DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

18-03-2021 18:01
SXEU31 DWAV 181800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Donnerstag, den 18.03.2021 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
Spätwinterliche Nord-Nordostlage mit Nachtfrost und Schneeschauern. Am Samstag
unterkühlter Frühlingsanfang - Mensch MARGARETHE, das geht auch ein bisschen
wärmer.

Synoptische Entwicklung bis Sonntag 12 UTC
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Aktuell ... befindet sich Deutschland im Übergangsbereich zwischen einem
monumentalen Potenzialrücken über dem Ostatlantik und einem LW-Trog, der von
Nordwestrussland über das östliche Mitteleuropa bis zum westlichen Mittelmeer
reicht. Dazwischen verläuft die Frontalzone von Nord-Nordost nach Süd-Südwest
orientiert, was für uns eine nordöstliche Höhenströmung bedeutet.
Korrespondierend zu den Potenzialgebilden thront im Westen das kräftige Hoch
MARGARETHE mit seinem Zentrum (> 1035 hPa) knapp westlich von Irland und Keil
Richtung Norwegen, wo sich im Laufe der Nacht gar ein sekundäres Maximum von
etwas über 1030 hPa abzeichnet. Östlich und südlich von uns verläuft hingegen
eine umfangreiche Tiefdruckzone ohne klaren "Chef" (kein Tief vorhanden, das
deutlich hervorsticht). Der nördliche Wind, der entsprechend dieser
Konstellation generiert wird, lenkt polare Kaltluft arktischen Ursprungs in den
Vorhersageraum, in der die 850-hPa-Temperatur bis zum Morgen auf rund -7°C über
der Südhälfte und bis zu -10°C über dem Oderhaff zurückgeht.

Wettertechnisch kommt es in der Nacht zum Freitag vornehmlich in der Mitte und
im Süden noch zu schauerartigen Niederschlägen, die zunehmend bis ganz runter
als Schnee fallen. Am frühen Morgen muss auch in Vorpommern mit Annäherung einer
tendenziell eher wenig wetterwirksamen Kaltfront von der Ostsee her mit
einzelnen Schneeschauern gerechnet werden, während im "westlichen Norden" der
Trend eindeutig in Richtung Aufklaren geht. Insgesamt sind die Neuschneemengen
gering, so dass häufig eine Glättewarnung genügt. In einigen Mittelgebirgen
hingegen reicht es mit orografischer Unterstützung für 1 bis 3 cm, in den
östlichen Mittelgebirgen bis zu 5 cm, im höheren Erzgebirge sogar bis nahe 10 cm
Neuschnee. Dem Alpenrand hingegen gönnt die Atmosphäre nach tagelangem
Schneefall eine schöpferische Pause, nachdem die letzten Schauer am östlichen
Alpenrand das Weite gesucht haben.

Die Temperatur geht verbreitet in den leichten, im Bergland lokal mäßigen
Frostbereich zurück. Einzig direkt an der See sowie gebietsweise unter den
dichten Wolken Südwestdeutschlands bleibt es frostfrei.

Freitag ... rotieren sowohl der Höhenrücken als auch der Höhentrog ganz langsam
im Uhrzeigersinn. Am Abend reicht die Hauptachse des Troges etwa von Nowaja
Semlja bis nach Ostspanien, die des Rückens vom nahen Atlantik bis zum Weißen
Meer. Für Deutschland bedeutet das ein leichtes Rechtdrehen der nordöstlichen
Höhenströmung, die zunächst nahezu indifferent ist, bevor sie später leicht
antizyklonale Konturen annimmt.

Bodennah bleiben das Zentrum von Hoch MARGARETHE weiterhin knapp westlich von
Irland, während ihr norwegischer Ableger nach Südskandinavien wandert. Auf der
Südostflanke kommt die o.e. Kaltfront über dem nordostdeutschen Binnenland
südwestwärts voran (das zugehörige flache Tief zieht übrigens vom Baltikum nach
Belarus), wodurch noch etwas kältere Polarluft herangeführt wird. Am Abend des
letzten kalendarischen Wintertags liegen der Osten und Nordosten unter -10 bis
-13°C in 850 hPa - na wenn das kein standesgemäßer Abschied ist. Dass es
angesichts solcher Vorgaben in weiten Teilen des Landes nicht wärmer wird als 1
bis 6°C, verwundert nicht wirklich. Lediglich nach Westen und Nordwesten hin, wo
die bereits schon relativ hochstehende Märzensonne durch zunehmende
absinkbedingte Wolkenauflösung (allerdings noch einige Quellungen unterhalb der
sich bei 700 hPa etablierenden Absinkinversion) diabatische Kräfte freisetzt,
wird es 1 bis 2 Grad milder. Dagegen stellt sich oberhalb 500 bis 600 m leichter
Dauerfrost ein.

