DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

20-02-2021 18:01
SXEU31 DWAV 201800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Samstag, den 20.02.2021 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
Sonniges und sehr mildes Frühlingswetter, nur im Süden teils zähe Nebelfelder.
In Ostsachsen zunehmend Böhmischer Wind mit Böen Bft 7, auf dem Brocken
zeitweise Sturmböen (Bft 8 bis 9), in den Alpen leicht föhnig.

Synoptische Entwicklung bis Dienstag 12 UTC
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Aktuell ... geht ein wunderbarer Frühlingssamstag dem Ende entgegen, an dem in
Müllheim am Rande des Südschwarzwalds sogar mit 20.3 Grad doch schon die 20 Grad
Marke gerissen wurde. Notzingen und Freiburg waren mit über 19 Grad auch dicht
dran.
Grund ist ein umfangreicher Höhenrücken über Mitteleuropa, dessen Achse sich
über Ostdeutschland bis fast zu den Lofoten erstreckt. Aus Nordafrika wird damit
an dessen Westflanke sehr milde Luft advehiert mit 850 hPa Temperaturen nahe +10
Grad im äußersten Westen und dank föhniger Unterstützung auch auf der
Alpennordseite. Gestützt wird der Rücken durch einen weit nach Süden
ausgreifenden, ostatlantischen Langwellentrog, der von der Irminger See bis zu
den Kanaren reicht und nur im Südteil langsam ostwärts schwenkt.

So steht insgesamt eine ruhige Nacht ins Haus, in der es im Süden - lokal auch
noch über den Schneeresten vom Eichsfeld bis nach Halle - gebietsweise für
leichten Frost reicht. Zudem bildet sich vor allem entlang der Donau erneut
teils dichter Nebel, aber nur vereinzelt mit geringfügiger Glätte.
Durch leichten Druckanstieg über Südosteuropa verschärft sich der Gradient über
Sachsen etwas, so dass der Böhmische Wind langsam in Gang kommt, aber der
zweiten Nachthälfte auch mit warnwürdigen Böen der Stärke 7 Bft.

Sonntag ... greift der atlantische Langwellentrog mit seinem Südteil auf
Portugal und Spanien über. Der vom zentralen Mittelmeerraum bis nach
Skandinavien reichende Höhenrücken verändert seine Position hingegen kaum. Er
wird flankiert von einem weiteren, vom Ural bis in den östlichen Mittelmeerraum
reichenden Höhentrog, sodass sich insgesamt eine stabile Omegalage über weiten
Teilen Europas eingestellt hat. Der Höhenrücken stützt weiterhin eine
ausgedehnte Hochdruckzone über Südosteuropa, von der aus ein Keil Richtung
Deutschland gerichtet sich sogar noch etwas weiter westwärts Richtung Benelux
ausweiten kann.

Der Druckgradient fächert etwas auf, sodass der Wind insgesamt nachlässt. Auf
dem Brocken muss aber weiterhin mit Sturmböen Bft 8 bis 9 gerechnet werden, die
aber im Laufe des Tages ebenfalls nachlassen. Mit Annäherung des westlichen
Troges kommt es über Spanien zu einer Zyklogenese, wodurch sich die föhnige
Überströmung der Alpen etwas verstärken kann und auf den Gipfeln einzelne
stürmische Böen Bft 8 auftreten. Dabei ist nicht ausgeschlossen, dass der Föhn
auch in einzelne Täler durchgreift. Zumindest kurzzeitig erreicht der
Druckgradient zwischen Bozen und Innsbruck bis an die 7 hPa am Nachmittag heran.
Die große Föhnlage wird es aber nicht. Auch der Böhmische Wind bleibt ein Thema,
denn der Temperaturunterschied zwischen dem mit Kaltluft gefüllten Böhmischen
Becken (sollte morgen verbreitet mit Nebel und Hochnebel geflutet sein bei
Temperaturen nur wenig über dem Gefrierpunkt) und dem Erzgebirgsvorland
verstärkt sich weiter. Entsprechend sind im Elbtal sowie in der Oberlausitz
einzelne Böen Bft 7 zu erwarten. Die Wahrscheinlichkeit hierfür liegt in den
dafür prädestinierten Gebieten laut dem ICON D2 EPS sogar bei über 90%, Signale
gar für stürmische Böen Bft 8 sind aber nur ganz punktuell vorhanden.

