DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

17-02-2021 09:01
SXEU31 DWAV 170800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Mittwoch, den 17.02.2021 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
GWL: SWz/a (Südwest, zunächst eher zyklonal, später mehr antizyklonal)

Wechsel von Zwischenhocheinfluss und "Störphasen" durch atlantische
Frontensysteme. Auch im Osten und Nordosten allmähliche Milderung, nachts aber
stellenweise noch Glätte möglich.

Synoptische Entwicklung bis Freitag 24 UTC
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Mittwoch... Schon der erste, noch leicht schläfrige Blick des Verfassers zu
Beginn der Frühschicht auf die Temperaturkarte ließ keine Zweifel offen: Das
hochwinterliche Intermezzo der vergangenen Woche ist Geschichte. Um 5 UTC wurden
im Rheintal 9 oder gar 10°C angezeigt und selbst im etwas widerspenstigeren
Osten (in Bezug auf die Vertreibung des Winters) suchte man vergeblich nach
einem Minuszeichen vor den Temperaturwerten. Sei es wie es sei, und mit Blick
auf die mittelfristige Entwicklung ist das ja sogar erst der Anfang vom
bevorstehenden Vor-Vorfrühling.

Zur Lage, die aktuell gekennzeichnet ist von einem ostwärts abziehenden
Frontensystem, das dem Tief YUKON bei Island angehörig ist. Doppelt hält besser
hat sich YUKON gesagt und am Okklusionspunkt ein Teiltief gebildet (mit
Unterstützung der südnorwegischen Gebirge), das heute von Nordjütland zur
westlichen Ostsee zieht. Mit Abzug des Frontensystems ziehen auch die
zugehörigen Regenfälle ab, was in Einzelfällen (so z.B. in Alpennähe, wo die
Front etwas nachschleift) aber durchaus bis zum Mittagessen dauern kann.
Dahinter steigt der Luftdruck, was das Aufwölben eines Zwischenhochkeils zur
Folge hat. Aufwölben tun sich auch die Isohypsen, wodurch ein flacher
Höhenrücken den Weg zu uns findet, der den flachen, mit den Fronten
korrespondierenden KW-Trog stromab zu unseren östlichen Nachbarn drückt.

Kurzum, der heutige Tag steht im Zeichen frische eingeflossener erwärmter
Meereskaltluft (T850 -2 bis 0°C), die unter leichten Zwischenhocheinfluss
gelangt. Dabei bildet sich zwischen 850 und 750 hPa eine schwache Inversion.
Während es darüber subsidenzbedingt mehr und mehr abtrocknet, tut sich die
feuchte Grundschicht ungleich schwerer damit. So ist es zu erklären, dass der
Tag insbesondere im Osten und Norden von starker und überwiegend geschlossener
Bewölkung geprägt ist, wohingegen sonst von Süden und Südwesten her die Chancen
für Auflockerungen oder sonnige Abschnitte steigen. Den meisten Sonnenschein
dürfte es in den südlichen Landesteilen von BW und Bayern geben, wobei es am
östlichen Alpenrand bzw. -vorland aus dem o.e. Grunde etwas später losgeht mit
"Klärchen".

Ansonsten gilt es noch den Wind kurz anzusprechen, der aber auch keine
prominente Rolle einnimmt. Lediglich in den Hochlagen der Mittelgebirge und der
Alpen weht er aus westlichen Richtungen kommend anfangs noch lebhaft mit Böen 7
Bft, in exponierten Kamm- und Gipfellagen 8-9 Bft. Im Tagesverlauf nimmt der
Wind im Zuge der Gradientaufweichung mehr und mehr ab. Bei der Temperatur bleibt
das gestern schon beobachtete Temperaturgefälle zwischen dem Westen respektive
Südwesten und dem Nordosten erhalten, wobei es im Nordosten aber etwas milder
wird als gestern. 3 bis 9°C im Nordosten stehen 8 bis 15°C im Süden und Westen
gegenüber.

