DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

13-03-2021 18:01
SXEU31 DWAV 131800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Samstag, den 13.03.2021 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
In der Nacht zum Sonntag nachlassender Wind. Am Sonntag und Montag wechselhaftes
Schauerwetter. An den Alpen über mehrere Tage wiederholt teils kräftiger
Schneefall.

Synoptische Entwicklung bis Dienstag 12 UTC
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Aktuell ... befindet sich Deutschland unter einem - noch - relativ flach
konturierten Höhentrog, der seine Amplitude durch KLA in den Achsbereich sowie
rückseitig einlaufende KW-Tröge stetig vergrößert. Weiter unten in der
Troposphäre ist das kleine Sturmtief LUIS kurz davor, von der Nordsee kommend
Jütland zu entern, um von dort weiter zur Ostsee zu ziehen. Sonntagfrüh erreicht
LUIS das Seegebiet südlich von Öland, wobei sein Kerndruck von anfangs 980 hPa
auf 985 hPa angestiegen ist. Kurzum, LUIS hat den Höhepunkt seiner Karriere
überschritten, was man auch daran erkennt, dass er sich immer weiter in die
mittlere Troposphäre bohrt.

Die zugehörige Kaltfront, die uns heute von Nordwesten her überquert hat, steht
kurz vorm Erreichen der Alpen. Rückseitig strömt ein Schwall hochreichend
polarer Meeresluft in den Vorhersageraum (T500 um -34°C, T850 um -5°C), in der
es noch zu einzelnen Schauern oder kurzen Gewittern kommt. Die Schneefallgrenze
sinkt auf 600 bis 300 m, während die Schneegrenze (also ab wo wirklich was
liegenbleibt) etwas höher angesiedelt ist. In den Hochlagen der Mittelgebirge
reicht es für eine dünne Schneedecke, in den mittleren Lagen für etwas Matsch
mit Glätte. Im Schwarzwald liegen die Neuschneemengen stellenweise um 5 cm und
an den Alpen, wo es beginnt etwas anzustauen, sind durchaus bis zu 10 cm, im
Oberallgäu gar rund 15 cm drin. Das stellt aber nur die Ouvertüre zu einem
mehrtägigen Wintercomeback mit wiederholten und teils kräftigen Schneefällen
dar, die warntechnisch bereits abgefrühstückt sind (bis hoch auf WU).

Eine Sonderstellung in puncto Niederschlag nimmt der Norden ein, wo der
Bodentrog von LUIS von West nach Ost durchschwenkt. Dabei kommt es - bedingt
durch um den Tiefkern herumgeholte Warmluft (die Luft ist nicht wirklich warm,
aber etwas höher temperiert als die sonst einströmende Luftmasse) - zu
schauerartig verstärkten Regenfällen, die bis in die nördliche Mitte ausgreifen.
Im Harz können dabei oberhalb rund 400 m bis 5 cm, in exponierten Staulagen bis
zu 10 cm Neuschnee zusammenkommen.

Korreliert mit dem Bodentrog ist ein sekundäres Windmaximum, das ebenfalls weite
Teile Norddeutschlands ostwärts überquert. Dabei dreht der Wind von Südwest auf
West bis Nordwest und erreicht in Böen 7-8 Bft, anfangs noch 9, an der Nordsee
bis 10 Bft, bevor er von Westen her nachlässt (das Nachlassen könnte etwas
schneller kommen als von der Numerik simuliert, weil bereits jetzt die Natur dem
Modell um 1 bis 2 Stunden voraus ist).
Nachlassen tut der Wind auch in den übrigen Landesteilen, weil der Luftdruck
steigt und der Gradient beginnt aufzufächern. Anfangs wirkt im Alpenvorland noch
der Leitplankeneffekt mit Böen 8 bis 9 Bft. Im weiteren Verlauf sind Böen der
Größenordnung 7 bis 8 Bft allenfalls noch in Verbindung mit Konvektion zu
erwarten, wenn man mal das höhere Bergland ausklammert, wo aber auch eine
Verringerung der ganz großen Spitzen zu erwarten ist.

Sonntag ... schwenkt die Hauptachse des leicht positiv geneigten und sich weiter
amplifizierenden Höhentroges langsam über Deutschland hinweg ostwärts. Südlich
der Alpen steht gar ein Cut-Off an, der mit einer bereits schon in der Nacht
einsetzenden Bodenzyklogenese über Oberitalien einhergeht. Wie gelangen nun mehr
und mehr unter die trogrückseitige nordwestliche Höhenströmung, mit der nach wie
vor kurzwellige Anteile "herangespült" werden. Diese füttern nicht nur den
Haupttrog, sondern helfen kräftig mit, den wechselhaften Wettercharakter bei uns
aufrechtzuhalten.

