DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

12-02-2021 09:01
SXEU31 DWAV 120800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Freitag, den 12.02.2021 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
GWL: HM (Hoch Mitteleuropa)

Kaltes Hochdruckwetter mit vor allem heute noch leichten zyklonalen Anteilen
(etwas Schneefall im Osten und in der Mitte). Im Südwesten Bise.

Synoptische Entwicklung bis Sonntag 24 UTC
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Freitag... zeigt die großräumige Potenzialverteilung ein stabiles Omega-Muster,
das uns auch am Wochenende erhalten bleibt. Einem Rücken über dem nahen
Ostatlantik stehen Tröge weiter westlich sowie über dem nahen Osteuropa
gegenüber. Vom östlichen Trog reicht ein Ableger bis zu uns nach Deutschland,
was die stark zyklonal konturierte nordwestliche bis nördliche Höhenströmung
erklärt. Normalerweise sollte man angesichts derartiger Rahmenbedingungen von
stark wechselhaftem, tiefdruckbeeinflussten Wetter ausgehen, doch das Gegenteil
ist der Fall. Die Chemie zwischen Höhentrog und der weiterhin kalten und
vielfach abgetrockneten arktischen Polarluft stimmt nicht, um das große
zyklonale Feuerwerk abzubrennen. Erschwerend kommt trotz allmählich zunehmender
Tageslänge die Jahreszeit dazu, vor allem aber auch die Bodendruckverteilung.
Die zeigt uns am Rande eines echten Schwergewichts, einem plumpen 1045-hPa-Hoch
namens HELIDA mit Zentrum über Südnorwegen. Einen Teil ihres hohen Luftdrucks
dürfte die gute HELIDA zwar dem über kalten Gebieten häufig auftretenden
Reduktionsfehler zu verdanken haben, an ihrer Wirksamkeit ändert das aber
nichts. Nicht nur das Zentrum des Hochs imponiert, auch der langgestreckte, bis
hinunter zur Balkanhalbinsel reichende Keil fällt ins Auge. Etwas genauer
hinschauen muss man allerdings, wenn man an der Südwestflanke des Hochs das
kleine Tief entdecken will (völlig unverständlich, warum dieses Tief von der FU
Berlin den Namen WOLFRAM bekommen hat, der in gestriger Analyse dem fetten und
immer noch präsenten Zentraltief südwestlich von Island zugeordnet war), das
heute von der französischen Atlantikküste zum westlichen Mittelmeer zieht.

Dieses Tief - egal welchen Namen es trägt - spielt für uns eigentlich keine
große Rolle. Dass es hier trotzdem Erwähnung findet, hat zwei Gründe. Zum einen
greifen ein paar hohe Wolkenfelder auf den Südwesten über, zum anderen sorgt es
im Zusammenspiel mit dem hoch für einen leicht gestauchten Gradienten, ebenfalls
im Südwesten. Dort stellt sich heute eine Bisenlage ein mit auffrischendem
Ostwind (Mittel 4-5 Bft, höhere Lagen darüber), der in freien Lagen in Böen
Stärke 7 Bft, im Hochschwarzwald und später auch auf der Alb Böen 8-9 Bft
erreicht. Da im Südwesten z.T. noch reichlich trockener Schnee liegt, wurde für
diese Region eine Warnung vor Schneeverwehungen herausgegeben, obwohl kein neuer
Schnee dazu kommt.

Und sonst so? - In weiten Teilen des Vorhersageraums setzt sich heute die Sonne
durch, vielfach schon unmittelbar nach deren Aufgang. Gebietsweise müssen aber
auch erst tiefe Wolken oder sogar einige Nebelfelder getilgt werden, was in
vielen Fällen gelingen wird. Es bleibt aber ein Streifen übrig, der grob
gesprochen den nördlichen Mittelgebirgsrand bzw. den nördlichen zentralen
Mittelgebirgsraum abdeckt (etwa von Ostwestfalen/Nordhessen bis hinüber nach
Sachsen und das südliche BB), in dem das mit der Sonne etwas schwieriger wird.
Hier kann es anfangs gebietsweise sogar noch etwas schneien, insbesondere dort,
wo die Luft auf Hindernisse trifft (also die Mittelgebirge). In Staulagen können
dabei noch mal ein paar Zentimeter Neuschnee zusammenkommen, tendenziell nehmen
die Niederschläge im Tagesverlauf aber ab. Das trifft auch auf die anfangs in
Ostvorpommern noch gegebene Schaueraktivität von der Ostsee zu.

