DWD Synoptische Übersicht Mittelfrist

23-03-2021 11:30

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Dienstag, den 23.03.2021 um 10.30 UTC



Zunächst wechselhaft mit Niederschlägen und zurückgehendem Temperaturniveau, am
Samstag Schnee- und Graupelschauer, lokal Gewitter. Windig bis stürmisch.
Nachfolgend im Norden trüb und zeitweise Regen, im Süden freundlicher.
Zunehmende Erwärmung.
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Synoptische Entwicklung bis zum Dienstag, den 30.03.2021


Am Freitag liegt Deutschland auf der Vorderseite eines markanten Troges knapp
westlich der Britischen Inseln, der sich im Tagesverlauf ostwärts verlagert. Das
korrespondierende Bodentief liegt mit seinem Zentrum im Seegebiet südlich von
Island und dessen Frontensystem greift im Tageverlauf auf den Nordwesten mit
zeitweiligem Regen über. Im breiten Warmsektor dominiert dabei zunächst eine
eher milde Luftmasse in ganz Deutschland mit 850 hPa-Temperaturen zwischen 1
Grad im Norden und 6 Grad an den Alpen. Mit Übergreifen der Kaltfront von Westen
sinkt das Temperaturniveau von Westen her auf unter 0 Grad, die 0 Grad-Isotherme
in 850 hPa erreicht bis Samstagfrüh die Mitte Deutschlands. Die frontalen
Niederschläge breiten sich im Laufe der Nacht zum Samstag ostwärts aus und
können in den höchsten Lagen wieder in Schnee übergehen. Mit Annäherung bzw.
Übergreifen der Front nimmt der Gradient zu, so dass zunächst im
Nordseeküstenumfeld und in höheren Lagen der westlichen und zentralen
Mittelgebirge starke bis stürmische Böen auftreten können.

Am Samstag überquert der markante und mit Höhekaltluft angefüllte (unter -35
Grad in 500 hPa) Kurzwellentrog das Vorhersagegebiet. Die Kaltfront überquert
auch die östlichen und südöstlichen Landesteile mit zeitweiligem Niederschlag,
nach Südosten ziehen die Front und die entsprechenden Niederschläge aber nur
zögernd ab. Im Rest des Landes folgt postfrontal eine rege Schauertätigkeit, in
der auch einzelne Gewitter auftreten können. Mit der postfrontal von
West/Nordwest einfließenden Kaltluft, die 850 hPa-Temperaturen gehen
deutschlandweit auf unter 0 bis -5 Grad zurück, sinkt die Schneefallgrenze auf
300 bis 500 m. Je nach Intensität der Schauer bzw. Gewitter kann damit
vorübergehend bis in tiefe Lagen Schnee oder Graupel fallen. Bei weiterhin
nennenswertem Luftdruckgradienten und der erhöhten Labilität kommt es im Norden
und der Mitte zu starken, in Schauernähe lokal auch stürmischen Böen aus West.
Im Bergland oder auch an exponierten Küstenabschnitten der Nordsee können
zeitweise Sturmböen auftreten. In der Nacht zum Sonntag zieht der Kurzwellentrog
ostwärts ab, nachfolgend wölbt sich ein flacher Keil auf. Die Schauer klingen
demnach im Verlauf der Nacht ab. Im Küstenumfeld und auf exponierten Gipfeln
bleibt der Wind stark bis stürmisch.

Am Sonntag liegt Deutschland weitestgehend im Einflussbereich des allerdings
recht flachen Rückens. Lediglich der Norden verbleibt in der Nähe der
Frontalzone, so dass den Nordwesten das okkludierende Frontensystem eines Tiefs
bei Island erreicht. Damit zeigt sich der Norden überwiegend stark bewölkt, der
Wind bleibt recht böig und zeitweise kann es auch leichte Niederschläge geben,
im Süden zeigt sich dagegen häufig die Sonne. In der im Vorfeld des flachen
Troges auf West bis Südwest drehenden Strömung, wird wieder mildere Luft mit 850
hPa-Temperaturen von Südwesten her auf Werte um 5 Grad steigend, herangeführt.
Mit Sonnenunterstützung können die Temperaturen im Südwesten daher Höchstwerte
um 16/17 Grad erreichen.

