DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

31-03-2021 08:01
SXEU31 DWAV 310800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Mittwoch, den 31.03.2021 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
****** KORREKTUR

Wegen falscher Namensbezeichnung (das Hoch bei Island heißt ODETTE und nicht wie
fälschlicherweise im ersten Text geschrieben NICOLE). NICOLE heißt das nach
Südosteuropa abwandernde Hoch.

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GWL: Übergang zu Mittelding zwischen NWa (Nordwest antizyklonal) und HNa (Hoch
Nordmeer antizyklonal)

Heute trotz Druckfalls noch sonnig und warm. Am Donnerstag und Freitag Durchzug
einer Kaltfront auf antizyklonaler Spur. Temperaturrückgang, aber nur wenig
Regen.



Synoptische Entwicklung bis Freitag 24 UTC
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Mittwoch... verabschiedet sich der März 2021 bei uns sonnig und frühlingshaft,
ja mancherorts möchte man sogar sagen frühsommerlich warm. Dabei besteht sogar
die realistische Chance, den Allzeittemperaturrekord für März aus dem Jahr 1989
einzustellen oder gar zu übertreffen (26,8°C, gemessen am 30.3.89 in
Schallstadt-Mengen (BW)). Allerdings braucht es dazu etwas Glück, aber warum
nicht?

Synoptisch bleibt der weite Teile Mitteleuropas überdeckende Höhenrücken das Maß
der Dinge, auch wenn das gute Stück etwas an Substanz verliert. Egal wo man
hinschaut, der Rücken ist quasi umzingelt von zyklonalen Strukturen, sei es in
Form von Höhentiefs oder Trögen, sei es durch die relativ weit im Norden
verlaufende Frontalzone. Letztere wird - angefacht durch einen vom Europäischen
Nordmeer in Richtung Nordsee und Südskandinavien schwenkenden Randtrog - peu a
peu nach Süden gedrückt, wodurch der Rücken in seinem Nordteil etwas
"abgehobelt" wird. Gleichzeitig fällt der Luftdruck bei uns, wodurch sich der
Schwerpunkt des bis dato wetterbestimmenden Hochs NICOLE in den Südosten Europas
zurückzieht. Das nächste Hoch (ODETTE) steht aber schon ante portas, mit stolzen
1035+X hPa residiert es heute Mittag knapp süd-südwestlich von Island, von wo
aus ein Keil bis hinüber zur norwegischen Westküste gerichtet ist.

Getrennt werden die beiden antizyklonalen Schwergewichte durch eine flache
Tiefdruckrinne (SIEGFRIED), die um 12 UTC von UK/Irland bis hinüber nach
Südskandinavien gerichtet ist. Darin eingelagert ist eine alles andere als
sportlich daherkommende Kaltfront, die bedingt durch Wellenbildung wenig mobil
und zudem von geringer Wetteraktivität ist. Ihren Namen hat sie trotzdem
verdient, weil sie auf ihrer Rückseite ´ne ordentliche Portion maritimer
Polarluft versammelt, die durchaus bereit ist, auch unsere Gefilde anzusteuern.
Doch dazu später mehr. Heute jedenfalls bestimmt noch die gealterte Warmluft das
Geschehen vor Ort (T850 um 10°C, lediglich im äußersten Norden etwas darunter),
die sich tagsüber trotz arg limitierter Durchmischung bedingt durch den schon
hohen Sonnenstand diabatisch kräftig erwärmen kann. Dabei sind die thermischen
Startbedingungen sehr unterschiedlich, wie ein Blick auf die frühmorgendliche
Temperaturkarte verrät: Während es in einigen Senken noch mal für leichten Frost
gereicht hat, war es in einigen Hang- und Berglagen sowie lokal im Westen mit
rund 15°C fast schon eine sommerlich anmutende Nacht.

Wie auch immer, abgesehen von einigen hohen Wolkenfeldern präsentiert sich der
Himmel nahezu blankgeputzt, was der Sonne die Möglichkeit eröffnet, einmal mehr
mit voller Wucht zuzuschlagen. Am Ende bedeutet das verbreitet 11 bis 12 Stunden
Sonnenschein (in höheren Lagen vereinzelt auch etwas darüber) und
Tageshöchstwerte von 21 bis 26°C. MOS-Mix bietet für den Oberrheingraben gar
eine punktuelle "27" an, während unmittelbar an der See sowie geringfügig
landeinwärts je nach Windrichtung nur 12 bis 20°C auf der Karte stehen.

