DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

06-03-2021 18:01
SXEU31 DWAV 061800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Samstag, den 06.03.2021 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
Das Wichtigste zuerst: Bayern vs. BvB 0:2 nach nur 9 Minuten!!!
Ansonsten insgesamt ruhige Hochdruckbrückenlage mit Schwachstellen an den
Rändern (Norden/Osten sowie äußerster Süden). Im Nordwesten ab Montag von der
Nordsee her Annäherung eines kleinen Tiefs.

Synoptische Entwicklung bis Dienstag 12 UTC
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Aktuell ... fällt der Luftdruck über Deutschland zwar, gleichwohl verbleiben
weite Teile des Vorhersageraums unter Hochdruckeinfluss. Dieser ist
gekennzeichnet durch die brückenartige Hochdruckzone KESJA, die von UK/Irland
bis hinüber zum Schwarzen Meer reicht. Die Divergenzachse verläuft
quasistationär quer über Deutschland etwa von Niederrhein bis hinüber zum
Vogtland. Nördlich davon strömt erwärmte Meereskaltluft von der Nordsee ein
(T850 -2 bis -6°C), während weiter südlich die gestern eingeflossene Polarluft
arktischen Ursprungs weiter dem natürlichen Alterungsprozess ausgesetzt ist. Wie
auch immer, der Druckfall sorgt dafür, dass die Brücke knapp westlich von uns
"aufgebohrt" wird, sprich, sich eine schwache Rinne bildet. Dadurch bekommt das
Hoch zwei Schwerpunkte, von denen der eine unter leichtem Substanzverlust über
England verbleibt, während der zweite südöstlich von uns zu finden ist.

Kurz ein Exkurs in die Höhe, wo nach wie vor ein breit aufgespannter Höhenrücken
über dem Ostatlantik thront, dem ein LW-Trog über Skandinavien respektive dem
nahen Osteuropa gegenübersteht. Letzterer bekommt neue Nahrung durch ein
hochreichendes Tief (HARTMUT), das von Lappland kommend erst nach Finnland,
später gen Karelien zieht. Derweil wird der Rücken von einem Trog unterlaufen,
der über Frankreich und dem Norden der Iberischen Halbinsel übernachtet. Bei uns
resultiert aus dieser Konstellation eine vergleichsweise schlaffe nordwestliche
Höhenströmung, mit der kein großer Staat zu machen ist. Entsprechend verläuft
die Nacht wettertechnisch ruhig ohne die ganz großen Highlights.

So breitet sich nördlich der Divergenzachse die starke, bis etwa 850-800 hPa
reichende Bewölkung noch etwas nach Süden aus, ohne die Mittelgebirgsschwelle
freilich zu überqueren. Die größere Lücke, die sich tagsüber an und über der
Nordsee aufgetan hat, wird wieder geschlossen. Viel Niederschlag fällt zwar
nicht aus der tiefen Bewölkung, trotzdem ist hier und da etwas Nieselregen oder
Schneegriesel nicht ausgeschlossen. Je weiter südlich das passiert, desto
wahrscheinlicher ist lokale Glätte, weil dort nämlich die Temperatur zumindest
zeitweise etwas unter dem Gefrierpunkt liegt (Tiefstwerte im Norden und Osten +2
bis -2°C). Der westliche Wind bleibt an der Ostsee, bedingt auch an der
schleswig-holsteinischen Nordseeküste, flott unterwegs mit Böen 7 Bft, an
west-exponierten Küstenabschnitten der Ostsee vereinzelt 8 Bft.

Von der Mitte bis in den Süden verläuft die Nacht überwiegend klar und frostig
mit Tiefstwerten zwischen -2 und -8°C, über Schneeflächen punktuell um oder
etwas unter -10°C.

Sonntag ... gewinnt der Trog über Frankreich und der Iberischen Halbinsel
Anschluss an den sich regenerierenden Haupttrog im Osten und Nordosten. Dadurch
nimmt die nordwestliche Höhenströmung über dem Vorhersageraum eine zyklonalere
Kontur an. Da sie aber nach wie vor ziemlich schwach ausgeprägt ist, sind
erwähnenswerte synoptisch-skalige Hebungsimpulse nicht zu erwarten. Allerdings
fällt der Luftdruck noch etwas, wodurch sich die o.e. Rinne noch etwas
verbreitert, während sie sich gleichzeitig langsam aber sicher nach Osten
verlagert. Dabei trennt sie nach wie vor die beiden Anteile der zuvor
brückenartigen Hochdruckzone, die um 12 UTC ihre Schwerpunkte mit etwas über
1025 hPa über dem Balkan respektive dem Schwarzen Meer sowie der Keltischen See
zur Schau tragen.