Am Montag verbleibt der Norden im Schleifbereich der Frontalzone bzw. des
Frontensystems des Tiefdruckkomplexes über dem Nordwesten Europas. Die Strömung
ist dort sehr zonal ausgerichtet, so dass ein Durchschwenken unterbleibt und im
Norden daher nach wie vor dichte Bewölkung dominiert und es zeitweise leicht
regnen kann. In der Mitte und vor allem im Süden dominiert unter höherem
Luftdruck und Absinken Sonnenschein und die eingeflossene milde Luftmasse (850
hPa-Temperaturen zwischen etwa 3 Grad im Norden und bis zu 9 Grad im Süden) kann
sich weiter erwärmen. Die Höchsttemperaturen liegen demnach im Norden unter der
Bewölkung bei 12 bis 16 Grad, mit Sonnenunterstützung im Südwesten bei bis zu 19
oder knapp 20 Grad. Vor alle nach Norden hin bleibt der Gradient erhalten, so
dass es im Küstenumfeld sowie in einigen Kamm- und Gipfellagen nach wie vor
starke bis stürmische Böen geben kann.

Am Dienstag ändert sich an der Zweiteilung mit dem benachteiligten Norden und
dem doch überwiegend freundlichen Süden zunächst wenig. Im Tagesverlauf können
sich allerdings mit der allmählich nach Norden gerichteten Aufwölbung eines
breiten Rückens über Mitteleuropa auch in der nördlichen Mitte mehr
Auflockerungen durchsetzen. Ganz im Norden kann der zwar breite, aber dennoch
flache Rücken aber wohl nicht die führende Rolle übernehmen. Dort liegt nach wie
vor der Schleifbereich der Frontalzone und es bleibt bei meist starker
Bewölkung, gelegentlich leichtem Regen und einem Gradienten, der im Bergland und
an den Küsten teils für starke bis stürmische Böen sorgen kann.

In der erweiterten Mittelfrist deutet sich ein weiteres Aufwölben des
mitteleuropäischen Rückens an, allerdings bestehen hier Unsicherheiten, wo die
Achse des Rückens dann liegen soll (siehe Konsistenzbetrachtung) und in wie weit
er dann eine blockierende Wirkung für Deutschland haben kann. Dies hätte auch
Auswirkungen auf das Temperaturniveau. Der aktuellste IFS-Lauf sät hier Zweifel
an dem gestern noch favorisierten, klar antizyklonal geprägtem Regime.
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Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs


Die Konsistenz der vorliegenden IFS-Läufe ist bis in den Anfang der kommenden
Woche ganz gut, wobei die Phasen- und Amplitudenunterschieden allmählich
zunehmen.
Im Grundtenor ergibt sich damit folgende Aussage: Nach einem Trog- bzw.
Frontdurchgang am Freitag/Samstag verbleibt der Norden am Rande der Frontalzone
in einer westlichen, zyklonal geprägten Strömung. Dort streifen daher Fronten
und gestalten das Wetter meist wechselhaft. Nach Süden hin überwiegt mit
nachfolgender Aufwölbung eines flachen Rückens höherer Druck und meist
störungsfreies Wetter. Bei der Achse des Rückens und dessen Amplitude zeigen
sich bereits zum Sonntag Unterschiede, bei denen die Vorläufe etwas
antizyklonaler aufgestellt waren als der aktuelle IFS-Lauf von 00 UTC. Zum Ende
der Mittelfrist bzw. in der erweiterten Mittelfrist ab Dienstag/Mittwoch nehmen
die Unterschiede weiter zu. Während der gestriger 00-UTC-Lauf einen ausgeprägten
Keil mit Achse von der Iberischer Halbinsel Richtung Baltikum zeigte und somit
auch ein Blocking für Mitteleuropa und Deutschland, prognostizieren die neueren
Läufen für diesen Rücken eine schwächere Ausprägung und eine weiter östlich
liegende Achse, so dass von Westen wieder Tiefausläufer übergreifen könnten.
Diese unterschiedlichen Varianten haben zum Ende der Mittelfrist, also ab etwa
Mitte der kommenden Woche, auch deutliche Auswirkungen auf das Temperaturniveau.
Während nach dem gestrigen 00 UTC-Lauf an Südflanke des blockierenden Hochs über
dem nördlichen Osteuropa mit östlicher Strömung kühlere Luft nach Deutschland
gelangen würde, dominiert in den neuere Läufen (und am deutlichsten im aktuellen
00 UTC-Lauf) eine südwestliche Strömung und damit die Zufuhr einer deutlich
milderen Luftmasse.
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Vergleich mit anderen globalen Modellen


