DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

20-03-2021 09:01
SXEU31 DWAV 200800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Samstag, den 20.03.2021 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
GWL: NEa

Leicht wechselhaft mit etwas Niederschlag, teils Schnee, teils (regional und
kurzzeitig) gefrierender Sprühregen. Norden zeitweise Windböen, Küsten auch
stürmisch. Alpenstau wiederholt Schneefälle. Nächte frostig, Nacht zum Sonntag
am Alpenrand teils strenger Frost.

Synoptische Entwicklung bis Montag 24 UTC
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Samstag... und die gesamte Kurzfrist über dauert die beständige
Strömungskonfiguration über Europa weiter an. Einem umfangreichen Keil über dem
nordöstlichen Atlantik steht ein positiv geneigter Langwellentrog gegenüber, der
sich von Algerien bis nach Russland erstreckt (jedoch zunehmend in kürzere
Wellenamplituden zerbricht, was jedoch für uns keine größere Bedeutung hat). Mit
einem erneuten Trogvorstoß über Skandinavien wird diese Konfiguration zum Ende
der Kurzfrist wieder erneuert. Da sich die Keilachse immer wieder nordwärts in
Richtung Europäisches Nordmeer aufwölbt, kippt die Strömung über Deutschland
zunehmend auf Nord. Eingelagerte Fronten und Kurzwellen bestimmten daher unser
Wetter.

Heute (Samstag) sorgen sowohl ein Bodenhoch-, als auch ein Höhenkeil für
deutschlandweit ruhiges Wetter. Die Bewölkung ist abseits der Staulagen
aufgelockert, regional ist es auch sonnig und daran ändert sich über der Mitte
und dem Südwesten wenig. Südlich der Donau beginnt der Tag hingegen noch mit
reger Schauertätigkeit und diese Aktivität staut sich bis zum Abend am
Alpenrand, sodass dort noch wenige Zentimeter Neuschnee fallen können (die
Schneefallwarnung wurde entsprechend im direkten Stau teilweise verlängert).
Diese Niederschläge klingen im Nachmittagsverlauf jedoch immer weiter ab, sodass
zum Abend auch der Schneefall im Stau der Nordalpen beendet sein sollte.

Gleichzeitig verdichtet sich im Nordwesten zur Mittagszeit die Bewölkung und
dieses dichte Gewölk breitet sich bis zum Abend auf den gesamten Norden aus. Im
nördlichen Niedersachsen, Schleswig-Holstein und MV kann es am späten
Nachmittag/Abend leicht regnen. Diese Bewölkung/dieser Niederschlag ist einem
Frontensystem geschuldet, das sich von Nordwesten nähert. Im folgenden Abschnitt
(Nacht zum Sonntag) wird näher darauf eingegangen.

Die Höchstwerte liegen heute im Südosten und entlang der zentralen/östlichen
Mittelgebirge um den Gefrierpunkt und auch sonst wird es mit +1 bis +4 Grad
nicht viel wärmer. Einzig im Nordwesten erreichen die Höchstwerte +5 bis +7
Grad. Der Wind weht meist schwach, im Süden aus Nordost, sonst aus Südwest. Zum
Abend frischt der West-/Nordwestwind im Küstenumfeld Bereich böig auf (Bft 7).


Eingangs der Nacht zum Sonntag erfasst dann ein erster Frontenzug Deutschland.
Dabei ist die Frontenanalyse recht anspruchsvoll, da sich Norddeutschland zwei
sich über der Nordsee verschmelzende Okklusionen nähern. Dies wurde in der
Frontenanalyse durch einen umfangreichen Warmsektor gekennzeichnet, da die
einzelnen Fronten nur noch schwer zu unterscheiden sind und mit Blick auf die
Luftmasse stromauf und stromab als ein solcher zu rechtfertigen ist.

Eingangs der Nacht gleitet die Warmfront auf den über Deutschland liegenden
Kaltluftkörper auf, wobei sie z.B. in 700 hPa zu dem Zeitpunkt bereits auf einer
Schiene "Sachsen und Baden-Württemberg" zu finden ist, während sie
niedertroposphärisch erst Norddeutschland passiert. Effektiv wird die Luftmasse
in 850 hPa zwischen 12 und 18Z zwar um 3 bis 6 Kelvin erwärmt, doch während der
anschließenden Warmsektorpassage verbleiben die Temperaturwerte über dem Norden
und Osten die Nacht über nahezu unverändert bei -3 bis -4 Grad. Gleichzeitig
trocknet die Luftmasse postfrontal der Höhenfront vorübergehend oberhalb von 850
hPa deutlich ab. Während der Morgenstunden erfasst dann die (maskierte)
Kaltfront Norddeutschland. Dabei deutet sich hier wenigstens für die
Morgenstunden noch ein schwacher Anstieg der 850 hPa Temperaturwerte auf 0 bis
+1 Grad an, sodass man hier je nach Modell auch von einem kleinräumigen
eingelagerten Warmsektor sprechen kann.