Der Wettercharakter ändert sich daher gegenüber dem Vortag kaum. Nach
Nebelauflösung, die im Südosten Bayerns durch den schwachen Wind und der sich
verschärfenden Inversion (siehe Zusatzerläuterungen im Modellvergleich) zögernd
sein kann, ist es oft sonnig. Auch im Norden und Nordosten werden die
Wolkenanteile geringer, da schwache Anteile der Warmluftadvektion nach Norden
rausgedrückt werden und der Zustrom potentiell mit Saharastaub angereichter Luft
vorübergehend über Frankreich abreißt (durch die Zyklogenese über der Iberischen
Halbinsel). So kann auch die Temperatur insgesamt noch etwas ansteigen. Es
werden meist Werte zwischen 15 und 19 Grad erreicht, mit den höchsten Werten am
Nordrand von Eifel und Rothaargebirge. Da insgesamt der Einfluss von Saharastaub
und Cirrusbewölkung etwas abnimmt, sollte es dort sogar lokal bis zu 20 Grad
geben. Kälter bleibt es östlich der Elbe und im Südosten bei Werten zwischen 10
und 14 Grad sowie an der See.

In der Nacht zum Montag beginnt der Trog über der Iberischen Halbinsel
abzutropfen. Die stabile Omegastruktur in der Höhenströmung bleibt aber
weiterhin erhalten. Der Höhenrücken kann sich (weiter mit reichlich Warmluft auf
dessen Westflanke gefüttert) sogar noch weiter verstärken,
sodass sich ein abgeschlossenes Höhenhoch über Ungarn mit knapp 580 gpdm
etabliert. Auch das Bodenhoch kräftigt sich noch etwas und bleibt für uns weiter
wetterbestimmend. Die Föhnsituation an den Alpen hält an und auch der Böhmische
Wind kann in Ostsachsen weiterhin für Böen Bft 7 sorgen. Bei klarem Himmel und
schwachen Windverhältnissen steigt die Wahrscheinlichkeit durch die
fortschreitende Abtrocknung der Luftmasse für leichten Frost auch in der Mitte
und im Norden wieder etwas an, bleibt aber dort eher eine lokale Erscheinung. Im
Süden hingegen ist wieder recht verbreitet mit Frost zu rechnen. Zudem bilden
sich in der Mitte und im Süden wieder gebietsweise dichte Nebelfelder.


Montag ... zeigt die Höhenströmung über Europa weiterhin eine Omegastruktur und
das Höhenhoch sitzt wie angetackert über Ungarn fest. Die leichte
Südostverlagerung des Cut-Off nach Nordalgerien macht den Weg im Norden frei, so
dass sich über Frankreich eine schwache Brücke zum Subtropenhoch südlich der
Azoren aufbaut. Im Bodendruckniveau dominiert bei uns weiterhin der Einfluss des
Südosteuropäischen Hochs, das sich unter dem Geopotentialanstieg ebenfalls
westwärts Richtung Frankreich und der Nordsee ausdehnen kann.

Da die Durchmischung so gut wie keine Rolle spielt und sich dynamische
Hebungsvorgänge sowieso fernab über Nordwesteuropa vonstattengehen, muss für die
Nebelauflösung allein die kurzwellige Einstrahlung herhalten, die Ende Februar
immerhin vergleichbar der Mitte Oktober ist. Insofern werden sich insbesondere
entlang der Donau, eventuell auch bis zum Main und im Oberrheingraben zähe
Nebelfelder zumindest lokal bis in die Mittagsstunden halten können, am
Nachmittag aber größtenteils aufgelöst haben.