Im Osten und Süden sowie in der östlichen Mitte kommt es bei wechselnder bis
starker Bewölkung zu weiteren schauerartigen Schneefällen, die meist als Schnee
fallen und nur in allertiefsten Lagen noch mit Regen vermischt sein können.
Häufig reicht es aber nur für - Zitat Winninghoff - "Stundenmatsch" oder eine
temporäre dünne Schneedecke. In Lagen oberhalb 300 bis 500 m sind ca. 1 bis 5 cm
Neuschnee drin.

Noch ein Satz zum Wind, der auf der Südostflanke der Hochdruckzone aus Nordosten
kommend böig auffrischt (Gradientverschärfung + Tagesgang + Supergeostrophie),
dabei aber unter den Warnschwellen bleibt.

In der Nacht zum Samstag "kippelt" das großräumige Potenzialkonstrukt noch etwas
weiter, wodurch die Bodenhochdruckzone von Norden her bis nach Norddeutschland
gedrückt wird. Am frühen Morgen verläuft die zonal exponierte Divergenzachse
etwa vom Niederrhein bis zum südlichen Niedersachsen. Südlich und östlich davon
breitet sich von Nordosten her die "kalte Zunge" mit 850-hPa-Temperaturen
zwischen -10 und -14°C bis hinunter in den Süden und Südwesten des
Vorhersageraums bzw. in die benachbarte Nordschweiz und nach Vorarlberg aus.
Dagegen wird es im Nordwesten bereits wieder deutlich milder mit nur noch -3 bis
-7°C in 850 hPa. An der Nordsee taucht ausgangs der Nacht der Vorderrand
mehrschichtiger Bewölkung auf, der eine über der Nordsee langsam südostwärts
schwenkende Warmfront (gehört zu einem kräftigen Tief bei Spitzbergen)
ankündigt.

Derweil ziehen sich die Schneeschauer mehr und mehr in den äußersten Süden und
Südosten zurück, während es gleichzeitig von Norden her aufklart. An den Alpen
hingegen kommt es staubedingt zu einer Verstärkung der Schneefälle, so dass dort
noch mal 5 bis 10 cm, in einigen Hochlagen punktuell etwas mehr runterkommen
können.

Temperaturmäßig haut die letzte Nacht des astronomischen Winters noch mal
ordentlich einen raus. So kühlt es verbreitet in den mäßigen, im zentralen
Mittelgebirgsraum über frisch gefallenem Schnee und bei längerem Aufklaren
punktuell gar strengen Frostbereich um oder etwas unter -10°C ab. Lediglich in
Seenähe sowie in den Regionen, wo sich noch längere Zeit Bewölkung hält, wird es
nicht ganz so kalt.

Samstag ... ist es soweit, der kalendarische Frühling beginnt um 10:37 MEZ.
Herzlich Willkommen auch von dieser Stelle! Meteorologisch schwenkt der Keil des
atlantischen Rückens bis knapp vor die deutsche Nord- und Ostseeküste. Dadurch
verlagert sich die schmale, zonal orientierte Bodenhochdruckzone (das Zentrum
liegt mit etwas über 1035 hPa immer noch knapp westlich von Irland) bis in die
mittleren Landesteile. Am Abend verläuft die Divergenzachse etwa von der Porta
Nigra bis hinüber zum Sechsämterland. Um die Achse herum sind am letzten
Bundesligasamstag vor der Länderspielpause die meisten Sonnenstunden zu
erwarten, also etwa vom südlichen NRW, RP/Saarland und Nordbaden bis hinüber in
die östliche Mitte.

Südlich davon hält sich zunächst noch dichte Restbewölkung aus der Nacht, aus
der südlich der Donau ein paar Schneeschauer fallen. Tendenziell nimmt die
Schaueraktivität im Tagesverlauf aber ab und die Wolkendecke beginnt von Norden
und Nordosten her aufzulockern. Zwar frischt der Nordostwind im Süden BWs etwas
auf, so richtig in Schwung kommt die Bise zumindest auf deutscher Seite aber
nicht.