Temperaturmäßig steht heute einmal mehr ein Eistag ins Haus mit Höchstwerten von
-5 bis 0°C, im Mittelgebirgsraum sowie im Süden gebietsweise nur -9 bis -5°C
(lokal sogar noch etwas darunter). Lediglich ganz im Westen, wo gestern
stellenweise schon zarte Plusgrade erreicht wurden, reicht es auch heute wieder
für etwa +1°C, wenn auch nicht überall (zum Teil liegt wenig Schnee, außerdem
greift der Tagesgang schon einigermaßen).

In der Nacht zum Samstag schwenkt der inzwischen weitgehend zahnlose Randtrog
langsam über Deutschland hinweg nach Süden. Derweil steigt der Luftdruck von
Norden her an, so dass der zuvor eher in Richtung Westpolen gerichtete Hochkeil
mehr und mehr den Weg zu uns findet. Am Morgen sollte das reduzierte Druckniveau
im Norden und in der Mitte um oder etwas über 1040 hPa liegen und die deutsche
Modellkette sieht über dem südlichen Niedersachsen gar ein regionales
Minizentrum mit etwas über 1042 hPa - mal sehen. Obwohl der Luftdruck auch im
Süden steigt und das o.e. seinen Abstand zu uns eher vergrößert, bleibt im
Südwesten ein leidlicher Gradient übrig, der die Bise am Laufen hält. Während in
tiefen Lagen eher eine leichte Windabnahme zu erwarten ist, kommt es in höheren
Gefilden zu einer Zunahme. Hauptgrund ist weniger der Gradient als vielmehr ein
Low-Level-Maximum, das etwa von RP/Saarland über BW bis nach bayerisch Schwaben
reicht. In 925 hPa werden je nach Modell bis zu 45 Kt simuliert, in 850 gar bis
zu 55 Kt. Damit steigt die Wahrscheinlichkeit für Böen 8-9 Bft um Ost
insbesondere in den Höhen von Schwarzwald und Schwäbischer Alb, exponiert sind
im Hochschwarzwald sogar schwere Sturmböen 10 Bft wahrscheinlich (MOS-Mix bietet
für die Hornisgrinde gar eine 11 Bft an, was nicht gänzlich ins Reich der Fabel
verwiesen werden sollte).

Ansonsten ist die Gute-Nacht-Geschichte für Deutschland rasch erzählt: in der
Mitte und im Osten gebietsweise wolkig, örtlich auch etwas Nebel (mit
Glättegefahr), sonst aber überwiegend klar und allgemein knasterkalt. Die
Temperatur geht verbreitet in den strengen bis sehr strengen Frostbereich
zwischen -10 und -20°C zurück, lokal (kein Wind, durchweg Aufklaren, ausreichend
Schnee) auch etwas darunter. Etwas zahmer mit nur mäßigem Frost zeigen sich
einige Gebiete im Norden und Westen des Landes.

Samstag... schwenkt der Randtrog süd-südostwärts aus Deutschland heraus, während
gleichzeitig der o.e. Rücken etwas dichter an den Vorhersageraum heranrückt. In
der Höhe resultiert daraus eine zunehmend antizyklonal konturierte Nordwest- bis
Nordströmung, unter der sich weiterhin das kräftige Bodenhoch befindet. Dessen
Divergenzachse reicht von Norden her bis zur Mitte. Westlich davon weht ein
schwacher Wind um Südost, östlich davon ein schwacher Wind um Nordwest. Im Süden
ist die Hauptwindrichtung weiterhin Ost und vor allem im südlichen BW, partiell
aber auch etwas weiter nördlich sowie in bayerisch Schwaben und dem
südwestlichen Alpenvorland ist der Wind flotter und böiger unterwegs als im
übrigen Land. Somit bleiben Schneeverwehungen zumindest tagsüber ein Thema und
die Hochlagen präsentieren sich stürmisch (8-10 Bft je nach Exposition), während
in tieferen Lagen ein paar steife Böen 7 Bft auf der Karte stehen.

Ansonsten präsentiert sich der morgige Samstag überwiegend von seiner
freundlich-winterlichen Seite. Die arktische Polarluft mit inzwischen
hausgemachter "Würze" durch nächtliche Ausstrahlung bleibt uns treu, auch wenn
durch fortwährendes Absinken die 850-hPa-Temperatur allmählich ansteigt (T850 am
Morgen noch -15 bis -9°C, zum Datumswechsel nur noch -11 bis -6°C). Verbreitet
setzt sich die Sonne durch, lediglich in Teilen der Mitte und des Ostens
entpuppen sich SC- respektive ST-Felder als harte Nüsse, die schwer zu knacken
sind. Hier und da fallen daraus sogar noch ein paar trockene Flocken. Die
Temperatur im Rheintal sowie an der See rund 0°C, sonst frostige -2 bis -8°C, in
den Mittelgebirgen hier und da noch etwas darunter.