Wettermäßig lässt sich Deutschland am morgigen Sonntag in drei Zonen einteilen.

Zone I: Die Regionen nördlich der Mittelgebirgsschwelle, wo der auf West bis
Nordwest drehende Wind weiterhin feuchte, tendenziell aber etwas kältere Luft
advehiert (T850 am Abend -4 bis -8°C). Abgesehen von einigen sporadischen Lücken
bleibt die Wolkendecke geschlossen. Hinzu kommt von der Ostsee her etwas
landeinwärts vorankommender schwacher Niederschlag, der von einer Kaltfront
ausgelöst wird (die zu dem von Karelien nach Osten abziehenden Tief HARTMUT
gehört), welche im Tagesverlauf das nordostdeutsche Binnenland erfasst. Aufgrund
der Tageszeit sowie bedingt durch den maritimen Einfluss dürfte der Niederschlag
überwiegend in der flüssigen Phase fallen. Auf alle Fälle frischt der Wind
präfrontal auch im nordostdeutschen Binnenland vorübergehend mal etwas stärker
auf (wahrscheinlich aber nur vereinzelt Böen 7 Bft, wenn überhaupt), bevor er ab
dem Nachmittag auch an der Küste schwächer wird. Die Höchstwerte liegen zwischen
3 und 6°C.

Zone II: Ein sonniger oder allenfalls locker bewölkter und windschwacher
Streifen über der südlichen Mitte sowie weiten Teilen Süddeutschlands, in dem
die Temperatur auf 5 bis 10°C (im höheren Bergland etwas weniger) steigt.

ZONE III: Der äußerste Süden und Südwesten, wo sich angetrieben vom o.e. Trog
von der Schweiz her dichtere Wolken über das südliche BW via Schwaben bis
hinüber nach Niederbayern ausbreiten. Am Nachmittag und Abend kann es daraus in
Alpennähe sowie südlich der Alb sogar etwas regnen. Auch hier werden
Tageshöchsttemperaturen von 5 bis 10°C erwartet.

In der Nacht zum Montag bleibt die Hochdruckbrücke wenn auch auf etwas
wackeligen Füßen bestehen. Allerdings hindert das die o.e. Kaltfront nicht
daran, noch etwas weiter ins nordostdeutsche Binnenland vorzudringen, bevor sie
von einem flachen Tief über der nördlichen Nordsee ausgebremst wird. Mit
Unterstützung eines kurzwelligen, von Nordwest nach Südost durchschwenkenden
Höhentroges wird ein von der Nordsee ost-südostwärts gerichtetes
Niederschlagsband generiert, das bis zum Morgen in seinem Ostteil bis nach
Sachsen vorankommt. Je weiter das Band landeinwärts Boden gutmacht, desto
wahrscheinlicher wird die Schneephase. Prominent wird die Neuschneeakkumulation
allerdings nicht ausfallen, einzig im Harz und vielleicht im Osterzgebirge
könnte es für ein paar Zentimeter reichen. In der postfrontal einströmenden
Polarluft (T850 -6 bis -10°C) trocknet es rasch ab, so dass die Wolkendecke
auflockert.

Leichte Niederschläge stehen auch im äußersten Süden auf der Agenda, wobei aus
heutiger Sicht eine genaue Phasenbestimmung kaum machbar ist. Schnee, Regen,
gefrierender (Niesel)Regen - alles möglich. Weit eindeutiger fällt die
Bewölkungsprognose zwischen den beiden genannten Zonen im Norden und Osten sowie
dem äußersten Süden aus. Dort bleibt der Himmel gering bewölkt oder klar mit
teils mäßigem Frost bis zu -8°C. Ansonsten liegen die Tiefstwerte zwischen +2
und -3°C.

Montag ... schwenkt ein KW-Trog vom Nordmeer zur Nordsee, was dem o.e. flachen
Tief äußerst gut bekommt. Es beginnt sich zu vertiefen auf allerdings nach wie
vor hohem Druckniveau, vielleicht kommt es im Kern auf etwas unter 1015 hPa. Das
ist natürlich nichts gegenüber dem, was im weiteren Verlauf der Woche noch so zu
erwarten ist, aber immerhin ein Anfang. Unklar ist derzeit noch, welchen Kurs
das Tief einschlagen wird. Zieht es in Richtung Deutsche Bucht oder lockt doch
eher die Westfriesische Küste, wie von ICON 12 UTC simuliert. Auch die externen
Modelle haben diesbezüglich noch kein abschließendes Urteil gefällt.

