DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

17-03-2021 18:30
SXEU31 DWAV 171800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Mittwoch, den 17.03.2021 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
Weiterhin spätwinterlich, dabei zum Ende des kalendarischen Winters sogar noch
etwas kälter als bisher. An den Alpen am Donnerstag Ende der Unwetterlage
"Schneefall".

Synoptische Entwicklung bis Samstag 12 UTC
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Aktuell ... befindet sich Deutschland genau zwischen einem LW-Rücken über dem
Ostatlantik und einem LW-Trog über dem nahen Osteuropa respektive dem östlichen
Mitteleuropa. Dazwischen hat sich eine langgestreckte nördliche Höhenströmung
etabliert, unter der auch der Vorhersageraum liegt. Korrespondierend zum Rücken
thront das umfangreiche Hoch MARGARETHE mit Schwerpunkt knapp westlich Irlands
(in der Nacht auf etwas über 1040 hPa steigend), an dessen Ostabdachung von
Norden her mäßig feuchte polare Luftmassen advehiert werden.
Niedertroposphärisch kühlt die Luft bis Donnerstagfrüh etwas auf rund -8°C in
850 hPa.

Bei unterschiedlicher Bewölkung kommt es in der Nacht noch zu einzelnen Schnee-
oder Schneeregenschauern, insbesondere dort, wo die Orografie bei den
notwendigen Hebungsprozessen mithilft (Stau). In der Akkumulation hält sich der
Neuschneezuwachs aber in Grenzen, selbst an den Alpen reicht es nur noch für
wenige Zentimeter. Da die Temperaturen von ganz wenigen Ausnahmen abgesehen
(Küstennähe) in den leichten, lokal sogar mäßigen Frostbereich zurückgehen und
die Straßen und Wege von den Niederschlägen noch nicht überall abgetrocknet
sind, muss streckenweise mit Glätte durch gefrierende Nässe oder eben noch
leichten Schneefall gerechnet werden. Im Norden und Osten steht zudem
streckenweise Nebel mit Sichtweiten von zum Teil unter 150 m auf der Karte.

Donnerstag ... tut sich vergleichsweise wenig an der Großwetterlage. "Links" der
entzückende Rücken von MARGARETHE (kein blöder Spruch, der Potenzialrücken ist
aus rein synoptischen Gesichtspunkten sehr imposant, vor allem von seiner
Ausdehnung her). "Rechts" der Trog mit Tiefdruckrinne über dem nahen Osteuropa.
Dazwischen eine glatte bis leicht zyklonal konturierte nördliche Höhenströmung,
die genau über Deutschland verläuft. Und auch bei der weiterhin eher schwach
daherkommenden Bodenströmung bleibt "Nord" Trumpf.

Kurzum, die Zufuhr polarer Luftmassen aus dem hohen Norden dauert an, auch wenn
es im Westen und Süden für eine minimale niedertroposphärische Erwärmung auf
T850 -7 bis -5°C reicht. Dieser leichte Anstieg hat - zumindest im Westen - u.a.
damit zu tun, dass sich am unmittelbaren Ostrand des Hochs von der Nordsee her
eine Warmfrontwelle gen Süden schleicht. Zwar trifft diese im Tagesverlauf
hauptsächlich Benelux und in der Nacht zum Freitag dann auch noch Teile
Frankreichs. Gleichwohl ist der Wirkungsradius groß genug, um im Westen und
Nordwesten die Luftmasse deutlich zu stabilisieren, um mehrschichtige Bewölkung
zu generieren und am Nachmittag und Abend sogar ein paar skalig motivierte
Tropfen fallen zu lassen. Zuvor allerdings hält sich die
Schauerwahrscheinlichkeit sehr in Grenzen.

Das sieht in den übrigen Gebieten aufgrund der Nähe zum Trog und der damit
verbundenen höheren Labilität etwas anders aus. Gerade im Osten und Süden sowie
in der östlichen Mitte entwickeln sich mit dem Tagesgang Regen-, Graupel-,
Schneeregen- und Schneeschauer, die im Einzelfall gewittrig sein können. Die
Schneefallgrenze liegt meist zwischen 200 und 400 m, im Osten je nach Intensität
teils auch darunter. Dabei kann es vorübergehend mal glatt werden. Wirklich
liegen bleibt der Schnee wohl aber nur oberhalb von 400 bis 600 m, wo
akkumuliert über den Tag 1 bis 5 cm, im Stau des östlichen Alpenrands lokal
vielleicht etwas mehr Neuschnee zusammenkommen können. Nichtsdestotrotz geht die
an den Alpen seit Tagen andauernde Unwetterlage zu Ende.

