DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

25-02-2021 09:01
SXEU31 DWAV 250800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Donnerstag, den 25.02.2021 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
GWL: BM (Brücke Mitteleuropa), ab Freitag kurzzeitig mal HB (Hoch Britische
Inseln)

Ab heute Abend bis Samstag früh Passage einer Kaltfront von Nordwest nach
Südost. Dabei zeitweise Regen, vor allem aber Temperatursturz von Februarhitze
auf Februarmilde.

Synoptische Entwicklung bis Samstag 24 UTC
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Donnerstag... startet einmal mehr mit einer sehr heterogenen
Temperaturverteilung. Dabei wird deutlich, dass die alternde Subtropikluft trotz
günstiger nächtlicher (Ab)Strahlungsbedingungen nicht in der Lage ist, eine
"vernünftige" bodennahe Kaltluftschicht zu generieren. Wenn, reicht es nur für
eine sehr flache Kaltlufthaut mit einer markanten Bodeninversion. Insbesondere
in den Senken und Mulden Süddeutschland konnte sich die Luft dabei zumindest
gebietsweise bis in den leichten Frostbereich abkühlen. Schon ein bisschen
höher, am besten Hanglage, und es war vorbei mit der Abkühlung. Stattdessen
Nacht- und Frühtemperaturen, wie man sie im manchen Sommernächten nicht erlebt.
Ganz besonders warm heute Morgen der östliche und nördliche Harzrand, wo um 05
UTC in Wernigerode 13,8°C und in Bad Harzburg unweit der Bündheimer
Galopprennbahn gar 14,7°C gemessen wurden. Herzlich Willkommen im deutschen
Spätwinter!

Zur aktuellen Lage, die nach wie vor von einem breiten und weite Teile
Mitteleuropas überspannenden Höhenrücken sowie einem positiv geneigten Trog über
dem nahen Ostatlantik geprägt ist. Nördlich der beiden Systeme schlägt die
Frontalzone starke Wellen, was uns hier in Deutschland in den vergangenen Tagen
nicht wirklich tangiert hat. Nun aber kann man ihr ein gewisses Interesse für
den Vorhersageraum nicht mehr absprechen, der Flirt beginnt. Auslöser dafür ist
ein im Tagesverlauf bevorstehender Abtropfprozess west-südwestlich von Portugal,
der dem nördlichen Residuum die Möglichkeit bietet, bis zur kommenden Nacht via
UK/Irland bis zur Nordsee vorzustoßen. Dadurch kann sich die Frontalzone von
Nordwesten her annähern und den potenten Rücken an seiner "linken" Schulter
etwas abhobeln respektive geringfügig nach Südosten wegdrücken.

Mit anderen Worten, das Geschehen wird - vorübergehend, so viel sei an dieser
Stelle schon verraten - peu a peu etwas zyklonaler, was freilich auch noch
andere Gründe hat als die bereits genannten. Dabei ist unbedingt das Doppeltief
DIETER über dem Nordmeer zu nennen, auf deren Südflanke heute eine flache
Bodenwelle über die nördliche Nordsee und Südskandinavien ostwärts schwenkt.
Darin eingelagert ist eine Kaltfront (in der Nacht konnten noch zwei Exemplare
analysiert werden, die aber heute zu einer verschmelzen), die sich heute auf
zunächst noch antizyklonaler Spur Nordwestdeutschland nähert, um dann ab den
Abendstunden den Übergriff zu wagen.

Bis es soweit ist, werden der äußerste Westen und Nordwesten zunächst nur von
hohen Wolken traktiert, bevor in der zweiten Tageshälfte auch mittelhohe und
später tiefe Wolken den Weg in den Nordwesten finden. Für nennenswerten
Niederschlag reicht die Hebung aber noch nicht, weil zum einen schwache KLA
wirksam ist, zum anderen das Trogresiduum noch zu weit weg ist, um nennenswerten
Support zu leisten. Am ehesten sind ab dem späten Nachmittag in NRW hier und da
ein paar Tropfen möglich.

