DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

24-02-2021 08:01
SXEU31 DWAV 240800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Mittwoch, den 24.02.2021 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
GWL: SWa, ab Freitag HB
Zunächst Hochdruckeinfluss; oft sonnig und außergewöhnlich mild bis warm. In der
Nacht zum und am Freitag Trog- bzw. Kaltfrontdurchgang und nachfolgende
Abkühlung.


Synoptische Entwicklung bis Freitag 24 UTC
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Mittwoch... dürfte bzgl. Februar-Temperaturrekorde ein weiterer historischer Tag
ins Haus stehen. Aktuell melden nicht nur höhenexponierte Stationen bzw.
Hangstationen bereits aus der Nacht hinaus zweistellige Temperaturen, sondern
auch viele Stationen im nordwestdeutschen Tiefland. Dabei deuten sich bereits
einige Rekorde, die nächtlichen Minima betreffend, an (z.B.
Barsinghausen-Hohenbostel mit 13,3 Grad als Tmin, bisher 11,4 Grad).
Verantwortlich dafür ist eine schon nun seit Tagen anhaltende, antizyklonal
konturierte Südwestlage. Am Nordwestrand einer umfangreichen und kräftigen
Höhenantizyklone mit Schwerpunkt über dem Norden Italiens gelangen von Südwesten
her außergewöhnlich milde bis warme Luftmassen aus dem Norden Afrikas bzw. aus
dem südwesteuropäischen Raum auf direktem Wege nach Mitteleuropa. Dabei ist
mitteltroposphärisch aktuell noch leichte WLA anhand teils recht dichter hoher
Wolkenfelder über Nord- und Nordwestdeutschland auszumachen, die die nächtliche
Strahlungsabkühlung abgeschwächt hat und zusammen mit einem vorhandenen
Gradienten im Bodenfeld mitverantwortlich ist für die hohen Minima. Auch
niedertroposphärisch steht heute ein weiterer Warmluftvorstoß vor allem in den
Süden und in die Mitte des Landes an. Dabei steigt die Temperatur in 850 hPa bis
zum Abend auf Werte zwischen 5 Grad im Norden und 11 Grad in Alpennähe. Um die
zu erwartenden rekordverdächtigen Höchstwerte in einigen Regionen der Mitte und
des Süden Deutschlands zu erklären, bedarf es aber noch einiger Erläuterungen:
Das umfangreiche Höhenhoch wirkt blockierend, somit nähert sich ein aktuell noch
mit einer recht passablen Wellenlänge ausgestatteter Höhentrog über dem
Ostatlantik nur zögernd den Britischen Inseln an. Das hat eine leichte
Verschärfung der südwestlichen Höhenströmung vor allem über dem Westen und
Norden des Landes zur Folge. Im Bodenfeld erstreckt sich der Frontenzug eines
mit dem Trog korrespondierenden, allmählich vom Seegebiet südlich Islands
ostwärts ziehenden Tiefdruckgebietes von der Norwegischen See über die
nordwestliche Nordsee und die Britischen Inseln südwestwärts bis ins Seegebiet
westlich der Iberischen Halbinsel und kommt aufgrund höhenströmungsparalleler
Exposition nur langsam nach Osten voran. Mit dessen Annäherung setzt vor allem
im Westen und Norden des Vorhersagegebietes schwacher Druckfall ein, während
sich der von Südosteuropa bis nach Süddeutschland bzw. in den Alpenraum
reichende Hochkeil kaum abschwächt. Somit verschärft sich der Druckgradient vor
allem im Norden und in der Mitte des Vorhersagegebietes ein wenig und sorgt
insgesamt vor allem an den Nordrändern der Mittelgebirge für eine gute
Durchmischung der Luftmasse. Insgesamt frischt der Wind somit aus südlichen
Richtungen im Tagesverlauf etwas auf. Warnrelevant ist er wohl lediglich auf dem
Brocken (stürmische Böen bzw. Sturmböen, Bft 8 bis 9), an exponierten
Nordseeküstenabschnitten kann es eventuell steife Böen (Bft 7) aus Süd bis
Südwest geben. Spürbar ist er aber vielerorts und somit steigen auch in den
aktuellen "Kältelöchern" die Temperaturen rasch an. Ausgenommen davon bleibt
wohl der äußerste Norden, wo sich einerseits die WLA-Bewölkung weiterhin
bemerkbar macht und die Einstrahlung hemmt, andererseits vor allem im
Nordseeumfeld im Bereich eines Feuchtemaximums in etwa 850 hPa dazu noch
stärkere SC-Bewölkung simuliert wird. Ansonsten scheint aber - nach im Südosten
teils etwas zögerlicher Nebelauflösung - die Sonne von einem meist wolkenlosen
Himmel, etwas hemmend wirkt höchstens der nach wie vor vorhandene Saharastaub.
Somit steigen die Temperaturen Richtung Küsten sowie in den Regionen im
Südosten, wo sich der Nebel länger hält, auf 10 bis 15 Grad. Im übrigen Land
wird es aber mit 17 bis nahe 22 Grad wieder ungewöhnlich mild bis warm, wobei
erneut einzelne Rekorde purzeln dürften, aber wohl nicht der absolute
Deutschlandrekord.

