DWD Synoptische Übersicht Mittelfrist

18-03-2021 10:01

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Donnerstag, den 18.03.2021 um 10.30 UTC



Übergang von Atlantikblockade zu NAO positiv: Zunächst kalt, am Sonntag in der
Südosthälfte Schnee teils bis in tiefe Lagen. Danach Hochdruckrandlage, aber nur
zögernd milder.
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Synoptische Entwicklung bis zum Donnerstag, den 25.03.2021


Freunde gepflegten Frühlingswetters müssen sich noch etwas gedulden, aber
immerhin kommt im Mittelfristzeitraum der Nordatlantik wieder etwas "in Fahrt".
Der blockierende Hochdruckrücken über dem Ostatlantik wird zu Beginn kommender
Woche nach und nach von Norden her abgebaut bzw. nach West- und Mitteleuropa
abgedrängt.
Zunächst allerdings, sprich: Zu Beginn des Mittelfristzeitraumes, am Sonntag,
präsentiert er sich aber noch in voller Pracht und erstreckt sich über den nahen
Ostatlantik westlich der Britischen Inseln nordwärts über Island bis zur
Südküste Grönlands. Bis Montag, 00 UTC kommt er immerhin schon ein wenig
ostsüdostwärts voran und greift auf die Britischen Inseln bzw. das Europäische
Nordmeer über.
Stormabwärts hat ein Höhentrog auf Skandinavien bzw. das nördliche Mitteleuropa
übergegriffen und kommt unter Amplifizierung allmählich nach Osten voran. In der
Nacht zum Montag reicht er vom Weißen Meer bis nach Tschechien und nimmt
Verbindung auf zu einem Höhentief über dem Tyrrhenischen Meer. Daraus resultiert
über dem Vorhersagebiet eine von Nordwest auf Nord drehende und vorübergehend
leicht zyklonal konturierte Höhenströmung.
Im Bodenfeld greift die Kaltfront eines von Finnland nach Nordwestrussland
ziehenden Tiefdruckgebietes von Norden her auf Deutschland über und erreicht
bereits in der Nacht zum Montag die Alpen. Rückseitig weitet sich ein Keil des
kräftigen Hochs mit Schwerpunkt südwestlich der Britischen Inseln über die
Nordsee Richtung Südskandinavien aus. Innerhalb der nördlichen Grundströmung
folgt der Kaltfront ein Schwall maritimer Polarluft aus dem skandinavischen Raum
(T850 hPa Montagfrüh zwischen -5 und -8 Grad). Mit Kaltfrontpassage gibt es
Niederschläge, die im Bergland und im Südosten in Schnee übergehen. Vor allem im
Nordstau der Alpen gibt es dabei bis Montagvormittag erneut durchaus markante
Neuschneemengen (10 bis 30 cm in 12 bis 24 Stunden). Sonst fallen die Mengen nur
gering aus (Erzgebirge vielleicht noch nahe 10 cm), es gibt aber verbreitet
leichten bis mäßigen Nachtfrost.

Am Montag kommt der Höhenrücken weiter nach Südosten voran und erstreckt sich in
der Nacht zum Dienstag mit seiner Achse bereits vom Ärmelkanal über die Nordsee
bis nach Mittel- und Nordskandinavien. Vorderseitig stützt er den Bodenhochkeil,
der sich von der Nordsee nach Mitteleuropa verlagert. Der Schwerpunkt des
Bodenhochs erreicht dann die Bretagne.
Mit der zunehmend auf Nord bis Nordost drehenden Bodenströmung gibt es anfangs
in den östlichen Mittelgebirgen und südlich der Donau, vor allem an den Alpen
noch etwas Neuschnee, während im Norden und Westen schon häufig die Sonne
scheint. Es bleibt aber noch relativ kühl, selbst mit Sonne reicht es in den
Niederungen nur für knapp zweistellige Höchstwerte, während im Alpenstau die 0
Grad kaum überschritten werden. In der Nacht zum Dienstag beschränkt sich
leichter Schneefall nur noch auf den Alpenrand und die Divergenzachse der
Hochdruckbrücke erreicht in etwa die mittleren Landesteile. Verbreitet gibt es
leichten, bei klarem Himmel mäßigen, in einigen Mittelgebirgstälern über Schnee
eventuell sogar strengen Frost. Lediglich ganz im Norden, Richtung Küsten, zieht
an der Nordflanke der Brücke dichtere WLA-Bewölkung auf und es bleibt
gebietsweise frostfrei.

