DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

19-02-2021 17:01
SXEU31 DWAV 191800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Freitag, den 19.02.2021 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
Frühlingshaft! Tagsüber nach teils zögernder Nebelauflösung vielerorts sonnig
und sehr mild, im Westen und Südwesten lokal bis 20 Grad. Auf dem Brocken
zeitweise Böen Bft 8 bis 9.

Synoptische Entwicklung bis Montag 12 UTC
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Aktuell ... wird die Geopotenzialverteilung über dem mittleren Nordatlantik von
einem umfangreichen, hochreichenden und zentralsteuernden Tiefdruckgebiet
dominiert, dessen Drehzentrum über dem Seegebiet südsüdwestlich von Island sich
sowohl in der Höhe (500 hPa) als auch am Boden (mit einem Kerndruck von anfangs
noch unter 960 hPa) kaum verlagert. Rückseitig vollzieht sich ein markanter
Kaltluftvorstoß von der Labradorsee Richtung Ostatlantik und führt westlich der
Britischen Inseln zu einem Trogvorstoß Richtung Kanaren. Vorderseitig dieses
Langwellentrogkomplexes beginnt die südwestliche Höhenströmung über West- und
dem westlichen Mitteleuropa somit aufzusteilen. Die kräftige WLA stützt nach wie
vor einen breit angelegten Höhenrücken, der sich vom zentralen Mittelmeerraum
bzw. Nordafrika über den Alpenraum und Mitteleuropa bis nach Nordschweden
erstreckt und sich mit seiner Achse ganz allmählich über das Vorhersagegebiet
hinweg ostwärts verlagert. Zusammen mit dem vom Nordwesten Russlands bis zum
Nahen Osten reichenden Langwellentrogkomplex ergibt sich somit ein stabiles
Omega-Muster.
Im Bodenfeld stützt der Rücken einen Hochkeil, der aus dem südosteuropäischen
Raum bzw. dem östlichen Alpenraum bis nach Nordostdeutschland reicht und
ebenfalls allmählich nach Osten vorankommt, sich dabei aber noch etwas
verstärkt.
Im Vorhersagegebiet steht somit am Rande des abziehenden Hochkeils bei relativ
schwacher Druckverteilung eine wettertechnisch ruhige Nacht ins Haus. Hohe und
mittelhohe Wolkenfelder, die der kräftigen WLA geschuldet sind, ziehen vor allem
über den Nordwesten und Norden des Landes hinweg, eventuell fällt im
Nordseeumfeld stellenweise auch etwas Regen oder Nieselregen. Im Süden lösen
sich die anfangs noch teils etwas dichteren Wolkenfelder, die einer sich
auflösenden Kaltfront geschuldet sind, allmählich auf, dann ist es vor allem
dort und im Südosten oft gering bewölkt. Allerdings steigt innerhalb der
feuchten Luftmasse - tagsüber hat es südlich der Donau noch etwas geregnet - das
Nebelpotenzial deutlich an, vor allem entlang der Donau und im nördlichen
Alpenvorland hat WarnMOS Wahrscheinlichkeiten von nahe 70% für Nebel mit
Sichtweiten von unter 150 m auf der Agenda. Auch weiter nördlich kann sich in
einigen Flussniederungen und Senken dichterer Nebel bilden. Je nach Nebelbildung
- je später desto wahrscheinlicher - gibt es in der Südhälfte auch leichten
Frost und stellenweise Glätte durch Reifbildung. In den mittleren Landesteilen
dürfte es wohl nur in geschützten Mittelgebirgstälern für leichten Frost
reichen, ansonsten bleibt es frostfrei und im Nordwesten sinken die Werte
gebietsweise auch nur auf wenig unter 10 Grad.
Der Wind legt ausgangs der Nacht vor allem in einigen Mittelgebirgskammlagen
etwas zu - einerseits, da sich der Gradient geringfügig verschärft, vor allem im
Westen, andererseits aber auch durch lokale Low Level Jets an der Inversion. Von
Warnrelevanz dürfte das aber noch nicht sein, für mehr als Bft 7, maximal 8 aus
Südost bis Süd reicht es auch in begünstigten Lagen nicht.

