DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

16-02-2021 18:01
SXEU31 DWAV 161800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Dienstag, den 16.02.2021 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
Kommende Nacht im Osten/Südosten bis in die Mitte nochmals Glätte bzw. Glatteis
(Unwetter nicht ausgeschlossen). Ansonsten weitere Milderung, auf den Bergen
zeitweise Sturmböen.

Synoptische Entwicklung bis Freitag 12 UTC
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Aktuell ... verabschieden sich die letzten Reste des Winterwetters nach und nach
auch aus dem äußersten Osten und Südosten des Landes. Das geht leider nicht
völlig unproblematisch vonstatten, denn der Frost steckt vor allem nach Osten zu
noch tief in den Böden. Dazu später mehr.
Der "Mildschub" vom Atlantik her hat inzwischen in Form eines umfangreichen
langwelligen Höhentrogkomplexes mit mehreren Drehzentren über Südgrönland, im
Seegebiet westnordwestlich von Irland sowie südöstlich von Island und einer
südlich davon verlaufenden kräftigen Frontalzone gehörig an Fahrt aufgenommen.
Wie eine Bugwelle schiebt er einen durch die kräftige WLA gestützten Höhenrücken
vor sich her, der im Laufe der Nacht auch die Osthälfte Deutschlands überquert
und sich Mittwochfrüh mit seiner Achse über dem Westen und Süden Polens
befindet. Dahinter dreht die Höhenströmung auf Südwest bis West und darin
eingebettete kurzwellige Troganteile überqueren zunächst die Nordhälfte, später
auch die Südhälfte Deutschlands rasch von West nach Ost. Dabei hält sich der
dynamische, aus PVA resultierende Hebungsantrieb in Grenzen und wird durch
schwache Kaltluftadvektion zudem noch teilweise kompensiert.
Mit dem Höhenrücken hat im Bodenfeld eine erste Warmfront inzwischen den
Nordosten des Landes erreicht, vermag es aber nur sehr zögernd die bodennah aus
einem von Osteuropa bis nach Südskandinavien reichenden Hochkeil in die
Osthälfte des Landes strömende kontinentale Polarluft zu verdrängen. Sie macht
sich hauptsächlich in Form dichter Wolkenfelder bemerkbar, aus denen
gebietsweise etwas Regen fällt. Somit gehen die dort um oder bereits etwas über
dem Gefrierpunkt liegenden Temperaturen nur langsam zurück und es reicht nur
noch gebietsweise für leichten Frost, am ehesten an der Oder, im östlichen und
ostbayerischen Mittelgebirgsraum sowie in Südostbayern (Niederbayern). Dennoch
sinken Belags- und Bodentemperaturen aufgrund des strengen Frostes der Vortage
dort sowie in weiten Teilen der Osthälfte und auch noch im zentralen
Mittelgebirgsraum verbreitet in den leichten Frostbereich. Neben überfrorene
Nässe kann es dort gebietsweise auch Glatteis durch etwas gefrierenden Regen
geben.
Der rasch nach Nordosten abziehenden Warmfront folgt aktuell bereits die
Warmfront eines Tiefdruckgebietes nördlich von Schottland, das sich bis
Mittwochfrüh vor die Südostküste Islands verlagert. Auch sie erweist sich als
wenig wetterwirksam. Am Okklusionspunkt entwickelt sich im Laufe der Nacht über
dem Skagerrak ein Teiltief, die Kaltfront des Tiefs greift bereits am späteren
Abend mit schauerartigen, aber nicht allzu ergiebigen Regenfällen auf den Westen
Deutschlands über, kommt rasch nach Osten voran und erreicht in den Frühstunden
Polen bzw. die Alpen. Ihr folgt ein Schwall erwärmter Meeresluft (0 bis -2 Grad
in 850 hPa), so dass die Schneefallgrenze wohl nur in einigen Kammlagen eine
Rolle spielt und ansonsten die flüssige Phase dominiert. Die Mengen liegen meist
unter 5 mm, in einigen Staulagen (Alpen, Schwarzwald) werden an die 10 mm
erreicht, in einigen Leelagen bleibt dagegen sogar fast trocken. Dennoch steigt
nach Osten zu vor allem in geschützten Mittelgebirgstälern noch einmal das
Potenzial für Glatteis durch gefrierenden Regen. Dabei kann auch Unwetter nicht
ausgeschlossen werden. Eine großräumige Unwetterlage steht aber nicht ins Haus,
weshalb von einer Vorabinformation abgesehen wird und die Ausgabe entsprechender
Warnungen lediglich kurzfristig erfolgen kann.
Postfrontal lockern die Wolken auf, vor allem im zentralen Mittelgebirgsraum
kann - selbst, wenn es nicht für Luft- und wohl auch nicht bzw. nur gebietsweise
für Frost in Bodennähe (5 cm Höhe) reicht - dennoch gebietsweise Glätte durch
überfrorene Nässe auftreten - der Frost steckt auch dort noch tief in den Böden.

