DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

01-04-2021 07:01
SXEU31 DWAV 010800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Donnerstag, den 01.04.2021 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
GWL: HNa, Übergang zu Na
Mit Kaltfront- und Trogpassage von Nord nach Süd allmählich Temperaturrückgang
auf "normalere" Werte. Dabei aber - außer stürmischer Böen auf einigen
Berggipfeln, am Freitag auch an den Küsten - keine signifikanten
Wettererscheinungen. In der Warmluft heute ganz im Süden Gewitter möglich.


Synoptische Entwicklung bis Samstag 24 UTC
--------------------------------------------------------------
Donnerstag... steht von Norden her ein markanter Wetterwechsel ins Haus, der
sich in erster Linie anhand eines deutlichen Temperaturrückganges bemerkbar
macht. Von "Aprilwinter" kann dabei aber zunächst einmal bei Weitem keine Rede
sein, erreichen die Temperaturen bis Samstag doch grade mal das für diese
Jahreszeit erwartbare Niveau, vielleicht sogar noch knapp darüber
Doch nun zur Entwicklung im Detail:
Ausgehend von einem hochreichenden und zentralsteuerndem Tiefdruckgebiet knapp
östlich der Barentssee erstreckt sich ein Höhentrog aktuell über den Finnischen
Meerbusen westsüdwestwärts bis zur Nordsee und überquert im Tagesverlauf vor
allem den Norden und Osten Deutschlands südostwärts. Er verschärft sich dabei
vorübergehend noch etwas, jedoch wird die auf dessen diffluent konturierter
Vorderseite hebungsdynamisch wirksame PVA durch KLA teilkompensiert, so dass der
Hebungsantrieb insgesamt eher marginal ausfällt.
Im Bodenfeld korrespondiert der Trog mit der Kaltfront des Zentraltiefs, die
aktuell bereits auf den Nordwesten Deutschlands übergegriffen hat. Diese kommt
im Tagesverlauf bis in die mittleren Landesteile (etwa bis zu einer Linie
Erzgebirge-Eifel) voran und wird dabei zunehmend von Kaltluftadvektion
überlaufen. Somit hält sich ihre Wetterwirksamkeit in Grenzen und macht sich
neben dem bereits erwähnten markanten Temperaturrückgang in erster Linie anhand
dichter mehrschichtiger Bewölkung bemerkbar, aus der es in erster Linie nach
Nordosten zu sowie an den Nordrändern der Mittelgebirge etwas regnen kann, die
Mengen sind aber nicht weiter erwähnenswert.
Postfrontal schiebt sich ein von einem vom westlichen Mittelmeerraum über
Frankreich und GB bis ins Seegebiet südwestlich Islands reichenden Höhenrücken
gestützter Bodenhochkeil rasch von Norden her nach Norddeutschland und führt
dort zu kräftigem Druckanstieg. Mit der Gradientverschärfung frischt der Wind in
erster Linie im Nordosten postfrontal vorübergehend aus Nordost auf, wobei
entlang der schleswig-holsteinischen und vorpommerschen Küste (dort eher noch
weniger wahrscheinlich) auch einzelne steife Böen (Bft 7) nicht ausgeschlossen
sind. Ansonsten lockern die Wolken postfrontal aufgrund kräftigen Absinkens vor
allem im Nordwesten und Westen rasch wieder auf.
Der Kaltfront folgt ein Schwall maritimer Polarluft, die aber mit Überströmen
des Norwegischen Küstengebirges nicht nur abtrocknet, sondern sich auch wieder
etwas erwärmen kann. So erreicht sie das Vorhersagebiet am Nachmittag/Abend mit
850 hPa-Temperaturen zwischen -2 Grad an der Ostsee und +4 Grad im zentralen
Mittelgebirgsraum. Vor allem in Norddeutschland, wo selbst an den Küsten gestern
noch gebietsweise Höchstwerte um 20 Grad, im Binnenland sogar mit bis zu 25 Grad
vielerorts Märzrekorde erreicht wurden, bleibt es somit heute bereits mit 7 bis
10 Grad an den Küsten und 9 bis 13 Grad im Binnenland erheblich kälter.
Präfrontal befindet sich Süddeutschland bis zum Abend zunächst noch im
Einflussbereich der außergewöhnlich warmen Subtropikluft (T850 hPa 8 bis 12
Grad). Mit Annäherung des Troges und den damit einhergehenden Hebungsprozessen
labilisiert diese Luftmasse im Tagesverlauf deutlich und wird zumindest
mitteltroposphärisch auch noch etwas angefeuchtet. Die Konvektion erlaubenden
Modelle (ICON-D2, SuperHD) simulieren vor allem in der Region vom Südschwarzwald
bzw. der Schwäbischen Alb bis zum Alpenrand mehrere 100 J/kg ML-Cape (ICON-D2
sogar kleinräumig bis nahe 1000 J/kg, was aber aufgrund eines eventuellen
Feuchtebias zu hoch erscheint) und auch einzelne Schauer bzw. Gewitter. Ob es
dafür angesichts der trockenen Grundschicht (HKN teils oberhalb von 750 hPa)
dafür reicht, muss abgewartet werden; wenn, dann spielt aber aufgrund des großen
Spreads in der Grundschicht vor allem der Wind warntechnisch eine Rolle.
Stürmische Böen sind auf jeden Fall in Betracht zu ziehen, eventuell auch
Sturmböen.
Mit Annäherung des Troges sind im Bereich des stärksten Hebungsantriebs auch in
den östlichen und ostbayerischen Mittelgebirgen einzelne Gewitter nicht komplett
ausgeschlossen.
Ansonsten steht in der Südhälfte aber noch einmal ein recht sonniger und vor
allem außergewöhnlich warmer Tag ins Haus. Erneut sind Höchstwerte zwischen 22
und 26, vielleicht irgendwo im Oberrheingraben knapp 27 Grad zu erwarten.