Im Bodendruckfeld zieht das Tief LUIS weiter in Richtung Baltikum, während von
der Norwegischen See her der von vielen bereits abgeschriebene KLAUS noch mal
etwas stärker ins Geschehen eingreift. Er wird mit der nordwestlichen
Höhenströmung südostwärts gesteuert, erreicht gegen Mittag Svinöy, um in den
Abendstunden den Skagerrak in Richtung Kattegat zu passieren. Zwischen den
beiden Tiefs und dem nach Osten verschobenen Azorenhoch (Zentrum um 12 UTC knapp
westlich von Kap Finisterre; Tendenz langsam nord-nordostwärts wandernd) hält
sich weiterhin ein veritabler Gradient, wenn auch nicht mehr so scharf wie die
Tage zuvor. So frischt der westliche Wind mit Unterstützung des Tagesgangs
wieder auf und erreicht in Böen verbreitet Stärke 7 Bft, in Verbindung mit
Konvektion vereinzelt 8 Bft. Vor allem in der östlichen Mitte sind am Vormittag
in der Peripherie des o.e., allmählich ostwärts abziehenden Bodentrogs auch noch
gradient-getriggerte 8er-Böen möglich. In exponierten Kamm-, Kuppen- und
Gipfellagen des Berglands stehen Böen 8-9 Bft auf der Karte.

Wettertechnisch ist der Sonntag - übrigens im krassen Gegensatz zu den vier
letzten Sonntagen, an denen größtenteils Hochdruckeinfluss herrschte - von
großer Wechselhaftigkeit geprägt. Troglage plus Zufuhr erwärmter Meereskaltluft
polaren Ursprungs (der Weg über das wärmende Meer ist noch immer lang genug, um
die Temperatur nicht weiter absinken zu lassen) garantieren mit Unterstützung
des Tagesgangs eine rege Schauertätigkeit und eher limitierte
Auftrittsmöglichkeiten für die Sonne. Die meiste direkte Strahlung dürfte an der
Nordsee sowie in der östlichen Mitte zu erhaschen sein. Bei den Schauern wird
die Palette voll ausgereizt mit Regen, Graupel und Schnee (Schneefallgrenze etwa
400 bis 600 m, je nach Intensität, Neuschneezuwachs aber nur gering). Vereinzelt
ist auch noch ein kurzes Gewitter drin, wenngleich kaum CAPE generiert wird.

Bei guter Durchmischung erreicht die Temperatur Höchstwerte von 5 bis 10°C, im
Bergland naturgemäß darunter.

In der Nacht zum Montag wird der nächste KW-Trog, der mit einem ausgewiesenen
Bodentrog korreliert (eigentlich ist es eine offene stabile Welle), von der
Nordsee und Benelux her in Richtung Westdeutschland gesteuert. Dem Trog
vorgeschaltete WLA sorgt anfangs für Stabilisierung und entsprechend abebbende
Schaueraktivität, später allerdings ist sie mitverantwortlich für schauerartig
verstärke Niederschläge, die auf den Westen, den Südwesten und die Mitte
übergreifen. Noch ist unklar, wo genau sich die Schneefallgrenze einpendelt. Je
nachdem, wie viel Warmluft von Westen her angezapft wird, könnte sie im
äußersten Südwesten bis auf 800 m steigen, während sie am Vorderrand des
Niederschlags vielleicht bei 200 bis 400 m liegt. Wie auch immer, in den
Mittelgebirgen reicht es wohl für einige Zentimeter Neuschnee oder zumindest
Schneematsch mit Glätte, im Schwarzwald und an den Alpen stellenweise für 5 bis
10 cm.

Ansonsten lassen die Schauer im Laufe der Nacht tendenziell nach, zeitweise
lockert die Wolkendecke auf. Da der Wind aber nicht gänzlich zur Ruhe kommt,
bleibt Frost im Wesentlichen den Lagen oberhalb 400 m (im Westen und Südwesten
höher) vorbehalten, incl. Glätte durch gefrierende Nässe (wenn nicht schon durch
Schnee). Gegen Morgen frischt der Nordwestwind an der Nordsee auf (Böen 7 Bft,
vereinzelt 8 Bft), ansonsten beschränken sich Böen 8-9 Bft auf exponierte
Hochlagen.