Anzusprechen bleibt noch der Wind. Vor allem mit Durchschwenken der Kaltfront
verschärft sich der Gradient etwas. Bereits aktuell treten auf einigen
Mittelgebirgsgipfeln stürmische Böen bzw. Sturmböen (Bft 8 bis 9) aus Südwest
auf. Das wird in der Nacht noch etwas verbreiteter der Fall sein und zunehmend
auch die Alpen betreffen. Auf exponierten Gipfeln sind auch schwere Sturmböen
(Bft 10) nicht ausgeschlossen. In den Niederungen dürfte der Gradient aber wohl
nicht oder lediglich an exponierten Stellen für warnrelevante Böen (Bft 7)
ausreichen.

Mittwoch ... wird der Langwellentrog über dem Seegebiet nordwestlich der
Britischen Inseln durch einen von Nordwesten zum nahen Ostatlantik ziehenden
Höhentrog regeneriert. Die kurzwelligen Troganteile über dem Vorhersagegebiet
ziehen rasch ostwärts ab und durch kräftige WLA kann sich bis zum Abend erneut
ein recht markanter Höhenrücken von Südostfrankreich über den Alpenraum und das
Vorhersagegebiet bis nach Dänemark aufwölben.
Auch im Bodenfeld setzt über dem Vorhersagegebiet vorderseitig des Rückens von
Südwesten her vorübergehend Druckanstieg ein. Das Teiltief über dem Skagerrak
füllt sich allmählich auf, während sich eine kleinräumige Hochdruckparzelle über
den Alpenraum hinweg ostwärts verlagert. Somit bleibt zunächst noch ein gewisser
Druckgradient erhalten und auf den Bergen gibt es noch längere Zeit stürmische
Böen bzw. Sturmböen aus West bis Südwest. Erst zum späten Nachmittag und Abend
hin fächert der Gradient weiter auf.
Ansonsten ziehen die leichten Regenfälle rasch ostwärts ab, im äußersten Osten
und Südosten kann es bis in den Vormittag hinein noch gefrierenden Regen geben.
Vor allem im Süden und Südwesten macht sich der Hochdruckeinfluss bemerkbar,
dort kann sich vielerorts die Sonne durchsetzen. Im Norden und Osten dominieren
dagegen nach wie vor dichte Wolkenfelder, im Nordwesten machen sich die
verstärkte WLA zusammen mit der sich nähernden Okklusion eines weiteren Tiefs
nördlich Schottland am Nachmittag und Abend eventuell auch in Form leichter
(Niesel)regenfälle bemerkbar.
Niedertroposphärisch kann sich nach Abzug der Front zumindest im Südwesten
zögernd wieder etwas mildere Luft durchsetzen, bis zum Abend steigt die
Temperatur in 850 hPa auf +2 Grad an den Alpen, während sie im Nordosten bei -3
Grad verharrt. Bodennah wird es allgemein noch etwas milder als heute mit
Höchstwerten zwischen 3 Grad auf Rügen bzw. im Bayerwald und 14 Grad im
südlichen Oberrheingraben.

In der Nacht zum Donnerstag amplifiziert der Höhenrücken über Mitteleuropa bis
zum Bottnischen Meerbusen und kommt mit seiner Achse nur zögernd nach Osten
voran. Der Höhentrog über dem nahen Ostatlantik greift Donnerstagfrüh auf Irland
über. Eine auf dessen Vorderseite gelegene Frontalwelle vertieft sich und
erreicht in den Frühstunden als abgeschlossenes Bodentief die Hebriden. Dabei
geht die Okklusion des Bodentiefs im Seegebiet zwischen Schottland und Island
über Dänemark und der Nordsee in die Warmfront dieses Wellentiefs über und
streift den Norden Deutschlands, wo sich von der Nordsee her leichte Regenfälle
bis nach Ostvorpommern bzw. Nordbrandenburg ausweiten, von Westen her im
Warmsektor aber rasch wieder nachlassen. Die Mengen bleiben mit 0 bis 4 mm
gering, erneut kann dabei aber Richtung Oder gefrierender Regen nicht
ausgeschlossen werden.
Im Rest des Landes setzt zwar ebenfalls Druckfall ein, dennoch dominiert noch
der Einfluss des sich vom Alpenraum nach Südosteuropa verlagernden Hochs.
Während es in der Nordhälfte und auch im Westen bei oft dichter Bewölkung
frostfrei bleibt, klart der Himmel im Südwesten und Süden verbreitet auf. Dort
gibt es leichten, in einigen Alpen- und Mittelgebirgstälern auch mäßigen Frost
und entsprechend Glätte durch Überfrieren. Gebietsweise kann sich auch dichter
Nebel bilden. Der Wind flaut weiter ab, lediglich auf dem Brocken reicht es noch
für stürmische Böen aus Südwest. Morgens frischt er dann im Westen und
Nordwesten aus Süd bis Südost auf, für warnrelevante Böen dürfte es aber noch
nicht reichen.