So komplex wie die Frontenlage gestaltet sich das signifikante Wetter jedoch
nicht, das Wissen dieser Feuchteverteilung ist jedoch von Bedeutung. Die abends
und die erste Nachthälfte aufgleitende Front erzeugt besonders über der Mitte
und dem Osten Deutschlands abgesetzt vom eigentlichen (nördlicher platzierten)
Niederschlagsfeld eigene, schwache Niederschläge. Diese müssen erst eine recht
trockene Luftmasse unterhalb der Wolkenuntergrenze passieren, doch im Verlauf
der zweiten Nachthälfte sollte es auch bis zum Boden Niederschlag geben. Dabei
deuten die meisten Modelle zunächst die Schneephase an, bevor der Niederschlag
ausgangs der Nacht von Norden zunehmend in die flüssige Phase wechseln soll. Bei
den Vorhersagesoundings kommen dahingehend jedoch Zweifel auf, da oberhalb von
800 hPa eine markante Abtrocknung stattfinden, weit abseits der
kristallbildenden -10 Grad. Somit würde mich es nicht wundern, wenn während der
zweiten Nachthälfte im Osten eine Mischung aus gefrierendem Sprühregen und
Schneegriesel auftreten, beides Garanten für mehr oder weniger glatte Straßen,
da die bodennahe Temperaturwerte nur zögernd von Norden auf über 0 Grad steigen
(um 06 UTC sollten die zarten Plusgrade die Leipziger Tieflandsbucht und das
nördliche Thüringer Becken erreicht haben). Zwar ziehen früh in der Nacht
Wolkenfelder auf, die die Ausstrahlung dämpfen, doch bei der vorherrschenden
Südwestkomponente des Bodenwindes wird bis zur Bodenfrontpassage präfrontal
effektiv die trockene und kalte bodennahe Luftmasse nach Ostdeutschland
advehiert, sodass es nur zu einer sehr zögernden Erwärmung im Verlauf der Nacht
kommen kann. Ob das alles für die Ausgabe von regional markanter Glättewarnungen
reicht bleibt abzuwarten. Im Harz und Erzgebirge kann unbedeutend Schnee fallen,
wobei die Schneefallgrenze sukzessive auf über 500 m steigt. Auf jeden Fall wird
heute früh in den entsprechenden Bereichen eine gelbe Glättewarnung ausgegeben,
um auf das Potenzial hinzuweisen.

Weiter im Westen (entlang der westlichen zentralen Mittelgebirge in NRW und
Hessen) ist ein ähnlicher Ablauf zu erwarten, dort könnte jedoch ein früheres
Westdrehen des Windes effektiver die bodennahe Temperaturwerte auf über 0 Grad
anheben, sodass gefrierender Niederschlag nur lokal in geschützten Lagen
auftreten sollte.
Alles in allem nun keine signifikante Glatteislage, doch sollte man in der Nacht
in der Mitte und im Osten bei Autofahrten zumindest regional auf Glätte gefasst
sein.

Im Verlauf der zweiten Nachthälfte erreicht dann das zweite Frontensystem
maskiert Norddeutschland mit vorübergehend kräftigerem Regen, wobei die
Schneefallgrenze rasch auf über 1000 m ansteigt.

Die Tiefstwerte im Norden, Osten und über der Mitte weisen entsprechend dieser
Entwicklung ein größeres Nordwest-Südostgefälle auf mit +4 Grad im Umfeld der
Deutschen Bucht und leichtem Frost entlang der zentralen Mittelgebirge (wobei
die Tiefstwerte nicht erst ausgangs der Nacht erreicht werden, sondern schon
früher).

Der Nordwestwind frischt besonders im Umfeld der Deutschen Bucht und entlang der
Ostsee stark böig bis stürmisch auf (Bft 7 bis 8) und auch im exponierten
Bergland (Brocken, Erzgebirgskamm) gewinnt der Wind an Kraft, sodass exponiert
zunehmend mit Sturmböen zu rechnen ist. Im Binnenland treten besonders in
Norddeutschland im Verlauf der zweiten Nachthälfte zunehmen Windböen Bft 7 auf.
Ansonsten weht der Wind schwach aus Südwest bis West.

In Süddeutschland ist von alldem noch nicht viel zu spüren. Außer einem
allmählichen Wolkenaufzug verläuft die Nacht abgesehen von Frostwarnungen meist
warnfrei und das bei Tiefstwerten von -2 bis -5 Grad, südlich der Donau von -5
bis -9 Grad und am Alpenrand (besonders über Schnee) sowie inneralpin von -9 bis
-17 Grad.



Sonntag... wird der gesamte und im Tagesverlauf zunehmend als eine Okklusion zu
bezeichnende Frontenzug über Deutschland südwärts geführt und erreicht zur
Mittagszeit je nach Modell Süddeutschland oder die Alpen.

