DWD Synoptische Übersicht Mittelfrist

13-03-2021 11:30

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Samstag, den 13.03.2021 um 10.30 UTC



Nix mit Frühling: Bis auf weiteres nasskalt und vor allem im Bergland
spätwinterlich. An den Alpen ergiebige Schneefälle (UNWETTER!).
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Synoptische Entwicklung bis zum Samstag, den 20.03.2021


Die Umstellung der Großwetterlage auf eine neuerliche, stabile Blockierung macht
allen Hoffnungen auf einen Märzfrühling nachhaltig den Garaus. Der Prozess
beginnt schon in der Kurzfrist und nimmt seinen Anfang über Ostkanada, von wo
aus ein massiver Kaltluft- und Trogvorstoß nach Süden über den Nordwestatlantik
erfolgt. Vorderseitig des resultierenden, kräftigen Tiefdruckgebietes setzt
meridionale, weit nach Norden über Grönland bis zum Arktischen Ozean reichende
WLA ein, die zu einem kräftigen Geopotenzialanstieg über dem mittleren
Nordatlantik führt.

Zu Beginn der Mittelfrist am Dienstag und Mittwoch wird sich infolgedessen ein
Rücken mit zunächst nur leichter positiver Achsenneigung von den Azoren bis nach
Ostgrönland erstrecken. Das korrespondierende Hoch westlich von Island ist mit
einem Kerndruck von fast 1040 hPa nicht minder prächtig. Als würdiges Pendant
fungiert ein Trogkomplex mit mehreren Drehzentren, der von der Barentssee über
das östliche Mitteleuropa bis zum zentralen/östlichen Mittelmeer reicht.
Deutschland liegt zwischen den "Big Playern" in einer recht strammen nördlichen
Höhenströmung, mit der maritime Polarluft herangeführt wird (T850 auf -3 bis -8
Grad sinkend). Mehrere Randtröge, die in der Höhenströmung über Mitteleuropa
südwärts gesteuert werden, gestalten den Wetterablauf dabei unbeständig. Meist
stellt sich klassisches, nasskaltes Schauerwetter ein. In der Nacht zum Mittwoch
könnte der Westen und Südwesten von einem okkludierten Frontensystem und etwas
ergiebigeren Niederschlägen erfasst werden, wohingegen die
Niederschlagstätigkeit im Norden und Nordosten durch "Skandi-Föhn" tendenziell
etwas geringer ausfallen wird. Die Schneefallgrenze pendelt je nach
Niederschlagsintensität und Tageszeit meist zwischen 300 und 600 m. Die gute
Durchmischung und der maritime Charakter der Luftmasse lässt wahrscheinlich aber
nur in höheren Lagen (ab rund 500 m) und bevorzugt an den Nordrändern der
Mittelgebirge nennenswerten Neuschneezuwachs (5-10 cm) zu. Zumindest nachts und
in der Frühe sowie im Süden (Alpenvorland!) kann es aber durchaus für eine weiße
"Überraschung" bis ganz runter reichen. Für die Alpen ist es dagegen der
klassische "Schneebringer": Staubedingt sind markante Neuschneemengen zwischen
15 und 30 cm/24 h, insgesamt von Dienstag bis Mittwochabend 20 bis 50 cm
wahrscheinlich, noch größere Mengen stellenweise durchaus möglich. Zusammen mit
den Mengen aus der Kurzfrist (das Schneefallereignis startet schon am Sonntag)
könnten teils an die 100 cm (1 m) Neuschnee zusammenkommen.