Donnerstag ... nimmt der Höhenrücken über dem Vorhersagegebiet an Fahrt auf und
erreicht am Abend Polen bzw. die südöstliche Ostsee. Der Höhentrog über
Westeuropa überquert bis zum Abend die Britischen Inseln ostwärts und erreicht
auch den Westen/Nordwesten Frankreichs. Damit dreht die Höhenströmung über dem
Vorhersagegebiet auf Südwest und nimmt nach Westen zu eine zunehmend diffluente
Kontur an, wobei die markantesten, aus PVA resultierenden dynamischen
Hebungsprozesse noch westlich des Vorhersagegebietes bleiben.
Im Bodenfeld kann sich das Tiefdruckgebiet bei den Hebriden noch ein wenig
vertiefen und zieht bis zum Abend in etwa zu den Shetlands. Dessen Warmfront
über dem Nordosten des Landes zieht rasch nordwärts ab, so dass die leichten
Regenfälle dort am Vormittag nachlassen. Die Kaltfront erreicht abends in etwa
die mittlere Nordsee, Benelux, Nord- und Zentralfrankreich. Bereits im Vorfeld
setzen Regenfälle ein, die nachmittags auch auf den Westen und Nordwesten
Deutschlands übergreifen, allerdings lediglich der kräftigen WLA geschuldet sind
und entsprechend nur wenig ergiebig ausfallen.
Mit Annäherung der Front verschärft sich allerdings der Gradient erneut und der
Wind frischt aus Süd bis Südost auf. In den Kamm- und Gipfellagen der westlichen
und zentralen Mittelgebirge gibt es stürmische Böen, exponiert Sturmböen. Über
der offenen Nordsee sowie in anfälligen, Südost-Nordwest ausgerichteten Tälern
kann es steife Böen (Bft 7) geben. An den Alpen wird es föhnig, auf exponierten
Gipfeln kann es ebenfalls Sturmböen aus Süd geben.
Die WLA macht sich nun auch niedertroposphärisch deutlich bemerkbar und lässt
die 850 hPa-Temperaturen bis zum Abend auf Werte zwischen 8 Grad am Alpenrand
und knapp über 0 Grad auf Rügen steigen. Vor allem im Süden und Südwesten sowie
im Lee einiger Mittelgebirge scheint dabei auch länger die Sonne, während es im
Norden/Nordosten eher stärker bewölkt bleibt und in einigen Niederungen
Süddeutschlands sich der Nebel länger hält (und es dort auch kälter bleibt als
in der Umgebung). Die Milderung setzt sich allgemein weiter fort. Die
Höchstwerte liegen zwischen 3 Grad auf Rügen und 16 Grad im südlichen
Oberrheingraben, eventuell auch stellenweise am Alpenrand.

