DWD Synoptische Übersicht Mittelfrist

26-03-2021 12:01

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Freitag, den 26.03.2021 um 10.30 UTC



Zunächst ruhiges und sonniges Frühlingswetter, ab Freitag leicht unbeständig und
zunehmend kälter.
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Synoptische Entwicklung bis zum Freitag, den 02.04.2021


Am Montag zu Beginn des mittelfristigen Zeitraums wird das Wetter in
Deutschland von einem ausgeprägten Rücken über Mittel und Südeuropa beeinflusst,
dessen Achse von Frankreich in die nördliche Ostsee reicht. Entsprechend liegen
noch weite Teile von Deutschland auf der Vorderseite der Achse unter
antizyklonalen Verhältnissen. Bodennah korreliert der Rücken mit einem
großräumigen Hoch mit Schwerpunkt über Italien, sodass über Deutschland eine
westliche Grundströmung milde Atlantikluft ins Land transportiert, sodass die
Temperaturen in 850 hPa tagsüber zwischen 6 Grad im Osten und 9 Grad im Westen
liegen. Die Frontalzone wird von dem Hoch dabei nach Norden verschoben und
verläuft von den Britischen Inseln nach Skandinavien und tangiert allenfalls den
Norden von Deutschland. Durch frontogenetische Hebungsprozesse und WLA ziehen am
Montag dort entsprechend dichte Wolkenfelder durch, die aber nur anfangs im
Nordosten sowie im Norden Schleswig-Holsteins noch etwas Regen und einen teils
stark böigen Wind bringen. Neben dem mitteleuropäischen Schauplatz tummelt sich
über dem Ostatlantik vor der Iberischen Halbinsel sowie Nordwestafrika noch ein
Cut-Off. Zudem erstreckt sich von Island ausgehend ein markanter, weit nach
Süden amplifizierter Kurzwellentrog, der am Boden mit einer Tiefdruckrinne
einhergeht, die wiederum mehrere Drehzentren enthält.

Am Dienstag zeigt der Cut-Off vor der Iberischen Halbinsel
Auflösungserscheinungen. Dafür spaltet sich von dem markanten Kurzwellentrog ein
neuer Cut-Off ab. Zusammen mit dem Residuum von Ersterem rückt der Bereich
tiefen Geopotentials etwas näher an den Kontinent heran und sorgt somit dafür,
dass der Rücken zwar weiter stabil ist, aber an Wellenlänge einbüßt. Die
Hauptachse des Rückens reicht dabei von Deutschland bis nach Nordwestrussland.
Bodennah hat das korrelierend Bodenhoch mit Schwerpunkt über Tschechien und dem
Alpenraum das Wetter in Mitteleuropa weiter im Griff. Hochreichend antizyklonale
Verhältnisse und Absinken lassen deutschlandweit die Sonne scheinen. Zusammen
mit advektiv einströmender Luft subtropischen Ursprungs kann die Sonne die
Temperaturen in 850 hPa auf Werte zwischen 7 und 11 Grad hieven, was Höchstwerte
von 19 bis 25 Grad zur Folge hat. Allenfalls an der See, wo am längsten
Wolkenfelder stören, ist es vor allem auflandig kühler.

Am Mittwoch ändert sich beim Wetter in Deutschland zunächst fast nichts. Zwar
beginnt der Rücken sowie das korrelierende Bodenhoch etwas an Kraft zu
verlieren, aber im Großen und Ganzen bleibt verbreitet noch der sonnige und
ruhige Wettercharakter bestehen. Aber über West- bzw. Nordwesteuropa und dem
Atlantik stehen schon größere Veränderungen auf dem Programm, die im Verlauf
auch das Wetter in Deutschland beeinflussen. Über dem Atlantik kann sich der
neue Cut-Off weiter aufplustern und in das Meeresgebiet westlich der Iberischen
Halbinsel ziehen. An der Sollbruchstelle zur Frontalzone kann sich nachfolgend
ausgehend vom mitteleuropäischen Rücken ein Ast bis nach Grönland aufbäumen und
bodennah ein kräftiges und großräumiges Hochdruckgebiet westlich von Island
stützen. Auf der Ostflanke des Rückens wird dabei mit der sich einstellenden
nordwestlichen Grundströmung der zum Cut-Off vormals gehörende Kurzwellentrog
südostwärts in die Nordsee geschoben. Eine leichte Delle im Geopotentialfeld ist
sogar im Nordwesten Deutschlands zu verzeichnen. Am Boden steht der
Kurzwellentrog mit einem Tief über Schweden in Verbindung, sodass die
Bodenströmung zwischen den Britischen Inseln und Skandinavien auf Nord dreht und
kalte Polarluft anzapft. An der beschriebenen Geopotential- und
Luftdruckverteilung ändert sich auch in der Nacht zum Donnerstag kaum etwas.
Allerdings kommt die Kaltluft näher, die auf der Vorderseite mit einer Kaltfront
einhergeht, die den Norden Deutschlands wohl ausgangs der Nacht erreicht. Mit
der Front und dessen Hebungsprozesse gibt es schließlich in Schleswig-Holstein
erste geringe Niederschlagssignale.