Der Fokus liegt ausgangs der Nacht auf der südwärts vorankommenden maskierten
und rasch okkludierenden Kaltfront, die zügig Norddeutschland passiert und in
den späten Morgenstunden bereits die zentralen Mittelgebirge erreicht. Mit
verbunden ist mehr Dynamik und somit höhere Niederschlagsraten, eine
vorübergehend hochreichendere Feuchte und eine nur geringfügige
Temperaturschwankung in 850 hPa. Die Inversion in rund 800 hPa wird
vorübergehend angehoben und daher erreicht die vertikale Sättigung auch die -10
Grad Isotherme, sodass mit einer kurzen Umwandlung in die Schneephase zu rechnen
ist. Das betrifft vor allem die Bereiche Rhön/Spessart über den Thüringer Wald
bis nach Sachsen. Großartige Niederschlagsmengen fallen zwar nicht, doch in den
1 oder 2 Stunden mit etwas kräftigem Schneefall können vorübergehend bis in
tiefe Lage einige Zentimeter Schnee fallen, in Staulagen der Berge oberhalb von
500 m auch gut und gerne um die 5 cm. Da die südwestliche Bodenwindkomponente
vorherrscht, sollte in diesen Bereichen vorübergehend bis in tiefe Lagen eine
Glätte- oder kurzzeitige Schneefallwarnung in Betracht gezogen werden. Die
punktuell gezeigte gefrierende Phase sollte kaum noch auftreten, da mit
fortschreitender Durchmischung auch die Kältelöcher durchmischt werden.
Postfrontal stauen sich noch zahlreiche Schauer in die prädestinierten
Staulagen, die Neuschneemengen oberhalb von 500 m fallen jedoch gering aus.

Postfrontal verläuft der Sonntag über Norddeutschland zunächst stark bewölkt, im
Tagesverlauf zunehmend aufgelockert bewölkt und abgesehen von einem geringen
Schauerrisiko auch trocken. Besonders im Nordosten scheint die Sonne dank
"Skandi-Föhn" für längere Zeit. Allerdings weht der Nordwestwind mäßig bis
frisch mit einzelnen Böen Bft 7, wobei die Böen im Harzumfeld und in MV auch
eine gelbe Windwarnung nach sich ziehen können.

Den Süden passiert die Front im Tagesverlauf mit dichter Bewölkung und nur etwas
Regen, oberhalb von 500 m auch Schnee. Mit der von Norden eintreffenden neuen
Feuchte wird jedoch der Alpenstau wieder angekurbelt, sodass im
Nachmittagsverlauf anhaltende Schneefälle zu erwarten sind. Bis zum Abend werden
nur wenige Zentimeter Neuschnee erwartet.

Die Höchstwerte liegen am Sonntag im Südosten nur wenig über 0 Grad und sonst im
Westen und Norden zwischen +5 und +10 Grad, wobei die höchsten Werte zwischen
Saarland und Niederrhein erwartet werden.


In der Nacht zum Montag kippt die Strömung auf Nord und daher verwundert es
nicht, dass die Schneefälle an den Alpen die ganze Nacht hindurch anhalten. Bis
zum Morgen muss mit 5 bis 10 cm, oberhalb von 1000 m auch mit 15 cm Neuschnee
gerechnet werden.
Sonst wird die niedertroposphärische Luftmasse (marinen Ursprungs) mit Erreichen
Deutschlands und der dort bodennah erneut in den Frostbereich auskühlenden
Luftmasse leicht gehoben, was für eine dichte Stratusbewölkung sorgt, die
ausgangs der Nacht auch das Oderumfeld erfasst. Besonders im Stau der
Mittelgebirge bedeutet das teils gefrierenden Sprühregen und erhöhte
Glättegefahr. Besonders in Richtung östliche zentrale Mittelgebirge überwiegt
eher die Schneephase und dort können 1 bis 3 cm Neuschnee fallen. Sonst bleibt
es trocken und die Tiefstwerte liegen im Nordwesten bei +5 bis +1 Grad und sonst
zwischen 0 und -4 Grad, im süddeutschen Bergland weiterhin im mäßigen
Frostbereich. Der Nordwestwind weht schwach bis mäßig, frischt über der
Deutschen Bucht zeitweise böig auf und erreicht Sturmstärke auf exponierten
Alpengipfeln.



Montag... verläuft meist wolkenverhangen und besonders nördlich der
Mittelgebirgsschwelle kann es immer wieder leicht regnen, im Bergland fällt
oberhalb von 300 bis 500 m weiterhin teils Schnee oder gefrierender Sprühregen,
sodass eine Fortdauer der Glättewarnungen im Bergland wahrscheinlich erscheint.
Im Süden ist die Wolkendecke zwar auch meist dicht, doch es bleibt hier
überwiegend trocken. Die Ausnahme ist weiterhin der Alpenstau, wo noch einige
Zentimeter Neuschnee erwartet werden. Die Höchstwerte liegen im Süden bei +2 bis
+5 Grad, den Rhein entlang um +7 Grad und im gesamten Norden zwischen +7 und +10
Grad. Der Nordwestwind weht schwach bis mäßig mit einzelnen stürmischen Böen auf
exponierten Berggipfeln.

Modellvergleich und -einschätzung
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Die Kurzfrist wird in der Numerik aus synoptischer Sicht sehr gut erfasst. Die
im Text angesprochenen Probleme (Niederschlagsphase und entsprechender Glätte)
können meist erst im Nowcast behandelt werden.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Helge Tuschy