Am Dienstag nimmt mit Übergreifen der weit im Norden verlaufenden Frontalzone
auf das Nordmeer und Nordskandinavien der Höhenrücken eine zunehmend zonale
Ausrichtung an und erstreckt sich in der Nacht zum Mittwoch vom Westausgang des
Ärmelkanals über die Nordsee und Südskandinavien bis nach Nordwestrussland.
Dabei wird er von einem flachen Kurzwellentrog überlaufen, der über Dänemark
hinweg bis Mittwoch, 00 UTC nach Westpolen zieht.
Der Schwerpunkt des Bodenhochs verlagert sich allmählich nach Frankreich und
Süddeutschland. An dessen Nordflanke verstärkt sich die WLA über dem Norden und
Osten Deutschlands, wobei der Kurzwellentrog vor allem in der Nacht zum Mittwoch
zusätzlichen Hebungsantrieb bietet und es nach Lesart des IFS gebietsweise
regnen kann, vor allem Richtung östliche Mittelgebirge fällt Schnee.
Ansonsten steht aber ein störungsfreier Tag ins Haus, vor allem im Südwesten und
Westen scheint überwiegend die Sonne. Dabei setzt sich die mildere Luft
niedertroposphärisch nur zögernd durch (noch immer um -5 Grad in 850 hPa, erst
nachts ansteigend), in der Nacht zum Mittwoch gibt es - außer in den stark
bewölkten Regionen - erneut verbreitet Frost, in den Alpentälern bei klarem
Himmel über Schnee vielleicht sogar streng.

Am Mittwoch greift der Höhenrücken nun endgültig auf Mitteleuropa über, der
Kurzwellentrog zieht über Tschechien und den Ostalpenraum zur Adria.
Das Bodenhoch befindet sich im Tagesverlauf mit seinem Schwerpunkt über
Süddeutschland bzw. dem Alpenraum, wobei ein Hochkeil bis ins nördliche
Mitteleuropa reicht.
Somit lassen die Niederschläge in der Osthälfte im Tagesverlauf rasch nach und
die Wolken lockern auch dort auf. Vor allem im Südwesten, Westen und in der
Mitte scheint dann häufig die Sonne, während über den Nordwesten und Norden an
der Nordwestflanke des Hochs zeitweise Wolkenfelder ziehen, die der WLA am
Südrand der Frontalzone geschuldet sind. Es sollte aber trocken bleiben. Die
Milderung macht weitere Fortschritte, die 850 hPa-Temperatur steigt bis zum
Abend auf +3 Grad im Nordwesten und -2 Grad im Südosten. In der Nacht zum
Donnerstag gibt es aber - außer unter zeitweise dichteren Wolken in der
Nordhälfte bzw. im Nordwesten - erneut verbreitet Frost.

Am Donnerstag verlagert sich am der Südflanke der Frontalzone ein Höhentrog über
die Nordsee und das nördliche Mitteleuropa hinweg ostwärts, wobei der
Höhenrücken vorübergehend nach Süden abgedrängt wird. Bereits unmittelbar nach
Trogpassage kann er sich aber wieder über der Nordsee regenerieren.
Im Bodenfeld überquert ein schwaches Frontensystem den Norden und Osten des
Landes ostsüdostwärts, macht sich aber wohl nur anhand dichterer Wolkenfelder
bemerkbar, Regen sollte es aber kaum geben. Bereits am Nachmittag, Abend bzw. in
der Nacht zum Freitag verstärkt sich auch im Norden wieder der
Hochdruckeinfluss, wobei sich der Schwerpunkt des sich regenerierenden
Bodenhochs von Frankreich bis Freitagfrüh nach Süddeutschland bzw. zum Alpenraum
verlagert. Vor allem im Süden und Südwesten steht somit ein erneut recht
sonniger Tag ins Haus. Die Milderung macht weiterhin nur zögernde Fortschritte,
an der 850 hPa-Temperatur ändert sich nur wenig.