Am Donnerstag wird der Atlantik zunehmend zum Parkplatz mehr oder weniger stark
ausgeprägter Cut-Off Tiefs, die aber keinen Einfluss auf das Wetter in
Deutschland haben. Mitteleuropa wird dagegen zunehmend zu Spielball des
hochreichenden Hochs über dem Nordostatlantik, dessen Ausläufer bis nach
Deutschland reichen, und dem Tiefdruckkomplex über Skandinavien. Mit der
nördlichen Grundströmung zwischen beiden Druckgebilden wird die Kaltfront mit
der Polarluft im Gepäck nach Deutschland gesteuert. Was die Hebung und
potentielle Niederschläge betrifft, so steht die PVA auf der Vorderseite des
Höhentroges, inklusive zyklonaler Strömungsbedingungen, am Boden antizyklonalem
Einfluss entgegen. Da die in Deutschland befindliche Luftmasse zudem sehr
trocken ist, werden von den Modellen derzeit nur geringe Niederschlagshinweise
mit Frontdurchgang gegeben. Ausgangs der Nacht zum Freitag soll die Kaltfront
schließlich die Voralpenregion erreichen. Dann stehen sich in 850 hPa
Temperaturen zwischen +7 Grad vor der Front und bis -9 Grad rückseitig dieser im
Westen des Landes gegenüber. Zudem kann an der See der Wind auflandig
auffrischen und stark böig daherkommen.

Am Freitag greift dann doch wieder einer dieser Cut-Off Tiefs ins europäische
Wetterspiel ein. Der östliche Cut-Off ist heimlich still und leise unter
Auflösungserscheinungen nordwärts gezogen und befindet sich am Freitag etwa über
dem Golf von Biskaya. Durch die nördliche Verlagerung wird aber gleichzeitig der
Rücken bzw. das Höhenhoch etwas nach Norden abgedrängt. Gleichzeitig nimmt der
Langwellentrog Kontakt zu dem schwächelnden Cut-Off auf, um diesen im Verlauf zu
schlucken. Durch die Kontaktaufnahme kann sich der Trog über Deutschland hinweg
bis nach Frankreich schieben und über der südlichen Ostsee ein Drehzentrum
ausbilden. Dieses korreliert bodennah mit einem schwachen Tief an gleicher
Stelle. Insgesamt bleibt aber die nördliche Grundströmung erhalten, sodass die
Kaltfront gegen die Alpen geschoben wird. Durch die Westausweitung des Troges
kann sie zudem auch bis in die Mitte Frankreich vorankommen. Niederschläge
stehen analog zur Geopotential- und Luftdruckverteilung sowie dem frontalen
Geschehen im Osten von Deutschland und südlich der Donau auf dem Programm. Der
Osten steht dabei im Einfluss des hochreichenden Tiefs über der Ostsee, sodass
dort schauerartige Niederschläge auftreten. Südlich der Donau sind in
Kombination von frontalen Hebungsprozessen und erzwungener Hebung an den Alpen
ebenfalls Niederschläge zu erwarten, die auch länger anhalten und kräftig
ausfallen können. Bei Temperaturen in 850 hPa zwischen 0 und -9 Grad fällt im
Bergland besagter Regionen wieder zunehmend Schnee. Im Westen sorgt das Hoch mit
entsprechendem Absinken für eine Dämpfung des Hebungsantriebes aus der Höhe,
sodass dort Niederschläge auftreten oder nach Leseart des aktuellen det. IFS
allenfalls gering wahrscheinlich sind.
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Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs


Die Konsistenz des aktuellen 00 UTC Laufes des IFS ist als recht schlecht zu
bezeichnen. Zwar werden die großskaligen Strukturen ähnlich wiedergegeben, doch
im Detail sind schon zu Beginn des mittelfristigen Zeitraums am kommenden Montag
deutliche Abweichungen zu verzeichnen. Die neusten Berechnungen zeigen am Montag
den Rücken stärken und etwas weiter nach Norden ausgreifend. Zudem wird über dem
Atlantik ein Abschürungsprozess eines kleinen Höhentiefs angestoßen, was in den
Vorläufen so nicht simuliert wurde. Auch im weiteren Verlauf passen Tröge und
Rücken der vergangenen Läufe nicht zusammen, was wiederum die großen
Unsicherheiten im mittelfristigen Zeitraum beschreibt.
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Vergleich mit anderen globalen Modellen


Die großskaligen Strukturen des Geopotential- und Luftdruckfeldes werden von
allen weiteren betrachteten Globalmodellen (ICON, GFS, GEM, UKMO) zum IFS
vergleichbar wiedergegeben. Allerdings ergeben sich im Verlauf des
mittelfristigen Zeitraums rasch signifikante Phasenunterschiede und auch
deutliche Abweichungen bei der räumlichen Einordnung z.B. der Cut-Off Tiefs.
Demnach zeigen alle betrachteten Modelle gleichermaßen zunächst ruhiges und
sonniges Wetter für Deutschland als auch ab Freitag den Kaltlufteinbruch von
Norden her. Bei der Entwicklung bis Freitag zeigt anfangs das GFS die schnellste
Lösung, um am Freitag aber zum IFS vergleichbare Verteilungen abzubilden.
Insgesamt sind die Strukturen beim GFS aber etwas stärker ausgeprägt. Das ICON
simuliert bei der Phasen- und somit auch Entwicklungsgeschwindigkeit eine
Zwischenlösung von IFS und GFS, weicht am Freitag aber noch am deutlichsten von
den anderen Varianten ab. Beim ICON kann sich das Hoch etwas weiter nach Osten
schieben und ist somit auch in Deutschland stärker positioniert. Beim GFS hat
dagegen der Trog ein stärkeres Gewicht sodass nach dem amerikanischen Modell
hierzulande mit einer größeren Niederschlagsneigung zu rechnen wäre.
Zusammenfassend kann also festgehalten werden, dass alle betrachteten Modell
pünktlich zu Ostern einen Kaltlufteinbruch simulieren, die Details wie
Ausprägung und Niederschlagsmengen bzw. dessen räumliche Einordnung sind aber
noch nicht abschließend geklärt.
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Bewertung der Ensemblevorhersagen


Die Rauchfahnen diverser Städte über Deutschland verteilt zeigen bei einem sehr
geringen Spread sowohl bei der Temperatur in 850 hPa als auch beim Geopotential
in 500 hPa bis einschließlich Mittwoch eine sehr hohe Vorhersagegüte. Der
Hochfrühling mit lokal vielleicht ersten sommerlichen Höchstwerten steht damit
nichts mehr im Wege. Einigkeit besteht innerhalb des ENS auch über den
Kaltlufteinbruch zu Ostern, indem die Mehrzahl der ENS-Mitglieder ab Samstag ein
Temperaturniveau in 850 hPa um -7 Grad simuliert. Allenfalls der Weg, also das
Timing, vom Frühling in den Spätwinter ist noch offen. Diese Unsicherheiten
korrelieren auch mit den Unterschieden zwischen den verschieden det. Modellen
führender Wetterdienste (ICON, GFS, UKMO). Erste Modellläufe des IFS sehen den
Temperatursturz in 850 hPa schon in der Nacht zum Donnerstag, die letzten aber
erst ab Freitagabend. Diese Abweichungen haben schließlich auch Auswirkungen auf
potentielle Niederschläge. Während ab Freitag ein höheres Risiko für
Niederschläge besteht, sind am Donnerstag allenfalls Einzelläufe mit
signifikanten Mengen dabei. Aber ob Osten nun nur kühl wird oder auch feucht
und ungemütlich, ist ebenfalls noch sehr unsicher. Ab Freitag spannt sich der
ENS-Raum für das Geopotential in 500 hPa deutlich auf und zeigt Unterschiede von
teils über 40 hPa. Eine kleine Mehrheit scheint jedoch zusammen mit dem
Kontrolllauf höheres Geopotential und somit potentiell trockenere Verhältnisse
zu bevorzugen.

