DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

15-03-2021 09:30
SXEU31 DWAV 150800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Montag, den 15.03.2021 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
Nz
Gebietsweise Gewitter, Wind und in höheren Lagen Schneefall. In den Alpen
unwetterartige Schneefälle. In den Nächten gebietsweise Frost, Glätte und
Schneefall teils bis ins Tiefland.


Synoptische Entwicklung bis Mittwoch 24 UTC
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Montag... dominiert in der Höhe ein Langwellentrog, der mit mehreren Drehzentren
ausgestattet vom Nordmeer und Skandinavien über Mitteleuropa bis weit ins
zentrale Mittelmeer reicht. Weiter westlich schließt sich über dem
Nordostatlantik ein bis nach Grönland reichender Rücken an, der ein Azorenhoch
stützt. Als Gegenspieler zum Azorenhoch hat sich korrespondierend zum
Langwellentrog über Skandinavien ein Tiefdruckkomplex ausgebildet, dem auch die
Tiefdruckgebiete LUIS mit Zentrum am Montagmorgen über dem Finnischen Meerbusen
und KLAUS mit Zentrum über dem Skagerrak angehören. Die Ausläufer von Tief LUIS
haben allerdings keinen Einfluss mehr auf unser Wetter. Ein weiteres Tief namens
NIKLAS ist heute Morgen über Benelux angekommen und verlagert sich im
Tagesverlauf in der nordwestlichen Strömung nach Oberitalien. Am Vormittag
bringt das Tief vornehmlich durch WLA gestützt (etwas PVA ist aber auch
erkennbar) zeitweilige Niederschläge von der Mitte bis in den Süden, am
Nachmittag ziehen sich die Niederschläge immer weiter in den Süden zurück.
Beachtenswert ist dabei die Schneefallgrenze, weil in der nordwestlichen
Strömung kalte Meeresluft polaren Ursprungs zu uns gelenkt wird.
Mit den nach Süden abziehenden Niederschlägen von Tief NIKLAS ist es aber noch
nicht vorbei, weil nun das frontenlose Tief KLAUS in die Bresche springt. Es
schwenkt bis zum Abend in die mittlere Ostsee, sorgt mit weiterer feuchter und
höhenkalter Luft bis -35 Grad in 500 hPa für Labilität. Die damit verbundenen
Schauer dringen zunächst in den Norden, nachmittags auch in die Mitte und den
Osten und nachfolgend bis in den Süden vor. Bei Lapse Rates zwischen -0,75 und
-0,8 K/100 m sind einzelne Gewitter, teils mit Graupel, insbesondere in der
Nordosthälfte nicht auszuschließen. Ein wenig dagegen spricht bei nur niedrigen
Werten zwar ML-CAPE, Hebung gibt es aber durch PVA durch einen Randtrog
durchaus. Am Nachmittag trocknet es im Nordwesten hinter dem nach Osten
ziehenden Tief KLAUS bereits ein wenig ab, sodass dort die Schauerneigung
zurückgeht.
Die Niederschlagsmengen betragen 12-stündig 1 bis 10, im Stau des Schwarzwaldes
und der Alpen 10 bis 20 l/qm, im Allgäu auch noch darüber. Die Schneefallgrenze
liegt in der kalten Meeresluft tagsüber bei Höchstwerten von 1 bis 10 cm und
Dauerfrost nur auf den Gipfeln zwischen 400 m im Norden und 800 m im Süden.
Neuschnee wird von den Modellen im höheren Bergland oberhalb 600 bis 800 m (1
bis 5 cm bis zum Abend) angeboten, im Schwarzwald und an den Alpen können 5 bis
10 cm, im Allgäu bis 15 cm zusammenkommen.
Daneben bleibt der Gradient zwischen den Druckgebilden noch erhöht, womit
insbesondere bei Schauern oder Gewittern starke Böen Bft 7 aus West bis Nordwest
bis ins Tiefland vorkommen, stürmische Böen Bft 8 sind nicht völlig
ausgeschlossen. Im Norden und Westen bis in die Mitte ausgreifend kann es auch
außerhalb von Schauern starke Böen Bft 7 geben, an der Nordsee stürmische Böen
Bft 8. Im Alpenvorland bringt der Leitplankeneffekt ebenso starke Böen Bft 7,
exponiert stürmische Böen Bft 8 mit der Tendenz zur Ostverlagerung am
Nachmittag. Im Hochschwarzwald sowie in den Gipfellagen der nördlichen
Mittelgebirge werden allgemein stürmische Böen Bft 8 oder Sturmböen Bft 9
angezeigt.