Ansonsten ist die Geschichte dieses 25. Februars 2021 rasch erzählt. Anfängliche
Nebelfelder im Südosten und in der Mitte werden aufgrund ihrer limitierten
vertikalen Mächtigkeit alsbald getilgt. Dann scheint verbreitet die Sonne von
einem vielfach wolkenlosen Himmel. Zwar bleibt uns noch etwas Saharastaub
erhalten, da es zu keiner Nassdeposition kommt, die Zufuhr frischen
Mineralstaubs aus der Wüste wird aber durch die o.e. bevorstehende Abtropfung
zusehends unterbunden. Nicht unterbunden wird die inzwischen schon gewohnte
Tageserwärmung auf Maxima zwischen 16 und 21°C. Lediglich zwischen Ostfriesland
und Kieler Bucht reicht es aufgrund verminderter Einstrahlung sowie des teils
mäßigen West- Südwestwind "nur" für 8 bis 15°C, was für Ende Februar alles
andere als kalt ist. Zu warnen gibt´s fast nix, einzig der Brocken muckt mit
einigen Böen der Stärke 8-9 Bft aus Südwesten zeitweise auf.

In der Nacht zum Freitag schwenkt der nördliche, flache Teil des Trogresiduums
rasch über Südskandinavien ostwärts hinweg. Wir hingegen konzentrieren uns auf
den südlichen Part, der nicht nur schärfer konturiert ist, sondern auch
weiterhin eine positive Achsstellung innehat. Er rückt mit seiner Achse immer
dichter an den Vorhersageraum heran und beginnt zusehends mit der langsam
landeinwärts eindringenden Kaltfront zu interagieren, die in eine flache
Tiefdruckrinne eingebettet ist. Zwar wird die von Westen übergreifende PVA durch
schwache KLA teilkompensiert, die Antriebe reichen aber im Verbund mit frontaler
Querzirkulation, leichte, nach Westen hin gebietsweise sogar mäßige Regenfälle
zu generieren. Diese breiten sich von NRW und dem südwestlichen NDS
ost-nordostwärts bis nach Berlin und BB aus, ohne dabei nennenswert nach Süden
voranzukommen. Akkumuliert über 12 h kommen bis zu 5 l/qm, in Teilen von NRW und
NDS sogar bis zu 10 l/qm zusammen.

Weiter nördlich - etwa vom nördlichen NDS über HH und SH bis hinüber nach MV -
bleibt es in der frisch einfließenden subpolaren Meereskaltluft (Rückgang T850
auf -1 bis -3°C) nicht nur weitgehend trocken, auch die Wolkendecke lockert
wieder auf. Da zudem der Wind im Zuge eines von den Niederlanden ostwärts
vorstoßenden Hochkeils schwächer wird, kann es im Binnenland zumindest punktuell
für leichten Frost in Bodennähe reichen.
Im präfrontalen, meist gering bewölkten oder klaren Süden und Südosten kühlt die
Luft in einigen Senken und Mulden auf 0°C oder etwas darunter ab. Darüber hinaus
bildet sich insbesondere in Gewässernähe Nebel.

Freitag... greift der Trog endgültig auf Deutschland über, wodurch die Kaltfront
langsam nach Südosten gedrückt wird. Die Zusammenarbeit zwischen
Trog(vorderseite) mit PVA und Front funktioniert weiterhin gut, so dass es auch
tagsüber zu weiteren Regenfällen kommt. Betroffen sind vor allem die mittleren
Landesteile (NRW/RP bis hinüber nach BB/Sachsen) sowie im Tagesverlauf auch der
Südwesten. Die apostrophierten Regenmengen liegen meist unter 5 l/qm innert 12
h, z.T. wird es nicht mal für ´nen schlappen Millimeter reichen. Lediglich in
den zentralen Mittelgebirgen werden am Abend lokal etwas mehr als 5 l/qm aus den
Töpfen geholt (sinnbildlich zu verstehen).

