DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

19-03-2021 09:01
SXEU31 DWAV 190800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Freitag, den 19.03.2021 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
GWL: NEa

Wechselhaft mit Schauern, Staulagen zeitweise länger anhaltender Schneefall.
Osten/Südosten kalt, Nächte teils mäßiger, im Süden örtlich strenger Frost.
Besonders im Bergland, abends und nachts auch im Tiefland vielerorts Glätte,
regional/zeitweise markant. Küsten sonntags stürmisch.



Synoptische Entwicklung bis Sonntag 24 UTC
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Freitag... und die gesamte Kurzfrist über dauert das beständige und stark
mäandrierende Strömungsmuster über Europa weiter an. Einem umfangreichen und
kräftigen Höhenrücken über dem Nordostatlantik steht ein positiv geneigter
Langwellentrog gegenüber, dessen Ache sich von Marokko bis nach Russland
erstreckt. Im Übergangsbereich beider Wellen erstreckt sich eine ausgedehnte
"Vorticityschleppe", die besonders den Süden und Osten von Deutschland erfasst
und von deutlichen Hebungsgradienten (prä-, wie auch postfrontal) geprägt ist.
Zudem erfasst heute im Tagesverlauf eine Kaltfront den Nordosten, wo postfrontal
polare Luft mit 850 hPa Temperaturwerten von abends -13 bis -14 Grad einströmt.

Alles in allem stehen die Zeichen weiterhin auf eine Fortdauer der
spätwinterlichen Witterung. Bezüglich Niederschlag stehen heute der Süden und
Osten im Fokus. Im Süden sorgt die synoptisch-skalige Hebung im Einklang mit
50-100 J/kg MUCAPE für einen dichten Schauerteppich, der dem diabatischen
Tagesgang folgend zum Mittag/Nachmittag seine größte Ausdehnung/Intensität
erfährt und sich abends sukzessive wieder abschwächt. Dabei schwenkt am Boden
ein schwach ausgeprägter Bodentrog nach Süden, der diese Schauer regional etwas
linienhafter organisierten dürfte (örtlich von Blitz und Donner begleitet). Bei
einer Schneefallgrenze von 200-400 m fallen die Schauer durchweg als Schnee, nur
im Rheinumfeld kann sich auch Regen unter den Schnee mischen. Dort liegen die
Höchstwerte bei +4 bis +6 Grad, östlich der Alb und in Bayern meist nur um +3
Grad. Daher hängt die Schneedeckenbildung von der Dauer/Intensität der Schauer
ab, sodass tagsüber bis zum Nachmittag in tiefen Lagen nur vorübergehend mit
einer Schneedeckenbildung von wenigen Zentimetern und Glätte zu rechnen ist,
oberhalb von rund 400 m durchweg. Allerdings können die Schauer kräftig
ausfallen (Stundensumme teils mehrere Liter) und vorübergehend für winterliche
(Straßen-) Verhältnisse sorgen. Im Verlauf des späten Nachmittags kühlt es dann
auch in den tiefen Lagen soweit ab, dass der Schnee zunehmend liegen bleibt.
Dann erreichen die Schauer auch den Alpenstau, wo es länger anhaltend zu
schneien beginnt.

Im Osten forciert abseits vom Erzgebirgsstau die Kaltfront die Schauertätigkeit,
wobei die Schauer am späten Nachmittag auch das Erzgebirge erreichen. Bis zum
frühen Nachmittag sollten leichte Plusgrade ebenfalls nur eine vorübergehende
"Liegenbleib-Phase" ermöglichen, doch zum späten Nachmittag fallen die
Temperaturwerte rasch in Richtung Gefrierpunktnähe, sodass besonders in Sachsen
sowie im Stau der östlichen zentralen Mittelgebirge mit etwas Neuschnee zu
rechnen ist (1 bis 4 cm). Abends ziehen zudem von der Ostsee einzelne
Schneeschauer nach Vorpommern.

Im Westen und Norden schwächt höherer Luftdruck und synoptisches Absinken die
Schauertätigkeit auf "vereinzelt/schwach" ab, sodass nur im Bergland von NRW
regional mit 1-2 cm Neuschnee zu rechnen ist. Meist bleibt es trocken und das
bei Höchstwerten von +4 bis +8 Grad.

Der Nordostwind weht im Süden und Nordwesten schwach und über der westlichen
Mitte (Saarland bis Hessisches Bergland) aus dem Gradienten heraus sowie im
Nordosten KLA gestützt leicht böig auffrischend (Bft 6 bis vereinzelt Bft 7).
Warnwürdig erscheint dies im Binnenland nicht.


