DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

27-03-2021 08:30
SXEU31 DWAV 270800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Samstag, den 27.03.2021 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
Von Wz zu Wa.

Heute allgemein windig, im Bergland stürmisch. In Verbindung mit Schauern kurze
Gewitter, Graupel sowie Sturmböen möglich, Richtung Osten bei Schauerlinien auch
schwere Sturmböen wahrscheinlich. Ab der kommenden Nacht Wetterberuhigung. Im
Norden und Nordwesten am Sonntag noch windig. Deutlich wärmer.

Synoptische Entwicklung bis Montag 24 UTC
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Samstag... greift ein markanter Höhentrog von Westen auf Deutschland über und
schwenkt im Laufe des Tages allmählich ostwärts über uns hinweg. Am Abend
verläuft seine Achse vom Skagerrak über den äußersten Osten Deutschlands hinweg
bis nach Tschechien. Vor allem über dem Norden und der Mitte Deutschlands ist
der Höhentrog mit Höhenkaltluft teils unter minus 37 Grad angereichert. Dem Trog
läuft eine leicht wellende Kaltfront voraus, die zu einem Sturmtief mit Kern
über dem Europäischen Nordmeer gehört (QUASIMODO). Sie hat bereits in der Nacht
auf Deutschland übergegriffen und erstreckt sich aktuell (08 UTC) etwa vom Darß
über Sachsen hinweg bis ins Allgäu. Aufgrund der frontsenkrechten Windkomponente
kommt die Kaltfront im weiteren Verlauf rasch weiter ostwärts voran und hat uns
bis zum Mittag überquert. Die Kaltfront zeichnet sich nicht nur durch einen
deutlichen Temperaturgegensatz aus, sondern auch durch einen markanten
Windsprung und eine Druckwelle mit einer kurzzeitigen Windzunahme mit
Frontpassage. So sind Windböen um 55 km/h, vereinzelt auch stürmische Böen bis
75 km/h zu erwarten. Mit Frontpassage kommt es zudem zu schauerartigen
Niederschlägen. Die Labilität der vorderseitigen Luftmasse ist gering, dennoch
wird entlang der Front geringfügig CAPE generiert, sodass einzelne frontale
kurze Gewitter nicht ausgeschlossen sind. Rückseitig der Front fließt ein
Schwall maritimer Kaltluft ein (T850 hPa zwischen 0 und minus 6 Grad), die ganz
Deutschland flutet. Entsprechend zeigt sich bei den Höchstwerten im Vergleich
zum Vortag ein deutlicher Temperatursturz mit Maxima zwischen 7 und 13 Grad.
Auch abseits der Front frischt der Wind durch die Zunahme des Druckgradienten
von Westen allgemein auf, sodass recht
verbreitet mit starken, teils auch stürmischen Böen (Bft 7 bis 8), im oberen
Bergland mit Sturmböen Bft 9 oder schweren Sturmböen Bft 10 aus West bis Südwest
gerechnet werden muss. Auf dem Brocken sind einzelne orkanartige Böen Bft 11
nicht ausgeschlossen. Am Nachmittag und Abend lässt der Wind von Westen wieder
nach.
Mit Übergreifen des Troges entwickeln sich wiederholt Schauer. Bei einem
vertikalen Temperaturgradienten um 30 Grad können sich insbesondere im Norden
und der Mitte kurze Gewitter in Verbindung mit Graupel und bei Oberwinden um 40
kt teils Sturmböen Bft 8 bis 9 entwickeln. Aufgrund der gut ausgeprägten
Scherung entwickeln sich auch organisierte Strukturen, was aktuell schon über
dem Westen des Landes im Radarbild erkennbar ist und auch in der Vorhersagekarte
bzw. der Analyse mit einer Konvergenz gekennzeichnet wurde. Hochauflösende
Modelle zeigen die staffelartigen Strukturen mit Signalen für schwere Sturmböen
um 100 km/h (Bft 10), deren Auftrittswahrscheinlichkeit über dem Osten am
Nachmittag zunimmt. Allein aufgrund der Höhenwinde sind diese hohen
Windgeschwindigkeiten nicht zu erklären. Schaut man sich aber vorderseitig der
Linie einen Modelltemp an, so ist in den unteren Schichten eine relativ trockene
Schicht zu erkennen, sodass Verdunstungsabkühlung für einen zusätzlichen Effekt
sorgt. Hinzu kommen die optimalen Scherungsbedingungen zwischen 0 und 3 km mit
Winden bis 50 kt senkrecht zur Bewegungsrichtung über der östlichen Mitte,
sodass bogenförmige Strukturen mit entsprechenden Windentwicklungen entstehen
können. Von den stärksten Böen am ehesten betroffen sind aus aktueller Sicht von
Südniedersachsen und Nordhessen ausgehend weiterhin Thüringen, Sachsen-Anhalt,
Brandenburg und Sachsen. Diese Windentwicklung wird nicht nur von den
deterministischen hochauflösenden Modellen gezeigt, sondern beispielsweise auch
vom ICON-D2 EPS, das auch punktuell erhöhte Wahrscheinlichkeiten für orkanartige
Böen Bft 11 aufweist. Entsprechend gilt es diese Schauerlinien zu beobachten und
die Wind- bzw. Gewitterwarnungen entsprechend anzupassen.
Durch den Rückgang der Temperaturen in 850 hPa, fällt im höheren Bergland
Schnee, wobei die Schneefallgrenze etwa bei 600 bis 800 m, Richtung Süden auch
oberhalb davon liegt. Eine Schneedecke sollte sich aufgrund der Tages- und
Jahreszeit abgesehen von den Alpen aber nur vorübergehend ausbilden, sodass eine
Glättewarnung meist ausreichend ist. Bei stärkeren Graupelschauern muss auch in
tiefen Lagen vorübergehend mit Glätte gerechnet werden.

