewittern auch weiter im Binnenland Böen bis Sturmstärke
auftreten können. Zum Abend hin flaut der Wind jedoch ab und ist im Binnenland
abseits der Gebirge größtenteils nicht mehr warnrelevant. Eine Ausnahme ist noch
der Süden, wo der Leitplankeneffekt mit Wind- und einzelnen stürmischen Böen zum
Tragen kommt. An der Küste und im Bergland sind auch ab dem Abend noch Wind- und
stürmische Böen, auf Berggipfeln Sturmböen zu erwarten. Auflockerungen kommen am
ehesten postfrontal zwischen den Konvektionszellen zustande. Ansonsten ist rasch
wechselnde, im Frontbereich mehrschichtige Bewölkung zu erwarten.
Präfrontal, d.h. ganz im Süden, werden noch einmal Höchsttemperaturen zwischen
10 und 14 Grad erreicht. Ansonsten sind nur noch 4 bis 9 Grad zu erwarten.

In der Nacht zum Dienstag stellt sich mit der Kaltfront, die die Alpen
überquert, am Alpenrand vorübergehend eine Stausituation ein. In kurzer Zeit
(wahrscheinlich sogar weniger als 9 Stunden) können 10 bis in Staulagen über 20
cm Schnee fallen, was eine markante Warnung erforderlich machen würde. Ansonsten
sind wiederholt Schauer zu erwarten, wobei an der Nordsee sowie an den
Nordwestseiten der Mittelgebirge eher von schauerartigen Niederschlägen die Rede
sein sollte. Während es an der Nordsee wahrscheinlich nur für Schneematsch
reicht, können sonst in den Mittelgebirgen oberhalb 400 bis 600 m ein paar
Zentimeter Schnee fallen. Zudem lebt der Wind mit Passage eines Bodentroges noch
einmal auf, so dass in freien Lagen einzelne Windböen, im Bergland und an der
See stürmische und in Gipfellagen Sturmböen auftreten können. Abgesehen vom
Nordwesten dürft sich ansonsten nahezu landesweit leichter, im höheren Bergland
sogar mäßiger Frost einstellen. Dabei besteht Glättegefahr durch überfrorene
Nässe, im Bergland durch gefrorenen Schneematsch.

Dienstag... bleibt der Trog über Mitteleuropa quasistationär und weitet sich
noch etwas nach Süden aus. In dessen Bereich ist die Schichtung weiterhin sehr
labil. Im 500 hPa-Niveau liegt die Temperatur zwischen -34 und -40 Grad, in 850
hPa um -8 Grad. Somit entwickeln sich, gestützt zudem durch den Tagesgang,
wiederholt Schauer und kurze Gewitter, die meist zu Niederschlägen in fester
Phase führen. Lediglich ganz im Südwesten, wo die Schichtung nicht so labil ist,
könnte vor allem in den Leegebieten der Mittelgebirge die Schauertätigkeit ein
wenig gedämpft sein.
Zudem frischt der Wind auch wieder auf, so dass im Norden und in der Mitte
Windböen auftreten können. An der Nordsee sowie in Verbindung mit kräftigeren
Schauern oder kurzen Gewittern können stürmische Böen nicht ausgeschlossen
werden, auf höheren Berggipfeln sind nach wie vor Sturmböen Bft 8/9 zu erwarten.

Wie es für Aprilwetter typisch ist, sind zwischen den Schauern und kurzen
Gewittern auch sonnige Abschnitte möglich. Diese sind an der Küste (weil dort
die Konvektion durch die kalte See gedämpft wird) und in den Leegebieten der
Mittelgebirge am wahrscheinlichsten. Mit Tageshöchsttemperaturen zwischen 2 und
7 Grad bleibt es sehr kühl. Oberhalb 800 m stellt sich leichter Dauerfrost ein
und der Schnee dürfte liegen bleiben.

In der Nacht zum Mittwoch ändert sich die Geopotentialverteilung nur
unwesentlich. Im Bereich des o.g. Troges stößt erneut ein Schwall arktischer
Polarluft nach Mitteleuropa vor. Mit diesem wird die Schichtung dann auch im
Südwesten Deutschlands wieder sehr labil. Landesweit liegen die Temperaturen im
500 hPa-Niveau um -40 und in 850 hPa um -10 Grad. Tagesgangsbedingt sollte die
Schauertätigkeit weitgehend zum Erliegen kommen. An der Küste (vor allem
Nordsee, Ostsee weniger ausgeprägt) leben die Schauer bis hin zu kurzen
Gewittern auf, dort könnte der Lake Effect zum Tragen kommen. Bedingt durch die
steiler werdende nordwestliche Strömung stellt sich an den Alpen wieder eine
leichte Stausituation ein. Während es an den Nordseiten der Mittelgebirge nur
für wenige Zentimeter Schnee reicht, können an den Alpen um 10 cm Schnee
zusammenkommen.
Der Wind ist im höheren Bergland und an der Nordsee mit Sturmböen Bft 8/9
weiterhin warnrelevant, ansonsten dürfte es kaum für Windböen reichen.
Tendenziell legt der Wind bis Mittwochfrüh etwas zu. Dabei kann nicht
ausgeschlossen werden, dass Wind- und auch stürmische Böen wieder bis ins
Binnenland ausgreifen.
Bei durchweg leichtem, im Bergland mäßigem Frost muss erneut mit Glätte durch
überfrorene Nässe oder (im Bergland) gefrorenen Schneematsch) gerechnet werden.

Modellvergleich und -einschätzung
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Die vorliegen Modelle stützen bis einschließlich Dienstagabend weitgehend die
oben beschriebene Entwicklung. Prognoserelevante Unterschiede lassen sich bis
dahin nicht ableiten.
In der Nacht zum Mittwoch greift von Norden her ein weiterer Bodentrog auf
Deutschland über. Dieser wird von EZMW und GFS wie auch vom Modell des
kanadischen Wetterdienstes kräftiger simuliert als von ICON, wodurch der Wind
dann sich gegenüber ICON verstärken dürfte.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Thomas Schumann