DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

04-03-2021 18:01
SXEU31 DWAV 041800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Donnerstag, den 04.03.2021 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
Zunächst von Westen und Südwesten auf den östlichen Mittelgebirgsraum
übergreifend einzelne kurze Gewitter, Starkregen nur wenig wahrscheinlich.
Danach markanter Temperaturrückgang. In der Nacht zum Freitag und Freitagfrüh im
Norden und in Teilen der Mitte streckenweise Glätte durch überfrorene Nässe. Vor
allem im östlichen Bergland und an den Alpen (dort den Freitag über andauernd)
Schneefall, im Erzgebirgsstau bis 10, im Allgäu auch um 15 cm Neuschnee.
In der Nacht zum Samstag flächendeckend und in der Nacht zum Sonntag abgesehen
vom Norden und Nordosten Deutschlands leichter bis mäßiger, über Schnee strenger
Frost.

Synoptische Entwicklung bis Sonntag 12 UTC
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Aktuell ... stößt in Verbindung mit einem kräftigen Trog arktische Polarluft auf
direktem Wege über Skandinavien hinweg nach Süden vor. Zwischen Schottland und
Island hat sich zuvor ein kräftiges Hoch in Position gebracht, zwischen diesem
Hoch und einem Tiefdruckkomplex über Nordwestsibirien lässt eine nördliche bis
nordöstliche bodennahe Strömung eine zweite Kaltfront auf den Norden
Deutschlands übergreifen, die einen markanten Temperaturrückgang einleitet.
Diese Kaltfront, die einen stabilen Charakter aufweist, ergibt keine
nennenswerten Niederschläge.
Vielmehr konzentriert sich das Niederschlagsgeschehen auf eine vorlaufende
Kaltfront, die leicht schleifend den Mittelgebirgsraum überquert. Diese Front
wird nunmehr durch einen von Westeuropa übergreifenden Trog, der in den o.g.
Trog integriert wird, aktiviert. An der Vorderseite des von Westeuropa
übergreifenden Troges erfolgte zuvor der Einschub feuchter und labil
geschichteter Luft (mit MU-CAPE etwas über 100 J/kg). In Verbindung mit der
durch den Trog induzierten Hebung reicht dies zur Auslösung einzelner
(vielleicht auch in konvektive Niederschlagsstrukturen eingelagerter) Gewitter,
die vom Westen und Südwesten auf den zentralen Mittelgebirgsraum und später bis
aufs Vogtland übergreifen können. Meist handelt es sich hierbei um schwächere
Entwicklungen, für welche die unterste Warnstufe hinreichend ist.
Südlich der Mittelgebirge und auch postfrontal in Schleswig-Holstein lockerte
hingegen die Bewölkung auf.

In der Nacht zum Freitag greift der Trog von Skandinavien kommend auf
Deutschland über. Die vorgelagerte "erste" Kaltfront erreicht die Alpen, was
oberhalb etwa 1500 m und später 1000 m die Niederschläge in Schnee übergehen
lässt. Dabei macht das Entrainment trockenerer Luft von Norden her der
Konvektion alsbald den Garaus. Die "zweite" Kaltfront überquert den
Mittelgebirgsraum. Während in den westlichen Mittelgebirgen die Frontpassage
antizyklonal geprägt ist und nur geringe Niederschläge ergibt, gehen in den
zentralen und östlichen Mittelgebirgen die Niederschläge oberhalb etwa 400 m in
Schnee über. Im Nordstau des Erzgebirges sind durchaus bis 10 cm Neuschnee
möglich, sonst reicht es nur für wenige Zentimeter in den Hochlagen.
Problematisch ist das rückseitige Aufklaren, das von Norden her bis auf Teile
der Mitte übergreift. Nach vorherigen Niederschlägen besteht dann erhöhte
Glättegefahr durch überfrorene Nässe. Hier wären entsprechende und auch
großflächige Warnungen erforderlich. In diesen Gebieten und erst recht weiter
nördlich erfolgt postfrontal eine rasche Abkühlung in den Bereich leichten
Frostes. Im Süden und in tieferen Lagen Westdeutschlands dürfte es hingegen noch
weitgehend frostfrei bleiben.