Montag ... bleibt die Troglage erhalten, wobei wir genaugenommen auf der
Rückseite der Hauptachse liegen. Da sich über dem Ostatlantik ein mächtiger
Höhenrücken aufwölbt und auch das Bodenhoch einen Keil nordwärts "aussendet",
dreht sowohl die Höhen- als auch die Bodenströmung bei uns nach rechts auf
Nordwest. Damit kommt die maritime Polarluft zwar etwas direkter zu uns rein,
gleichwohl liegt noch genug "warme" Meeresoberfläche davor, um die Luftmasse
diabatisch etwas zu erwärmen (T850 -3 bis -6°C).

Fakt ist, dass sich der Niederschlag aus dem Westen und Südwesten rasch zu den
Alpen verlagert, wo sich nun "echter" Nordweststau einstellt und es dauerhaft
bis in die Täler respektive das höhere Alpenvorland schneit. Akkumuliert über 12
h sind es ebenso wie im Hochschwarzwald 5 bis 10 cm, im Oberallgäu um 15 cm
Neuschnee - ein weiterer Mosaikstein hin zu den großen Mengen, die bis zum
Donnerstag fallen sollen.

Im übrigen Deutschland kommt es bei wechselnder bis starker Bewölkung zu
zahlreichen, teils gewittrigen Regen- und Graupelschauern. Oberhalb etwa 400 bis
600 m fällt Schnee, wobei sich an den West- und Nordrändern der Mittelgebirge
eine dünne Schneedecke akkumulieren kann. Im Tagesverlauf trocknet die Luftmasse
von Nordwesten her etwas ab (Rückgang PPW auf unter 10 mm), was die
Schaueraktivität im Nordwesten zunehmend dämpft und die Auflockerungstendenzen
der Bewölkung etwas forciert. Gedämpft aber keinesfalls unwillig präsentiert
sich der nordwestliche Wind, der insbesondere in weiten Teilen der Nordhälfte
(im Nordwesten mehr als im Nordosten) soweit auffrischt, dass er in Böen Stärke
7 Bft, mit konvektiver Unterstützung in Einzelfällen 8 Bft erreicht. Ansonsten
beschränken sich warnwürdige Böen 7-9 Bft auf das höhere Bergland sowie am
Morgen auf das Alpenvorland (mit der auf die Alpen zusteuernde Welle).

Die Temperatur erreicht Höchstwerte meist zwischen 4 und 9°C.

In der Nacht zum Dienstag dreht die Strömung noch etwas nach rechts, was mit
einer leichten niedertroposphärischen Abkühlung der nach wie vor advehierten
polaren Luftmasse einhergeht. Bis zum Morgen sinkt die 850-hPa-Temperatur auf -4
bis -8°C. Während im Norden und Nordwesten nur noch sporadisch Schauer
auftreten, ist in der Mitte und im Süden mit weiteren, meist schauerartigen
Niederschlägen zu rechnen. Die Schneefallgrenze sinkt dabei auf 400 bis 200 m ab
und es sollte nicht verwundern, wenn in einem etwas kräftigeren Schauer auch
weiter unten mal etwas Schnee auftaucht, ohne dass dieser lange liegenbleibt. Am
meisten Schnee fällt im Stau der Alpen mit 10 bis 15, lokal bis 20 cm in höheren
Lagen. Aber auch einige Mittelgebirge wie Schwarzwald, Bayerischer Wald und
Erzgebirge können sich auf rund 5 cm Neuschnee freuen.

Der Nordwestwind weht schwach bis mäßig, lediglich auf den Bergen sind Böen 7-8
Bft, exponiert 9 Bft zu erwarten. Leichten Frost gibt es vor allem im Bergland,
aber auch im Norden kann es bei Aufklaren auf rund 0°C abkühlen.

Dienstag ... liegen wir genau zwischen dem breiten Rücken westlich und dem
inzwischen mehr als imposanten Trog knapp westlich von uns unter einer
nord-nordwestlichen Höhenströmung. Ähnlich verhält sich die Bodendruckverteilung
(Hoch nahe Atlantik, Tief unweit des Schwarzen Meeres), die weiterhin
nordwestliche Winde induziert (meist nicht warnwürdig, auf den Bergen allerdings
einige Böen 8 Bft). Vor allem in den Norden strömt dabei etwas trockenere
Polarluft, was mit Hilfe des Skandinavienföhns die Sonne etwas stärker auf den
Plan ruft.

Ansonsten kommt es zu weiteren, meist schauerartigen (Regen, Graupel, Schnee)
Niederschlägen. An den Alpen fällt dauerhaft und teils ergiebig Schnee, während
die Staukomponente an den Nordrändern der östlichen Mittelgebirge schwächer
ausfällt.

Die Temperatur erreicht Höchstwerte von 4 bis 9°C.


Modellvergleich und -einschätzung
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Es ist alles gesagt.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Hoffmann