DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

08-03-2021 18:30
SXEU31 DWAV 081800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Montag, den 08.03.2021 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
Zunächst gebietsweise Schneefälle. Am Donnerstag schwere Sturmlage.

Synoptische Entwicklung bis Donnerstag 12 UTC
-------------------------------------------------------------
Aktuell ... befindet sich ein Höhenrücken westlich unseres Landes, während über
Osteuropa ein mit reichlich Kaltluft gefüllter Langwellentrog zu finden ist, der
sich nach Südwesten bis zum westlichen Mittelmeer fortsetzt. Somit liegt auch
unser Land unter niedrigem Geopotential. Dies spiegelt sich auch in dem recht
niedrigen Temperaturniveau wider, so wurden über Lindenberg und Greifswald heute
Mittag nur -9 Grad in 850 hPa gemessen, über München und Idar-Oberstein immerhin
-5 Grad (in Altenstadt -4 Grad). Dieser Temperaturunterschied über Deutschland
tritt auch durch eine Front zu Tage, die sich gebogen über die Mitte
Deutschlands hinweg erstreckt und mit einem Gebiet dichter Wolken sichtbar wird.
Die Niederschläge daran sind aber am Nachmittag weitgehend zum Erliegen
gekommen. Im Bodendruckfeld sieht die Situation wesentlich antizyklonaler aus.
Dort liegt Deutschland im Bereich einer umfangreichen, wenngleich recht flachen
Hochdruckzone, die sich ausgehend vom Azorenhoch über West- nach Mitteleuropa
und weiter nach Südost- und Nordosteuropa erstreckt. Abseits der Frontbewölkung
schien heute dann auch die Sonne, so dass im Südwesten auch immerhin knapp 10
Grad erreicht wurden, im Nordosten dagegen wie unter den Wolken nur um 5 Grad.

In der Nacht zum Dienstag schwenkt in der nördlichen Höhenströmung ein
Kurzwellentrog südwärts und erreicht in der zweiten Nachthälfte Norddeutschland.
Auf seiner Vorderseite kommt es zu Hebung durch WLA und PVA, was die Entstehung
eines kleinen Tiefs zur Folge hat, das sich im Laufe der Nachtstunden in die
Hochdruckzone hineinbohrt und in den Frühstunden die Niederlande erreicht. Auf
seiner Ostflanke wird auch die über Deutschland liegende Front als Warmfront
wieder etwas nach Osten geführt. Dort kommt es dann auch zu leichten bis mäßigen
Niederschlägen, die schon am Abend auf Ostfriesland übergreifen und sich bis zum
Morgen bis etwas zur Eifel, zum Rothaargebirge und zur Lüneburger Heide
voranarbeiten. Bis zum Morgen sollen vor allem im westlichen Niedersachsen
verbreitet 5 bis 10 l/qm Niederschlag fallen, wobei dieser abgesehen vom
äußersten Westen überwiegend als Schnee fallen wird. Wieviel davon bei einem
Temperaturniveau, das wohl etwas über 0 Grad liegen wird, liegen bleiben wird,
ist etwas schwer abzuschätzen, aber zumindest in einem Streifen von den
ostfriesischen Inseln bis zum Weserbergland und in die Mittelgebirge NRWs hinein
simulieren die deutschen Modelle einige Zentimeter Neuschneeakkumulation, so
dass dort eine Schneefallwarnung nötig wird. Prinzipiell wären bei diesen
Niederschlagsmengen auch Ocker-Neuschneemengen denkbar, allerdings werden dafür
wohl die Oberflächentemperaturen dann doch etwas zu hoch sein. Interessant ist
sicherlich die mögliche Abkühlung durch den Niederschlag, die im Westen bei
Taupunkten teils über 0 Grad sehr beschränkt ist, während in Südniedersachsen
die Taupunkte unter -5 Grad liegen. Wenn man von keinen nennenswerten
Luftmassenwechseln ausgeht, könnte man die horizontale Schneefallgrenze
vielleicht an die 1-Grad-Isotherme der Feuchttemperatur legen. Im übrigen Land
soll sich die Frontbewölkung in den Nachtstunden etwas auflockern, so dass in
der ersten Nachthälfte vielfach die Sterne zu sehen sind. Später greift aber die
Bewölkung des Tiefs auf weite Teile Deutschlands aus, so dass es in den
Frühstunden nur noch südlich der Donau klar sein soll. Die Ausstrahlung reicht
aber aus, die Temperatur wieder recht großflächig in den Frostbereich sinken zu
lassen, ausgenommen sind davon nur der Westen und Nordwesten, wo Wolken und
auffrischender Wind für eine mildere Nacht sorgen. Ganz im Süden und Osten kann
es auch noch stellenweise mäßigen Frost geben.