Am Donnerstag und Freitag beginnt der Rücken durch einen Trogvorstoß Richtung
Grönland- und Barentssee in seinem Nordteil südostwärts zu kippen. Sein
Gegenpart, der Trog, fügt sich den äußeren Umständen und trogt an der Südflanke
des kippenden Rückens über Mitteleuropa stärker nach Südwesten aus. Während der
Rücken mit seiner Achse am Freitag bereits das mittlere Skandinavien erreicht,
dehnt sich der Trog an dessen Südflanke bis zur Iberischen Halbinsel und Marokko
aus und tropft dabei über Mitteleuropa ab. Zwischen dem Hoch bei den Britischen
Inseln als Fixpunkt einer langgestreckten, meridionalen Hochdruckzone und einer
Tiefdruckzone über dem westlichen Mittelmeer dreht die Strömung über Deutschland
niedertroposphärisch auf Nordost. Damit wird vor allem in die Nordhälfte noch
etwas kältere Luft arktischen Ursprungs herangeführt (T850 von Süd nach Nord
zwischen -3 und -12 Grad). Dabei bleibt es im Wirkungsbereich des abtropfenden
Troges unbeständig mit gebietsweisen, unter höhenkalter, leicht labiler Luft
oftmals schauerartigen Niederschlägen, die immer häufiger auch in tiefen Lagen
als Schnee fallen. Wirklich ergiebig sind die Schneefälle aber nicht, sodass
sich in tiefen Lagen wohl allenfalls eine dünne Schneedecke ausbildet, die
tagsüber bei dann doch noch oft zaghaften Plusgraden wieder dahinschmilzt. Die
Nächte werden allerdings quasi überall frostig, über Schnee ist vor allem an den
Alpen sogar nochmal strenger Frost möglich - im März kann man da schon von
"Blümchenalarm" sprechen. Bei darüber hinaus strammem, in Böen in höheren Lagen
und an der See auch stürmischem Nordostwind könnte sich das schon ein bisschen
so anfühlen, wie zu guten alten Märzwintertagen.

Am Samstag zieht das Cut-Off nach Südwesteuropa ab, streckt seine Fühler in Form
eines Troges aber bis nach Mitteleuropa aus. Das verhindert, dass sich der
Rücken über Skandinavien bzw. die Hochruckzone von Norden her Einfluss nehmen
kann. Es bleibt daher leicht unbeständig, wobei die gebietsweisen (weiter
unergiebigen) Niederschläge durch aufkommende WLA von Süden her eher "skaligen"
Charakter annehmen.

In der erweiterten Mittelfrist setzt sich am Rande eines wieder erstarkenden
blockierenden Hochs westlich der Britischen Inseln wahrscheinlich doch
vorübergehend Hochdruckeinfluss und wieder etwas mildere Luft bei uns durch.
Allerdings neigt die Konstellation zu neuen Trog- und Kaltluftvorstoßen - sieht
schlecht aus in Sachen Frühling!
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Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs


Bis Donnerstag rechnet IFS die zyklonale Nordlage ziemlich konsistent.
Freitag und Samstag divergieren die Modellläufe etwas stärker. Nach dem
gestrigen IFS-00Z und -12Z sollte sich der Rücken am Wochenende etwas schneller
annähernd und so etwas zügiger für Hochdruckeinfluss und Wetterberuhigung
sorgen. Im heutigen IFS00Z-Lauf bleibt Deutschland noch längere Zeit im
Einflussbereich des über Mitteleuropa abtropfenden Troges. Dadurch käme es
zumindest gebietsweise zu weiteren Niederschlägen, die durch die nordöstliche
Anströmung und Advektion kälterer Luftmassen allmählich bis in tiefe Lagen in
Schnee übergehen würden.
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Vergleich mit anderen globalen Modellen


Alle vorliegenden Globalmodelle simulieren die zylonale Nordlage zu Beginn der
Mittelfrist sehr ähnlich. Gewisse Differenzen bezüglich Timing und Ausprägung
der Randtröge ändern an der Grundaussage (nasskalt mit etwas Schnee im Bergland
und viel Schnee an den Alpen) nichts.
Am Donnerstag und Freitag lassen ICON und GFS die kippende Rückenachse bis nach
Südskandinavien schwenken, sodass Deutschland unter den Einfluss eines Hochkeils
kommt und sich das Wetter rascher beruhigt (passt in etwa zu der gestrigen
IFS00Z- und 12Z-Lösung.
Am Wochenende bleibt Deutschland nach ICON unter Hochdruckeinfluss (aber kalten
Luftmassen), während sich bei GFS das Hoch auf den Atlantik zurückzieht und sich
wieder eine zyklonale, nasskalte, im Verlauf sogar stürmische Nordlage
einstellt.