In der Nacht zum Samstag/Sonnabend zieht die Kaltfront zügig weiter an die
Alpen, während nach Nordwestdeutschland ein Hochdruckkeil wandert. Daher
verwundert es nicht, dass in der trockenen Polarluft die Bewölkung über dem
gesamten Norden und in der zweiten Nachthälfte zunehmend auch über der Mitte
aufreißt. Einschlafender Wind, gute nächtliche Ausstrahlung und frisch
eingeflossene Polarluft sind auch jetzt noch ein Garant für eine deftige
nächtliche Abkühlung. Daher wird ausgangs der Nacht im Nordwesten mit leichtem,
im gesamten Osten mit mäßigem Frost gerechnet. IFS-EPS hebt die Berglagen der
östlichen zentralen Mittelgebirge mit strengem Frost um -10 Grad hervor, doch
möchte ich ein lokales Ereignis im Thüringer Becken/nördliche Sachsen ebenfalls
nicht ausschließen, sollte sich dort eine dünne Schneedecke in die Nacht retten.
Abgesehen von letzten Schneeschauern im Stau vom Thüringer Wald/Erzgebirge
bleibt es sonst trocken.

Im Süden fallen die Schneeschauer vom Tag ebenfalls zögernd in sich zusammen,
dank der Kaltfrontpassage können sich jedoch einzelne Schauer die Nacht über
halten. Da auch hier die 850 hPa Temperatur unter -10 Grad zurückgeht hilft die
schützende Wolkendecke nur bedingt, sodass auch im gesamten Süden leichter bis
mäßiger Frost (lokal bis -7 Grad) zu erwarten ist. Im Alpenstau schneit es
munter weiter und bei kontinuierlicher Abkühlung der unteren Troposphäre wird
der Schnee immer lockerer. Daher kann man bei den rund 10 l/qm Flüssigwasser
Niederschlag effektiv mit rund 10 bis 15 cm, oberhalb von 1000 m gebietsweise
auch mit 20 cm Neuschnee rechnen. Der Wind weht meist schwach aus Nordost und
dreht im Norden mit Durchzug des Bodenkeils zunehmend auf Südwest.

Bezüglich Glätte dürften wohl die östlichen Mittelgebirge und das Alpenvorland
herausgearbeitet werden (abgesehen sonst von regionaler Reifglätte, die jedoch
bei der trockenen Luftmasse auch nur örtlich auftreten sollte).



Samstag... ist nicht nur bodennah, sondern auch in der Höhe ein Keil über
Deutschland zu finden, sodass ein ruhiger Tag ins Haus steht. Besonders im Süden
und Osten hält sich noch zäh bis in den Mittag hochnebelartige Bewölkung, die
jedoch zunehmend auflockert und der Sonne Platz macht, sodass der Tag über der
westlichen Mitte und dem Südwesten sehr freundlich verläuft. Ansonsten macht
sich im Nordwesten im Tagesverlauf eine Warmfront mit dichter WLA Bewölkung
bemerkbar, die abends das Umfeld der Deutschen Bucht mit leichten Niederschlägen
erfasst.
Am Alpenrand schwächt sich der Alpenstau zwar ab, wird jedoch im Tagesverlauf
durch regen Schaueraktivität im direkten Alpenvorland nochmals etwas
angekurbelt, sodass im Stau nochmal 4 bis 8 cm Neuschnee zu erwarten ist.

Die Höchstwerte liegen in weiten Bereichen Bayerns sowie im Stau der östlichen
zentralen Mittelgebirge dank der späten Bewölkungsauflösung, der kalten Vornacht
und der eingeflossenen Polarluft im (mäßig) kalten Bereich (um 0 Grad). Gut,
dass der Nordostwind nur schwach bis mäßig weht, doch auch so liegen die
gefühlten Temperaturwerte im leichten Dauerfrostbereich. Sonst werden
Höchstwerte von +2 bis +5 Grad, im Nordwesten bis +7 Grad erwartet. Im Bergland
herrscht leichter bis mäßiger Dauerfrost.

Der Wind weht im Süden schwach aus Nordost und sonst aus West bis Südwest. Dabei
sind im Küstenumfeld einzelne Böen Bft 7 zu erwarten.


In der Nacht zum Sonntag passiert dann die Warmfront, direkt gefolgt von der
Kaltfront und von Osten zunehmend in eine Mischfront übergehend Deutschland von
Nord nach Süd. Dabei breiten sich leichte Niederschläge im Verlauf der Nacht auf
die Gebiete nördlich der zentralen Mittelgebirge aus. Üppig fallen die Mengen
mit 12-std. Werten von 0,x bis 4 l/qm nicht aus und fallen im gesamten Norden
und Westen als Regen. Interessant wird es etwa ab einer Linie Rothaargebirge -
Harz - nördliche Brandenburg. In diesen Regionen kann lokal/kurzzeitig etwas
gefrierender Niederschlag auftreten und zudem geht dieser im gesamten Osten
zunehmend in die feste Phase über. Abgesehen vom Harz, wo 1 bis 5 cm Neuschnee
fallen kann, sind die Neuschneemengen jedoch unbedeutend. Allgemein muss jedoch
über der Mitte und dem Osten mit glatten Straßen gerechnet werden. Die
Tiefstwerte liegen von Nordwest nach Südost zwischen +4 und -4 Grad. Der
Westwind weht mäßig, im Norden stark böig und kommt im Küstenumfeld von Nord-
und Ostsee stürmisch aus West bis Nordwest.