Auch in der erweiterten Mittelfrist ändert sich nur wenig an der großräumigen
Konstellation: Die Frontalzone verläuft weiterhin recht weit nördlich über den
mittleren Nordatlantik nach (Nord)skandinavien und greift nur vorübergehend
etwas nach Süden aus (in der Nacht zum Samstag), während die Hochdruckbrücke
weiterhin vom Ostatlantik über Mitteleuropa bzw. dem Alpenraum bis nach Ost-
bzw. Südosteuropa reicht.
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Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs


Der aktuelle IFS-Lauf erweist sich zunächst als einigermaßen konsistent zu den
beiden Vorläufen. Die Trog- bzw. Frontpassage am Sonntag wurde allerdings vom
gestrigen 00 UTC-Lauf aufgrund einer Randtrogentwicklung und der daraus
resultierenden Wellenbildung an der Kaltfront über der Mitte Deutschlands etwas
verzögert simuliert.
Danach ähnelt der gestrige 12 UTC-Lauf im Großen und Ganzen dem aktuellen.
Lediglich der über Dänemark nach Westpolen und weiter nach Süden ziehende
kurzwellige Randtrog fehlte und somit auch die dichteren Wolkenfelder bzw.
leichten Niederschläge am Dienstag und in der Nacht zum Mittwoch im Norden und
Osten. Beide haben ansonsten den nach Mitteleuropa gerichteten Höhenrücken auf
der Agenda und somit auch die Hochdruckbrücke im Bodenfeld. Diese wird nach
Lesart beider Läufe - allerdings leicht phasenverschoben - vorübergehend etwas
nach Süden abgedrängt, so dass schwache Tiefausläufer den Norden und Osten des
Landes streifen.
Der gestrige 00 UTC-Lauf simulierte dagegen am Montag eine eigenständige
Höhenantizyklone über der Nordsee, die sich bis Mittwoch über Dänemark und die
südwestliche Ostsee nach Osteuropa verlagerte. Ein Höhentief über Frankreich
konnte somit am Mittwoch von Südwesten her auf Deutschland übergreifen, wurde
von der weit im Norden verlaufenden Frontalzone "eingefangen" und verlagerte
sich als Randtrog bis Donnerstag ins Vorhersagegebiet. Somit stünde nach Lesart
dieses Laufes zu Wochenmitte deutlich unbeständigeres Wetter auf der Agenda.
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Vergleich mit anderen globalen Modellen


Die Trog- und Frontpassage am Sonntag sowie den von Norden auf Mitteleuropa
übergreifenden Höhenrücken am Montag haben alle Modelle sehr ähnlich auf der
Agenda, so dass sich keine signifikanten prognose- und warnrelevanten
Unterschiede ableiten lassen.
Zu kleineren Differenzen kommt es dann allerdings ab Dienstag/Mittwoch: Der nach
Lesart des IFS über Dänemark und das östliche Mitteleuropa nach Süden ablaufende
Trog wird von jedem Modell etwas anders simuliert. ICON hat ihn überhaupt nicht
auf der Agenda, so dass - außer WLA-Bewölkung im Norden - störungsfreies
Hochdruckwetter ins Haus stünde. GEM und GFS lassen ihn abtropfen - GEM ohne
größere Wetterwirksamkeit über Dänemark nach Südschweden ziehend, GFS hingegen
als bis Mittwoch nach Nordostdeutschland ziehenden Kaltlufttropfen mit dichteren
Wolken, kälterer Luft (-5 Grad in 850 hPa) und auch einzelnen Schauern.
In der zweiten Wochenhälfte stellt sich nach ICON (reicht nur bis Donnerstag)
eine antizyklonale Südwestlage ein, während GFS nach Abzug des Kaltlufttropfens
eher Richtung Südost antizyklonal tendiert, IFS dagegen eher Richtung West
antizyklonal bzw. Brücke oder Hoch Mitteleuropa.
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Bewertung der Ensemblevorhersagen