Wie auch immer sich das Tief entscheidet, Fakt ist, dass die o.e. Kaltfront
nicht weiter nach Südwesten vorankommt. Zwischen Nordsee und Erzgebirge fällt
vor allem am Vormittag in einem schmalen Streifen noch etwas Regen oder Schnee,
bevor die Niederschläge zum Nachmittag abklingen und die Front mehr und mehr ums
Überleben kämpfen muss. Abklingen tun auch die Niederschläge ganz im Süden, die
sich zuvor aber am Alpenrand noch etwas nach Osten vorarbeiten.

Unter dem Strich gestaltet sich der Wochenanfang sehr facettenreich mit einem
postfrontal sonnigen Nordosten und einem wolkenreichen Nordwesten, dem das
kleine Tief im Tagesverlauf immer dichtere Bewölkung und ab dem späten
Nachmittag sogar etwas Regen (Nordseeumfeld) schickt. Mehr oder weniger bewölkt
bleibt es auch im Umfeld der schwächelnden Front von der Deutschen Bucht bis in
den östlichen Mittelgebirgsraum, während sich etwa südlich von Eifel, Taunus und
Thüringer Wald ein Streifen mit viel Sonnenschein anschließt. Der reicht
allerdings nicht bis ganz runter zu den Alpen, da dort - man ahnt es bereits -
noch die Restbewölkung des vorherigen Niederschlags hängt.
Die Temperatur kommt angesichts 850-hPa-Werten von -3 bis -8°C und kaum
vorhandener Durchmischung nicht so recht aus dem Quark, mehr als 3 bis 8°C, im
Süden punktuell bis zu 10°C stehen nicht auf der Erwartungsliste.

In der Nacht zum Dienstag breitet sich mit Vorankommen des KW-Troges der
Niederschlag von der Nordseeküste über SH, HH und das nördliche Niedersachsen
langsam ost- und südwärts aus. Dabei gilt, je weiter nach Osten und Süden, desto
wahrscheinlicher die feste, die Schneephase. Je nachdem wie weit der
Niederschlag tatsächlich ausgreift könnte es gebietsweise für eine dünne
Schneedecke, zumindest aber etwas Schneematsch reichen (laut ICON von 12 UTC am
ehesten im Osten SHs, in HH, im nordöstlichen Niedersachsen sowie in
Westmecklenburg). Es sei aber darauf hingewiesen, dass die Vorhersage sowohl in
Bezug auf die Konsistenz (der 06-UTC-Lauf hat den Niederschlag deutlich
intensiver und weiträumiger simuliert) als auch im Modellvergleich aktuell noch
sehr volatil ist.

Was man sagen kann ist, dass der Süden und Osten sowie die Mitte unter leichtem
Hochdruckeinfluss wohl weitgehend trocken bleiben unter teils wolkigem, vielfach
aber auch gering bewölktem oder klarem Himmel. Stellenweise bildet sich Nebel.
Mit Ausnahme des Nordwestens geht die Temperatur noch mal in den leichten, nach
Osten hin sowie im Bergland z.T. mäßigen Frostbereich zurück.

Dienstag ... schwenkt der KW-Trog bis zu den Alpen durch. Auf seiner Vorderseite
wird direkt am Alpenrand wieder etwas mehr Hebung generiert, so dass dort etwas
Schnee oder Regen fällt. Inzwischen entert das kleine Nordseetief das
Ijsselmeer, wo es beginnt sich aufzulösen. Die Niederschläge aus dem Nordwesten
greifen noch etwas in der Nordhälfte aus, wobei sie aber immer mehr
"zerfleddern". Ob es anfangs noch für etwas Neuschnee und/oder Glätte reicht,
muss abgewartet werden. Bei weiterhin gradientschwachen Druckverhältnissen
scheint die Sonne am ehesten im Süden sowie im äußersten Osten. Temperaturmäßig
tut sich wenig gegenüber den Vortagen.


Modellvergleich und -einschätzung
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Im Großen und Ganzen sind die Modelle einer Meinung. Erst mit Auftreten der des
kleinen Nordseetiefs zu Beginn der neuen Woche wird es etwas unsicherer,
insbesondere was Phase, räumliche Ausdehnung und Intensität des Niederschlags
angeht.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Hoffmann