In der Nacht zum Freitag zieht der Trog unter Konturverlust rasch südostwärts ab
und überholt (bereits in den Abendstunden) auch die Kaltfront. Diese kommt nur
noch langsam nach Süden voran und erreicht morgens in etwa das Alpenvorland bzw.
den Schwarzwald. Sie verliert weiter an Wetterwirksamkeit, Niederschläge werden
kaum mehr simuliert, am ehesten noch letzte Schauer präfrontal in der ersten
Nachthälfte an den Alpen sowie geringer Regen/Nieselregen postfrontal im Stau
von Erzgebirge und Thüringer Wald.
Trogrückseitig stellt sich zwischen dem vom Nordwesten Russlands bis zum Balkan
reichenden Langwellentrog und einem sich mehr und mehr etablierenden Höhenhoch
im Seegebiet zwischen Irland und Island über dem Vorhersagegebiet eine
nordnordwestliche Höhenströmung ein, innerhalb derer ein aufgrund von
überlaufender KLA nur wenig wetterwirksamer kurzwelliger Troganteil von der
Nordsee her morgens auf den Nordwesten Deutschlands übergreift.
Im Bodenfeld wird der über die Britischen Inseln und die Nordsee bis nach
Norddeutschland reichende Hochkeil etwas nach Süden gedrückt und kann sich noch
etwas verstärken. Dabei bleibt unmittelbar postfrontal ein recht scharfer
Gradient erhalten, der sich vor allem mit einem vorübergehenden Auffrischen des
Windes in den Kamm- und Gipfellagen der zentralen und östlichen Mittelgebirge
bemerkbar macht. In einigen Gipfellagen (Brocken, Fichtelberg) kann es zumindest
kurzzeitig stürmische Böen aus Nordost bis Nord geben, ehe der Wind mit
Annäherung des Keils wieder abflaut.
Derweil dauert die Advektion maritimer Polarluft in den Norden und in die Mitte
des Landes an. Vor allem im Bereich des Hochkeils ist der Himmel teilweise
gering bewölkt und der Wind schläft ein, so dass es in erster Linie im Nordosten
gebietsweise leichten Frost, verbreitet aber Bodenfrost gibt. Nach
Durchschwenken des Keiles dreht die Grundströmung ganz im Norden wieder auf
Nordwest und unterhalb einer Absinkinversion in etwa 925 bis 950 hPa findet von
der Nordsee her eine Feuchtanreicherung statt, so dass SC-Bewölkung noch etwas
weiter landeinwärts driften kann. Zudem verschärft sich mit Annäherung eines
weiteren, markanter ausgeprägten Kurzwellentroges, der morgens Südnorwegen
erreicht, über der Nordsee auch der Gradient im Bodenfeld, so dass dort der Wind
aus Nordwest auffrischt. Eventuell gibt es auf Sylt morgens erste steife Böen.

