DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

10-02-2021 09:30
SXEU31 DWAV 100800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Mittwoch, den 10.02.2021 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
GWL: HNFz (Hoch Nordmeer Fennoskandien zyklonal)

Hochwinter par excellence - gebietsweise Schneefall, tagsüber verbreitet
Dauerfrost, nachts vielfach sehr strenger Frost unter -15°C. Heute im Süden
Schneefall, danach auch dort merklich kälter.


Synoptische Entwicklung bis Freitag 24 UTC
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Mittwoch... befindet sich Deutschland mitten unter einem umfangreichen
Höhentrogkonstrukt, das mit positiv geneigter Achse von Westsibirien bzw. der
Barentssee bis hinunter zur Iberischen Halbinsel respektive dem westlichen
Mittelmeer reicht. Das gesamte System besteht aus verschiedenen
Individualtrögen, die nicht alle in Phase agieren, weshalb das Gesamtbild - wenn
man auf der Zeitleiste nach vorne geht - relativ unruhig wirkt. Tendenziell ist
dabei eine leichte Progression, also Verlagerung gen Osten erkennbar.
Eingelagert ist auch ein kleines Höhentief, das heute früh über der westlichen
Ostsee positioniert ist. Es wird im Laufe des Tages ostwärts in Richtung
Baltikum abziehen, wodurch auch die Schaueraktivität von der Ostsee her eine
allmähliche Verlagerung gen Osten erfährt.

Im unteren Troposphärenbereich bestimmt weiter die nach Deutschland
eingeflossene arktische Polarluft das Geschehen. Lediglich im Süden halten sich
aktuell noch Reste der vormals milderen Luft, allerdings dauert es nicht mehr
lange, bis die Temperatur auch dort so richtig in den Keller geht. In den
Nachtaufstiegen von Oberschleißheim und Stuttgart wurden in 850 hPa -4 und -7°C
registriert (zum Vergleich, Lindenberg zum gleichen Zeitpunkt -17°C), morgen
früh dürfte die Sonde dort Werte um -14°C anzeigen. Während also südlich der
Donau heute früh nur leichter Frost zu verzeichnen war oder es sogar frostfrei
blieb (Hochrhein, Bodensee, Alpenrand), wurde weiter nördlich kältemäßig
ordentlich geklotzt. Spitzenreiter im DWD-internen Messnetz war
Mühlhausen/Thüringen mit 26,7°C und in Sontra (Hessen) wurde mit -25,6°C sogar
der Rekord aus dem Jahr 1963 (-25,0°C) geknackt (gemessen wird seit 1961).
Weniger kalt war die Nacht in Teilen Nord- und Nordwestdeutschlands, weil zum
einen die Luftmasse feuchter war (maritimer Einfluss), zum zweiten die
Wolkendecke weitgehend geschlossen war und zum dritten auch noch etwas Wind am
Start war.

Und wie geht´s nun heute weiter. Protagonisten auf der Bodenwetterkarte sind das
Nordmeerhoch GISELA mit ihrem Skandinavienableger HELIDA sowie das Tief VOLKER,
das bis Mitternacht vom Golf von Genua rüber auf die Adria wechselt. Es sorgt
heute in Süddeutschland für anhaltenden, sich von West nach Ost ausbreitenden
skaligen Schneefall. Bis morgen früh kommen etwa südlich einer Linie
Karlsruhe-Passau 5 bis 10 cm, im Bergland stellenweise bis zu 15 cm, im Allgäu
evtl. sogar bis 20 cm, auch wenn die Prognosen etwas zurückhaltender geworden
sind. Weiter nördlich - das Schneefallgebiet erreicht in seiner nördlichsten
Ausdehnung etwa eine Linie südliches Saarland-südliches Hessen-nördliche
Oberpfalz - fallen nur wenige Zentimeter bzw. nur wenige Flocken. Die anfangs im
äußersten Süden lokal noch gegebene latente Glatteisgefahr wird durch die
stetige Abkühlung (advektiv plus Niederschlagsabkühlung) sowie zunehmender
Durchfeuchtung der mittleren Troposphäre zunehmend getilgt.

