DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

09-03-2021 09:30
SXEU31 DWAV 090800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Dienstag, den 09.03.2021 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
Heute im Norden und im Mittelgebirgsraum gebietsweise leichter Schneefall, der
sich kommende Nacht in den Südosten verlagert. Vor allem in Lagen ab 300 bis 400
m Glättegefahr. Auch Mittwochvormittag im Südosten etwas Schnee.
Ansonsten kurze Wetterberuhigung.
Am Donnerstag verbreitet stürmische Böen und Sturmböen, vor allem in höheren
Lagen und an der See schwere Sturmböen. An der Nordsee orkanartige Böen möglich,
auf exponierten Bergen wahrscheinlich.

Synoptische Entwicklung bis Donnerstag 24 UTC
--------------------------------------------------------------
Dienstag... Ein von Nordosteuropa ausgehender kräftiger Höhentrog hat den
Norden und Westen Deutschlands erreicht und schwenkt langsam zum südöstlichen
Deutschland. An ihn ist ein kleines Tief über dem Emsland gekoppelt, dass aber
auf die Rückseite des Troges gerät und sich daher auf seinem Weg nach
Ostwestfalen abschwächt. Damit dehnen sich heute die Niederschläge von
Nordwestdeutschland zur Mitte aus. Vor allem nach Osten hin fallen die
Niederschläge zunächst häufig als Schnee, am Nachmittag dann im
Mittelgebirgsraum unterhalb von 300 m meist als Schneeregen oder Regen. In der
Heide, im südöstlichen Niedersachsen und in Lagen oberhalb von 400 bis 500 m
kann sich eine 2 bis 5 cm, vereinzelt bis 7 cm dünne Schneedecke ausbilden. Die
Niederschlagsmengen liegen nämlich meist zwischen 3 und 7 mm, in Ostwestfalen
und im Weserbergland teils bei 10 mm innerhalb von 12 Stunden. Hier bleibt aber
nur ein Teil des Schnees liegen. Im Süden und von der Ostsee bis nach Ostsachsen
ist es dagegen meist trocken und teils aufgeheitert.
Die Temperaturen erreichen meist nur Werte zwischen 5 und 8 Grad, am Oberrhein
örtlich 9 Grad. Am Ostrand des Niederschlagsgebietes, also vom östlichen
Mittelgebirgsraum bis nach Nordostniedersachsen aber nur 1 bis 4 Grad. Hier
könnte sich örtlich der Schnee bis zum Abend halten.
Östlich einer Linie Ostfriesland-Vogtland bleibt es meist bei südlichen Winden,
die anfangs auf der Nordsee auch recht kräftig wehen. Im Westen und Süden dreht
der Wind auf Südwest bis West und weht meist nur schwach.

In der Nacht zum Mittwoch zieht der Trog nach Südosten ab, der westeuropäische
Rücken nähert sich an und erreicht mit seiner Achse die südöstliche Nordsee.
Dieser setzt sich in Bewegung, weil sich weiter draußen auf dem Atlantik
allmählich eine kräftige westliche Strömung aufbaut, die nachfolgend dann ja
auch die Umstellung der Wetterlage bei uns einleiten soll. Aber zunächst
beschäftigt uns noch das kleine Tief, das sich zum Vogtland verlagert und dabei
auffüllt. Die damit korrespondierenden Niederschläge verlagern sich im Laufe der
Nacht der Höhenströmung folgend weiter zum südöstlichen Deutschland. Der
Südwesten bekommt dabei kaum 1 mm ab und in Ostsachsen bleibt es sogar trocken.
Da die Temperatur im Laufe der Nacht wieder auf etwa 0 Grad zurückgeht und in
höheren Lagen es leichten Frost gibt, sollte der Niederschlag wieder meist in
Schnee übergehen. Allerdings werden durchweg nur noch 1 bis 4 mm Niederschlag
berechnet und damit ist nur örtlich und besonders in höheren Lagen mit
Schneeglätte zu rechnen. In den südwestdeutschen Flusstälern dürfte unterhalb
von 300 m der schwache Niederschlag als Regen fallen. Das Ganze läuft ansonsten
sicherlich auf eine recht flächendeckende Glättewarnung hinaus, wobei auch
überfrierende Nässe dabei ist. Für den Alpenraum, den Bayerischen Wald und den
Raum Vogtland sowie eventuell auch das Thüringische Schiefergebirge sollte es
aber eine Schneefallwarnung geben, weil dort vielleicht doch 2 bis 4 Zentimeter
Neuschnee zusammenkommen können. Niederschlagsfrei bleibt es in der Nordhälfte,
im Westen teils noch mit dichteren Wolken und teilweise frostfrei, teilweise mit
geringem Frost. Etwas kälter wird es bei vielfach klarem Himmel in der immer
noch etwas kälteren Luftmasse im Nordosten mit Tiefstwerten zwischen -3 und -8
Grad. Der Wind weht schwach aus unterschiedlichen Richtungen und dürfte
teilweise ganz einschlafen.

