DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

14-03-2021 18:01
SXEU31 DWAV 141800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Sonntag, den 14.03.2021 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
Zufuhr maritimer und zunehmend arktischer Polarluft. Im Bergland teils
winterlich. In den Alpen ergiebige Schneefälle (Unwetter).

WIND/STURM:
Zunächst und in der Nacht zum Montag in einigen Gipfellagen stürmische Böen. Am
Montag im Hochschwarzwald sowie auf Gipfeln der nördlichen Mittelgebirge
Sturmböen. Im Norden und Westen sowie auf die Mitte in freien Lagen sowie in
Nordseenähe Gefahr stürmischer Böen.
Auf exponierten Gipfeln von Harz, Erzgebirge, Bayerischen Wald und Alpen bis
einschließlich Mittwoch zeitweise Sturmböen Bft 8 bis 9.

SCHNEE (Alpen: UNWETTER):
Im Schwarzwald und im Allgäu in höher gelegenen Staulagen schauerartige
Schneefälle, 10 bis über 20 cm Neuschnee innerhalb von 12 Stunden.
An den Alpen bis in den Donnerstag hinein wiederholte und teils ergiebige
Schneefälle. Bis dahin in Staulagen 50 bis 80, im Allgäu bis 100 cm Neuschnee
(UNWETTER).

Synoptische Entwicklung bis Mittwoch 12 UTC
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Aktuell ... liegt Deutschland unter der Westflanke eines Langwellentroges, der
von Skandinavien über Polen hinweg bis nach Südeuropa reicht. Stromauf wölbt
sich bis nach Grönland reichend ein breiter Rücken auf. Die Folge ist über
Mitteleuropa eine nordwestliche Strömung. Ein darin eingelagerter
Kurzwellentrog, der den mit seiner Achse über dem östlichen Mitteleuropa
liegenden Haupttrog regeneriert, wird über die Nordsee hinweg in den Nordwesten
Deutschlands geführt. Das mit diesem Trog korrespondierende Bodentief gelangt in
den Skagerrak und kann sich zunächst noch leicht intensivieren, wird nach
Mitternacht aber von diesem Kurzwellentrog überlaufen, so dass sich das Tief
bereits über dem Kattegat aufzufüllen beginnt. Mit Annäherung des von diesem
Tief ausgehenden Bodentroges dürfte in der zweiten Nachthälfte der Wind in
Nordseenähe auffrischen und somit warnrelevant werden, in den Frühstunden können
an der Küste Wind- und stürmische Böen aufkommen. Ansonsten sind stürmische Böen
auf höhere Berggipfel beschränkt.
In der nordwestlichen Strömung wird ein okkludiertes Frontensystem südostwärts
geführt, das den Südwesten Deutschlands streift und dort eine Gradientzunahme
bewirkt, so dass auf Schwarzwaldgipfeln Sturmböen vorstellbar sind. Mit diesem
Frontensystem kommen Niederschläge auf, die oberhalb 600, im Schwarzwald 800 m
als Schnee fallen. Während es in den westlichen und zentralen Mittelgebirgen nur
für wenige Zentimeter Schnee (aber immerhin Glätte) reicht, können im
Schwarzwald und im Allgäu oberhalb etwa 800 m 10 bis über 20 cm Schnee fallen.
Für die Alpen ist aufgrund der steiler werdenden nordwestlichen und auf Nord
drehenden Strömung eine länger andauernde Stausituation mit Schneefällen bis in
den Unwetterbereich hinein die Folge. In Staulagen oberhalb 800 bis 1000 m sind
bis Donnerstag 50 bis 80, im Allgäu bis 100 cm Schnee zu erwarten. Für diese
Gebiete ist eine entsprechende, bis Mittwoch terminierte Warnung herausgegeben.
Wahrscheinlich werden diese Schneefälle erst am Donnerstag nachlassen, so dass
eine Verlängerung dieser Warnung erforderlich ist. An den Folgetagen wird auf
dieses Ereignis nicht mehr groß eingegangen.