Freitag... kann sich der Kurzwellentrog über Südnorwegen im Lee des Norwegischen
Küstengebirges deutlich verschärfen und schwenkt über Südschweden hinweg
südostwärts bis nach Nordpolen bzw. Vorpommern. Mit Annäherung des Troges dreht
die Höhenströmung mehr auf nördliche Richtungen und verschärft sich nicht
zuletzt auch aufgrund des sich verstärkenden Höhenhochs nordwestlich von Irland,
wobei aber nach wie vor KLA überwiegt, so dass trotz diffluent konturiertem
Geopotenzialfeld in 500 hPa keine signifikanten dynamischen Hebungsprozesse
generiert werden können.
Im Bodenfeld überquert die Kaltfront die Alpen und löst sich auf, kann dort
allerdings noch einzelne Schauer auslösen, kurze Gewitter nicht ausgeschlossen,
aber eher unwahrscheinlich.
Der Hochkeil kommt weiterhin nur langsam nach Süden voran und erreicht erst
gegen Abend mit seiner Achse in etwa Mosel und Main. Mit dem Kurzwellentrog
greift auch ein relativ scharf konturierter Bodentrog am Nachmittag/Abend auf
den Norden des Landes über. Dadurch verschärft sich im Tagesverlauf der Gradient
und der Wind frischt aus Nordwest auf. Bis in die Norddeutsche Tiefebene
reichend kann es steife, an exponierten Küstenabschnitten von Nord- und Ostsee
auch stürmische Böen geben.
Im Trog ist eine Kaltfront eingebettet, die sich zwar etwas verstärkt, ansonsten
aber kaum Wetteraktivität aufweist. Die Absinkinversion steigt im Bereich der
Front vorübergehend auf etwa 700 hPa, so dass die mit dem Trog weiter
landeinwärts drängende SC-Bewölkung etwas angehoben wird und in der
Norddeutschen Tiefebene vor allem am Nachmittag hier und da etwas regnen bzw.
nieseln, nach Osten zu auch Schauer geben kann. Postfrontal lockern die Wolken
dann an den Küsten bereits wieder auf.
Im Süden und in Teilen der Mitte scheint dagegen im Einflussbereich des
Hochkeils vielerorts die Sonne oder es ist locker bewölkt. Stärkere Bewölkung
hält sich am ehesten am Nordrand des Erzgebirges sowie anfangs noch an den
Alpen.
Auch im Süden kühlt es gegenüber dem Vortag nun mehr oder weniger deutlich ab,
in den Norden verschärft sich die Advektion maritimer Polarluft weiter. Bis zum
Abend sind die Temperatur in 850 hPa auf Werte zwischen -5 Grad in der
Norddeutschen Tiefebene und +3 Grad an den Alpen. Mit viel Sonne werden am
Hochrhein und am Bodensee vielleicht noch einmal knapp 20 Grad erreicht,
ansonsten liegen die Höchstwerte zwischen 8 Grad im Norden und 17 Grad im
Südwesten.

In der Nacht zum Samstag zieht der nun an Wellenlänge gewinnende Höhentrog unter
weiterer Amplifizierung allmählich über Polen hinweg südostwärts. Die
Höhenströmung dreht somit auf glatt Nord, so dass der Bodentrog und die
Kaltfront rasch nach Süden vorankommen und morgens bereits die Alpen erreichen,
wobei die Kaltfront aufgrund unmittelbar nachfolgenden kräftigen Druckanstiegs
in antizyklonal konturiertem Bodenfeld mehr und mehr Auflösungstendenzen zeigt.
Mit Trogpassage gelangt allerdings etwas höhenkältere Luft in die Osthälfte des
Landes und führt vorübergehend zu einer Labilisierung der Luftmasse. Dabei kann
es von Vorpommern bis nach Sachsen für einzelne Schauer reichen (Gewitter eher
unwahrscheinlich, aber nicht komplett ausgeschlossen), die sich am Erzgebirge
etwas stauen, dort werden bis Samstagfrüh 1 bis 3 mm in1 2 Stunden simuliert.
Bei dort auf etwa -6 bis -7 Grad sinkenden Temperaturen in 850 hPa kann es teils
bis in tiefe Lagen etwas Schnee geben. Auch an den Alpen lebt die
Schauertätigkeit mit Annäherung der sich auflösenden Kaltfront orographisch
getriggert etwas auf und die Schneefallgrenze sinkt auf etwa 800 m, allerdings
sind keine nennenswerten Mengen zu erwarten.
Der Wind weht weiterhin lebhaft aus nördlichen Richtungen, nimmt in den
Niederungen und auch an den Küsten aber im Laufe der ersten nachthälfte rasch
ab. In den Kamm- und Gipfellagen der östlichen Mittelgebirge und der Alpen sind
aber einzelne stürmische Böen nicht ausgeschlossen.
Die maritime Polarluft erreicht nun auch den äußersten Südwesten, ICON-EU
simuliert 850 hPa-Temperaturen zwischen -7 Grad im Osten und -2 Grad im
Südwesten, GFS im Westen/Südwesten sogar noch etwas niedrigere Werte. Vor allem
im Nordosten lockern die Wolken im Laufe der Nacht rasch wieder auf, während sie
ganz im Süden bzw. Südwesten her dichter werden. Im Nordosten verhindert dabei
der Wind verbreitet auftretenden Frost, sonst die Wolken. Gebietsweise kann es
aber leichten Luftfrost geben.