Am Dienstag ... schwenkt der Höhentrog weiter nach Südosten. Das Bodentief kann
dieser Bewegung nicht folgen, zieht über Westdeutschland noch etwas südwärts und
löst sich dann auf. Übrig bleibt dann noch eine kleine Schwachstelle in der
flachen und umfangreichen Hochdruckzone, so dass aber landesweit die Winde aus
unterschiedlichen Richtungen weiter schwach bleiben. In dieser Schwachstelle
liegt auch weiterhin das Frontensystem und trennt mildere (morgen Mittag -2 Grad
im Westen) von kälterer (morgen Mittag -8 Grad im Osten) Luft. Die Niederschläge
verlagern sich tagsüber mit dem Tief nach Südosten und erreicht unter
allmählicher Abschwächung bis zum Abend die Donau und das Erzgebirge. Der meiste
Niederschlag mit über 5 l/qm fällt noch in der ersten Tageshälfte in
Südniedersachsen und Ostwestfalen, nach Süden und Osten zu wird es immer
weniger. Zudem sollte im Tagesverlauf die Schneefallgrenze bis 400 m im Harz und
700 m in der Eifel steigen, nur in Lagen deutlich darüber sollte ab dem
Vormittag noch nennenswerter Schnee liegen bleiben, so dass wahrscheinlich
tagsüber Glättewarnungen ausreichen. Während in weiten Bereichen am Dienstag die
Bewölkung dominiert, kommt es im Tagesverlauf auf der kalten Seite der Front,
vor allem nordöstlich der Elbe, zu Wolkenauflockerungen, so dass sich dort oft
ein richtig sonniger Tag einstellt. Das Temperaturniveau liegt in den meisten
Regionen bei jahreszeitgemäßen 5 bis 8 Grad, nur in dem Frontstreifen, wo von
Niedersachsen bis ins östliche Bergland am meisten Niederschlag fällt, bleibt es
noch etwas kälter.

In der Nacht zum Mittwoch zieht der Kurzwellentrog nach Südosten ab und der
westeuropäische Rücken rückt allmählich nach. Dieser setzt sich in Bewegung,
weil sich weiter draußen auf dem Atlantik allmählich eine kräftige westliche
Strömung aufbaut, die nachfolgend dann ja auch die Umstellung der Wetterlage bei
uns einleiten soll. Aber zunächst beschäftigen uns noch die Reste des über
unserem Land aufgefüllten Tiefs, bzw. die Frontreste die sich nach wie vor durch
die Hochdruckbrücke bohren. Die Niederschläge verlagern sich im Laufe der Nacht
der Höhenströmung folgend weiter Richtung Südosten, so dass in der Nacht die
Region schwachen Niederschlagsgeschehens grob die Südhälfte sein sollte.
Bezüglich der Phase kann es dabei einige Schwierigkeiten geben, da die
Temperatur in der Südhälfte wieder Richtung 0 Grad geht und teils darunter, so
dass es sowohl Regen als auch Schnee geben kann. Aufgrund der immer flacheren
Wolken sind auch Schneegriesel und gefrierender Sprühregen stellenweise möglich.
Das Ganze läuft sicherlich auf eine recht flächendeckende Glättewarnung raus,
mit der Möglichkeit vielleicht auch mal kleinräumig auf "Ocker" hochzuziehen.
Für den Alpenrand, vor allem für den östlichen sollte es aber eine
Schneefallwarnung geben, weil dort vielleicht doch einige Zentimeter
zusammenkommen können. Niederschlagsfrei bleibt es in der Nordhälfte, im Westen
teils noch mit dichteren Wolken und teilweise frostfrei, teilweise mit geringem
Frost. Etwas kälter wird es bei vielfach klarem Himmel in der immer noch etwas
kälteren Luftmasse im Nordosten mit Tiefstwerten zwischen -3 und -8 Grad. Der
Wind tritt weiterhin kaum in Erscheinung, er weht schwach aus unterschiedlichen
Richtungen und dürfte gebietsweise auch ganz einschlafen.

Am Mittwoch ... nähert sich ein Sturmtief von Westen her Schottland. Auf seiner
Vorderseite kommt es zu massiver Warmluftadvektion, die am Abend auch auf
Deutschland übergreift. Der Höhenrücken wird dadurch noch einmal verstärkt und
seine Achse erreicht in der zweiten Tageshälfte den Westen Deutschlands. Mit der
WLA ziehen in der Westhälfte des Landes auch immer wieder hohe und mittelhohe
Wolkenfelder über den Himmel. Richtung Mitte und Süden hält sich dagegen noch
viel tiefe Bewölkung, aus der vor allem in Bayern noch etwas Schnee und Regen
fällt, wobei tagsüber die Glättegefahr wieder rasch abnimmt und sich der
Niederschlag in der zweiten Tageshälfte nach Südosten verabschiedet. Am
freundlichsten mit viel Sonne wird es im Südwesten und wieder, nach wie vor in
kälterer Luftmasse, nordöstlich der Elbe. Mit dem Aufzug des Sturmtiefs vom
Atlantik her wird die Achse der Hochdruckbrücke nach Südosten geschoben, so dass
in Deutschland der Wind nach und nach überall Richtung Süd dreht. Zudem nimmt er
allgemein etwas zu, bzw. frischt im Nordwesten auf, erreicht aber tagsüber noch
keine Warnschwellen. Die Temperaturen steigen im Vergleich zum Vortag etwas an
und erreichen Höchstwerte von 6 Grad in Vorpommern und 12 Grad im Südwesten.