In der Nacht zum Donnerstag (dem "Grünen") greifen die Rinne nebst Kaltfront auf
den Norden des Landes über, was mit mehrschichtiger Bewölkung, aber nur wenig
Regen einhergeht. Am ehesten fallen zwischen SH und Vorpommern ein paar Töpflis,
die 1-Millimeter-Schwelle dürfte dabei aber kaum überschritten werden. Der Wind
lebt etwas auf und dreht auf Nordwest bis Nord, wodurch ein Teil der o.e.
Polarluft einströmen kann. Bis zum frühen Frühstück sinkt T850 im Norden auf 7
bis 2°C.

Zur Mitte und in Süddeutschland verläuft die Nacht trotz weiteren Druck- und
Potenzialverlustes gering bewölkt oder klar, wobei Luftfrost kaum noch auftritt.
Lediglich in Bodennähe wird der Gefrierpunkt gebietsweise knapp unterschritten.
In der trockenen Luft bleibt Nebel ein lokales und vertikal auch nicht besonders
mächtiges Phänomen.

Donnerstag... schwenkt der durch Überströmung der norwegischen Gebirge
inzwischen etwas verschärfte Randtrog über die Ostsee respektive den Norden und
Osten des Vorhersageraums südostwärts hinweg. Dadurch wird der Höhenrücken in
seinem Ostteil weiter abgebaut, während es nach Westen hin zu einer Liaison mit
einem süd-südwestlich von Island positionierten Höhenhoch kommt (es handelt sich
dabei um den Support der bereits erwähnten ODETTE). Für Deutschland bedeutet das
nur kurzzeitig eine zyklonal, ab dem Nachmittag dann schon wieder indifferent
bis leicht antizyklonal konturierte nordwestliche Höhenströmung. Auf der
Trogvorderseite ist im Osten und Nordosten sogar etwas PVA wirksam, die
allerdings durch weit über die Trogachse ausgreifende KLA teilkompensiert wird,
so dass das ganz große synoptisch-skalige Hebungsspektakel ausbleibt.

Von der Höhe auf den Boden der Tatsachen, wo die Kaltfront weiter Boden nach
Süden hin in Richtung Mitte gut macht. Dabei wird sie von Westen bzw. Nordwesten
von Druckanstieg überlaufen, was ihr gar nicht behagt. Oder anders ausgedrückt,
je weiter westlich, desto antizyklonaler die Spur. Am deutlichsten wird das
anhand der apostrophierten Druckverteilung, wo sich der Keil der weiterhin
unweit von Island verharrenden ODETTE via UK und Nordsee sichtbar bis nach
Deutschland "bohrt". Postfrontal kühlt es im Norden und Osten auf +2 bis -2°C
auf 850 hPa ab, während es im Süden weiterhin 8 bis 11°C sind.

Insbesondere im Osten und Nordosten fällt bei wechselnder bis starker Bewölkung
etwas schauerartiger Regen, die Mengen bleiben aber sehr gering. Am Nachmittag
und Abend soll dann im zentralen Mittelgebirgsraum sowie an den Alpen (plus
Südschwarzwald und vielleicht noch über der Alb) etwas Konvektion angefacht
werden, wobei die Modelle hinsichtlich räumlicher Verteilung sowie Intensität
noch etwas Gesprächsbedarf haben. Mit Abstand am offensivsten agiert GFS (hier
schlägt wohl wieder der altbekannte positive Feuchtebias zu), während z.B. ICON
und auch EURO4 hübsch bescheiden und zurückhaltend auftreten. Fakt ist, dass die
Warmluft präfrontal ausreichend labilisiert und etwas Feuchte akkumuliert wird
(Anstieg PPW von rund 10 mm heute auf rund 15 mm morgen), so dass gebietsweise
etwas ML-CAPE generiert werden kann. Allerdings zeigen die Prognosetemps eine
weiterhin recht trockene Grundschicht und auch sonst wuchern sie nicht gerade
mit Gewitterträchtigkeit. Kurzum, die Schauerneigung ist in den genannten
Regionen in der zweiten Tageshälfte zweifelsohne erhöht, Gewitter sind - wenn
auch nicht kategorisch ausgeschlossen - nur gering wahrscheinlich.

Wesentlicher scheint die Tatsache, dass im Süden und Westen (uns im Tagesverlauf
zunehmend auch im Nordwesten) einmal mehr die Sonne von einem meist nur locker
bewölkten Himmel scheint. Dabei steigt die Temperatur in der Südhälfte auf 21
bis 26°C, sonst auf 15 bis 22°C, im Norden und Nordosten nur noch auf 10 bis
15°C (an der See bei auflandigem Wind sogar noch kühler). Der auf nördliche
Richtungen drehende Wind frischt vor allem an der Ostsee vorübergehend stark
böig auf, gleichwohl dürften Böen der Stärke 7 Bft eher die Ausnahme darstellen.