Bereits am Nachmittag, spätestens aber zum Abend hin gilt es die Aufmerksamkeit
in Richtung Nordwesten zu lenken, wo der nächste Tiefausläufer beginnt
anzuklopfen. Genauer gesagt handelt es sich um die teilokkludierte Kaltfront des
Tiefs ZAID (womit das Alphabet bereits Mitte Februar einmal durchgenudelt wäre,
was eindeutig für stark zyklonal geprägte Jahresanfangswochen spricht), das
knapp an den Färoers vorbei auf den Spuren von YUKON in Richtung Island wandelt.
Die Front nähert sich von der Nordsee her und wird in der Nacht zum Donnerstag
auch auf Norddeutschland übergreifen, der ganz große Wurf bleibt ihr aber
verwehrt. Grund dafür ist die Nummer eins des neuen Durchlaufs, eine Welle
namens ARVIN, die vom Seegebiet südwestlich Irlands in Richtung Hebriden zieht
und sich dabei zu einem kleinen Tief entwickelt (knapp über 980 hPa Kerndruck um
06 UTC). Die Kaltfront bzw. Okklusion von ZAID geht nach Westen hin in die
Warmfront von ARVIN über, was gemeinhin bremsende Wirkung hat.
Allerdings ändert das nichts daran, dass sich - beginnend im nordwestlichen
Niedersachsen und in SH - ein Regengebiet über den Norden und Nordosten ostwärts
ausbreitet (unter 5 l/qm innert 12 h). Glättetechnisch aufgrund positiver
Temperaturen und ausreichend Gegenstrahlung ein unkritisches Unterfangen. Einzig
an der Grenze zu Polen, wo zuvor zumindest die Temperatur in Erdbodennähe auf
0°C oder etwas darunter absinken kann (man bedenke, es steckt noch etwas Frost
im Boden und evtl. klart es vorher sogar kurzzeitig mal auf) kann lokal und
wenn, wohl auch nur für kurze Zeit, gefrierender Regen mit Glatteis nicht
vollständig ausgeschlossen werden.

Ansonsten gilt es zu konstatieren, dass die Mitte und der Süden trotz leichten
Druckfalls unter Zwischenhocheinfluss verbleiben, der von dem sich noch etwas
amplifizierenden Höhenrücken gestützt wird. Die Grundsicht wird gestaucht, in
dem die Inversion immer weiter nach unten gedrückt wird. Bei anfangs gering
bewölktem oder klarem Himmel bildet sich vielerorts teils dichter Nebel (das
Donautal dürfte ganz prominent vertreten sein) oder Hochnebel (feuchte, sich
abkühlende Grundschicht plus Entkopplung des Windes). Trotzdem Nebel oder
Hochnebel kühlt es im Süden verbreitet, in der Mitte partiell auf 0 bis -4°C ab
und im Oberallgäu ist lokal sogar mäßiger Frost knapp unter -5°C drin. Hier und
da muss dann mit Glätte durch gefrierende Nässe/Nebel, in den Gebieten, wo es
klar bleibt, auch mit Reif gerechnet werden.

Donnerstag... wandert der Rücken langsam gen Osten, während sich gleichzeitig
ein scharfer, mit dem Tief ARVIN korrespondierender KW-Trog UK/Irland überquert
und die Nordsee bzw. Benelux und Nordfrankreich ansteuert. Für uns bedeutet das,
dass wir zunehmend unter eine diffluent konturierte süd-südwestliche
Höhenströmung gelangen, die tagsüber aber außer etwas WLA noch keine großen
synoptisch-skaligen Hebungsimpulse bieten kann. Erst in der Nacht zum Freitag,
wenn die Kaltfront des nur langsam an den Färoers nach Norden vorbeiziehenden
Tiefs ARVIN auf den Vorhersageraum übergreift, trifft uns ein wohldefiniertes
Maximum zyklonaler Vorticity, dessen Wirkung allerdings von überlagerter KLA
teilkompensiert wird.