In der Nacht zum Donnerstag zieht das Sturmtief unter Verstärkung auf etwa 960
hPa in die nördliche Nordsee. Die Achse der Hochdruckbrücke zieht sich weiter
nach Südosten zurück, so dass fast alle Regionen Deutschlands (die Gebiete
südlich der Donau ausgenommen) in den Bereich eines ordentlichen Druckgradienten
kommen. Dies lässt den Wind über Nacht deutlich auffrischen, so dass bis zum
Morgen im Bergland und im Nordwesten schon vielfach steife Böen aus Süd
auftreten, im westlichen und nördlichen Bergland sowie an einigen
Küstenabschnitten schon stürmische Böen oder Sturmböen. Bei zunächst stabiler
Schichtung nimmt der Wind mit der Höhe stark zu, auf exponierten Berggipfeln
geht es dann schon in Richtung schwerer Sturmböen, auf dem Brocken Orkanböen.
Während sich die tiefen Wolken tendenziell auflösen, greifen die hohen und
mittelhohen Wolken auf das ganze Land über. Am ehesten ist es ganz im Südosten
noch länger wolkenfrei. Vielfach wird, vor allem aufgrund des Windes, die Nacht
milder als die Vornächte, so dass es in der gesamten Nordwesthälfte frostfrei
bleibt. Leichten Frost bis -4 Grad gibt es vor allem noch ganz im Osten und
Südosten. Ab Mitternacht greifen auch die Niederschläge einer ersten
okkludierten Front auf den Nordwesten Deutschlands über und weiten sich rasch
auf die gesamte Nordwesthälfte aus. In größeren Teilen Nordwestdeutschlands
können bis zum Morgen schon 10 bis über 15 l/qm Regen fallen, nach Südosten noch
deutlich weniger. Aufgrund des schnellen Aufzugs des Regens und des noch
schwächeren Windes nach Osten und Süden hin, kann bei teils noch gefrorenem
Boden Regen einsetzen, so dass vor allem ganz im Osten und im Südosten eine
gewisse Gefahr von gefrierendem Regen besteht.

Am Donnerstag ... schwenkt zunächst die oben erwähnte Okklusion über Deutschland
hinweg, ihr folgt eine weitere nach, die bis zum Abend auch die Alpen erreicht.
Auf deren Rückseite fließt eine erwärmte Polarluftmasse ein, die im Laufe des
Tages von Westen her durch herannahende Höhenkaltluft etwas labilisiert wird.
Die Fronten selbst gehen aber in relativ stabiler Schichtung durch, so dass
keine Gewitter zu erwarten sind. Vielfach fallen bis zum Abend weitere 2 bis 5
l/qm Regen, im Norden bis zu 10 l/qm und in den Staulagen der Mittelgebirge
teils noch deutlich mehr. Vor allem dort könnten Warnschwellen überschritten
werden, eventuell muss auch über eine mehrtätige Dauerregenwarnung nachgedacht
werden. Dazu können wir aber noch etwas abwarten, bis die Niederschlagsprognosen
auch für Freitag und Samstag etwas sicherer sind. Das Hauptaugenmerk liegt
sowieso auf dem Sturm. Während der Kern des Sturmtiefs kaum noch vorankommt,
bildet sich im Lee des norwegischen Gebirges ein Teiltief, was den Gradienten
über Deutschland zusätzlich noch verstärkt. Zudem ist vor allem mit Durchzug der
zweiten Okklusion mit einem erheblichen Windmaximum zu rechnen, wobei der Wind
von Süd auf West dreht. Grob kann man sagen, dass es im Süden verbreitet
stürmische Böen bis Sturmböen bis ins Flachland geben wird. Im Norden werden es
vielfach schwere Sturmböen, über NRW simuliert ICON auch schwere Sturmböen. Vor
allem an der Nordsee und auf höheren Bergen werden es wohl schwere Sturmböen
oder orkanartige Böen, auf einzelnen Bergen (Alpengipfel, Brocken, Feldberg)
geht es deutlich in den Bereich der Orkanböen hinein. Auch wenn es zwischen den
Modellen durchaus noch leichte Unterschiede gibt, so ist das Ereignis als
Gesamtes doch schon relativ sicher. Zu guter Letzt noch zu den Temperaturen:
Diese steigen weiter an und erreichen zwischen 8 Grad im Nordosten und 14 Grad
im Südwesten.



Modellvergleich und -einschätzung
----------------------------------------------------------------
Insgesamt zeigen die Modelle eine sehr ähnliche Entwicklung. Bezüglich der
Sturmsituation ab Donnerstag sowie eventueller Dauerregenwarnungen bestehen noch
leichte Unsicherheiten.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl.-Met. Peter Hartmann