Montag ... greift der o.g. Kurzwellentrog, der breit und ohne markante Achse
ausgeprägt ist, in den knapp östlich von Deutschland liegenden Haupttrog hinein.
Vorderseitige Hebung verstärkt die Niederschlagstätigkeit in der Mitte und im
Osten sowie im Tagesverlauf auch in den südlichen Landesteilen. Die
Schneefallgrenze liegt bei 600 m, dürfte aber aufgrund der rückseitig
einströmenden kälteren Luft tendenziell von Norden her etwas absinken. Aufgrund
des geringen Flüssigwassergehalts der einfließenden Polarluft, der bei Werten um
10 mm liegt, sind in den Staulagen der meisten Mittelgebirge nur wenige
Zentimeter Schnee zu erwarten. Im Erzgebirgsraum sind mehr als 5, in den
südwestdeutschen Mittelgebirgen 5 bis 10 und im Schwarzwald oberhalb 800 m sowie
an den Alpen allein bis Montagabend 10 bis 20 cm Schnee vorstellbar.
Das mit dem Kurzwellentrog korrespondierende Bodentief wird über die Dänischen
Inseln hinweg unter weiterer leichter Auffüllung mit seinem Kern zum
Greifswalder Bodden gesteuert. Der von diesem Tief ausgehende und nach
Deutschland schwenkende Bodentrog lässt, gestützt durch den Tagesgang, im
Nordwesten, Westen und in der Mitte den Wind mit Böen bis Bft 7 und in freien
Lagen mit einzelnen stürmischen Böen auffrischen. In Nordseenähe und in höheren
Lagen können vermehrt stürmische Böen, auf exponierten Gipfeln Sturmböen bis Bft
9 auftreten. Bedingt durch den Leitplankeneffekt können auch im westlichen
Alpenvorland Windböen aufkommen. Vergleichsweise windschwach bleibt es im Osten
und Süden, wo warnrelevante Böen auf die Gipfellagen der Gebirge beschränkt
sind.
Die Tageshöchsttemperaturen erreichen 5 bis 9, am Niederrhein 10 Grad.

In der Nacht zum Dienstag dreht die Strömung über Mitteleuropa direkt auf Nord.
Das o.g. Bodentief wird vom Greifswalder Bodden nach Mittelpolen gesteuert und
füllt sich dort vollends auf. Warnrelevante Böen (auf Gipfeln bis Sturmstärke)
sind daher nur anfangs noch auf die Hochlagen der nördlichen und bis
Dienstagfrüh auch der östlichen Mittelgebirge sowie Alpengipfel beschränkt.
An den Alpen schneit es unverändert weiter, aber auch im Erzgebirge und bis ins
Alpenvorland hinein können mehr als 10 cm Neuschnee zusammenkommen.
Warmluftadvektion lässt von Westen her rasch mehrschichtige Bewölkung aufziehen,
die nur geringe Niederschläge liefert. Größere Wolkenlücken sind daher auf den
Norden Deutschlands beschränkt. Dort und im Bergland oberhalb etwa 600 m ist
leichter Frost zu erwarten.

Dienstag ... läuft an der Nordflanke des nach Grönland reichenden breiten
Rückens ein weiterer Kurzwellentrog ab und wird in die Nordsee gesteuert. Zuvor
nimmt die nördliche Strömung über dem Vorhersagegebiet ein leicht antizyklonales
Gepräge an. Das mit dem Rücken korrespondierende kräftige Bodenhoch hat sich
unmittelbar nordwestlich von Irland etabliert. Ein von diesem Hoch ausgehender
Keil erstreckt sich bis in den Alpenraum, was, abgesehen vom Osten und Südosten,
leichten Zwischenhocheinfluss aufkommen lässt. Erst zum Abend hin lässt
Warmluftadvektion im äußersten Westen erneut geringe Niederschläge aufkommen.
Die östlichen Landesteile werden von einem weiteren, über Polen hinweg nach
Süden ablaufenden Kurzwellentrog beeinflusst, wo in den Staulagen der östlichen
Mittelgebirge noch einige (im Erzgebirge durchaus bis 10 und an den Alpen bis
etwa 20) cm Schnee fallen können. Im Südosten und Osten sind erneut Windböen, in
exponierten Berglagen Sturmböen Bft 8/9 möglich. Ansonsten ist der Wind
wahrscheinlich nicht mehr warnrelevant.
Schwacher Zwischenhocheinfluss lässt Auflockerungen etwas wahrscheinlicher
werden als an den Vortagen. Die Temperaturen ändern sich jedoch kaum. Im
östlichen Bergland herrscht oberhalb von etwa 800 m meist leichter Frost.