Zum Wetter, wo wir tagsüber zwischen die Fronten gelangen. Im Nordosten die
abziehende Warm-, weiter westlich die noch nicht übergreifende Kaltfront.
Warmsektor nennt man das Ganze und der Name passt wie die Faust aufs Auge,
steigt doch die Temperatur mit der südlichen Strömung (am Boden ageostrophisch
eher Südost, darüber auf Südwest drehend) kontinuierlich an. In 850 hPa geht´s
von 0 bis +5°C am Morgen auf +2 (Vorpommern) bis +9/10°C (Alpenrand, Vorland)
an. Das bleibt natürlich nicht ohne Wirkung auf die 2m-Temperaur, die verbreitet
auf 8 bis 14°C, im Südwesten (vor allem südlicher Oberrheingraben) punktuell bis
zu 16°C hochgeht. Lediglich der äußerste Nordosten kann da angesichts
apostrophierter Maxima von 4 bis 7°C nicht ganz mithalten.
Ansonsten ziehen die letzten schwachen Regenfälle im Nordosten zügig ab und die
Wolkendecke lockert auch im Norden mal mehr, mal weniger auf. In der Mitte und
im Süden gilt es sich zunächst mal mit einigen zähen Nebel- und Hochnebelfeldern
herumzuschlagen, deren Tilgung Geduld erfordert. Da kommt der im Tagesverlauf
etwas auflebende Südostwind als Helfer in der Not zur rechten Zeit. Insbesondere
im Lee vom Erzgebirge werden größere Wolkenlücken gerissen, die der Sonne
ausreichen Platz zur Entfaltung gewähren. Und auch Richtung Alpen bzw. im
Alpenvorland, wo es leicht föhnig wird, sowie im südlichen BW stehen die Chancen
auf längeren Sonnenschein sehr günstig. Dagegen muss in den westlichen
Landesteilen spätestens ab Mittag schon wieder nach Westen geschaut werden, von
wo sich die Wolken bedingt durch die o.e. WLA immer mehr verdichten und
nachfolgend sogar etwas (Niesel)Regen bringen, der sich bis zum Abend etwa bis
zur Weser und nach Nordhessen vorarbeitet (häufig nur unter 1 l/qm, maximal
lokal 2 l/qm).

Noch ein Satz zum Wind, der aus Südosten kommend insbesondere, aber nicht
ausschließlich im Westen und Nordwesten beginnt aufzuleben. Warnwürdig wird er
wohl aber nur in höheren Lagen (je nach Exposition 7-9 Bft, Brocken 10 Bft), im
Lee der westlichen Mittelgebirge (7 Bft) sowie auf der Nordsee incl. einiger
weniger exponierter Küstenabschnitte und Inseln (7 Bft; ablandig).

In der Nacht zum Freitag ziehen die Kaltfront und der korrespondierende KW-Trog
mit den zugehörigen Regenfällen rasch über Deutschland hinweg ostwärts. Meist
bleiben die Mengen unterhalb der 5-l/qm-Schwelle innert 12 h, nur im Norden
könnte es gebietsweise geringfügig mehr werden. Dafür kommt im Südosten sowie in
der östlichen Mitte nur wenig oder gar nichts an, weil die Front nach Süden hin
hinterherhinkt. Hier sinkt die Temperatur auf Werte um den Gefrierpunkt oder
etwas darunter, ansonsten bleibt es in der postfrontal einfließenden subpolaren
Meereskaltluft (Rückgang T850 auf -1 bis -4°C). Sollte es gerade in den
östlichen und fränkischen Mittelgebirgen doch für etwas Nieselregen reichen,
besteht mit geringer Wahrscheinlichkeit noch mal die Gefahr des Gefrierens mit
lokalem Glatteis.

