DWD Synoptische Übersicht Mittelfrist

05-03-2021 11:01

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Freitag, den 05.03.2021 um 10.30 UTC



Übergang zu einer Westwetterlage mit Sturmgefahr am Donnerstag.
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Synoptische Entwicklung bis zum Freitag, den 12.03.2021


Am Montag, zum Beginn des Mittelfristzeitraumes, liegt nach IFS ein Höhenrücken
über dem Westen Europas und erstreckt sich bis nach Island. Dagegen liegt das
östliche Europa unter einem Trog. Deutschland befindet sich dabei im Bereich
einer schwachen nordwestlichen Höhenströmung. Dabei überquert eine Kaltfront
Deutschland südwärts und bringt vor allem der Osthälfte etwas Regen, im Bergland
fällt bei 850-hPa-Temperaturen zwischen -4 und -8 Grad vielfach Schnee.
Insgesamt ist die Front aber recht schwach, weil sie unter Hochdruckeinfluss
liegt. Deutschland liegt nämlich im Bereich eines Keils des Azorenhochs.
Am Dienstag spaltet sich ein Bodenhoch über Osteuropa ab. Generell verlagert
sich die Achse der Hochdruckzone etwas nach Süden, so dass in den Norden die
Wolken einer schwachen Warmfront eingesteuert werden können. Diese bringen ganz
im Norden und Nordosten auch etwas Regen.
Am Mittwoch nähert sich eine sehr kräftig entwickelte Frontalzone vom Atlantik
her Europa, wobei zunächst noch der Höhenrücken über unser Land hinweg geschoben
werden muss, bevor sich die starke Westströmung durchsetzt. Ein kräftiges
Randtief zieht dabei vom Seegebiet nordwestlich von Irland bis zur Nacht zum
Donnerstag in die nördliche Nordsee. Deutschland gelangt dabei von Nordwesten
her in den Bereich eines immer stärker werdenden Gradienten, während die
Hochachse weiter nach Süden gedrückt wird. Damit weitet sich immer stärker
werdender Wind immer weiter nach Süden aus. Die Warmfront des Tiefs erreicht ab
dem Nachmittag den Nordwesten des Landes, die Kaltfront zieht an der Nacht zum
Donnerstag herein. An ihr muss flächendeckend mit mindestens Sturmböen gerechnet
werden. Nach einer vorübergehenden Milderung tagsüber, gelangt rückseitig der
Kaltfront wieder erwärmte Polarluft zu uns.
Am Donnerstag schwenkt die Kaltfront rasch südostwärts über uns hinweg und
nachfolgend schwenkt ein Höhentrog herein. In 500 hPa geht die Temperatur bis
zum Abend verbreitet auf -30 bis -35 Grad zurück, so dass es labil wird und
zunehmend mit Schauern und Gewittern, wahrscheinlich staffelartig organisiert,
gerechnet werden muss. Da der Gradient weiter sehr stark ist, besteht weiterhin
hohe Sturmgefahr.
Am Freitag zieht der Trog nach Osten ab und wir gelangen in der immer noch sehr
starken Westströmung in den Bereich eines Rückens. Starke WLA sorgt aber
weiterhin für viele Wolken und Regenfälle. Auch bodennah bleibt der Gradient
recht stark, so dass es windig bleibt. In der Nacht zum Samstag zieht erneut ein
Trog heran, auf dessen Vorderseite zieht eine Welle über uns hinweg. Dadurch
werden Regenfälle und Wind wieder etwas intensiviert.
Am Wochenende bleibt zunächst die Westlage erhalten, wobei die Frontalzone
zunehmend nach Süden gedrückt wird und wir in den Bereich einer kälteren
Luftmasse geraten. Nachfolgend schwächt sich die Tiefdrucktätigkeit ab und von
Nordwesten her steigt der Druck.
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Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs


Die Konsistenz des aktuellen Laufs mit den beiden Vorgängerläufen kann man nicht
als gut bezeichnen. Schon am Dienstag wird der Regen der Warmfront von Lauf zu
Lauf etwas anders behandelt, nach dem gestrigen Lauf z.B. viel weiter in den
Nordosten des Landes hereinziehend. Hauptunterschied ist aber das nachfolgende
Tief, das nach den früheren Läufen viel schneller kommen sollte. So sollte nach
dem gestrigen 00-UTC-Lauf die Kaltfront am Mittwochabend schon den Norden
Deutschlands überquert haben und anschließend sofort ein Trog hereinziehen. Ein
weiterer Kurzwellentrog war dann am Donnerstag schon über den Britischen Inseln
simuliert, in etwa in der Lage wie beim heutigen 00-UTC-Lauf der erste Trog. Auf
seiner Vorderseite war ein äußerst starkes Tief simuliert, das am
Donnerstagabend über Norddeutschland hätte hinwegziehen sollen. Der gestrige
12-UTC-Lauf ähnelt dann schon eher dem heutigen 00-UTC-Lauf, wenngleich auch bei
diesem die Entwicklung noch etwas schneller war. Was vielleicht noch ganz
interessant ist: Bei den jüngeren Läufen sammelt sich wieder recht kalte Luft
über dem Süden Skandinaviens, die beim gestrigen Lauf zum Sonntag auch in den
Nordosten Deutschlands fließen sollte.
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Vergleich mit anderen globalen Modellen