Im Süden verläuft die Nacht meist klar und trocken, wobei es mit -4 bis -9 Grad,
über Schnee und allgemein im Bergland mit strengem Frost von -10 bis -17 Grad
bitterkalt wird. Einige Ensemblemembers zeigen am direkten Alpenrand gar sehr
geringe Wahrscheinlichkeiten für sehr strengen Frost um -20 Grad. Diese
Abkühlung ist natürlich auch schwachen Windverhältnissen geschuldet.


Sonntag... wölbt sich der Keil über Westeuropa wieder stärker nach Norden in
Richtung Schottland auf, während gleichzeitig ein weiterer Trogvorstoß den
umfangreichen Trogkomplex über Ost- und Südeuropa regeneriert. Das Resultat ist
eine auf nördliche Richtung kippende Strömung, in der die Warmfront eingelagert
weiter Boden nach Süden gutmacht und abends die Alpen erreicht.
Tagsüber ist das alles noch ohne größere Probleme verbunden. Im Umfeld der
Warmfront fällt zeitweise Niederschlag, im Erzgebirgsstau bis in den Nachmittag
hinein als Schnee (1 bis 5 cm Neuschnee in 12 Stunden), sonst wechselt im Osten
die Schneephase aus der Nacht heraus im Verlauf des Vormittags zunehmend in
Regen. Nach Westen zu fällt der Niederschlag durchweg als Regen. Interessant
wird es dann am späten Nachmittag und Abend, wenn die Temperatur wieder auf 0
Grad zurückgeht. Gleichzeitig etabliert sich in rund 800 hPa ein markanter
Feuchtegradient, der im Grenzbereich zur -10 Grad Isotherme zu finden ist. Daher
kann es abends und bis in die erste Nachthälfte weitere Niederschläge in
flüssiger Phase geben, die bei 2m Temperaturwerten von etwas unter 0 Grad für
gefährliche Glätte sorgen können. Für Detailprognosen ist es noch ein bisschen
hin, allerdings sollte man aus heutiger Sicht grob von der Alb über das
nördliche und mittlere Bayern, Vogtland und im Erzgebirge mit markanter Glätte
rechnen.

Postfrontal verläuft der Sonntag im Norden zunächst bewölkt, im Nordosten jedoch
dank "Skandi-Föhn" zunehmend aufgelockert bewölkt oder heiter und trocken.
Präfrontal im Süden verdichtet sich die Bewölkung tagsüber, meist bleibt es
jedoch trocken, sieht man von etwas Schnee im Stau der Alpen ab.
Die Höchstwerte verbleiben im Südosten bei 0 Grad, über der Mitte und dem
Südwesten bei +1 bis +4 Grad und im Norden zwischen +5 und +10 Grad mit den
höchsten Werten am Niederrhein und in Schleswig-Holstein. Im süddeutschen
Bergland herrscht leichter bis mäßiger Dauerfrost. Der Nordwestwind weht im
Norden und Osten böig (Bft 7), im Umfeld der Deutschen Bucht auch stürmisch (Bft
8) und kommt sonst über der Mitte und dem Süden schwach bis mäßig aus Südwest
bis Nordwest.


In der Nacht zum Montag dauert die nördliche Strömung an, in der die Warmfront
an die Alpen geführt wird. Daher fällt besonders südlich der Donau etwas
Niederschlag, der wieder zunehmend in Schnee übergeht, sodass dort mit
Schneeglätte zu rechnen ist. Die markante Glättesituation dürfte sich bezüglich
Niederschlag zwar entspannen, allerdings nicht mit Blick auf überfrierende
Restnässe, da die Bewölkung nördlich der Donau zeitweise auflockert und auch im
Stau des Thüringer Waldes und Erzgebirge kann weiterhin teils gefrierender
Sprühregen für markante Glätte sorgen. Sonst verläuft die Nacht stark bewölkt,
im Nordosten teils klar und trocken. Die Tiefstwerte liegen im Süden und am
Erzgebirge zwischen -2 und -6 Grad und sonst zwischen +2 Grad im Nordwesten und
-2 Grad im Osten. Der Wind weht überall schwach aus West bis Nordwest.

Modellvergleich und -einschätzung
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Die Entwicklung während der Kurzfrist wird übereinstimmend gut erfasst. Der
Fokus liegt im Nowcast auf den angesprochenen wechselnden Niederschlagsphasen
und auf der Glätteproblematik.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Helge Tuschy