DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

26-02-2021 18:01
SXEU31 DWAV 261800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Freitag, den 26.02.2021 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
Nach deutlichem Temperaturrückgang nachts verbreitet Frost, lokal auch Glätte
durch überfrierende Nässe oder geringen Schneefall. Strichweise Nebel.

Synoptische Entwicklung bis Montag 12 UTC
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Aktuell ... ist ein Langwellentrog in 500 hPa, dessen Achse sich von
Nordwestrussland über die zentrale Ostsee und den Süden Deutschlands hinweg bis
nach Frankreich erstreckt, drauf und dran uns nach Südosten zu verlassen. Schon
zum Datumswechsel erreicht die Achse die Donau, zum Morgen hin wird sie nach
Österreich abgezogen sein. Dem Langwellentrog folgt ein mächtiger Höhenrücken,
der weite Teile des Nordostatlantiks bis zum Nordmeer überdeckt. Zwar läuft über
dem Rücken ein kurzwelliger Trog ab, dieser macht sich aber nur zwischen England
und Grönland bemerkbar. Vielleicht schafft es die mit dem Trog in Verbindung
stehende Okklusion, ein paar Wolken über die Nordsee zu schieben. Über dem
westlichen Ärmelkanal ist es jedoch sogar so, dass sich im Laufe der Nacht ein
kleines abgeschlossenes Höhenhoch ausbildet. Im Bodendruckfeld zeigt der
steigende Druck, dass Deutschland mehr und mehr unter das Absinken auf der
Vorderseite des Keils gelangt. Damit wird der anfangs über dem Nordosten noch
etwas gestauchte Druckgradient auseinandergezogen, so dass der Wind dort
nachlässt. Sind in die Nacht hinein dort einzelne letzte Böen Bft 7 nicht
ausgeschlossen, ist während und ausgangs der Nacht deutschlandweit nicht mehr
mit warnwürdigem Wind zu rechen. Ausnahme: die Hochlagen des Schwarzwaldes. Denn
im äußersten Südwesten kommt die Bise etwas in Gang, was dem Hochschwarzwald
Böen Bft 7 beschert. Mit dem abziehenden Langwellentrog korrespondiert ein Tief,
welches im Laufe der Nacht aus der Region nördlich von Moskau in den Großraum
Kazan zieht. Dessen langgestreckte Kaltfront mit Anacharakter liegt aktuell
knapp südlich des Mains und sorgt anatypisch auf der Frontrückseite und damit
von der Lausitz bis in die Pfalz zur Stunde für leichten Regen. Da die Front
auch im thermischen Feld gut ausgebildet ist und somit auch die Schneefallgrenze
deutlich sinkt, kann der Regen zumindest kurzzeitig (also bevor die
Niederschläge nach Südosten abziehen) in Lagen oberhalb von 600 bis 800 m in
Schnee übergehen. Mit anderen Worten: Hinter der bis zum Morgen die Alpen
erreichenden Luftmassengrenze kann sich, insbesondere im Erzgebirge und in
Ostbayern, später dann aber auch an den Alpen, eine sehr dünne Schneedecke
ausbilden. Im Schwarzwald ist diese Gefahr nicht so gegeben. Hier soll es kaum
zu Niederschlägen kommen, da der Langwellentrog dort Abtropftendenzen zeigt und
mithin die Hebungsantriebe nachlassen. Winterlich zeigen sich - neben den
geringen Schneefällen - die Temperaturen. In 850hPa sinken über dem Süden die
Werte von +3°C am Abend auf -3°C am Morgen und damit in Bereiche, die über dem
Norden und der Mitte schon am Abend das Maß der Dinge waren. Damit wird es im
Südosten und in der Mitte leicht frostig mit Minima bis -3°C. Die Nordhälfte,
aber auch die "Rheinschiene" sowie der Südwesten bleiben bei 0 bis 4 °C zumeist
frostfrei. Lokale Nebelfelder bilden sich dagegen bevorzug im Nordwesten und mit
Abstrichen allgemein im Norden, wo mit der nordwestlichen Strömung auf der
Nordostseite des Hochs feuchte Nordseeluft advehiert wird. Ferner ist der Süden
nebelempfindlich, da dort die frontalen Niederschläge die Grundschicht
anfeuchten.