Freitag ... setzt sich mit dem Schwenken des wetterbestimmenden Troges nach
Südosten die nördliche Strömung bis zu den Alpen durch. Im 850 hPa-Niveau sinkt
die Temperatur in ganz Deutschland unter -5, im Nordosten bis -10 Grad ab. Als
Folge gehen die Niederschläge bis in tiefe Lagen in Schnee über. Da die
arktische Polarluft auf direktem Wege einströmt, ist deren Feuchtegehalt gering,
so dass keine nennenswerten Niederschläge mehr zusammenkommen. In den Staulagen
der Mittelgebirge reicht es nur für ein paar Schneeflocken, im Stau des
Erzgebirges für wenige Zentimeter Neuschneezuwachs. An den Alpen hingegen kommt
Stau zusehends zum Tragen, was dort, wenn auch mit geringer Intensität, die
Niederschläge noch etwas andauern lässt. Dort können 5 bis über 10, im Allgäu
auch um 15 cm Neuschnee zusammenkommen.
Im Norden (durch Skandinavienföhn) und im Westen (bedingt durch großräumiges
Absinken am Rande des nunmehr über Schottland liegenden Bodenhochs) sind längere
sonnige Abschnitte vorstellbar. Aber auch südlich der Mittelgebirge, etwa von
der Pfalz bis zum Oberpfälzer Wald hin, kommen vermehrt Auflockerungen zustande.
Die Tageshöchsttemperaturen erreichen nur noch 2 bis 7 Grad. Oberhalb 600 bis
900 m herrscht leichter Dauerfrost.

In der Nacht zum Samstag schwenkt der o.g. Trog zur Ungarischen Tiefebene. Der
Hauptvorstoß arktischer Polarluft erfolgt somit östlich an Mitteleuropa vorbei
nach Süden. Nachfolgend stellt sich eine nordwestliche Strömung ein.
Kaltluftadvektion bewirkt eine Ausweitung des Bodenhochkeils, der von dem über
Schottland liegenden Hoch ausgeht, über Deutschland hinweg bis zu den
Waldkarpaten und zum Dinarischen Gebirge. In dessen Bereich kommt die
eingeflossene arktische Polarluft zur Ruhe. Letzte Schneeflocken sind am
Alpenrand zu erwarten, bevor es auch dort wie bereits in den anderen Gebieten
zuvor aufklart. Flächendeckend ist leichter bis mäßiger, bei klarem Himmel über
Schnee sowie im höheren östlichen Bergland auch strenger Frost zu erwarten.

Samstag ... greift ein weiterer Trog, der in der nordwestlichen Strömung
eingelagert ist, vom Nordmeer auf Nordskandinavien über. Das korrespondierende
Bodentief, das aus einer Okklusionspunktzyklogenese hervorgeht, wird nach
Karelien gesteuert. Dessen Warmfront kann allenfalls den Küstenbereich mit
geringen Niederschlägen (unter 1 mm / 12 Stunden) streifen. Meist reicht es nur
für etwas Sc-St-Bewölkung. Mit der Passage der Warmfront frischt im Norden und
Nordosten der Wind auf, an der Ostseeküste können hierdurch Windböen Bft 7 und
exponiert, wenn auch mit geringer Wahrscheinlichkeit, einzelne stürmische Böen
Bft 8 auftreten. Ansonsten ist der Wind sehr wahrscheinlich nicht warnrelevant.
Im weitaus größten Teil Deutschlands hält sich der Einfluss einer Hochbrücke,
die, ausgehend von einem Bodenhoch mit Schwerpunkt über England, über
Mitteleuropa hinweg in den Karpatenraum gerichtet ist. In deren Bereich sind die
Luftdruckgegensätze gering. Großräumiges Absinken lässt keine nennenswerte
Wolkenbildung zu. Mit Tageshöchsttemperaturen zwischen 3 und 9 Grad bleibt es
relativ kalt.

