DWD Synoptische Übersicht Mittelfrist

21-08-2016 11:00
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Sonntag, den 21.08.2016 um 10.30 UTC



Hochsommerliche Phase mit steigender Wärmebelastung. Am Wochenende Abkühlung
möglich.
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Synoptische Entwicklung bis zum Sonntag, den 28.08.2016


Wie bereits am gestrigen Samstag an dieser Stelle angekündigt, zieht der
Hochsommer nun noch einmal alle Register und bringt viel Sonnenschein und zum
Teil sehr hohe Temperaturen in den letzten Augusttagen. Hoch "Gerd", ein Ableger
des Azorenhochs, macht sich nämlich auf den Weg nach Mitteleuropa, um uns in
Deutschland noch einmal zu zeigen, wie Sommer auch gehen kann.

So wird sich zu Beginn des Mittelfristzeitraums am kommenden Mittwoch nach dem
aktuellen EZMW-Lauf von 00 UTC ein kräftiger Rücken über Mitteleuropa aufgewölbt
haben, dessen Achse von Marokko über die Balearen und Südwestdeutschland bis
nach Südschweden reicht. Damit wird oben besagtes Bodenhoch mit Zentrum über
Polen gestützt. Darüber hinaus kann mit südlicher bis südwestlicher Strömung
warme bis heiße Luft einfließen, die durch Absinken zusätzlich erwärmt wird. In
850 hPa liegen die Temperaturen zwischen 11 Grad im Osten Deutschlands und bis
knapp über 20 Grad im Süden, am Boden sind Höchstwerte von 25 bis 34 Grad zu
erwarten. Selbst an der Nordsee könnten die 30 Grad in Angriff genommen werden.
Etwas kühler bleibt es noch an der Ostsee.

Bis zum Freitag ändert sich nichts Wesentliches an der Großwetterlage. Der
Rücken wölbt sich weiter in Richtung Finnland auf, die Achse nimmt dann eine
Linie vom westlichen Mittelmeer über Tschechien und Polen bis nach Finnland ein.
Als Gegenspieler fungiert ein Langwellentrog, der die Britischen Inseln
erreicht. Zusammen mit einem Höhentief über Südrussland formiert sich so ein
klassisches Omega. Allerdings weist dieses Omega am Westrand schon eine kleine
Schwachstelle auf, sodass ein erster Ausläufer eines unter dem Langwellentrog
befindlichen Bodentiefs mit Zentrum über dem Nordmeer den äußersten Nordwesten
Deutschlands mit ersten Schauern und Gewittern erfassen kann. Während die
Temperatur in 850 hPa dort "nur" noch auf 15 Grad steigt, liegt sie sonst bei 16
bis 20 Grad.

Am Samstag wird das Omega weiter geschwächt, weil der Rücken in seinem
nördlichen Teil vom Langwellentrog mithilfe eines Randtroges ein wenig nach
Osten gedrückt wird. Das Nordmeertief verlagert sich dadurch nach
Nordskandinavien weiter, seine Ausläufer können in Deutschland noch etwas nach
Südosten hin an Raum gewinnen. Schauer und Gewitter sowie die etwas kühlere Luft
weiten sich damit ebenfalls ein wenig nach Südosten hin aus. Zudem wird im Süden
die Luftmasse allmählich angefeuchtet, was sich in Gewittern im südlichen
Bergland äußert.

Am Sonntag wird der Rücken unter fortschreitender Abflachung weiter nach Osten
durchgereicht. Hoch "Gerd" wird dann seinen Schwerpunkt über der Ukraine haben,
während in Deutschland der Tiefdruckeinfluss weiter zunimmt. Das
nordskandinavische Tief bildet einen Ableger über Norddeutschland, dessen
Fronten in Südwest-Nordost-Erstreckung quer über Deutschland liegen.
Nordwestlich davon sinkt die 850 hPa-Temperatur schon auf 8 bis 15 Grad, während
nach Süden und Osten hin weiterhin 15 bis 20 Grad auf dem Plan stehen. Dort
nimmt allerdings die Schauer- und Gewitteraktivität bei zunehmender Anfeuchtung
der Luftmasse auch weiter zu.

In der erweiterten Mittelfrist schwenkt der Langwellentrog unter Verkürzung
seiner Wellenlänge langsam nach Osten durch. Damit wird das Tief von
Norddeutschland nach Polen geführt, die Ausläufer und insbesondere die Kaltfront
ziehen nun auch über den Südosten von Deutschland hinweg. Am Montag geht die 850
hPa-Temperatur somit auf 7 bis 12 Grad zurück, ganz im Süden wird bei 12 bis 15
Grad die warme Luft aber gar nicht vollständig ausgeräumt. Nachfolgend macht
sich am Dienstag ein neuer, nicht mehr ganz so kräftiger Rücken auf den Weg zu
uns, der den Druck am Boden wieder steigen und die Temperaturen wieder etwas
zulegen lässt.
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Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs


Bis zum Freitag beschränken sich die Unterschiede des aktuellen EZMW-Laufs im
Vergleich zu seinen beiden Vorläufen vom gestrigen Samstag nur auf Details. Am
kommenden Samstag kommt dann aber ein neuer Randtrog ins Spiel, den der gestrige
12 UTC-Lauf auch schon zeigte. Den Nordwesten nähern sich dadurch erste
Tiefausläufer an, die das Wetter nachfolgend wechselhafter und leicht kühler
gestalten. Das hat auch Auswirkungen für den Ablauf danach, wobei die
Trog/Rücken-Muster von Lauf zu Lauf zum Teil phasenverschoben, zum Teil aber
auch in unterschiedlicher Intensität und Lage gerechnet werden. Es fällt jedoch
auf, dass sich die kühlere und feuchtere Luft bei zunehmendem Tiefdruckeinfluss
vor allem im Norden und in der Mitte Deutschland stärker durchsetzt. Ab Samstag
ist die Konsistenz der EZMW-Läufe also nur noch als gering anzusehen.
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Vergleich mit anderen globalen Modellen


ICON und GFS sind bis zum Freitag auf einer Linie mit der EZMW-Variante. Ab
Samstag zeigen beide Modelle nicht den vom EZMW berechneten Randtrog, sondern
nur einen Langwellentrog bei den Britischen Inseln. Dieser rückt danach bei
beiden Modellen langsamzu nach Osten vor, die Antizyklonalität bliebe
dementsprechend länger und stärker ausgeprägt. Diese Lösung hatte das EZMW
gestern auch noch, es kann die Frage gestellt werden, ob die Berechnung des
Randtroges bzw. das schnellere Nachrücken des nachfolgenden Langwellentrogs
einen Ausreißer darstellt, der in den nächsten Läufen wieder verschwindet.
Vielleicht stellt das EZMW aber auch einen Vorreiter dar. JMA und GEM jedenfalls
reiten auf der EZMW-Welle. NAVGEM wiederum bleibt aber bei der GFS/ICON-Lösung.
Nach Durchsicht der wichtigsten globalen Modelle könnte man ab Samstag von einer
Pattsituation bezüglich der synoptischen Entwicklung sprechen.
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Bewertung der Ensemblevorhersagen


Die Rauchfahnen des EZMW-Ensembles für Offenbach können das Patt nicht vollends
auflösen. So zeigt sich ab Sonntag bei einem dann weit aufgefächerten Spread bei
der 850 hPa-Temperatur ein deutlicher Abfall im Haupt- und Kontrolllauf, die
zudem jeweils im Median liegen. Dabei sinkt die Temperatur von zuvor 18 Grad bis
auf etwa 8 Grad. Allerdings gibt es auch einige Ensemblemitglieder, die diesen
Weg nicht mitgehen und bei 12 bis 18 Grad ein viel höheres Temperaturniveau
anstreben. Die 500 hPa-Geopotenzial-Rauchfahne lässt einen Trogdurchgang am
Montag bzw. in der Nacht zum Dienstag erwarten, allerdings ist die Streuung
ebenfalls recht groß, sodass vor allem in Bezug auf die Stärke des
Langwellentrogs Fragezeichen auftauchen.

Die Clusteranalyse des EZMW-Ensembles zeigt bei t+120-168 (Freitag und Sonntag)
5 Cluster. Bei drei Clustern ist der Randtrog vorhanden, bei Zweien kaum oder
nicht. Bei t+192-240 (Montag bis Mittwoch) werden 4 Cluster gezeigt, die sich
bezüglich des nachfolgenden Langwellentrogs unterscheiden. C2 und C4
beispielsweise bestätigen die anderen globalen Modelle, wobei der Langwellentrog
Mitteleuropa nur langsam bzw. sogar gar nicht erreicht. Bei C1 schwenkt der
Langwellentrog durch, bei C3 auch, ist allerdings deutlich schwächer ausgeprägt.


Alles in allem lässt sich sagen, dass die Hitzewelle bis zum Freitag ziemlich
sicher ist. Ob nachfolgend die Zyklonalität zunimmt und es zu einer deutlichen
Abkühlung kommt, kann derzeit noch nicht befriedigend beantwortet werden.
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Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen


EFI zeigt ab Mittwoch für jeden Tag der Mittelfrist überdurchschnittlich hohe
Temperaturen an. Diese dürften mit einer hohen Wärmebelastung in weiten Teilen
Deutschlands verbunden sein.

Darüber hinaus steigt das Schauer- und Gewitterpotenzial in der zweiten
Wochenhälfte langsam an. Sollten am Donnerstag und Freitag örtlich Hitzegewitter
auftreten, so können diese bei CAPE-Werten um 2000 J/kg durchaus kräftig
ausfallen. Am Samstag und Sonntag deuten erhöhte Werte des SOT beim CAPE (EFI
jedoch kaum erhöht) im Nordwesten von Deutschland auf mögliche heftige Gewitter
hin.
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Basis für Mittelfristvorhersage
MOSMX, EZMW-MOS, EZMW-EPS. Ab Samstag wird aufgrund obiger Ergebnisse mehr der
EZMW-Lösung vertraut.
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VBZ Offenbach / Dipl. Met. Simon Trippler