Samstag ... schwenkt der Höhenrücken weiter zu uns herein und das Geopotential
steigt. Das Höhenhoch über dem Ärmelkanal kräftigt sich, der in Abschwächung
begriffene Kurzwellentrog auf der Nordflanke des Rückens schafft es noch bis
nach Skandinavien herein - Einfluss auf unser Wetter hat er weiterhin nicht. Der
Höhenkeil hält den Abtropfprozess des Langwellentrogs aufrecht bzw. forciert
ihn. In der Folge kräftigt sich ein kleines Höhentief über den Seealpen, was auf
dessen Vorderseite zu fallendem Druck im Bereich des Golfs von Genua sorgt. Dort
kräftigt sich ein Tief, das den Druckgradienten zwischen Südwestdeutschland und
dem westlichen Mittelmeer und somit auch die Bies aufrechterhält. Das schließt
vom Schwarzwald bis zum Hochrhein auch in tieferen Lagen die geringe
Wahrscheinlichkeit für steife Böen Bft 7 aus Nordost mit ein, in den Hochlagen
(Schwarzwald, Schwäbische Alb) werden es steife bis stürmische Böen Bft 7-8
werden, auf exponierten Schwarzwaldgipfeln könnte es eventuell auch kurzzeitig
mal für die volle Sturmstärke Bft 9 reichen. Im übrigen Land, das sei hier schon
erwähnt, weht der Wind meist mäßig, im Norden um Nordwest, im Süden, wie schon
erwähnt, eher aus Nordost. Mit dem steigenden Geopotential schafft es auch der
Luftdruck auf ein neues Level. Bis zum Abend liegt der Druck über Deutschland
durchweg über 1035hPa, im Nordwesten kratzt er an der 1040er-Marke. Dabei bleibt
der zonal ausgerichtete Schwerpunkt des Hochs weiterhin westlich von uns
(Keltische See - Südengland - östlicher Ärmelkanal). Nördlich der Divergenzachse
des Hochs, also grob gesagt in der Nordhälfte, aber auch in Mitteldeutschland,
dauert zunächst die Zufuhr feuchter und wolkenreicher Nordseeluft an. Im
Tagesverlauf zeichnet sich von Nordwesten her aber eine Abtrocknung ab, womit
die Chancen für sonnige Abschnitte steigen. Und es wird auch wieder etwas
wärmer. Die um das Hoch herumgeführte Luftmasse schiebt das
850er-Temperaturniveau über dem Nordwesten wieder in den leicht positiven
Bereich. Südlich von Main und Mosel bleibt das 850er-Temperaturniveau zwar
leicht frostig, dafür scheint die Sonne fast ganztägig. Allenfalls an den Alpen
sowie im südlichen Vorland kann sich zunächst frontale Restbewölkung halten -
vielleicht sogar mit etwas Regen oder Schnee am Morgen. Im Tagesverlauf steigen
aber auch dort die Chancen auf Auflockerungen oder sogar längere sonnige
Abschnitte. Die Temperaturen steigen mit Sonnenunterstützung in geschützten
Lagen an Hoch- und Oberrhein auf bis zu 12°C, sonst sind es meist 6 bis 10°C.

Die Nacht zum Sonntag geht unter antizyklonaler Dominanz über die Bühne. Aber:
Der bisher für uns irrelevante Kurzwellentrog und seine Okklusion schaffen es in
stark abgeschwächter Form von Skandinavien her in den Norden und haben auch ein
paar hohe und mittelhohe Wolken im Gepäck. In der Folge bleibt es im Nordosten
mit Minima von bis zu 3 Grad am mildesten. Frostfrei sollte die Nacht auch im
Nordseeumfeld und weiten Teilen des Westens über die Bühne gehen. Um null liegen
die Tiefstwerte in weiten Teilen der Norddeutschen Tiefebene und der
Mittelgebirge, im Süden wird es frostig, meist liegen die Frühwerte dort um -3
Grad - das alles bei vielfach gering bewölktem oder klarem Himmel. Die
nordwestliche Strömung schafft es aber nicht nur die Wolken der Okklusion nach
Deutschland herein, sondern auch die kältere Luft heraus zu schieben. So liegen
die 850er-Temperaturen zum Morgen wieder durchweg (eventuelle Ausnahmen im
Sachsen und Bayern) im positiven Bereich. Für nebelanfällig halten die Modelle
insbesondere die Regionen um die Divergenzachse des Hochs, also einen Bereich
von der Nordsee bis nach Sachsen und Ostbayern. Die Bise im Südwesten schwächt
sich im Laufe der Nacht wieder ab, da der Druck über dem westlichen Mittelmeer
steigt. Sie kann allerdings noch für gute Durchmischung und in der Folge für
eine geringere Nebelneigung sorgen.