Beim Vergleich zwischen den Modellen zeigt sich ein größerer Unterschied
bezüglich der Behandlung der Warmfront am Dienstag. Bei GFS und ICON sollen die
Regenfälle weiter landeinwärts ausgreifen, bei ICON sogar ein Tief daran
entstehen. Ansonsten zeigen die Modelle die Entwicklung ab Mittwoch prinzipiell
ähnlich, wenngleich im Detail schon noch recht unterschiedlich. Extreme
Sturmentwicklungen wie gestern vom IFS gezeigt sind derzeit noch bei NAVGEM und
dem brasilianischen Modell zu finden, die nicht das Maß aller Dinge sind.
Die erweiterte Mittelfrist ist noch sehr unsicher. Während IFS die Tendenz zu
Druckanstieg von Nordwesten her zeigt und damit einer recht kühlen Phase, sollen
wir bei GEM unter einen Rücken und die Zufuhr wieder recht milder Luft geraten.
Auch GFS zeigt dies, wenngleich etwas zyklonaler geprägt.
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Bewertung der Ensemblevorhersagen


Das IFS-EPS verteilt sich im Zeitraum von Mittwoch, 00 UTC bis Freitag, 00 UTC
auf drei Cluster. Diese zeigen allesamt sehr kräftige Westlagen über
Deutschland, sind aber dem Regime "Negative NAO" zugeordnet, weil die
Frontalzone recht weit südlich verläuft. Sie unterscheiden sich in erster Linie
bei der Lage der Tröge. Bei C1 (23 Mitglieder, Hauptlauf, Kontrolllauf) hat der
erste atlantische Haupttrog am Freitag Deutschland erreicht, ist kräftig
ausgeprägt und hat sich dem osteuropäischen Trog angeschlossen. Bei C2 (17
Mitglieder) ist schon ein erster Troganteil zu uns hereingelaufen, ein weiterer
wartet am Freitag über der Biskaya auf uns. Bei C3 (11 Mitglieder) kommt der
Trog recht breit am Freitag herein. Von der Lage der Tröge und damit der
Hebungsgebiete hängt natürlich ab, wo und wann die stärksten Tiefs entstehen und
wie sie ziehen. In der erweiterten Mittelfrist gibt es nur ein Cluster. Dieses
zeigt einen Trog über Mitteleuropa und einen allmählich auf die Britischen
Inseln übergreifenden Rücken.
Bei den Rauchfahnen betrachten wir heute Erfurt stellvertretend für die Mitte
Deutschlands. IFS zeigt nach kaltem Beginn um -8 Grad in 850 hPa zwei
Temperaturmaxima am Mittwoch und Samstag, das zweite allerdings kaum vom
Ensemble unterstützt. Insgesamt ist die Streuung bei der Temperatur aber recht
gering. Es gibt es aber zwei Außenseiterläufe, die am Freitag und Samstag schon
850-hPa-Temperaturen deutlich unter -10 Grad zeigen. Erst nächstes Wochenende
wird die Streuung groß. Zum Donnerstag und Samstag gibt es
Geopotentialrückgänge, wobei ab Donnerstag des Potential mit Werten um 530 gpdam
in 500 hPa generell recht niedrig simuliert wird. Vor allem ab Mittwoch gibt es
immer wieder deutliche Niederschlagssignale.
Sehr ähnlich sehen auch die GFS-Rauchfahnen aus. Auch sie zeigen einen
Temperaturausreißer bis -15 Grad am Samstag in Erfurt.
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Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen


EFI: Der EFI zeigt am Donnerstag flächendeckend ein Sturmsignal über
Deutschland. Zudem gibt es für Teile Deutschlands auch ein Regensignal.

Sturm: Beim IFS-EPS steigen die Wahrscheinlichkeiten für Sturmböen am Mittwoch
und in der Nacht zum Donnerstag von Nordwest nach Südost an. Am Donnerstag gibt
es flächendeckend deutliche Signale (über 40 %) für Sturmböen, und in vielen
Regionen auch Signale über 20 % für schwere Sturmböen. Geringe Signale sind auch
für höhere Böen vorhanden. Nimmt man das Maximum des EPS als Abschätzung für den
Extremfall, so können am Donnerstag flächendeckend Orkanböen (Bft 12!) zumindest
noch nicht ausgeschlossen werden. Zum Freitag sinkt die Sturmneigung wieder, die
Wahrscheinlichkeit für Sturmböen ist aber immer noch flächendeckend hoch.

Regen: Das IFS-EPS deutet recht ergiebige Regenfälle von Mittwochabend bis
Freitagmittag an. Betrachtet man die Wahrscheinlichkeiten für 48 Stunden, so
ergibt sich ein schwaches Signal für Dauerregen (über 40 l/qm) in Teilen des
westlichen Berglands.
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Basis für Mittelfristvorhersage
MOS-MIX, IFS-EPS
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VBZ Offenbach / Dipl.-Met. Peter Hartmann