Samstag ... kommt der Langwellentrog über dem nahen Ostatlantik mit seiner Achse
weiterhin nur wenig nach Osten voran und weitet sich stattdessen noch etwas nach
Süden aus. Auf dessen Vorderseite verlagert sich ein scharf konturierter
kurzwelliger Troganteil knapp westlich von Irland nordnordostwärts.
Entwicklungstechnisch günstig auf dessen Vorderseite gelegen kann sich eine
Frontalwelle kräftig entwickeln und zieht entlang der irischen Westküste bis zum
Abend zu den Hebriden. Der dadurch ausgelöste trogvorderseitige WLA-Schub
regeneriert den weiterhin breit angelegten Höhenrücken vor allem über dem
Alpenraum und Mitteleuropa, der seinerseits nicht weiter nach Osten vorankommt
und dessen Achse sich ziemlich genau über der Osthälfte des Vorhersagegebietes
befindet.
Gestützt durch den Rücken kann sich auch im Bodenfeld der Hochdruckeinfluss über
Südosteuropa weiter verstärken. Zusammen mit der sich vertiefenden Frontalwelle
und der sich dadurch intensivierenden Südsüdwestströmung führt das auch
niedertroposphärisch zu kräftiger Warmluftadvektion, dabei gelangen zunehmend
Luftmassen subtropischen Ursprungs quasi direkt aus Nordwestafrika zumindest in
den Westen und Südwesten des Landes. Bis zum Abend steigt die 850 hPa-Temperatur
auf Werte zwischen 5 Grad in der Osthälfte und knapp über 10 Grad im Lee der
westlichen Mittelgebirge und (aufgrund der Überströmung der Alpen) am
Alpennordrand. Vor allem im Norden und Nordosten macht sich anfangs noch die
mitteltroposphärische WLA anhand dichterer hoher und mittelhoher Wolkenfelder
bemerkbar, ansonsten scheint vielerorts die Sonne, zeitweise auch durch dünne
Cirrusbewölkung. Dazu kann sich im Westen und Süden etwas Saharastaub gesellen,
der für eine zusätzliche Trübung der Luftmasse bzw. für eine Verdichtung der Ci-
bzw. Cs-Bewölkung sorgt. Grade diese Bewölkungsverhältnisse und der eventuelle
Saharastaubeintrag gestalten die Temperaturprognosen nicht unproblematisch, dazu
kommt, dass sich der Nebel in Teilen Bayerns gebietsweise nur zögernd auflöst.
Am kühlsten bleibt es wohl direkt an den Küsten, im Nordosten und in den
Regionen Bayerns, wo sich der Nebel womöglich erst um die Mittagszeit oder am
frühen Nachmittag auflöst. Dort werden Höchstwerte zwischen 8 und 12 Grad
erreicht (eventuell bleibt es an einigen Ostseeküstenabschnitten noch etwas
kühler). Ansonsten liegen sie meist zwischen 13 und 18 Grad. Höhere Werte werden
am ehesten noch im Lee des Schwarzwaldes und der westlichen Mittelgebirge
erwartet, wo die Luftmasse - genügend Einstrahlung und Durchmischung
vorausgesetzt - durchaus mehr als 20 Grad hergeben würde, aber angesichts der
hohen Bewölkung und des Staubeintrages dürften diese Marke wohl, wenn auch
knapp, womöglich nur um ein paar Zehntel, verfehlt werden.
Apropos Durchmischung: An dieser sollte es nicht liegen, wenn es nicht für die
20 Grad reicht. Denn die Vertiefung der oben angesprochenen Frontalwelle führt
auch in der Grundschicht zu einer leichten Gradientverschärfung, dazu gesellt
sich noch die orographische Komponente, vor allem an den Nordrändern der
Mittelgebirge und am Alpenrand. In den Alpentälern dürfte es nicht für einen
Föhndurchbruch reichen, entlang der westlichen Mittelgebirge sind aber einzelne
starke bis steife Böen Bft 6 bis 7 aus Süd bis Südost denkbar, eventuell auch im
Ostelbtal. Auf dem Brocken sind stürmische Böen Bft 8 aus Süd bis Südwest recht
wahrscheinlich.