Sonntag ... und in der Nacht zum Montag liegen wir alles in allem unter einem
kräftigen Höhenrücken der weite Teile West- und Mitteleuropas überdeckt und in
der zweiten Tageshälfte und in der Nacht zum Montag mit einem Rücken über dem
zentralen Mittelmer eine Verbindung eingeht. Ein aus Resten des Kurzwellentroges
über der Nordsee hervorgegangenes Höhentief kreiselt laut ICON vor der
Nordseeküste Schottlands und Englands, laut IFS dagegen über der Deutschen Bucht
- wobei letztere Variante sogar etwas Regen im äußersten Nordwesten möglich
erscheinen lässt. Während über dem Alpenboden das Geopotential steigt, wird das
Höhentief über Südfrankreich wird von einem umfangreichen Trog über der
Iberischen Halbinsel eingefangen und zieht in die Biskaya. Somit verliert es an
Einfluss auf unser Wetter (der vorher schon nicht wirklich nennenswert war). Im
Bodendruckfeld kommt die Divergenzachse des sich nunmehr von Nordengland bis zum
Balkan erstreckenden Hochs etwas nach Nordosten voran. Sie verläuft am
Sonntagfrüh von den Niederlanden bis etwa zum Vogtland, ausgangs der Nacht zum
Montag dann von der Nordsee bis zur Lausitz. Nordöstlich davon bekommt der
Nordseestratus im Tagesverlauf wohl mehr und mehr Lücken. Ansonsten scheint
sowieso meist die Sonne, im Südwesten und Süden oft von einem wolkenlosen
Himmel. Die 850er Temperaturen steigen, nunmehr eher durch Absinken denn durch
Advektion, langsam an, nach Lesart von ICON auf Werte zwischen 2 und 6 Grad bis
Montagmorgen. Die Maxima liegen meist zwischen 7 und 12 Grad mit den niedrigeren
Werten in den Mittelgebirgen und unter länger vorhandenem Stratus, die höchsten
Werte werden bei anhaltendem Sonnenschein im Westen und Südwesten erreicht
werden - dort ist vielleicht sogar noch etwas mehr drin. Der Wind spielt keine
große Rolle. Im Bereich der Divergenzachse ist er schwach, mäßig präsentiert er
sich dagegen im Nordosten und Südwesten, wobei über dem Nordosten ein paar
kräftigere Nordwestböen, über dem Südwesten ein paar kräftigere Ostböen denkbar
sind - alles aber im "frischen" Bereich und somit weitab der Warnschwellen. Da
sich in der Nacht zum Montag im Norden Stratus- bzw. Stratocumulusfelder halten
oder verdichten, bleibt es dort überwiegend frostfrei. Sonst tritt gebietsweise,
im Süden und in höheren Mittelgebirgslagen verbreitet leichter Frost auf.
Insbesondere über dem Norden und der Mitte bilden sich lokal Nebelfelder.

Montag ... dominiert weiter der breite Höhenrücken das Wettergeschehen. Dabei
ist eine Höhenantizyklone über dem Alpenraum zu finden. Die Lage hat aber nach
IFS den Schönheitsfehler, dass der o.e. Kaltlufttropfen im Bereich der
Niederlande liegen soll. Bodennah befinden wir uns weiter im Bereich der
Hochdruckzone, ihre Schwerpunkte werden nunmehr aber über Schottland und über
Polen verortet. Nördlich der Divergenzachse fließt feuchte Nordseeluft in den
Norden und könnte vielfach für Stratus sorgen. Dieser kann im Umfeld des
Kaltlufttropfens auch gehoben werden, so dass vor allem im Nordwesten etwas
Regen nicht ausgeschlossen erscheint. Im Süden ist es durchwegs sonnig. Dort
liegen in 850 hPa die Temperaturen bei 4 bis 7 Grad, so dass meist Höchstwerte
zwischen 10 und 15 Grad erwartet werden dürfen. Unter dem Stratus ist es
deutlich kühler.


Modellvergleich und -einschätzung
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Die Modelle simulieren weitgehend ähnlich. Unterschiede ergeben sich bei der
Simulation des kleinen Höhentiefs. Dieses erscheint am Sonntag bei den Europäern
weiter südwestlich als bei ICON (Nordsee). Dabei ist inzwischen GFS aber auf die
ICON-Schiene übergeschwenkt. Die Auswirkungen dieser Unterschiede auf unser
Wetter halten sich aber in Grenzen und beschränken sich wahrscheinlich auf
Unsicherheiten bei der Bewölkungs- und Temperaturprognose im Nordwesten. Wenn es
sehr arg kommt, kann der Kaltlufttropfen auch für geringfügigen Regen sorgen.
Einfluss auf das Warnmanagement hat dies alles nicht.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Martin Jonas