Bis einschließlich Sonntag präsentieren auch andere Globalmodelle wie ICON und
GFS keine neuen Prognoseansätze. Von kleineren Timing- und
Amplitudenunterschieden abgesehen, ergeben sich demnach eigentlich keine
prognoserelevanten Aspekte.
Zu Beginn der kommenden Woche zeigen sowohl ICON als auch GFS einen deutlich
antizyklonaleren Kurs als der aktuelle IFS-Lauf, in dem sie über West- bzw. dem
westlichen Mitteleuropa einen deutlich markanteren Rücken aufwölben lassen. Das
geht eher in Richtung der älteren IFS-Läufe. Allerdings kann man sowohl beim GFS
als auch beim ICON nach Norden bzw. Nordosten hin eenfalls den etwas schwächeren
Hocheinfluss bzw. die Nähe zur Frontalzone anhand von leichten
Niederschlagssignalen erkennen.
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Bewertung der Ensemblevorhersagen


Die Clusteranalyse des IFS liefert für den ersten Zeitraum von Freitag/Samstag
(+72 bis +96 h) ganz 3 Cluster, die alle dem Regime des positiven NAO
zugeschrieben werden. Allerdings sind sich die Cluster relativ ähnlich und
Deutschland liegt danach auf der Vordersite des Torges bei den Britischen
Inseln. Für unser Vorhersagegebiet können keine relevanten Unterschiede erkannt
werden. Für den Zeitraum von Sonntag 00 UTC bis Dienstag 00 UTC (+120 bis + 168
h) gibt es 2 Cluster mit 30 bzw. 21 Membern. Dabei werden sowohl der Haupt- als
au der Kontrolllauf dem etwas schwächer besetzten 2. Cluster zugeordnet. Cluster
1 stützt die antizyklonalere Variante der operationellen Vorläufe, in dem es
hier nach Trogdurchgang am Samstag zu einer Aufwölbung eines markanten Troges
mit Achse von der Iberischen Halbinsel in Richtung Nordwestrussland kommen soll.
Dies zeigt, dass die Variante eines Blockings leicht östlich von uns noch nicht
vom Tisch ist. Und damit auch die Zufuhr von etwas kühleren Luftmassen mit einer
östlichen Strömung am Südrand einer Hochdruckzone über Osteuropa. Die 6 Cluster
der erweiterten Mittelfrist (+ 192 bis + 240 h, Mittwoch bis Freitag) tragen der
Unsicherheit zum Ende der Mittelfrist rechnung und reichen von Blocking bis Trog
West- oder Mitteleuropa.

Auch die Rauchfahnen ausgewählter Standorte in Deutschland spiegeln die
zunehmende Unsicherheit im Laufe der kommenden Woche wieder. Während die
Bündelung sowohl hinsichtlich der Temperatur in 850 hPa als auch in punkto
Geopotenzial in 500 hPa bis einschließlich Sonntag noch recht eng ist, nimmt der
Spread zu Beginn der kommenden Woche deutlich zu. Auffällig ist dabei, dass es
innerhalb der Kurvenschar der Member viele Member gibt, die in Bezug auf das
Geopotenzial in 500 hPa oberhalb des Haupt- und Kontrolllaufes liegen. Die
Lösung der 850 hPa-Temperatur insbesondere zur erweiterten Mittelfrist ab Mitte
kommender Woche dagegen, zeigen keinen richtigen Schwerpunkt mehr, die Member
gehen insgesamt also sehr auseinander und sowohl der Haupt- als auch der
Kontrolllauf bieten hier mit die wärmsten Lösungen an.
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Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen


WIND/STURM:
Insgesamt ist es im Mittelfristzeitraum im Norden windig. Insbesondere mit
Frontdurchgang am Freitag und vor allem auch im Zusammenhang mit der
postfrontalen Schauertätigkeit am Samstag liefern EFI und das IFS-EPS Signale
für Windböen/stürmische Böen - am Freitag im Nordwesten und Westen, am Samstag
insgesamt für die Mitte und den Norden des Landes. Sturmböen können dabei an der
Nordsee oder auch auf exponierten Gipfeln der mittleren Landesteile auftreten.
Nachfolgend (ab Sonntag) treten markante Böen am ehesten im Küstenumfeld und auf
exponierten Berglagen auf.

GEWITTER/SCHNEE-/Graupelschauer:
Am Samstag kommt es mit Trogdurchgang vor allem in der Nordhälfte zu einer regen
Schauertätigkeit. Dabei lokal Gewitter, EFI-Signale in punkto Cape und Cape
Shear sind markant. Die Schneefallgrenze sinkt auf 300 bis 500 m (höhere Werte
im Süden), daher können diese Schauer/Gewitter je nach Intensität vorübergehend
bis in tiefe Lagen Schnee bzw. Graupel bringen. In den westlichen und zentralen
Mittelgebirgen bis zum Abend 1 bis 5 cm Neuschnee möglich, sonst meist aber
keine nachhaltigen Neuschneemengen.
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Basis für Mittelfristvorhersage
IFS-EPS, MOSMIX
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VBZ Offenbach / Dipl. Met. Sabine Krüger