Während der morgige Freitag im (erweiterten) frontalen Bereich eher regnerisch
und weitgehend bedeckt über die Bühne geht, zeichnen sich die "Ränder" durch
vergleichsweise freundliches Wetter aus. Präfrontal trifft das auf den Süden und
Südosten zu (etwa vom südöstlichen BW bis hinüber nach Süd- und Ostbayern), wo
es bei Sonnenschein (der meiste davon an den Alpen sowie im Alpenvorland) wieder
warm wird mit bis zu 18°C (wie die Veranstalter der Nordischen Ski-WM in
Oberstdorf darüber denken, sei mal dahingestellt).

Sonne auch im postfrontalen Nordwesten, vor allem über und an der Nordsee,
während sich im Binnenland unterhalb einer bei rund 950 hPa positionierten
Inversion zumindest teilweise tiefe Bewölkung ausbreiten kann (derzeit noch
heterogen von den Modellen simuliert). Kräftiger Druckanstieg kündigt das
nächste Hochdruckgebiet an (auf ILONKA folgt JAQUELINE), das sein Zentrum mit
etwas unter 1040 hPa morgen Mittag im Bereich Südengland/Ärmelkanal hat. Dass
das Temperaturniveau in der frisch eingeflossenen Meereskaltluft nicht mit dem
im Süden mithalten kann, ist evident. Bei 850-hPa-Temperaturen zwischen -1 und
-5°C reicht es je nach Exposition und Sonnenanteil nur noch für 7 bis 11°C, was
immer noch mild ist. Etwas frischer wird es nur in im regnerischen zentralen
Mittelgebirgsraum, wo man gegenüber heute durchaus von einem Temperatursturz
(allerdings aus sehr sehr hoher Fallhöhe) sprechen kann.

Auf der Nordostflanke des sich bis zum östlichen Mitteleuropa vorarbeitenden
Hochkeils frischt der West-Nordwestwind im Nordosten zeitweise auf, für
warnwürdige Böen (ab 7 Bft) dürfte es aber allenfalls vereinzelt an der
Ostseeküste reichen.

In der Nacht zum Samstag erfährt der weiter nach Südosten schwenkende und immer
noch stark positiv geneigte Trog im Bereich der Westalpen eine zweite Abtropfung
- passiert auch nicht alle Tage. Derweil steigt das Potenzial bei uns von Westen
her merklich an und der nächste Rücken kündigt sich an, der uns die nächsten
Tage in aller Treue begleiten wird. Druckanstieg auch am Boden, wo das
Hochzentrum bis nach Belgien vorrückt (rund 1040 hPa) und sich bei uns der nach
Osten gerichtete Keil verstärkt. Dadurch wird die Kaltfront bis zu den Alpen
gedrückt und ganz Deutschland mit subpolarer Meeresluft geflutet. Während T850
in der Südhälfte auf bis zu -6°C zurückgeht, zeigt sich im Norden von der
Nordsee her bereits wieder eine Milderung (T850 um oder nur wenig unter dem
Gefrierpunkt).

Wettertechnisch kommt es vor allem südlich der Donau, im Südschwarzwald sowie in
Ostbayern zu Niederschlägen, die sich aber mehr und mehr an die Alpen
zurückziehen. In höheren Lagen geht der Regen zunehmend in Schnee über,
allerdings sind sowohl das Timing (Niederschlags vs. KLA) als auch die
Intensität des Niederschlags noch mit Fragezeichen versehen. Am auffälligsten
präsentiert sich dabei die GFS-Variante, in der quasi überhaupt kein Tropfen
bzw. keine Flocke von der Mitte her im Süden ankommen soll. Ein
Alleinstellungsmerkmal mit Außenseiterchancen.