Nördlich der Hochdruckzone kommt die o.e. Warmfront bis ins Norddeutsche
Tiefland voran, was dort zunächst weniger dichte, später dann aber kompakte
Bewölkung und zwischen Emsland und Ostholstein etwas Regen oder Nieselregen zur
Folge hat (reicht aber kaum für 1 l/qm innert 12 h). An der Ostsee frischt der
auf Südwest rückdrehende Wind zum Abend hin auf, wobei erste 7er-Böen dabei sein
können (allerdings spricht die überwiegend ablandige Komponente gegen Böen
dieser Größenordnung).

Während sich die niedertroposphärische Temperatur in weiten Teilen des Landes
nur zögerlich erholt (am Abend immer noch verbreitet -8 bis -12°C in 850 hPa),
ist im Norden und Westen ein klarer Trend nach oben erkennbar (-6 bis 0°C; an
der Nordsee sowie im Norden SHs spät sogar leichte Plusgrade). In 2 m Höhe
stehen Maxima von 1 bis 7°C auf der Karte, oberhalb 500-600 m herrscht leichter
Dauerfrost.

In der Nacht zum Sonntag greift der Keil des sich über dem nahen Atlantik
regenerierenden Rückens vollends auf Deutschland über, wobei er bis zum
östlichen Mitteleuropa ausgreift. Auf seiner Vorderseite wird die
Bodenhochdruckzone unter Abschwächung immer weiter nach Süden gedrückt, so dass
nur Teile Bayerns und BWs noch eine klare Nacht abbekommen. Ansonsten machen
Warmfront und zugehörige Bewölkung weiteren Boden nach Südosten hin gut, und
auch die leichten Niederschläge (die Feuchte ist nicht besonders hochreichend)
greifen bis in den zentralen Mittelgebirgsraum aus. Während im Norddeutschen
Tiefland meist Regen oder Nieselregen fällt, ist nach Osten hin respektive beim
Erreichen der Mittelgebirge vorübergehend auch mal Schneegriesel oder
gefrierender Nieselregen möglich.

Während es im Norden und Westen vielerorts frostfrei bleibt, sind sonst noch mal
leichte bis mäßige Minusgrade zu erwarten. Im süddeutschen Bergland muss über
Schnee und bei längerem Aufklaren stellenweise mit strengem Frost gerechnet
werden.
Bedingt durch einen über Skandinavien südostwärts ablaufenden KW-Trog (Höhe und
Boden) verschärft sich der Gradient im Norden und Nordosten, wodurch der von
Südwest auf West bis Nordwest drehende Wind etwas zulegt. Böen 7 Bft, exponiert
8 Bft bleiben voraussichtlich aber auf den unmittelbaren Küstensaum und die
vorgelagerten Inseln (wobei die Ostfriesischen noch fraglich sind) beschränkt.

Sonntag ... flacht der Höhenkeil auf seinem Weg nach Süden immer weiter ab.
Gleichzeitig arbeitet der atlantische Rücken an der Wiederherstellung seiner
Performance, was bei uns vorübergehend eine nördliche Höhenströmung zur Folge
hat. Der o.e. KW-Trog schlägt derweil in Polen auf. Dichte Bewölkung und leichte
Niederschläge aus der Mitte breiten sich zusehends bis in den Süden aus, wobei
es teils regnet, teils schneit. Akkumuliert über 12 h liegen die Mengen bei
maximal 1-2 l/qm, lediglich in einigen Staulagen der zentralen Mittelgebirge
etwas darüber. Im Norden lockert die Wolkendecke von der See und Dänemark her
auf.

Vor allem im Norden und in der Mitte frischt der Nordwest- bis Nordwind soweit
auf, dass gebietsweise Böen 7 Bft, in höheren Lagen 8 Bft dabei herauskommen.
Die Höchstwerte liegen im Norden und Westen lokal bei 10°C, wohingegen im
Südosten das Erreichen der +5°C-Marke noch unwahrscheinlicher ist als der
Nichtabstieg von S04.


Modellvergleich und -einschätzung
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Die Numerik zeigt sich konsensfreudig, größere Abweichungen vom geschilderten
Ablauf sind nicht erkennbar.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Hoffmann