Mittwoch... nähert sich ein Sturmtief von Westen her Schottland. Auf seiner
Vorderseite kommt es zu massiver Warmluftadvektion, die am Abend auch auf
Deutschland übergreift. Der Höhenrücken wird dadurch noch einmal verstärkt und
seine Achse erreicht in der zweiten Tageshälfte den Westen Deutschlands. Mit der
WLA ziehen im Westen und Nordwesten hohe und mittelhohe Wolkenfelder auf. In der
Mitte und im Süden hält sich dagegen noch viel tiefe Bewölkung, aus der vor
allem in Bayern noch etwas Schnee und Regen fällt, wobei tagsüber die
Glättegefahr wieder rasch abnimmt und sich der Niederschlag in der zweiten
Tageshälfte nach Österreich verabschiedet. Am freundlichsten mit viel Sonne wird
es im Südwesten und wieder, nach wie vor in der kälteren Luftmasse nordöstlich
der Elbe. Mit dem Aufzug des Sturmtiefs vom Atlantik her wird die Achse der
Hochdruckbrücke nach Südosten geschoben, so dass in Deutschland der Wind nach
und nach überall auf Süd dreht. Zudem nimmt er allgemein etwas zu, bzw. frischt
im Nordwesten stärker auf, erreicht aber tagsüber abgesehen von Nordfriesland
(Bft 7) noch keine Warnschwellen. Die Temperaturen steigen im Vergleich zum
Vortag etwas an und erreichen Höchstwerte zwischen 6 Grad in Vorpommern und 12
Grad im Südwesten.

In der Nacht zum Donnerstag zieht das Sturmtief unter Verstärkung auf knapp gut
960 hPa in die nördliche Nordsee. Die Achse der Hochdruckbrücke zieht sich
weiter nach Südosten zurück, so dass fast alle Regionen Deutschlands (die
Gebiete südlich der Donau ausgenommen) in den Bereich eines ordentlichen
Druckgradienten kommen. Dies lässt den Wind über Nacht deutlich auffrischen, so
dass bis zum Morgen im Westen und Nordwesten schon vielfach steife Böen und
exponiert stürmische Böen aus Süd aufkommen und an der Nordsee bereits erste
Sturmböen. Bei zunächst stabiler Schichtung nimmt der Wind mit der Höhe stark
zu, auf exponierten Berggipfeln geht es dann schon in Richtung schwerer
Sturmböen, auf dem Brocken Orkanböen. Während sich die tiefen Wolken tendenziell
auflösen, greifen die hohen und mittelhohen Wolken auf das ganze Land über. Am
ehesten ist es ganz im Südosten noch länger gering bewölkt. Vielfach wird, vor
allem aufgrund des Windes, die Nacht milder als die Vornächte, so dass es in der
gesamten Nordwesthälfte frostfrei bleibt. Leichten Frost bis -4 Grad gibt es vor
allem noch ganz im Osten und Südosten. Die Niederschläge des teilokkludierten
Frontensystems weiten sich zunächst auf den gesamten Westen und Nordwesten aus,
in der 2. Nachthälfte dann auf den Osten und Süden. Nur Südostbayern und die
Oberlausitz bleiben noch außen vor. In größeren Teilen Nordwestdeutschlands
können bis zum Morgen schon 8 bis knapp über 15 l/qm Regen fallen, nach Südosten
noch deutlich weniger. Aufgrund des schnellen Aufzugs des Regens und des noch
schwächeren Windes nach Osten und Süden hin, kann bei teils noch gefrorenem
Boden Regen einsetzen, so dass vor allem ganz im Osten und im Südosten eine
gewisse Gefahr von gefrierendem Regen besteht (dies besonders in tagsüber
abgeschatteten Straßenabschnitten, da die Belagstemperatur dann eher negativ
ist).