In der Nacht zum Sonntag tut sich wenig an der Großwetterlage. Für uns bleibt
das Hoch der Maß der Dinge, wobei das Zentrum respektive die Divergenzachse
geringfügig nach Osten verschoben werden. Die Bisenlage im Südwesten entspannt
sich etwas, gleichwohl muss in höheren Lagen zunächst noch mit Böen 8-9 Bft
gerechnet werden. Ansonsten steht eine verbreitet klare Nacht ins Haus,
allerdings ist im Osten und Nordosten noch ausreichend Restfeuchte vorhanden, um
hochnebelartige Bewölkung oder Nebelfelder entstehen zu lassen. Die Tiefstwerte
liegen im Norden und Westen bei -5 bis -10°C, sonst zwischen -10 und -15°C, in
einigen schneebedeckten Senken und Tallagen des Berglands auch um -20°C.


Sonntag... zeigt das großräumige Strömungsmuster eine fast infinitesimal kleine
Progression, wobei sich die Amplituden der prägenden Potenzialgebilde (Trog +
Rücken + Trog = Omega) vergrößern. So rückt uns der Höhenrücken noch etwas
dichter auf die Pelle, um Mitternacht reicht seine Achse vom Europäischen
Nordmeer via Nordsee und Benelux bis hinunter zu den Pyrenäen und von dort bis
zu den Kanaren - what a ridge. Das korrespondierende Bodenhoch verlagert seinen
Schwerpunkt zum östlichen Mitteleuropa, wodurch der gesamte Vorhersageraum auf
dessen Westflanke gelangt. Damit steigen die Chancen, dass es den Wolken bzw.
dem Nebel und Hochnebel im Osten und Nordosten allmählich an den Kragen geht und
sich auch dort zunehmend die Sonne zeigt, wenn z.T. wohl auch erst am
Nachmittag.

In den übrigen Regionen ist das ohnehin der Fall, auch wenn im Tagesverlauf in
den westlichen Landesteilen vermehrt hohe Wolken am Himmel zeigen. Sie sind
Vorboten atlantischer Frontensystem, die über Westeuropa quasi in den
Startlöchern stehen, um die Blockadewirkung des kontinentalen Hochs
wegzuerodieren. Fakt ist, dass es mit der niedertroposphärisch auf Südost
drehenden Strömung sowie andauerndem Absinken die 850-hPa-Temperatur weiter
steigt auf Werte zwischen -7°C an der Oder und bis zu +2°C im Rheinland am
frühen Montagmorgen. Auch wenn die Kopplung zwischen 850 hPa und Boden nicht so
gut funktioniert wie im Sommer (vor allem nicht bei Inversionslage), bleiben die
2m-Temperaturen nicht ganz unbeeindruckt. Gerade im Westen geht´s hoch auf bis
zu +4°C, während aber im größten Teil des Landes weiterhin leichter, punktuell
mäßiger Dauerfrost herrscht.

Der Südostwind nimmt auf der Westflanke des Hochs, also in den westlichen
Landesteilen zu. In exponierten Lagen NRWs (Lee der Mittelgebirge, freie
Hochlagen) sowie auf der Nordsee könnte es ab dem Nachmittag für erste Böen 7
Bft reichen.

In der Nacht zum Montag verschiebt sich das gesamte Strömungsmuster noch etwas
weiter nach Osten. ICON nutzt das gnadenlos aus und lässt im Westen nicht nur
immer dichtere Bewölkung aufziehen, sondern simuliert in der zweiten Nachthälfte
sogar leichten Niederschlag in einem von Ostfriesland bis hinunter zum Saarland
reichenden Streifen. Hoffentlich nicht, möchte man ausrufen, würde dieses
Szenario doch überwiegend gefrierenden (Niesel)Regen mit Glatteis und
entsprechende Verkehrsbehinderungen bedeuten, auch wenn die Mengen nicht
besonders hoch sind. Noch ist die Prognose aber mit großer Skepsis zu
betrachten, u.a. weil die externen Modelle noch nicht auf Krawall gebürstet sind
und nur mit Wolkenfelder aufwarten. Auf alle Fälle nimmt der Südostwind im
Westen und Norden weiter zu mit Böen 8 Bft in exponierten Hochlagen sowie an der
Nordsee.

Was auch immer im Westen passiert, es wird einmal mehr eine kalte Nacht mit
verbreitet strengem Frost in der Osthälfte sowie in Süddeutschland (-10 bis
-15°C, lokal um -20°C). Etwas gemäßigter Das Niveau im Westen und Nordwesten
sowie in Küstennähe mit -2 bis -9°C.

Modellvergleich und -einschätzung
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Die Modellunterschiede sind sehr gering. Erst ab der Nacht zum Montag nimmt die
Spreizung im Westen allmählich zu, wenn´s wirklich interessant wird. Abwarten!

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Hoffmann