In der Nacht zum Sonntag nimmt der Langwellentrog über dem Ostatlantik mit
seinem Südteil etwas an Fahrt auf und nähert sich der Iberischen Halbinsel an.
Damit steilt die südsüdwestliche Höhenströmung vor allem über Frankreich und
Benelux noch etwas auf und der sich zögernd nach Osten verlagernde Höhenrücken
wird erneut in seinem Westteil regeneriert. Mitteltroposphärisch kommt die WLA
vorübergehend zum Erliegen, so dass der Anteil an Ci- und Cs-Bewölkung abnimmt
und auch der Saharastaubeintrag geht zumindest vorübergehend zurück.
Im Bodenfeld zieht das aus der Frontalwelle hervorgegangene Tief von den
Hebriden ins Seegebiet südöstlich von Island, während sich ein vom
Hochdruckgebiet über Südosteuropa Richtung Alpenraum gerichteter Keil etwas
verstärkt. Somit ändert sich am Druckgradienten über dem Vorhersagegebiet nur
wenig. Nächtliche lokale Low Level Jets erhöhen allerdings etwas die
Wahrscheinlichkeit für steife bis stürmische Böen aus Süd bis Südost in den
Kammlagen einiger Mittelgebirge, während der Wind in den Tälern tagesgangbedingt
eher nachlässt. Auf dem Brocken kann es nach wie vor stürmische Böen, eventuell
auch Sturmböen aus Süd bis Südwest geben.
Ansonsten verläuft die Nacht wettertechnisch ähnlich wie die Vornacht. Vor allem
in den Niederungen Süddeutschlands bilden sich wieder ausgedehnte Nebelfelder
und es gibt dort vielerorts leichten Frost. Hier und da besteht geringe
Glättegefahr durch Reifablagerungen.

Sonntag ... greift der Langwellentrog mit seinem Südteil auf Portugal über,
während er mit seiner Achse über dem Seegebiet westlich von Irland kaum nach
Osten vorankommt. Der vom nördlichen Ural bis zum nahen Osten reichende
Langwellentrog hat sich derweil in den östlichen Mittelmeerraum ausgeweitet, so
dass sich beim Blick auf die 500 hPa-Geopotenzialverteilung weiterhin ein sehr
stabil aufgestelltes Omega-Muster ergibt. Somit kommt auch der nach wie vor vom
zentralen Mittelmeerraum bis zum Nordkap reichende Höhenrücken weiterhin kaum
nach Osten voran und ist vor allem über dem östlichen Mitteleuropa breit
aufgestellt. Er stützt weiterhin die ausgedehnte Hochdruckzone über Südosteuropa
(Schwerpunkt inzwischen über dem Schwarzen Meer), von der ausgehend nach wie vor
ein Keil bis zu den Alpen reicht, der sich noch etwas nach Westen ausweiten
kann, so dass auch über Benelux und Frankreich leichter Druckanstieg einsetzt,
während es mit Annäherung des Troges über Nordspanien zu einer Zyklogenese
kommt. Damit kann sich föhnige Überströmung der Alpen etwas verstärken
(Druckunterschied Bozen-Innsbruck: 7 hPa) und auf einzelnen Gipfeln der
Bayerischen Alpen gibt es stürmische Böen, exponiert eventuell auch Sturmböen
aus Süd. Ob es für Föhndurchbruch mit Böen Bft 7 bis 8 bis i8n höhere Täler
reicht, ist dagegen fraglich.
Ansonsten ändert sich gegenüber dem Vortag nur wenig. Sowohl der Saharastaub als
auch die hohe Bewölkung werden nach Lesart einschlägiger Modelle generell etwas
weniger, gleichzeitig steigt die 850 hPa-Temperatur sogar noch etwas an, bis zum
Abend deutschlandweit auf Werte zwischen 8 und 11 Grad. Insgesamt fächert der
Gradient im Tagesverlauf ein wenig auf, was einerseits die Nebelauflösung im
Südosten, andererseits aber auch die Durchmischung im Lee der Mittelgebirge
etwas erschwert. Dennoch könnte es aufgrund der nahezu ungehinderten
Einstrahlung vor allem im Westen und Südwesten aus aktueller (Modell)sicht mit
einer etwas höheren Wahrscheinlichkeit für ein Überschreiten der 20-Gradmarke
reichen. Vor allem steigen die Temperaturen aber auch nach Nordosten zu
gegenüber dem Vortag weiter an (meist 12 bis 18 Grad), lediglich an den Küsten
sowie im Südosten werden kaum mehr als 8 bis 13 Grad erreicht.
Der Wind spielt warntechnisch neben den Alpengipfeln am ehesten auf dem Brocken
noch eine Rolle (Böen Bft 8 aus Süd bis Südwest). Eine geringe
Wahrscheinlichkeit für steife Böen aus Süd bis Südost besteht aber weiterhin an
den Nordrändern einzelne Mittelgebirge, am ehesten wohl am Erzgebirge und
Zittauer Gebirge, wo sich der Böhmische Wind aufgrund der großen
Temperaturunterschiede zwischen Böhmischem Becken (im Hochnebel nur 5 bis 8
Grad) und dem Erzgebirgsvorland (12 bis 17 Grad) verstärkt und durchaus Bft 7,
in höheren und freien Lagen auch Bft 8 in Böen erreichen kann.