Auch anhand der Clusteranalyse lässt sich die Beendigung des Atlantikblockings
gut nachvollziehen. Im Zeitraum T+72 bis 96 Stunden verteilen sich die 49
Ensemblemitglieder, der Haupt- und Kontrolllauf auf 3 Cluster (jeweils 27, 14
und 10 Member, Haupt- und Kontrolllauf in Cluster 1) die sich allesamt bzgl. der
Wetterentwicklung in Mitteleuropa ähneln und den markanten Höhenrücken über dem
Ostatlantik bzw. GB auf der Agenda haben.
Auch für den nächstfolgenden Zeitraum (T+120 bis 168 Stunden) ergeben sich drei
Cluster. Nach Lesart aller Cluster wird der Höhenrücken Richtung Mitteleuropa
abgedrängt und reicht bis nach Ost- bzw. Nordosteuropa. Cluster 1 und 2 (jeweils
23 und 17 Member) haben dabei auch im Bodenfeld den Aufbau einer Hochdruckbrücke
über Mitteleuropa auf der Agenda und somit überwiegend störungsfreies
Hochdruckwetter. Cluster 3 (11 Member, inklusive Hauptlauf) berücksichtigt
dagegen den den Rücken umlaufenden kurzwelligen Randtrog, den auch der Hauptlauf
auf der Agenda hat, allerdings erst später (Mittwoch, Nacht zu Donnerstag).
Für die erweiterte Mittelfrist (T+192 bis 240 Stunden) ergeben sich dann mehrere
Optionen:
Cluster 1 (16 Member) markiert den Aufbau eines blockierenden Höhenrückens über
Mitteleuropa, der sich nach Nordeuropa ausweitet, womit sich zwischen einem Hoch
über Skandinavien und tiefem Luftdruck über Westeuropa bzw. dem Ostatlantik eine
antizyklonale Südostlage einstellen würde.
Cluster 2 (13 Member) hat den Übergang zu einer zyklonalen Westlage auf der
Agenda.
Cluster 3 (12 Member) tendiert Richtung Hoch Mitteleuropa bzw. Südwest
antizyklonal.
Nach Cluster 4 (10 Member, aber inklusive Haupt- und Kontrolllauf) stellt sich
ebenfalls die Großwetterlage Hoch Mitteleuropa ein.

Somit scheinen auch bis in die erweiterte Mittelfrist antizyklonale Lagen zu
dominieren, mit einer insgesamt leichten Tendenz zur Milderung, aber (vor allem
im Falle von Cluster 1, wo an der Südflanke des Skandinavienhochs anfangs noch
recht kühle und trockene Festlandsluft ins Vorhersagegebiet advehiert werden
würde) durchaus noch frostigen Nächten.
Allerdings gibt es auch einige Member, die durchaus zyklonale Optionen
beinhalten. Dies gilt es im Auge zu behalten. Auch im ENS des GFS dominieren
aber die antizyklonalen Lösungen.

Ein Blick auf die Rauchfahnen für verschiedene Gitterpunkte führt auch zu keinen
großartig anderen Erkenntnissen. Die Kurvenschar der 850 hPa-Temperatur der
einzelnen Member verläuft bis Montag in einem relativ engen Spread, für den GP
Offenbach z.B. im Bereich zwischen -4 und -8 Grad (am Montag), wobei Haupt- und
Kontrolllauf eher im unteren Bereich angesiedelt sind. Danach wird der Spread
bei leicht steigender Tendenz allmählich größer, wobei es mehr Ausreißer nach
oben als nach unten gibt. In der erweiterten Mittelfrist nehmen die
Niederschlagssignale wieder etwas zu, was wohl den wenigen zyklonalen Membern
geschuldet ist.

FAZIT:
Nach dem letzten Kaltluftvorstoß am Sonntag steht kommende Woche wohl eher
ruhiges, aber nicht ganz störungsfreies Wetter ins Haus bei einem zunächst noch
leicht unterkühltem, später dann eher für die Jahreszeit normalem
Temperaturniveau. Etwas im Auge behalten sollte man die (wenigen) zyklonalen
Optionen ab der zweiten Hälfte der kommenden Woche.
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Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen


Mit der Frontpassage und rückseitig kann es am Sonntag an den Küsten, vor allem
der Ostsee, stürmische Böen aus nördlichen Richtungen geben, entlang der
vorpommerschen Küste eventuell auch Sturmböen. In den Gipfellagen der nördlichen
und östlichen Mittelgebirge und der Alpen ist bis in die Nacht zum Montag mit
Sturmböen zu rechnen.
Zudem fällt im Stau von Alpen und Erzgebirge bis in den Montag hinein längere
Zeit Schnee. Während im Erzgebirge aber kaum 10 cm zusammenkommen, sind im Stau
der Alpen markante Neuschneemengen zwischen 10 und 20 cm, in exponierten
Staulagen auch mehr, durchaus in Betracht zu ziehen. Die probabilistischen
verfahren haben allerdings nur relativ geringe Wahrscheinlichkeiten dafür auf
der Agenda.
Unter Hochdruckeinfluss gibt es dann in den Nächten vor allem zu Beginn
kommender Woche verbreitet leichten bis mäßigen Frost. Bei klarem Himmel über
Schnee kann es in einigen Mittelgebirgs- und Alpentälern dann durchaus auch mal
für strengen Frost reichen.

Ansonsten steht aber in der kommenden Woche relativ ruhiges Wetter ins Haus.
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Basis für Mittelfristvorhersage
IFS, ECMWF-ENS, MOSMIX
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VBZ Offenbach / Dipl. Met. Jens Winninghoff