In der Nacht zum Donnerstag greift der Trog mit seiner Achse allmählich auf
Irland über, weitet sich aber auch gleichzeitig aufgrund der Blockadewirkung des
Höhenhochs weiter nach Süden, Richtung Kanaren, aus. Somit ändert sich an der
Gesamtkonstellation nur wenig, der langgestreckte Frontenzug im Bodenfeld kommt
weiterhin kaum nach Südosten voran und verwellt über der mittleren/nördlichen
Nordsee. Somit steht eine wettertechnisch ruhige Nacht ins Haus, insgesamt
fächert der Gradient sogar ein wenig auf, so dass die Nacht wohl auch im
Nordwesten nicht mehr ganz so mild ausfällt. Für warnrelevante Böen (Bft 8 bis
9) reicht es nur noch auf dem Brocken. Der Nordsee-SC zieht allmählich
nordostwärts ab, allerdings hält sich im Nordwesten und äußersten Norden nach
wie vor hohe, teils auch mittelhohe Bewölkung. Ansonsten bleibt es meist
wolkenlos, wobei sich bevorzugt im Südosten, teilweise aber auch in den
mittleren Landesteilen erneut Nebelfelder ausbilden. Erneut kann es im Südosten
sowie in höher gelegenen Mittelgebirgstälern leichten Frost, etwas verbreiteter
Bodenfrost geben.

Donnerstag... tropft der Langwellentrog westlich der Iberischen Halbinsel ab,
das nördliche Trogresiduum greift im Tagesverlauf unter Verkürzung der
Wellenlänge auf Schottland und England über. Die nach wie vor umfangreiche
Höhenantizyklone wird dabei etwas nach Osten, zum Balkan, abgedrängt. Somit
verschärft sich die südwestliche Höhenströmung über dem Vorhersagegebiet, bleibt
aber antizyklonal konturiert, ein nennenswerter dynamischer Hebungsantrieb
aufgrund von PVA ist erst über der Nordsee auszumachen und der wird auch noch
durch KLA teilkompensiert.
Im Bodenfeld kommt der Frontenzug somit im Tagesverlauf ein wenig nach Südosten
voran. Die Frontalwelle über der mittleren Nordsee marschiert ohne nennenswertes
Entwicklungspotenzial bis zum Abend rasch Richtung Finnischer Meerbusen. Zum
Abend hin greift die Kaltfront dann auf die deutsche Nordseeküste über. Sie
macht sich mangels Hebungsantrieb zunächst nur anhand dichterer Wolkenfelder
bemerkbar, die im Tagesverlauf auf den Nordwesten und eventuell auch Westen
übergreifen. Es bleibt aber bis zum Abend wohl noch weitgehend trocken.
Der nach Süddeutschland gerichtete Bodenhochkeil zieht sich ein wenig nach
Südosten zurück, dennoch bleibt mit Frontannäherung noch ein gewisser Gradient
vorhanden, zumindest auf dem Brocken gibt es nach wie vor stürmische Böen aus
Südwest. Auch unmittelbar präfrontal lebt der Wind ganz im Norden etwas auf, für
warnrelevante Böen reicht es aber wohl auch im Nordseeumfeld kaum.
Die hohen Wolkenfelder kommen vielleicht noch etwas nach Südosten, in die
mittleren Landesteile, voran, ansonsten scheint aber erneut verbreitet die
Sonne, im Südosten kann es vielleicht etwas dauern, bis sich der Nebel aufgelöst
hat. An der Luftmasse präfrontal ändert sich nur wenig, nach wie vor erreicht
die 850 hPa-Temperatur im Süden und in der Mitte Werte zwischen 8 und 11 Grad,
während in den Norden und Nordwesten am Mittag und Nachmittag bereits kühlere
Luft einsickert, zunächst bodennah, später auch in 850 hPa (abends 1 bis 4
Grad). Somit können in der Mitte und im Süden trotz nach wie vor vorhandenen
Saharastaubes erneut Höchstwerte zwischen 17 und 21 Grad erreicht werden (mit
Ausnahme der Regionen im Südosten, wo sich der Nebel länger hält). Im Norden und
im äußersten Nordwesten bleibt es dagegen mit 12 bis 16 Grad etwas kühler, im
Nordseeumfeld werden die 10 Grad kaum mehr überschritten.