In der Nacht zum Dienstag wird die meridionale Ausrichtung in der Höhe
beibehalten, womit Trog und Rücken kaum progressive Verlagerung zeigen.
Lediglich der Rücken fängt über dem Nordostatlantik bei Island ein wenig an in
Richtung in Nordmeer zu "kippen", was der nordwestlichen Strömung ein etwas
nördlichere Komponente verleiht. Die T850 sinken durch die ein wenig direkte
Zufuhr subpolaren Luft von -3 bis -5 Grad auf -4 bis -7 Grad. Tief KLAUS zieht
derweil unter Auffüllung nach Polen. Die schon leicht trockenere Luft, die
tagsüber im Nordwesten ankam, setzt sich allmählich weiter bis ins Landesinnere
durch, sodass die Schauertätigkeit im Westen und Nordwesten abebbt. Nach Süden
und Osten hin bleibt sie aber erhalten, durch die nördliche Strömung kommt es
zudem zu Staueffekten an den Nordrändern der Mittelgebirge. Bei Tiefstwerten von
4 bis 0 Grad, bei längerem Aufklaren und in den Mittelgebirgen von bis zu -5
Grad sinkt die Schneefallgrenze bis zum Morgen auf 100 bis 200 m im Norden und
auf 200 bis 300 m im Süden. Die Niederschlagsmenge betragen 12-stündig 1 bis 5,
im Stau des Erzgebirges bis zu 10, an den Alpen 10 bis 20 l/qm bzw. cm. Neben
Schneefall teils bis in tiefe Lagen ist gebietsweise Glätte durch überfrierende
Nässe zu erwarten.
Der Wind schwächt sich durch den nachlassenden Gradienten etwas ab. In den Kamm-
und Gipfellagen der Mittelgebirge sowie in den Alpen muss aber weiterhin mit
stürmische Böen Bft 8 und Sturmböen Bft 9 aus Nordwest gerechnet werden. Dadurch
sind in höheren Lagen Schneeverwehungen wieder ein Thema.

Dienstag... wird der Langwellentrog durch den weiter ins Nordmeer aufwölbenden
Rücken leicht nach Osten abgedrängt. Die nördliche bis nordwestliche Strömung
bei uns bleibt aber erhalten, wobei im Norden und Westen in der eingeflossenen
trockenen Luft eher selten und wenn bevorzugt im Mittelgebirgsraum Schauer
durchziehen. Im Osten und Süden ist noch feuchtere Luft vorhanden, die weitere
Schauer bringt und die sich auch weiterhin an den Nordrändern der Gebirge
stauen.
Die Niederschlagsmengen betragen 1 bis 5, im Erzgebirge bis 10, an den Alpen 10
bis 20 l/qm (cm). Die Schneefallgrenze steigt bei Höchsttemperaturen von erneut
1 bis 10 Grad wieder auf 300 bis 400 m im Norden und auf 600 bis 700 m im Süden.
So wird etwas Neuschnee im Erzgebirge angezeigt, an den Alpen kommen erneut 1
bis 10, in den östlichen Alpen bis zu 15 cm in 12 Stunden zusammen.
Der Gradient ist immer noch erhöht, starke bis stürmische Böen sind aber
bevorzugt in den Mittelgebirgen mit von der Partie. Nach Süden und Osten hin
gibt es Hinweise für starke Böen bis ins Tiefland, die dort wohl insbesondere
bei Schauern oder Gewittern auftreten dürften. Die Labilität ist im Vergleich
zum Vortag bereits niedriger, einzelne Gewitter aber nicht völlig
ausgeschlossen.