Abgesehen von einigen Auflockerungen, die sich vornehmlich im Lee der
Mittelgebirge auftun, sowie einigen, durch Skandinavienföhn induzierten
Sonnenfenstern im äußersten Norden zeichnet sich der vorletzte Tag des
kalendarischen Winters durch reichlich Gewölk und magere Höchsttemperaturen
zwischen 1 und 7°C aus.

In der Nacht zum Freitag erreicht ein in die nördliche Höhenströmung
eingebetteter KW-Trog die Alpen, während dahinter der (Höhen)Wind auf Nordost
dreht. Damit wird angedeutet, dass die bis dato zum Europäischen Nordmeer
gerichtete Hauptachse des Rückens beginnt, im Uhrzeigersinn in Richtung
Skandinavien zu kippen. Dort steigt der Luftdruck auf etwas über 1030 hPa und
erzielt damit ein sekundäres Maximum, das lediglich durch die o.e. Warmfront
(die mit der Welle) vom Mutterhoch MARGARETHE getrennt ist.

Am Südrand des zweiten Hochschwerpunkts beginnt die Strömung in der Nordhälfte
zunehmend auf Nord-Nordost rechtzudrehen, wodurch sukzessive kältere Luft
angezapft wird. Bis zum Morgen geht T850 auf -8 bis -10°C zurück. An der Ostsee
frischt der Wind etwas auf, allerdings ist fraglich, ob das für Böen 7 Bft
reicht (untere Warnstufe). Weniger fraglich ist die Tatsache, dass sich die
Schaueraktivität mehr und mehr in den Süden verlagert, aber auch die Mitte noch
die eine oder andere konvektive Umlagerung abbekommt. Häufig fällt der
Niederschlag bis in tiefe Lagen als Schnee, für eine dünne Schneedecke reicht es
wohl aber nur gebietsweise oberhalb 200 bis 400 m. In den westlichen
Mittelgebirgen (vor allem Eifel, Hunsrück) könnte die Warmfrontwelle (oder das,
was davon noch übrig ist) für zeitweiligen Schneefall zwischen 1 und 5 cm
sorgen, allerdings sind die Modelle aktuell noch uneins darüber, wie weit die
Niederschläge von BeLux nach Osten ausgreifen.

Noch mal kurz zurück in den Norden, wo sich die Nacht überwiegend trocken
präsentiert. Einzig in Vorpommern könnte es in der zweiten Nachthälfte für
einzelne Schneeschauer reichen, wenn nämlich ein vornehmlich in der unteren
Troposphäre erkennbarer, von der Ostsee nach Nordwestpolen hereinschwenkender
KW-Trog etwas Hebung generiert.

Ansonsten stellt sich abermals leichter, im östlichen Bergland sowie an den
Alpen stellenweise mäßiger Frost ein, streckenweise Glätte durch Schnee, Matsch
oder gefrierende Nässe inklusive.

Freitag ... kippen der Rücken und als ausgleichende Gegenbewegung auch der Trog
weiter im Uhrzeigersinn. Am Abend reicht die Hauptachse des Troges etwa von
Nowaja Semlja bis nach Ostspanien, die des Rückens vom nahen Atlantik bis zum
Weißen Meer. Für Deutschland bedeutet das ein weiteres Rechtdrehen des
Höhenwindes auf Nordost, wobei die Kontur der Höhenströmung nahezu indifferent
ist.

Bodennah bleiben das mit Zentrum weiterhin knapp westlich von Irland
positionierte Hoch MARGARETHE und ihr nach Südskandinavien wandernder Ableger in
Verbindung, was bei uns einen auffrischenden, teils böigen und vor allem kalten
Nord-Nordostwind erzeugt (wahrscheinlich unterhalb der Warnschwellen). Dieser
hat keine anderen Pläne, als uns am letzten Wintertag (astronomisch) noch mal so
richtig mit arktischer Polarluft zu versorgen, in der T850 bis zum Datumswechsel
verbreitet auf -10 bis -13°C! zurückgeht. Einzig im Nordwesten sowie im
äußersten Süden wird es mit -6 bis -9°C nicht ganz so kalt. Dass es angesichts
solcher Vorgaben in weiten Teilen des Landes nicht wärmer wird als 1 bis 5°C,
verwundert nicht wirklich. Lediglich nach Westen und Nordwesten hin, wo die
bereits schon relativ hochstehende Märzensonne absinkbedingt nicht unerhebliche
Entfaltungsmöglichkeiten erhält, wird es 1 bis 2 Grad milder. Dagegen stellt
sich oberhalb 500 bis 600 m leichter Dauerfrost ein.