Die insgesamt sehr variable Geopotential- und Luftdruckverteilung über dem
Atlantik und dem europäischen Kontinent macht sich auch beim Clustering
bemerkbar. Schon im ersten Zeitraum von +72 bis +96h werden fünf Cluster
benötigt, um die Unsicherheiten im ENS Raum ausreichend zu beschreiben. Dabei
starten alle Cluster mit dem Schema einer positiven NAO. Zum Ende des Zeitraums
wechseln dann aber einzelne Cluster wie Cluster 1, 2 und 4 zum Blocking. Diese
Cluster weisen dabei einen stärkeren und großräumigeren Rücken auf, während der
markante Kurzwellentrog auf dem Atlantik teilweise unterpräsentiert ist. Bei
Cluster 3 mit Haupt- und Kontrolllauf und Cluster 5 bäumt sich der Rücken nicht
so weit nordwärts auf, sodass die Strömungsausrichtung insgesamt zonaler
daherkommt und entsprechend prägend für das Schema ist. Für das Wetter in
Deutschland hat dies nur bedingt Einfluss. Nach Cluster 1, 2 und 4 könnte der
Norden allenfalls schneller von den Wolken befreit werden und das
Temperaturniveau einen Tick höher liegen.
Komischerweise reichen für den Zeitraum +120 bis +168h, mit den größten
Abweichungen bei den Rauchfahnen, nur zwei Cluster aus, die Unsicherheiten zu
erklären. Beide sind sich auch beim Schema einig, indem Blocking großgeschrieben
wird. Doch schon für Mittwoch und Donnerstag lassen sich anhand der Lage der
Kurzwellentröge ausgehend von Skandinavien, die Phasenunterschiede und somit
auch der zeitliche Versatz der Kaltluft erkennen. Cluster 1 mit Haupt und
Kontrolllauf sowie weiteren 36 Member wird dabei zudem auch vom GFS gestützt, wo
vergleichbare Strukturen simuliert werden. Cluster 2 scheint vor allem zum Ende
des Zeitraums zunehmend der ICON-Lösung zu entsprechen. Bei dieser Variante muss
die Kaltluft warten und wird länger vom Rücken blockiert bzw. zunächst nach
Westeuropa abgeleitet. Deutschland würde demnach länger von ruhigem und mildem
Wetter profitieren.
In der erweiterten Mittelfrist von +192 bis +240h und somit über Ostern hinweg
sind wieder fünf Cluster notwendig, um die Abweichungen im Geopotential- und
Luftdruckfeld zu beschreiben. Neben dem blockierenden Schema weisen Cluster 1, 3
und 5 sowie später auch Cluster 2 das Schema eines atlantischen Rückens aus.
Demnach steht dem hohen Geopotential über dem Nordatlantik tiefes Geopotential
über West- und Mitteleuropa gegenüber. Dabei ist die genaue Lage und Ausprägung
dieses Langwellentroges, der sich von Skandinavien über Europa hinweg
südwestwärts erstreckt, auch für das Wetter in Deutschland von wesentlicher
Bedeutung. Bei Cluster 1 mit Haupt- und Kontrolllauf sowie weiteren 21 Member
ist der Trog eher schwächer, sodass einerseits die Kaltluft richtig zum Zuge
kommt, anderseits aber wohl die Niederschlagsneigung zunächst eher geringer ist.
Auch bei Cluster 2 stehen die Weichen verzögert deutlich auf kalt und eher
weniger niederschlagsreich. Bei Cluster 3 ist der Trog am stärksten, was
wiederum für die höchste Niederschlagswahrscheinlichkeit spricht. Cluster 4 und
5 gehen dann ganz andere Wege, indem bei Ihnen eine Geopotentialbrücke den Trog
abschneidet und somit einen Cut-Off über Westeuropa wirbeln lässt. In diesem
Fall würde Deutschland sogar auf der milden, aber wohl auch unbeständigen
Ostflanke des Tiefs liegen. Diese Lösung wird aber zusammen nur von 10
Mitgliedern gestützt, sodass die Mehrzahl der Läufe doch eher unterkühlte
Ostertage sieht.
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Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen


Von der Probabilsitik gibt es allenfalls am Montag geringe Hinweise für
stürmische Böen oder Sturmböen an der See.
Ansonsten sind bis Freitag keine signifikanten Wettererscheinungen zu erwarten.
Am Freitag selber weist das EZ-EPS dann wieder geringe Wahrscheinlichkeiten für
stürmische Böen im Nordseeumfeld aus. Zudem sind in den Hochlagen markante Böen
möglich.

Vom EFI gibt es von Dienstag bis Donnerstag nur Hinweise auf mehr oder weniger
zu warme Temperaturverhältnisse im Vergleich zum vieljährigen Modellklima.
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Basis für Mittelfristvorhersage
IFS-EPS, ICON-EPS
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VBZ Offenbach / Dipl. Met. Lars Kirchhübel