In der Nacht zum Freitag kommt der Höhentrog unter Wellenlängenverlust rasch
ostnordostwärts voran, wobei sich über der Nordsee ein Teiltrog im Laufe der
Nacht abspaltet, zur südwestlichen Ostsee verlagert und bis Freitagfrüh rasch
das Vorhersagegebiet mit seiner Achse ostwärts überquert. Ihm folgt ein flacher
Höhenrücken, der sich morgens bereits über der Nordsee befindet.
Das Bodentief über den Shetlands kommt nur zögernd nach Norden voran. Dessen
Kaltfront überquert Deutschland im Laufe der Nacht rasch ostwärts, hängt aber
über Süddeutschland nach Südwesten zurück und gerät dort zunehmend in den
Einfluss eines sich dort vorderseitig des Höhenrückens aufbauenden
Bodenhochkeils. Während die schauerartigen Regenfälle über der Nordhälfte rasch
nach Osten vorankommen, bleibt es dagegen entlang und südlich der Donau sowie in
Teilen Ostbayerns noch trocken. Je nachdem, wie weit der Regen nach Südosten
vorankommt, besteht dort, aber eventuell auch in der Lausitz bei vorangegangenem
Frost erneut die Gefahr gefrierenden Regens mit Glatteisbildung. Ansonsten
bleiben die Mengen mit 1 bis 5 mm in 12 Stunden, im Nordseeumfeld und im
westlichen Bergland auch etwas mehr, gering und die Phase meist unkritisch (T850
hPa postfrontal -1 bis -3 Grad), nach Südwesten zu "zerbröselt" die Front
zunehmend.
Der Wind frischt vor allem unmittelbar präfrontal noch einmal aus Süd bis Südost
auf und es gibt stürmische Böen bzw. Sturmböen in den Gipfellagen der
Mittelgebirge sowie steife bis stürmische Böen in einigen prädestinierten Tälern
(z.B. im Erzgebirge und Zittauer Gebirge). Postfrontal fächert der Gradient
rasch auf und der Wind flaut ab, lediglich im Nordseeumfeld reicht es dann noch
für steife Böen, auf einigen Gipfeln für stürmische Böen, auf dem Brocken für
Sturmböen aus Südwest.
Im Südosten gibt es präfrontal bei aufgelockerter Bewölkung leichten Frost und
Glätte durch Überfrieren. Postfrontal lockern die Wolken im Westen ebenfalls
wieder auf, eventuell reicht es dort stellenweise auch für Bodenfrost und
Glätte.

Freitag ... etabliert sich ein umfangreiches, hochreichendes und
zentralsteuerndes Tiefdruckgebiet über dem mittleren Nordatlantik. Damit werden
die Weichen für ein frühlingshaftes Wochenende gestellt. Es schaufelt unablässig
auf seiner Vorderseite von Südwesten her sehr milde Luftmassen gen West- und
Mitteleuropa. Die WLA stützt den Höhenrücken über der Nordsee, der im
Tagesverlauf noch bis nach Mitteleuropa vorankommt, dabei aber bereits beginnt
zu amplifizieren.
Auch im Bodenfelde schwenkt ein Hochkeil allmählich über das Vorhersagegebiet
hinweg ostnordostwärts. Die über Süddeutschland gelegene Kaltfront kommt somit
nicht mehr weiter nach Südosten voran, sondern löst sich mehr oder weniger rasch
auf. Dabei kann es in der Oberlausitz sowie im mittleren Bayern bis zum
Schwarzwald noch gebietsweise etwas regnen, morgens und am Vormittag besteht
dann noch örtlich Glatteisgefahr. Im Tagesverlauf klingen diese Niederschläge
ab, ohne überhaupt das Alpenvorland und die Alpen zu erreichen.
Im übrigen Land bleibt es dagegen trocken. Während es im Bereich der sich
auflösenden Front sowie nach Osten zu noch eher bewölkt bleibt, kann sich sonst
zumindest zeitweise die Sonne durchsetzen, vor allem im Westen/Nordwesten, aber
auch Richtung Alpen und Hochrhein. In den Norden und in die Mitte hat sich
postfrontal erwärmte Polarluft (-1 bis -4 Grad in 850 hPa) durchgesetzt, während
sich die 850 hPa-Temperaturen im Süden noch zwischen +2 und +6 Grad bewegen. Vor
allem auf der präfrontal sonnigen Seite (südlicher Rheingraben, eventuell
Alpenrand) wird es mit 11 bis 16 Grad wieder sehr mild. Sonst liegen die
Höchstwerte zwischen 7 und 12 Grad.
Der Wind weht vor allem an den Küsten und auf den Bergen noch lebhaft aus
Südwest mit einzelnen Böen Bft 6 bis 7, auf exponierten Gipfeln Bft 8, auf dem
Brocken anfangs eventuell noch Bft 9, im Tagesverlauf flaut er aber allgemein
ab.


Modellvergleich und -einschätzung
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Anhand der synoptischen Basisfelder lassen sich keine warn- und
prognoserelevanten Unterschiede zwischen den Modellen ableiten.
Für die kommende Nacht bzw. den morgigen Frühstunden sind auch die
hochauflösenden Modelle bzgl. gefrierenden Regen sehr defensiv aufgestellt, die
stärksten Signale dafür hat noch das ICON-EU auf der Agenda (vor allem in
Niederbayern). Eventuell werden dabei die Frosteindringtiefe etwas unter- und
der Bodenwärmestrom überschätzt.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Winninghoff