In der Nacht zum Mittwoch weisen die Modelle größere Diskrepanzen auf. Auslöser
ist ein Randtrog, der an der nördlichen Flanke des Rückens nach Südosten vor die
norwegische Küste läuft und achsensenkrecht ein Tief am Boden unterstützt.
Dessen Ausläufer nähern sich von Westen her Deutschland an bzw. lassen sie nach
Deutschland vordringen. Während ICON dabei sehr progressiv vorgeht, bleiben die
Ausläufer nach EZMW westlich von uns. GFS schlägt sich auf die ICON-Seite, EURO4
auf die EZMW-Seite.
Je nachdem, welches Modell "gewinnt", gibt es entsprechend mehr oder weniger
Niederschlag. Greift der Niederschlag bis nach Deutschland aus, so werden außer
im Osten 1 bis 10, in Staulagen bis 15 l/qm angezeigt. Die Schneefallgrenze
liegt zwischen 400 m im Westen und 0 m im Osten und Süden. Schnee fällt vor
allem am Ost- und Südrand des Niederschlagsgebietes und dort dann zum Teil bis
ins Tiefland. Dabei kommen aber nur wenige Zentimeter zusammen, in höheren Lagen
summiert er sich jedoch auf 10, lokal bis auf 15 cm.
Der Nordwestwind weht nur noch schwach bis mäßig, in den höheren Alpen mit
starken bis stürmischen Böen und weiteren Schneeverwehungen.
Die Temperaturen sinken je nach Bewölkung auf 3 bis -4, im Bergland bis auf -7
Grad. Bei Frost ist mit Glätte durch überfrierende Nässe zu rechnen.


Mittwoch... wölbt sich der Rücken noch etwas Richtung Skandinavien aus, womit
die Strömung sogar leicht auf Nordost dreht. Die Ausläufer des nächtlichen Tiefs
ziehen nach Süden durch, von Norden her trocknet es ab, offenbar auch durch
Lee-Effekte des Skandinavischen Gebirges. Die Modelle sehen das nun wieder
einheitlicher als in der Nacht zuvor.
Die 12-stündigen Niederschlagsmengen erreichen 0 bis 3 l/qm in der Nordhälfte
und 1 bis 10, an den Alpen und im Schwarzwald 10 bis 20 l/qm in 12 Stunden. Die
Schneefallgrenze steigt bei Höchstwerten von 0 bis 9 Grad auf 400 bis 700 m.
Neuschnee wird vornehmlich im höheren Erzgebirge und im Schwarzwald (wenige
Zentimeter) und weiterhin an den Alpen (1 bis 10, lokal bis 20 cm) simuliert.
Der Wind weht nur noch in den Alpen kräftiger mit starken Böen auf den Gipfeln.

In der Nacht zum Donnerstag bekommt die nordöstliche Höhenströmung einen
antizyklonalen Touch, zudem steigt der Druck am Boden durch das sich leicht
ausbreitende Hoch nahe der Britischen Inseln. Infolgedessen lässt die
Niederschlagsneigung vielerorts nach, einzelne Schnee- oder Regenschauer sind
aber weiterhin möglich. EZMW und EURO4 servieren uns allerdings eine stärkere
Niederschlagstätigkeit, weshalb die Modelle erneut ziemlich uneinig sind.
Die Temperaturen gehen auf 3 bis -5, in den Mittelgebirgen bis -8, in den Alpen
auf unter -10 Grad zurück. Die Schneefallgrenze liegt entsprechend bei 400 bis 0
m. So ist denkbar, dass sich bis ins Tiefland eine dünne Schneedecke bildet.
Ebenso fällt in den Mittelgebirgen etwas Neuschnee, an den Alpen nochmals mit
Mengen von 1 bis 10, lokal bis 12 cm.
Der Wind weht in den höheren Alpen weiterhin stark bis stürmisch. Auch an der
Nordsee frischt er etwas auf und könnte zu einzelnen starken Böen führen.


Modellvergleich und -einschätzung
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Die Modelle simulieren zunächst einheitlich, ab der Nacht zum Mittwoch gibt es
größere Diskrepanzen mit Auswirkungen auf das Warnmanagement. Die Modellwelt ist
quasi bei 50:50, womit eine konkrete Aussage schwerfällt und die nächsten Läufe
hoffentlich mehr Klarheit bringen.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Simon Trippler