In der Nacht zum Freitag deutet sich westlich der Biskaya ein weiterer
Cut-Off-Prozess an, so dass das Trogresiduum weiterhin nur langsam nach Südosten
vorankommt und Freitagfrüh mit seiner Achse erst die Deutsche Bucht bzw. den
Ärmelkanal erreicht. Die knapp vorlaufende Kaltfront wird durch erneute
Wellenbildung über den Niederlanden eingebremst und greift nur zögerlich auf
Norddeutschland über. Immerhin kann unmittelbar vor der vorübergehend recht
scharf konturierten Trogspitze aufgrund von PVA verstärkt dynamischer
Hebungsantrieb generiert werden und aktiviert die Front ein wenig. Somit greifen
leichte Regenfälle im Laufe der ersten Nachthälfte auf den Niederrhein und das
Emsland über und kommen rasch nach Osten, bis nach Nordbrandenburg voran. Dabei
werden bis Freitagfrüh etwa 1 bis 5 mm in 12 Stunden simuliert, am meisten wohl
im Westen von NRW sowie im südwestlichen Niedersachsen. EURO4 hat gar Mengen bis
10 mm auf der Agenda, GFS dagegen weniger als 5 mm. Somit sind die Mengen nicht
weiter auffällig und schon gar nicht warnrelevant, dennoch dürfte sich der
nächtliche Regen anhand des aus der Troposphäre gespülten Saharastaubes doch in
Form verschmutzter Autos und Dachfenster deutlich bemerkbar machen.
Etwa von der Eifel bis zum Berliner Raum und weiter südlich bleibt es trocken
und auch ganz im Norden, in Teilen Schleswig-Holsteins und an der Ostsee, kommt
kaum mehr was vom Regen an.
Präfrontal bleibt es noch aufgelockert, nach Süden zu auch gering bewölkt, wobei
sich im Südosten erneut stellenweise Nebel bilden kann, örtlich tritt dort auch
leichter Frost auf. Postfrontal sickert ein Schwall polarer Meeresluft nach
Norddeutschland, die 850 hPa-Temperatur sinkt auf knapp unter 0 Grad. Im Bereich
eines unmittelbar der Kaltfront folgenden Hochkeils lockern die Wolken dort
rasch wieder auf und es kühlt auf unter 5 Grad ab. Eventuell gibt es in
ungünstigen Lagen dort Bodenfrost.