In der Nacht zum Mittwoch greift der von der Nordsee nach Süden geführte
Kurzwellentrog auf Deutschland über und interagiert mit einem weiteren, über
Polen nach Süden ablaufenden Kurzwellentrog. Das diesem Trog vorgelagerte, bis
dahin okkludierte Frontensystem läuft über den Westen und Südwesten Deutschlands
nach Süden ab und lässt vor allem in der zweiten Nachthälfte erneut
Niederschläge aufkommen. Diese fallen ganz im Westen oberhalb etwa 800 m und
sonst über 400 bis 600 m als Schnee. In den Staulagen der zentralen
Mittelgebirge sowie im Hochsauerland sind durchaus um 5 cm Neuschnee möglich.
Mit Passage des Frontensystems frischt zudem der Wind in den Hochlagen der
Mittelgebirge mit Wind- und stürmischen Böen auf. Aber auch an der Nordsee
setzen dann rückseitig wieder Windböen ein.
An den Alpen und in den süddeutschen Mittelgebirgen schwächen sich, bedingt
durch ein Rückdrehen der Strömung, die Schneefälle vorübergehend etwas ab. Da
abgesehen davon der Gradient weitgehend aufweicht und die Luftmasse zur Ruhe
kommt, ist leichter Frost wahrscheinlicher als in den Nächten zuvor. Ein paar
Auflockerungen sollten hierfür hinreichend sein. Im Westen oberhalb 400 m und
sonst in Lagen über 200 m sollte verbreitet mit leichtem Frost gerechnet werden.
Zudem besteht Glättegefahr durch überfrorene Nässe.

Mittwoch ... verbleibt Deutschland weiterhin im Randbereich des o.g.
Langwellentroges. In einer beständigen nördlichen Strömung laufen weitere
Kurzwellentröge über Mitteleuropa hinweg nach Süden ab. Der stromaufwärts
liegende und bis nach Ostgrönland reichende Rücken wandelt sich in ein
abgeschlossenes Höhenhoch um, was der Nordlage Stabilität verleiht. Ausgehend
von dem korrespondierenden Bodenhoch mit Schwerpunkt unmittelbar westlich von
Irland weitet sich ein Keil bis nach Spitzbergen aus, so dass sich in Verbindung
mit einem Tiefdruckkomplex über Osteuropa auch in Bodennähe eine nördliche
Strömung ergibt. Dies lässt die Schneefälle in den südwestdeutschen
Mittelgebirgen und am Alpenrand, wo innerhalb von 12 Stunden erneut 10 bis über
20 cm Schnee fallen können, erneut aufleben, so dass insgesamt die ganz oben
genannten Gesamtschneemengen zusammenkommen. Druckanstieg, der aus kräftiger
Kaltluftadvektion resultiert, bewirkt im Westen eine leichte Gradientzunahme.
Hierdurch frischt, gestützt zudem durch den Tagesgang, vom Emsland bis in die
Pfalz hinein der Wind mit Böen bis Bft 7 auf. In höheren Berglagen sind
stürmische Böen nicht auszuschließen. Ansonsten sind derartige Böen auf
exponierte Gipfel beschränkt, abgesehen davon ist im weitaus größten Teil
Deutschlands der Wind wahrscheinlich nicht warnrelevant.
Vor allem im Norden, aber auch in den Leegebieten der Mittelgebirge kommen
vermehrt Auflockerungen zustande. Gegenüber den Vortagen zeichnet sich ein
leichter Temperaturrückgang ab. Am Nachmittag werden 3 bis 8 Grad erreicht.
Oberhalb 600 bis 800 m herrscht meist leichter Dauerfrost.


Modellvergleich und -einschätzung
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Die vorliegenden Modelle stützen weitgehend die oben beschriebene Entwicklung.
Hinsichtlich der synoptischen Basisfelder ergeben sich keine prognoserelevanten
Unterschiede. Allerdings zeigen sich Inkonsistenzen in Bezug auf die Phasenlage
der nach Süden ablaufenden Kurzwellentröge. Diese treten ab der Nacht zum
Mittwoch und erst recht am Mittwoch deutlicher zutage, was der Prognoseunschärfe
geschuldet ist.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Thomas Schumann