FAZIT: Ab Freitag also schon im deterministischen Modelluniversum durchaus recht
stark abweichende Szenarien, von denen aber keines nachhaltiges frühlingshaftes
Wetter bedeuten würde.
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Bewertung der Ensemblevorhersagen


Die Rauchfahnen des IFS-EPS laufen sowohl bezüglich der 850-hPa-Temperatur als
auch im Hinblick auf das 500-hPa-Geopotenzial bis einschließlich Donnerstag gut
gebündelt. Alle Member, inkl. des gut in die Memberschar eingebetteten Haupt-
und Kontrolllaufes, zeigen einen kontinuierlich absinkenden Temperaturverlauf
bei gleichzeitig leicht "flatternder" Geopotenzialfahne und eminenten
Niederschlagssignalen. Die zyklonale Nord- bis Nordostlage mit sukzessivem
Temperaturrückgang scheint also gesichert.

Ab Freitag nimmt der Spread allgemein deutlich zu. Auffällig ist, dass sich der
deterministische Lauf am unteren Ende der Geopotenzialschar befindet. Der
Großteil der Member sieht einen vorübergehend deutlicheren Geopotenzialanstieg
zum Wochenende. Eine raschere Wetterberuhigung, so wie es die gestrigen
IFS-Läufe und ICON sowie GFS rechnen, ist also durchaus möglich. Bei der
Temperatur zeigt sich ein etwas anderes Bild, dort ist der IFS-Hauptlauf
insgesamt recht gut, wenn auch eher im unteren Drittel der Memberschar
eingebettet. Nur wenige Member wollen es vorübergehend deutlich milder.

Danach wird es zunehmend schwierig, Aussagen zu treffen. Allerdings bleibt die
Mehrheit der Ensemblemitglieder bei T850 mehr oder weniger deutlich unter 0 Grad
bei recht dynamischem Geopotenzialverlauf. Eine Fortdauer bzw. Renaissance der
unbeständigen (nass-)kalten, wenn auch nicht zwangsläufig spätwinterlichen
Witterung ist "zu befürchten".
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Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen


SCHNEE:
An den Alpen stellt sich eine klassische Stausituation mit ergiebigen
Schneefällen ein. Zumindest bis einschließlich Mittwoch schneit es zeitweise
kräftig mit Neuschneeraten im markanten (15-30 cm/24 h), in Staulagen mitunter
im Unwetterbereich (>30 cm/ 24 h). Im Gesamtzeitraum des Schneefallereignisses
(beginnend in der Kurzfrist am Sonntag und mit allenfalls kurzen Unterbrechungen
bis Donnerstag anhaltend) sind Neuschneemengen bis 70 cm, lokal auch um 100 cm
zu erwarten (eine entsprechende UNWETTER-Warnung läuft bereits!). Insbesondere
bis Dienstag können in Hochlagen zudem Schneeverwehungen auftreten.
Ansonsten schneit es bevorzugt in den Nordstaulagen der Mittelgebirge zeitweise,
in der zweiten Wochenhälfte teils auch bis in tiefe Lagen, markante
Neuschneemengen (>10-15 cm/12-24 h) bleiben aber eher die Ausnahme. Am ehesten
sind sie am Dienstag am Erzgebirge sowie am Mittwoch im Schwarzwald möglich.

WIND:
Am Dienstag treten in Hochlagen der Alpen sowie der östlichen Mittelgebirge
stürmische Ben oder Sturmböen (Bft 8-9) auf.
Am Freitag sind an der Küste stürmische Böen (Bft 8) aus Nordost nicht
ausgeschlossen.

STRENGER FROST:
Ab der Nacht zum Freitag steigt die Wahrscheinlichkeit für strengen Frost unter
-10 °C insbesondere über den Schneeflächen an den Alpen und im östlichen
Mittelgebirgsraum deutlich an.
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Basis für Mittelfristvorhersage
IFS det., IFS-EPS, MOS-MIX
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VBZ Offenbach / Dipl. Met. Adrian Leyser