Ansonsten dreht der Wind auf Südwest und beginnt von Westen her wieder
nachzulassen. In höheren Lagen stehen aber weiterhin Böen 7-8 Bft, exponiert 9
Bft auf der Karte, und auch an der See sind exponiert ein paar steife Böen drin,
was dort aber niemanden aus dem Sattel hauen sollte.

Freitag... beehrt uns das nächste Zwischenhoch, das mit einem weiteren flachen
Höhenrücken korreliert. Derweil setzt über dem Ostatlantik eine mächtige
Austrogung nach Süden ein, was auch für die weitere Entwicklung bei uns nicht
unbedeutend ist. Nur so viel vorab: Den Winter kriegen wir mit diesem
Großwetterlagentypus nicht zurück, im Gegenteil, zum Wochenende setzt der
(Vor)Frühling eine fette Duftmarke.

Bis es soweit ist, gilt es erst noch den Freitag abzuarbeiten. Im Osten zieht
der letzte Regen am Morgen rasch ab, wenn er es bei Sonnenaufgang nicht sogar
schon getan hat. Etwas länger dauert es im Süden an der zurückhängenden Front,
wo es gebietsweise noch bis in den Vormittag leicht regnen kann. Später löst
sich die Front dann aber auf, zwischen Main/Mosel im Norden und Donau/nördliches
Alpenvorland im Süden bleiben allerdings viele Wolken übrig. In der Nordhälfte
hingegen lockert es verstärkt auf und auch mit jedem Kilometer Richtung Alpen
bzw. deutsch-schweizer Grenze bekommt die Sonne immer bessere
Entfaltungsmöglichkeiten. Am Nachmittag und Abend beginnt sich die Bewölkung im
Westen bereits wieder zu verdichten. Verursacht werden sie von den Rücken
überlaufender WLA, die zudem die Annäherung der nächsten Front ankündigt. Dabei
handelt es sich um eine teilokkludierte Kaltfront eines kräftigen Tiefs über dem
Ostatlantik, das zur Mittagszeit unter 960 hPa Kerndruck aufweist und den
Charakter eines steuernden Zentraltiefs annimmt. Bis zum Abend bleibt es
wahrscheinlich aber noch trocken.

Die Luft erwärmt sich (T850 Anstieg auf Werte zwischen -1°C nordöstlich der Elbe
und bis zu +7°C im leicht föhnigen höheren Alpenvorland) auf 5/6°C rund um den
Greifswalder Bodden und rund 15°C im südlichen Oberrheingraben sowie lokal
vielleicht auch in Alpennähe. Der südliche, im Süden teils östliche Wind tritt
nicht nennenswert in Erscheinung, einzig in einigen exponierten Hochlagen kann
in Böen mal die Windstärke 8 Bft, auf dem Blocksberg 9 Bft am Start sein.

In der Nacht zum Samstag kann es mit Annäherung der Front im Norden und Westen
mitunter etwas regnen. Kann deswegen, weil z.B. IFS und GFS kaum oder überhaupt
keinen Regen simulieren. Für einen weitgehend stark bewölkten Nachthimmel wird
es aber allemal reichen. Dagegen hält sich nach Süden und Südosten hin leichter
Hochdruckeinfluss, gebietsweise bildet sich Nebel oder Hochnebel. Außerdem kühlt
sich die Luft dort auf Werte um oder etwas unter den Gefrierpunkt ab. Windmäßig
sind weiterhin nur ein paar wenige exponierte Hochlagen von stärkeren Böen
betroffen (7-8 Bft, Brocken 9 Bft).

Modellvergleich und -einschätzung
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Viel gibt es dem Geschriebenen nicht hinzuzufügen. Größere
Meinungsverschiedenheiten zwischen den Modellen liegen nicht vor, wenn man
vielleicht mal von der Regengeschichte in der Nacht zum Samstag absieht.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Hoffmann