Freitag... schwenkt der zunehmend kurzwellige Trog rasch über den Nordosten und
die Mitte des Vorhersagegebiet hinweg südostwärts, ein weiterer kurzwelliger
Anteil greift nachmittags auf den Nordosten des Landes über. Weiter westlich
verlagert sich ein Höhenrücken über die Britischen Inseln bis zum Abend zur
westlichen Nordsee. Somit erweist sich der Trog als wenig wetterwirksam, zumal
er auch von KLA überlaufen wird.
Im Bodenfeld kommt die Kaltfront allmählich bis in die mittleren Landesteile
voran. Sie gerät zunehmend unter Druckanstieg und Absinken, da sich ein
kräftiges Hochdruckgebiet von den Britischen Inseln in Form eines sich
verstärkenden Keiles bis in die Mitte bzw. den Süden Deutschlands ausweitet. Die
Regenfälle kommen somit zwar noch etwas nach Süden voran (bis etwa zur Pfalz
bzw. nach Oberfranken), klingen aber von Westen her im Tagesverlauf bereits
wieder ab, zum Abend hin regnet es auch in der Lausitz bzw. am Erzgebirge und in
Nordostbayern kaum mehr (insgesamt werden nach Lesart des GFS und ICON im
Westen, wenn überhaupt, nur noch wenige Zehntel mm, nach Osten zu bis 4 mm in 12
Stunden simuliert, nach IFS geringfügig mehr).
An den am Nachmittag auf den Nordosten übergreifenden Kurzwellentrog, der sich
ebenfalls kaum wetterwirksam präsentiert, ist ein Bodentrog gekoppelt und führt
im Nordosten zu einer Gradientverschärfung. Da gleichzeitig mit Einsickern etwas
höhenkälterer Luft die Luftmasse labilisiert und turbulente Durchmischung
gewährleistet, frischt der Wind aus Nordwest bis West auf. Zumindest entlang der
ostvorpommerschen Küste könnte es für steife Böen (Bft 7) reichen.
Mit Annäherung der Kaltfront wird auch aus Süddeutschland die sehr milde
Subtropikluft verdrängt. Postfrontal kann maritime Polarluft vorübergehend bis
fast zum Erzgebirge vordringen. Die Temperatur in 850 hPa sinkt bis zum Abend
auf Werte zwischen -5 Grad im Nordosten und +5 Grad an den Alpen. Dabei scheint
vor allem südlich der Donau noch längere Zeit die Sonne und auch im Norden und
Nordwesten kommt sie wieder häufig zum Vorschein. Ansonsten bleibt es eher
bewölkt, direkt im Frontbereich vor allem nach Osten zu auch stark bewölkt.
Somit bleibt es überall kühler als an den Vortagen mit Höchstwerten zwischen 6
und 10 Grad an den Küsten, 8 und 13 Grad weiter landeinwärts und 12 und 16 Grad
im Süden.

In der Nacht zum Samstag kommt der Höhenrücken noch etwas nach Osten voran,
nimmt Verbindung zu einem weiteren Höhenhoch über dem westlichen Mittelmeerraum
auf und erstreckt sich mit seiner Achse Samstagfrüh über Ostfrankreich und
Belgien bis zur westlichen Nordsee. Daraus resultiert über dem Vorhersagegebiet
eine nördliche Höhenströmung, die vor allem nach Osten zu recht scharf, aber
nach Abzug der kurzwelligen Troganteile auch glatt konturiert ist.
Im Bodenfeld kommt die Kaltfront weiter nach Südosten voran, wird aber durch
erneute Teiltiefbildung über Frankreich zurückgehalten und löst sich
gleichzeitig bei zunehmendem Hochdruckeinfluss endgültig auf. Wenn überhaupt,
kann es lediglich in der Lausitz und im Südosten Bayerns noch etwas regnen,
ansonsten bleibt es trocken. Der von den Britischen Inseln und der Nordsee zur
Mitte Deutschlands gerichtete Hochkeil verstärkt sich noch etwas und weitet sich
nach Südosten aus. Somit kann sich nordöstlich der Divergenzachse von der
Nordsee hereindriftende SC-Bewölkung gebietsweise unterhalb der Absinkinversion
ausbreiten, südlich der Achse hält sich noch dichtere Frontbewölkung, während es
im Bereich der Achse vor allem in den mittleren Landesteilen oft gering bewölkt
bleibt. In der einsickernden kühleren Luftmasse gibt es in erster Linie bei
längerem Aufklaren leichten Frost, gebietsweise auch Glätte durch überfrorene
Nässe (vor allem dort, wo es vorher noch etwas geregnet hat. Stellenweise kann
sich auch Nebel bilden.


Modellvergleich und -einschätzung
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Anhand der synoptischen Basisfelder sind keine prognose- und warnrelevanten
Modellunterschiede auszumachen.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Winninghoff