In der Nacht zum Sonntag zieht der Höhentrog ostwärts Richtung Polen ab und
nachfolgend gelangen wir von Westen unter einen flachen Höhenrücken. Dadurch
kann sich der Einfluss eines Hochs mit Schwerpunkt etwa über dem Alpenraum bei
uns wieder verstärken und es kommt relativ schnell von Westen zu einer
Wetterberuhigung. Letzte Schauer in der Osthälfte ziehen bereits in der ersten
Nachthälfte ostwärts ab. Auch der Wind nimmt rasch ab, sodass mit Ausnahme
einiger exponierter Höhenlagen meist keine warnwürdigen Böen mehr auftreten.
Ausnahme bleiben die Nord- und Ostseeküste, wo weiterhin Böen Bft 7 aus Südwest
auftreten, denn der Norden verbleibt am Rande der Frontalzone bzw. am Rande der
Tiefdruckzone. Zudem sorgt dort WLA im Vorfeld einer Warmfront eines neuerlichen
Sturmtiefs mit Kern südlich von Island (RAMA) für mehrschichtige Bewölkung, die
sich teils bis in die Mitte ausweitet. Niederschläge sind damit noch nicht
verbunden. Richtung Süden klart es teils auf, sodass gebietsweise wieder mit
leichtem Frost zu rechnen ist. Dort, wo die Straßen noch nicht abgetrocknet
sind, ist Glätte durch überfrierende Nässe nicht ausgeschlossen.

Sonntag... kann sich der Höhenrücken regenerieren bzw. wölbt sich aufgrund von
Warmluftadvektion über der Nordsee ein weiterer flacher Rücken auf. Auch im
Bodendruckfeld bleibt über weiten Teilen des Landes der schwache
Hochdruckeinfluss wetterbestimmend. So ist es vor allem im Süden und Südwesten
häufig sonnig. Richtung Norden nehmen die Wolkenanteile zu, denn die oben
erwähnte Warmfront streift den Norden und die nördliche Mitte Deutschlands.
Dabei fällt dort leichter Regen mit Mengen meist zwischen 1 und 3 mm, im Norden
stellenweise bis 7 mm in 12 Stunden. Mit Übergreifen der Warmfront frischt auch
der Wind im Norden und Nordwesten wieder auf, sodass dort Böen Bft 7, an der
Nordsee sowie im äußersten Norden Böen Bft 8 aus Südwest auftreten. Auf dem
Brocken kommt es zu schweren Sturmböen Bft 10. Insgesamt gelangt von Westen
wieder etwas mildere Luft zu uns (T850 hPa steigt auf bis zu 3 Grad). Es werden
Höchstwerte zwischen 10 Grad in Schleswig-Holstein und 17 Grad am Oberrhein
erreicht.

In der Nacht zum Montag weitet sich der Höhenrücken unter weiterer Kräftigung
weiter Richtung Nord- und Mitteleuropa aus. Auch das Bodenhoch kann sich weiter
kräftigen und weist schließlich einen neuen Schwerpunkt (knapp über 1035 hPa)
über dem äußersten Süden Deutschlands und dem Alpenraum auf. So wird die
Frontalzone weiter Richtung Norden abgedrängt. Über dem Norden und Nordosten
fällt mit der abziehenden Warmfront noch etwas Regen und es bleibt stärker
bewölkt. In der Südhälfte ist es oft klar und so gibt es im Süden nochmals
gebietsweise leichten Frost. Warnwürdige Böen der Stärke Bft 7 bis 8 aus Südwest
beschränken sich auf den Küstenbereich und den Norden Schleswig-Holsteins. Auch
auf dem Brocken bleibt es noch stürmisch.

Montag... liegt Deutschland unter einem breiten Höhenrücken. Der Einfluss des
Bodenhochs kann sich noch etwas weiter nach Norden ausweiten. So fächert auch
der Gradient im Tagesverlauf weiter auf. Anfangs sind aber an der Nordsee und im
äußersten Norden noch einzelne Böen Bft 7 bis 8 zu erwarten. WLA sorgt im
Nordosten noch für dichtere Bewölkung und geringfügig Regen. Am Nachmittag
bleibt es aber auch dort weitegehend trocken und die Bewölkung lockert zunehmend
auf. Sonst ist es heiter oder sonnig. Die Luft erwärmt sich auf sehr milde 15
bis 23 Grad, mit den höchsten Werten im Südwesten. Im Norden Schleswig-Holsteins
und teils auch an den Küsten bleibt es bei auflandigem Wind kühler.

In der Nacht zum Dienstag ändert sich an der großräumigen Konstellation wenig.
Wir gelangen allmählich unter die Achse des Höhenrückens. Somit gestaltet sich
die Nacht ruhig, überwiegend klar und trocken. Frost ist nur noch ganz
vereinzelt zu erwarten, Bodenfrost hingegen kann in der Mitte und im Süden noch
häufiger auftreten. Der Wind ist nicht mehr warnwürdig.

Modellvergleich und -einschätzung
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Die Wetterentwicklung der kommenden Tage wird von den betrachteten Modellen sehr
ähnlich prognostiziert.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Johanna Anger