In der Nacht zum Montag tropft der Trog über der Iberischen Halbinsel ab,
ansonsten ändert sich nichts Substanzielles an der großräumigen
Geopotenzialverteilung. Im Bodenfeld verstärkt sich der Hochkeil über dem
Vorhersagegebiet noch etwas und weitet sich nach Westen aus, wodurch der
Gradient weiter auffächert und wohl auch die durch lokales Low Level Jets
generierten Böen warntechnisch kaum mehr eine Rolle spielen sollten, Ausnahme
vielleicht noch am ehesten die östlichen Mittelgebirge.
Mit Ausnahme dünner hoher Wolkenfelder im Westen und Nordwesten bleibt es somit
zunächst meist gering bewölkt oder wolkenlos, ehe sich vor allem im Süden, aber
aufgrund des flacheren Gradienten zunehmend auch in den mittleren Landesteilen
Nebelfelder ausbreiten. Die Wahrscheinlichkeit für leichten Frost nimmt generell
etwas zu, in weiten Teilen west- und Norddeutschlands bleibt es aber frostfrei
und vor allem an den Nordrändern einiger Mittelgebirge mit Tiefstwerten über 5
Grad auch relativ mild.

Montag ... etabliert sich aus dem Höhenrücken mehr und mehr ein eigenständiges
Höhenhoch mit Schwerpunkt über dem südöstlichen Mitteleuropa (abends etwa über
Slowakei, Ostösterreich, Ungarn). Von ihm ausgehend kann sich ein über den
Alpenraum bis nach Zentralfrankreich gerichteter Höhenrücken im Tagesverlauf
etwas verstärkt, während die nach Norden gerichtete Achse des Rückens über
Skandinavien etwas nach Osten abgedrängt wird, so dass die Höhenströmung vor
allem über dem Westen und Norden Deutschlands wieder auf Südwest dreht und zum
Abend hin über der Nordsee sogar leicht zyklonal konturiert ist.
Im Bodenfeld kommt dagegen der über die Alpen und Süddeutschland bis nach
Frankreich gerichtete Hochkeil etwas nach Norden voran und kann sich noch ein
wenig verstärken. Somit dominiert im gesamten Land weiterhin ruhiges
Hochdruckwetter. Der seit Tagen von der Norwegischen See über die mittlere und
südwestliche Nordsee bis zur Biskaya bzw. zur Iberische Halbinsel verlaufende
Frontenzug kommt insgesamt ein wenig nach Osten voran, so dass die Neigung zu
hohen und mittelhohen Wolkenfeldern im Westen Deutschlands etwas zunimmt.
Zulegen dürfte auf der Vorderseite des Tiefs über der Iberischen Halbinsel die
Advektion von Saharastaub Richtung Frankreich, Benelux und eventuell auch West-
bzw. Nordwestdeutschland (im aktuellen Lauf). Inwieweit das einen Einfluss auf
die Temperaturentwicklung im Vorhersagegebiet hat, lässt sich aktuell noch
schwer abschätzen.
Insgesamt fächert der Gradient über dem Vorhersagegebiet aber noch etwas auf, so
dass es nicht mehr so gut mit der Durchmischung klappt und sich die Nebelfelder
vor allem in Teilen Bayerns (Niederbayern, Oberpfalz erneut nur sehr zögerlich
auflösen, teilweise sogar bis in den Nachmittag hinein halten. Ansonsten scheint
aber wieder vielerorts die Sonne, wobei die MOS-Prognosen aufgrund des
eventuellen Saharastaubeintrages aber zu optimistisch erscheinen. Ähnliches gilt
wohl auch für die Temperaturen. In 850 hPa gehen sie im Westen und Nordwesten
aufgrund des leicht zyklonalen Einschlags sogar etwas zurück, sonst liegen sie
meist um 10 Grad. Somit dürfte es mit den 20 Grad kaum klappen, am ehesten
vielleicht noch am Nordrand der westlichen und zentralen Mittelgebirge.
Insgesamt bleibt es aber mit 12 bis 18 Grad sehr mild, lediglich an einigen
Küstenabschnitten und vor allem dort, wo sich der Nebel länger hält, werden kaum
10 Grad erreicht.


Modellvergleich und -einschätzung
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Anhand der Basisfelder lassen sich keine warn- und prognoserelevanten
Modellunterschiede ausmachen. Die Problematik bzgl. der Temperaturvorhersagen
aufgrund der hohen Bewölkung und des eventuellen Saharastaubeintrages wurde
bereits im Text angesprochen.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Winninghoff