Unmittelbar hinter der Front lockert die Wolkendecke wahrscheinlich auf, so dass
die Temperatur in der Mitte bei windschwachen Verhältnissen und in frischer
Kaltluft auf Werte um oder etwas unter 0°C sinkt. Dort, wo noch Restnässe von
den vorherigen Regenfällen vorhanden ist, besteht die Gefahr, dass diese
gefriert. Nördlich der Mittelgebirgsschwelle ist die Frostgefahr vergleichsweise
gering, weil dort mit schwachem bis mäßigem West-Nordwestwind feuchte
Nordseeluft advehiert wird, die reichlich tiefe SC/ST-Bewölkung garantiert.
Vereinzelt können daraus sogar ein paar Tropfen Nieselregen fallen.

Samstag... schwenkt der Höhenrücken immer weiter zu uns rein, wobei sich
gleichzeitig im Bereich des Ärmelkanals ein abgeschlossenes Zentrum
(Höhenantizyklone) zumindest in 500 hPa etabliert. Interessant und in den
Potenzialkarten fast schon als pittoresk zu bezeichnen sind zwei kleine
Höhentiefs, von denen das nördliche einen ganzen, das südliche einen halben
Kaltlufttropfen darstellt. Der eine zieht vom Norden UKs zur Nordsee, der andere
(das Cut-Off-Produkt des o.e. Abtropfprozesses über den Westalpen) zum
westlichen Mittelmeer (wo er - Ironie des Schicksals - am Sonntag in die
Zirkulation des zuerst abgetropften, mittlerweile vor der marokkanischen
Atlantikküste liegenden Höhentiefs eingefangen wird).

Nicht nur der Potenzial-, auch der Druckanstieg macht weitere Fortschritte. Zwar
bleibt das Zentrum des Hochs westlich von uns (wahrscheinlich Südengland),
gleichwohl verstärkt sich der weit nach Osten bzw. Südosten ausladende Keil noch
etwas, so dass zumindest Teile der Westhälfte von der 1040-hPa-Isobare
angekratzt werden. Nördlich der Divergenzachse, also quasi in der Nordhälfte
dauert die zunächst die Zufuhr feuchter und wolkenreicher Nordseeluft an, bevor
sich im Tagesverlauf von Westen bzw. Nordwesten her eine Abtrocknung abzeichnet
und damit die Chancen für sonnige Abschnitte steigen.

Gute Karten in puncto Sonne von Anfang an haben weite Teile Süddeutschlands,
einzig an den Alpen sowie im südlichen Vorland gilt es erst noch die frontale
Restbewölkung und vielleicht sogar etwas Regen oder Schnee am Morgen zu
überstehen, bevor zum Nachmittag hin auch dort Aufhellungen oder gar
Auflockerungen auf den Plan treten. Der Wind spielt weiterhin keine prominente
Rolle, lediglich im Südwesten kommt die Bise etwas in Schwung, was vornehmlich
dem Hochschwarzwald, bedingt aber auch den Höhen der Schwäbischen Alb Böen 7-8
Bft, exponiert 9 Bft aus Nordosten beschert. Mit Höchstwerten zwischen 6 und
13°C wird das Temperaturniveau zwar gestutzt, gemessen am vieljährigen Mittel
für Ende Februar liegen wir aber immer noch im milden bis sehr milden Bereich.


Die Nacht zum Sonntag bringt im Süden verbreitet, in der Mitte partiell leichten
Frost. Gebietsweise bildet sich Nebel. Ob im Norden und Osten neue tiefe Wolken
auftauchen, wie z.B. von ICON und IFS simuliert, ist noch nicht ganz sicher. Je
weniger davon am Start sind, desto höher die Wahrscheinlichkeit, dass auch hier
leichter Frost auftritt.

Modellvergleich und -einschätzung
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Im Grunde simulieren die verschiedenen Modelle ähnlich. Kleinere Unterschiede
wurden im Text angerissen.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Hoffmann