Donnerstag... schwenkt zunächst die oben erwähnte Okklusion über Deutschland
hinweg nach Südosten und erreicht abends die Alpen. Auf deren Rückseite fließt
eine erwärmte Subpolarluftmasse ein, die am Nachmittag und Abend im Westen und
Nordwesten durch Höhenkaltluft labilisiert wird. Die Front selbst gehen aber in
relativ stabiler Schichtung durch, so dass keine Gewitter zu erwarten sind.
Vielfach fallen bis zum Abend weitere 2 bis 5 l/qm Regen, im Nordosten bis zu 10
l/qm und in den Staulagen des Schwarzwaldes teils noch deutlich mehr. Dort
könnten Warnschwellen überschritten werden, eventuell muss auch über eine
mehrtätige Dauerregenwarnung nachgedacht werden. Dazu können wir aber noch etwas
abwarten, bis die Niederschlagsprognosen auch für Freitag und Samstag etwas
sicherer sind. Das Hauptaugenmerk liegt sowieso auf dem Sturm. Während der Kern
des Sturmtiefs zum südlichen Nordmeer zieht, bildet sich im Lee des norwegischen
Gebirges ein Teiltief, was den Gradienten über Deutschland zusätzlich noch
verstärkt. Zudem ist vor allem mit Durchzug eines Bodentroges im Norden mit
einem erheblichen Windmaximum zu rechnen, wobei der Wind auf West bis Südwest
dreht. Grob kann man sagen, dass es im Süden verbreitet stürmische Böen bis
Sturmböen bis ins Flachland geben wird. Im Norden und Westen werden vielfach
Sturmböen simuliert, über NRW berechnet ICON auch schwere Sturmböen. Vor allem
an der Nordsee und auf höheren Bergen werden es wohl schwere Sturmböen oder
orkanartige Böen (s. unten), auf einzelnen Bergen (Alpengipfel, Brocken,
Feldberg) geht es deutlich in den Bereich der Orkanböen hinein. Die Modelle
simulieren mittlerweile recht einheitlich eine Sturmlage mit der Möglichkeit von
schweren Sturmböen in freien Lagen und an der Nordsee. Gegen Abend wird mit der
Labilisierung im Westen, Nordwesten und teils auch bis nach Hessen etwas Cape
berechnet (50 bis 150 J/Kg), so dass auch einzelne kurze Graupelgewitter
auftreten können. Hierbei sind dann einzelne orkanartige Gewitterböen nicht
ausgeschlossen (Mittelwind in 850 hPa 45 bis 55 kt, die runtergemischt werden).
Zu guter Letzt noch zu den Temperaturen: Diese steigen mit der kräftigen
Durchmischung weiter an und erreichen Werte zwischen 8 Grad an der See und im
Nordosten und 14 Grad im Südwesten.

In der Nacht zum Freitag schwenkt ein flacher Hochkeil heran aber das Wetter
beruhigt sich kaum. Es muss weiterhin mit stürmischen Schauerböen und an der
Nordsee mit Sturmböen gerechnet werden. Es gelangt etwas kältere Meeresluft
subpolaren Ursprung nach Deutschland m itn 850 hPa-Temperaturen zwischen -2 Grad
am Alpenrand und -6 Grad in Holstein. Daher können oberhalb 600 m auch wieder
Schnee- und Graupelschauer mit Glättebildung auftreten.

Modellvergleich und -einschätzung
--------------------------------------------------------------
Die externen Modelle simulieren nun recht einheitlich die Sturmlage am
Donnerstag.

Was die Wahrscheinlichkeit für Böen Bft 11 angeht, so zeigt CosmoLEPS an der
Nordsee immerhin 10 bis 15 Prozent Wahrscheinlichkeit hierfür. Selbst Die
Wahrscheinlichkeit für Böen Bft 10 ist in den tiefen Lagen praktisch gleich null
und nur in Nordwestdeutschland leicht erhöht.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Olaf Pels Leusden