Samstag... verlagert sich der Höhentrog über Osteuropa zögernd nach Osten,
ausgehend vom kräftigen Höhenhoch westnordwestlich von Irland greift ein
Höhenrücken im Tagesverlauf auf die Nordsee über. Dieser wird gestützt durch
kräftige WLA am Südrand der weit nördlich verlaufenden Frontalzone, die diesen
überläuft und auf Skandinavien, im weiteren Verlauf auch auf das nördliche
Mitteleuropa übergreift, das Vorhersagegebiet zunächst aber nicht weiter
tangiert.
Im Bodenfeld verstärkt sich der nach Mitteleuropa gerichtete Keil des kräftigen
Hochs über dem nahen Ostatlantik noch etwas. Somit dominiert über dem
Vorhersagegebiet großräumig Absinken. Vor allem von der Lausitz bis nach
Südostbayern können sich noch längere Zeit dichtere Wolken halten, auch im
Nordseeumfeld bleibt es gebietsweise bewölkt, ansonsten lockern die Wolken mehr
und mehr auf und machen der Sonne Platz. Anfangs kann es am Erzgebirge und am
östlichen Alpenrand noch etwas regnen, in höheren Lagen schneien, am Vormittag
klingen diese Niederschläge ab, was nach Lesart des GFS vielleicht etwas länger
dauert als nach den anderen Modellen. Nennenswerte Mengen kommen aber nicht
zusammen.
Der Gradient fächert nur zögernd auf, so dass der Wind in der Osthälfte
tagesgangbedingt wieder etwas aus Nord bis Nordwest auffrischt. Für
warnrelevante Böen sollte es aber - außer vielleicht an exponierten Abschnitten
der vorpommerschen Küste (Bft 7) oder auf exponierten Erzgebirgsgipfeln (Bft 8)
nicht reichen.
Das großräumige Absinken macht sich niedertroposphärisch nur wenig bemerkbar,
die Temperatur in 850 hPa steigt kaum an. Somit werden Höchstwerte zwischen
teilweise nur 6 Grad am Erzgebirge und 14 Grad mit viel Sonne im südlichen
Oberrheingraben erreicht.

In der Nacht zum Sonntag kann sich der Höhenrücken über der Nordsee und
Südskandinavien noch etwas verstärken, wird aber von WLA überlaufen, die
zunehmend auch den Norden des Vorhersagegebietes beeinflusst.
Im Bodenfeld kommt nämlich die Warmfront eines kräftigen Tiefs südlich von
Spitzbergen über Südskandinavien allmählich südostwärts voran. Dadurch setzt vor
allem im Nordosten Druckfall ein und der Keil des kräftigen, sich allmählich vom
Ostatlantik zum mittleren Nordatlantik zurückziehenden Hochs wird nach
Süddeutschland abgedrängt. Dadurch dreht die Bodenströmung im Norden und Osten
des Landes auf Nordwest und verschärft sich etwas. Durch die
niedertroposphärisch einsetzende, recht kräftige WLA (T850 hPa steigt auf +1 bis
+4 Grad) verstärkt sich im Nordwesten eine Inversion in etwa 900 hPa unterhalb
derer sich recht dichte Stratusbewölkung von der Nordsee her recht weit
landeinwärts ausbreiten kann. Während es im Nordwesten also zunehmend stark
bewölkt bis bedeckt bleibt, ist der Himmel sonst oft gering bewölkt oder klar.
Dabei gibt es - außer halt unter den dichten Wolken im Nordwesten - verbreitet
leichten Frost. Stellenweise kann sich auch Nebel bilden.


Modellvergleich und -einschätzung
--------------------------------------------------------------
Anhand der synoptischen Basisfelder lassen sich keine warn- und
prognoserelevanten Modellunterschiede ausmachen. Ob es heute bzw. am Karfreitag
für Konvektion reicht, muss abgewartet werden, am wahrscheinlichsten sind
einzelne Gewitter wohl heute ganz im Süden.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Winninghoff