Ansonsten kommt es bei wechselnder bis starker Bewölkung zu schauerartigen
Niederschlägen, die meist als Schnee fallen und nur in allertiefsten Lagen noch
mit Regen vermischt sein können. Häufig reicht es für - Zitat Winninghoff -
"Stundenmatsch" oder sogar eine dünne Schneedecke. In den östlichen
Mittelgebirgen wie Erzgebirge und Thüringer Wald sowie in den südlichen
Mittelgebirgen und am östlichen Alpen sind bis zu 5 cm Neuschnee drin.

In der Nacht zum Samstag verlagert sich die Hochdruckzone von Norden her weiter
südwärts, was Norddeutschland in den Genuss der zonal exponierten Divergenzachse
bringt. Südlich davon breitet sich von Nordosten her die "kalte Zunge" mit
850-hPa-Temperaturen unter -10°C (punktuell blitzt gar eine -14°C auf) bis
hinunter in den Südwesten bzw. die benachbarte Schweiz aus. Dagegen wird es im
erweiterten Nordseeumfeld bereits deutlich milder mit nur noch -3 bis -6°C in
850 hPa. Dort taucht auch der Vorderrand mehrschichtiger Bewölkung auf, der eine
über der Nordsee langsam südostwärts schwenkende Warmfront (gehört zu einem
kräftigen Tief, das gerade Spitzbergen überquert hat) ankündigt.

Derweil ziehen sich die Schneeschauer mehr und mehr in den äußersten Süden und
Südosten zurück, während es gleichzeitig von Norden her aufklart. Ob es an den
Alpen staubedingt vorübergehen kräftiger schneit (lokal um oder etwas über 10
cm), ist noch nicht abschließend geklärt. ICON und IFS (00 UTC) sowie SuperHD
sagen "ja", GFS eher "nein".

Fakt ist, dass die Nacht auf den ersten Frühlingstag eine kalte wird mit
verbreitet mäßigem, im zentralen Mittelgebirgsraum über frisch gefallenem Schnee
und bei längerem Aufklaren punktuell gar strengem Frost um oder etwas unter
-10°C. Im Südwesten kommt die Bise etwas in Schwung mit einzelnen Böen 8 Bft um
Nordost in den Kamm- und Gipfellagen.

Samstag ... schwenkt ein Keil des atlantischen Rückens bis knapp vor die
deutsche Nord- und Ostseeküste. Dadurch wird die schmale, zonal orientierte
Hochdruckzone (das Zentrum liegt immer noch bei Irland) bis in die mittleren
Landesteile gedrückt. Im Bereich der Divergenzachse sind die meisten
Sonnenstunden zu erwarten, also etwa von NRW und RP/Saarland bis hinüber nach
BB.

Südlich davon halten sich zunächst noch viele Wolken, aus denen südlich der
Donau sowie Richtung Grenze zur Schweiz noch ein paar Schneeschauer fallen.
Tendenziell nimmt die Schaueraktivität im Tagesverlauf aber ab und die
Wolkendecke beginnt von Norden und Nordosten her aufzulockern. Im Süden BWs wird
die Bise etwas bissiger mit Böen 8 Bft im Hochschwarzwald und einzelnen 7er-Böen
in tieferen Lagen (z.B. am Hochrhein oder am Bodensee).

Nördlich der Hochdruckzone wagt sich die o.e. Warmfront bis ins Norddeutsche
Tiefland vor, was dort mal mehr, mal weniger dichte Bewölkung und gebietsweise
etwas Regen oder Nieselregen bringt (reicht aber kaum für 1 l/qm innert 12 h).
Anfangs kann auch etwas Schnee mit am Start sein. An der Ostsee frischt der auf
Südwest rückdrehende Wind auf, wobei die eine oder andere 7er-Böe dabei sein
kann (allerdings ist der Wind meist ablandig, was Böen dieser Größenordnung
nicht unbedingt forciert).

Während sich die niedertroposphärische Temperatur in weiten Teilen des Landes
nur zögerlich erholt (am Abend immer noch verbreitet -8 bis -11°C in 850 hPa),
ist im Nordwesten ein klarer Trend nach oben erkennbar (-5 bis 0°C, an der
Nordsee spät sogar leichte Plusgrade). In 2 m Höhe stehen Maxima von 1 bis 7°C
auf dem Zettel, oberhalb 500 m leichter Dauerfrost.


Modellvergleich und -einschätzung
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Was die beschriebene Entwicklung angeht, simulieren die Modelle ähnlich.
Unschärfen z.B. hinsichtlich der Niederschläge, wurden im Text angerissen.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Hoffmann