In der Nacht zum Sonntag läuft der "neue" Trog über den Bottnischen Meerbusen
hinweg nach Osten ab. Das korrespondierende Bodentief intensiviert sich noch
etwas und wird von Karelien zum Ladoga-See gesteuert. Der Warmsektor dieses
Tiefs erfasst den Norden und Nordosten Deutschlands, nennenswerte Niederschläge
kommen dort nicht zustande, aber Sc-St-Bewölkung hält die Temperatur oberhalb
vom Gefrierpunkt. Der Wind kann in diesen Gebieten noch ein wenig zulegen, für
warnrelevante Böen reicht es nur an der Ostsee, aber stürmische Böen sind dann
in exponierten Küstenlagen etwas wahrscheinlicher als am Tage zuvor.
In der Mitte, im Westen und im Süden hält sich antizyklonaler Einfluss. Das
Absinken dauert an, so dass in diesen Gebieten erneut leichter bis mäßiger, über
Schnee durchaus auch strenger Frost zu erwarten ist.

Sonntag ... schwenkt, ausgehend von dem über Westrussland liegenden Trog, ein
kurzwelliger Anteil über Südschweden hinweg in Richtung Polen. Der hieraus
resultierende Geopotentialverlust bewirkt eine leichte Abschwächung der von dem
Hoch über den Britischen Inseln ausgehenden Hochbrücke, die über den Alpenraum
hinweg nach Südosteuropa gerichtet ist. Kräftige Kaltluftadvektion über
Südskandinavien lässt den zunächst ins Nordmeer gerichteten Keil, der ebenfalls
von dem über Westeuropa liegenden Hoch ausgeht, nach Norwegen schwenken.
Zwischen diesem Keil und dem nunmehr über Westrussland liegenden Bodentief lässt
eine nördliche Strömung die Kaltfront dieses Tiefs bis zur Vorpommerschen
Ostseeküste vorankommen. Aber auch diese Front ergibt nur geringe Niederschläge.
Der Wind flaut im Nordosten dann auch wieder ab, an der Ostsee können jedoch bis
in den Nachmittag hinein noch Windböen bis Bft 7 auftreten.
In den anderen Gebieten bleibt der Einfluss der o.g. Hochbrücke bestehen.
Großräumiges Absinken unterbindet weitgehend die Bildung von Bewölkung. Eine
Ausnahme stellt der äußerste Südwesten und Süden dar. Dort macht sich ein über
Westeuropa liegender Trog bemerkbar, der mit seiner Vorderseite etwas feuchtere
Luft einsteuert, was dort mehrschichtige Bewölkung aufziehen lässt.
Gegenüber Samstag zeichnet sich ein leichter Temperaturanstieg auf 4 bis 9, an
Ober-und Hochrhein bis 10 Grad ab. Leichter Dauerfrost ist dann auf die Kamm-
und Gipfellagen der östlichen Mittelgebirge beschränkt.


Modellvergleich und -einschätzung
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Die vorliegenden Modelle stützen weitgehend die oben beschriebene Entwicklung.
Anhand der synoptischen Basisfelder lassen sich keine prognoserelevanten
Unterschiede ableiten. Hier gilt es, lediglich zu erwähnen, dass die am Sonntag
bis zur Vorpommerschen Ostseeküste (nach ICON) vordringende Kaltfront von GFS
und erst recht von EZMW ausgebremst wird, d.h. Sonntagabend bei EZMW (00
UTC-Lauf) noch etwa 200 km weiter nördlich liegt als nach ICON.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Thomas Schumann