In der Nacht zum Karfreitag setzt sich der Druckanstieg von Nordwesten her
weiter fort, wodurch sich der Hochkeil weiter ost-südostwärts ausbreitet. Er
treibt die Kaltfront vor sich her, die nun Süddeutschland erreicht. Einzig im
äußersten Süden und Südwesten halten sich bis zum Morgen noch Reste der Warmluft
(T850 6 bis 8°C), ansonsten setzt sich die abgetrocknete maritime Polarluft
durch (T850 0 bis 5°C, im Osten und Nordosten etwas unter 0°C).

In der Mitte und im Süden sind zwar noch einzelne (gewittrige?) Schauer möglich,
aufgrund des zunehmend antizyklonalen Setups sowie der nicht gerade förderlichen
Tageszeit sollte man die Erwartungen auf konvektive Umlagerungen aber nicht zu
hochstecken. Dagegen nimmt die Wahrscheinlichkeit für leichten Luftfrost im
Norden und Osten aufgrund des nachlassenden Windes und aufreißender Bewölkung
wieder zu. In der Mitte ist zumindest Frost in Bodennähe ins Kalkül zu ziehen.


Freitag... verbleibt Deutschland zwischen hohem Potenzial über dem nahen
Atlantik und einem LW-Trog ost-nordöstlich von uns unter der nordwestlichen
Höhenströmung. Dabei zieht ein neuerlicher Randtrog von Skandinavien her auf den
Vorhersageraum zu, der mit einem Bodentrog sowie einer eingelagerten Kaltfront
korreliert. Die zugehörige Bewölkung erfasst im Tagesverlauf die nördlichen
Landesteile, es bleibt aber weitgehend trocken. Zwischen dem langsam nach Süden
vorstoßenden Hochkeil und dem sich von Norden nähernden Bodentrog verschärft
sich der Gradient soweit, dass der auf Nordwest drehende Wind vornehmlich im
Norden und Nordosten stark böig auffrischt. Insbesondere an der nordfriesischen
Küste und an der Ostsee, gebietsweise aber auch im Binnenland sind Böen 7 Bft,
an exponierten Küstenabschnitten gar 8 Bft zu erwarten.

Ansonsten gilt es zu konstatieren, dass die Kaltfront im Süden den Durchbruch
bis zu den Alpen schafft. Vor allem dort sowie an der Grenze zur Schweiz sind
Schauer und evtl. sogar einzelne Gewitter drin, auch wenn ICON davon kaum etwas
wissen will. Ansonsten scheint aber im Süden und der Mitte trotz einiger
lockerer Quellungen (Inversion zwischen 900 und 850 hPa) die Sonne, und auch im
Norden wird es jetzt nicht durchgehend "grottig". Bei der Temperatur freilich
gilt es ein paar Einbußen zu akzeptieren, sprich, mehr als 15 bis 20°C sind im
Süden und Südwesten nicht mehr drin (für Anfang April ist das immer noch dicke
mild). In den übrigen Regionen stehen 10 bis 15°C auf dem Zettel, in Seenähe mit
auflandiger Windkomponente nur einstellige Höchstwerte.

In der Nacht zum Samstag dreht die Höhenströmung auf fast glatt Nord, während
der o.e. Randtrog unter Amplifizierung über Polen süd-südostwärts schwenkt. Vor
allem im Osten sowie an den Alpen kann es mitunter regnen, im Erzgebirge (T850
um -5°C) auch schneien. In den übrigen Landesteilen bleibt es unter der Ägide
des inzwischen bis zum nördlichen Balkan gerichteten Hochkeils weitgehend
trocken (teils wolkig, teils klar). Im Bergland, bei längerem Aufklaren sowie
ausreichender Windabschwächung auch im Norden, ist leichter Frost möglich.


Modellvergleich und -einschätzung
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Die geschilderte synoptische Entwicklung als solche ist eigentlich unstrittig
und wird modellübergreifend mit hoher Kongruenz der Basisfelder simuliert.
Unterschiede ergeben sich am ehesten im berechneten Niederschlagsverhalten, wo
GFS mit Abstand am offensivsten agiert (siehe auch Text). ICON wiederum entpuppt
sich eher als "trockenes" Modell, während IFS und EURO4 zwischen ICON und GFS
stehen. Vieles wird davon abhängen, wie viel Feuchte in den nächsten Tagen in
der Atmosphäre tatsächlich akkumuliert werden kann, um dann auch den
entsprechenden Niederschlag zu generieren. GFS scheint diesbezüglich über das
Ziel hinauszuschießen.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Hoffmann