Größte Unsicherheit bietet neben der genauen zeitlichen Abschätzung der
Nebelauflösung die Prognose hoher Wolkenfelder, da gemäß der aktuellen
Trajektorienrechnungen am Montag das Maximum der Saharastaubkonzentration an der
Grenze zu Benelux und Frankreich zu erwarten ist. Dementsprechend muss man damit
rechnen, dass der Sonnenschein im äußersten Westen stark getrübt sein sollte und
somit auch die Höchstwerte von 20 Grad fraglich sind. Das ändert jedoch nichts
an der Tatsache, dass es mit Höchstwerten zwischen 13 und 17 Grad, im Westen und
Südwesten lokal trotz Trübung dennoch mit bis zu 19 Grad sehr mild bleibt.
Kälter ist es bei Werten um 10 Grad nur bei zähem Nebel sowie auf den Inseln. In
den Alpen bleibt es weiterhin leicht föhnig, wobei maximal Böen Bft 8 auf den
Gipfeln erreicht werden sollten. Der Böhmische Wind hingegen lässt nach.

In der Nacht zum Dienstag schwenkt ein Randtrog von Großbritannien über die
Nordsee hinweg Richtung Skandinavien und flacht den Höhenrücken in seinem
nördlichen Teil etwas ab. Damit verbunden ist auch im Bodendruckfeld eine
Frontalwelle, die sich Richtung Norwegen verlagert und schließlich zu einem Tief
entwickelt. Dadurch kommt auch die Frontalzone etwas näher an das
Vorhersagegebiet heran und über dem Norden Deutschlands stellen sich leicht
zyklonale Verhältnisse ein. Klingt aber schlimmer als es ist, denn außer dem
Aufzug mehrschichtiger Bewölkung zeigt dies zunächst keinen Effekt. Sonst
dominiert weiterhin Hochdruckeinfluss, sodass in den anderen Landesteilen wieder
weitgehend klare Verhältnisse herrschen. Gebietsweise bildet sich Nebel. Im
Süden gibt es erneut leichten Frost, in der Mitte und im Norden durch die
zeitweise durchziehenden Wolkenfelder eher nicht mehr. Der Föhn in den Alpen
bricht zusammen.


Dienstag ... umläuft der o.e. Kurzwellentrog schnurstracks den Rücken über
Skandinavien und mit einem erneuten Austrogung über dem Atlantik wird die
Hochzelle über Mitteleuropa regeneriert. Damit geht das sonnenscheinreiche und
sehr milde Frühlingswetter in die Verlängerung. Nur der äußerste Norden wird am
Südrand der Frontalzone noch von teils dichteren Wolkenfeldern gestreift. Sonst
scheint abseits der üblichen Nebelproblematik im Süden bei wieder abnehmender,
aber nach wie vor vorhandener Staubkonzentration verbreitet die Sonne. Die 850
hPa Temperaturen gehen durch den Streifschuss im Norden etwas zurück auf unter
+5 Grad, im Süden bleiben sie nahe +10 Grad. Bedeutet letztlich im
Umkehrschluss, dass sich an den Höchstwerten von 13 bis 17, im Westen und
Südwesten lokal nahe 20 Grad nicht viel ändert. Die Oberwinde selbst reichen
dabei kaum noch für Sturmböen auf dem Brocken, "weiter unten" bleibt es generell
schwachwindig aus Süd bis Südwest.


Modellvergleich und -einschätzung
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Die vorliegenden Modelle zeigen angesichts der stabilen Hochdrucklage in den
Basisfeldern keine signifikanten Unterschiede. Bei der Nebelausbreitung im Süden
ist Euro4 wieder einmal am aggressivsten und auch bei der Auflösung am spätesten
dran - erst am Sonntagnachmittag. Eingedenk der zunehmenden Inversion (von knapp
10K Temperaturzunahme auf den ersten 500 Metern auf eher 12-13 K Sonntagfrüh)
bei gleichzeitig schwacher Luftbewegung ist das nicht unrealistisch - zumal auch
ICON im Vergleich zu heute im 06z und 12z Lauf etwas offensiver rangeht.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Robert Hausen