Vom Süden in den Norden, wo nach wie vor die Ostsee als eifriger Produzent von
Schneeschauern auffällt. Heute Morgen reicht die Hauptschauerstraße vom Ostteil
der Mecklenburger Bucht an Hannover vorbei bis hinunter nach Ostwestfalen. Im
Tagesverlauf verliert diese Straße zunehmend an Kontur (die Windkonvergenz
weicht zunehmend auf) und auch an Intensität, so zumindest die Lesart der
meisten Modelle. Am eifristen bleibt EURO4 (18 UTC) bei der Sache, das dem Kreis
Lübeck und dem Herzogtum Lauenburg bis zu 15 l/qm Niederschlag innert 12 h
prognostiziert. Das wären teils über 20 cm Neuschnee, was wohl die absolut obere
Kante der Möglichkeiten abbildet. Der neue Lauf von 00 UTC hat die 12h-Menge
etwa um die Hälfte reduziert, so dass im Ostseeküstenbereich sowie leicht
landeinwärts größtenteils von 1 bis 5 cm, lokal um 10 cm Neuschnee ausgegangen
werden sollte. Auch im Osten und in der Mitte fällt gebietsweise Schnee. An der
Küste wird der Schnee vielfach verweht, weil der Nordostwind weiterhin flott
unterwegs ist mit Böen 6 bis 7 Bft (Mittel 4-5 Bft).
Im Auge muss man auch die Nordsee behalten, wo die Luftmasse im Zuge
mitteltroposphärischer Abkühlung labiler wird und zudem noch ein Randtrog für
zyklonale Rahmenbedingungen sorgt. Ausgewiesene Schauerstraßen werden aber nicht
simuliert.

Ansonsten gilt es noch zu konstatieren, dass im Norden und in der Mitte die
Wolkendecke mal mehr, mal weniger auflockert und die Sonne zumindest zeitweise,
gebietsweise auch für längere Zeit scheint. Dort, wo eher die Wolken die
Oberhand behalten, "krümelt" es immer mal wieder ein paar Flocken, für
substanziellen Neuschnee reicht das aber nicht. Die Temperatur geht nur im
äußersten Süden noch mal leicht ins Plus. Ansonsten steht leichter bis mäßiger
Dauerfrost, im östlichen und zentralen Mittelgebirgsraum sogar strenger
Dauerfrost zwischen -10 und -15°C auf der Karte.

In der Nacht zum Donnerstag schwenkt von der Nordsee her besagter Randtrog zu
uns rein. Er löst auf seiner Vorderseite in der Mitte des Landes leichte
Schneefälle aus, die unter dem Strich in der relativ trockenen Luft aber
unergiebig sind. Einzig in Staulagen der zentralen und östlichen Mittelgebirge
könnte es für 1 bis 3 cm Neuschnee reichen. An der Ostsee zieht sich die
Schaueraktivität in den äußersten Osten MVs zurück, wo es auch noch für einige
Zentimeter (evtl. sogar bis ins nordöstliche BB) reichen könnte. Dagegen nimmt
die Schaueraktivität über der Nordsee trotz einer -40°C-Blase in 500 hPa über
der Deutschen Bucht ab.

Abnehmen tut auch die Aktivität im Süden, wo sich die Schneefälle auf die
Gebiete südlich der Donau zurückziehen. Dort können noch mal 1 bis 5 cm, im Stau
der Alpen um oder etwas über 10 cm zusammenkommen. Nach Abzug des Tiefs zur
Adria und gleichzeitigem Druckanstieg über Westeuropa dreht der Wind landesweit
auf nördliche Richtungen, wodurch die Kaltluft nun auch bis zu den Alpen
vorstößt (siehe oben). Die Temperatur geht verbreitet in den mäßigen bis
strengen, gebietsweise (wo es aufklart und genügend Schnee liegt) sehr strengen
Frostbereich zurück. Aufgrund heterogener Bewölkungsprognose ist die
Detailprognose der Temperaturminima nicht trivial. Man sollte in den Warnungen
eine vergleichsweise große Spanne angeben und bei den Spitzen unter die
MOS-Vorschläge gehen. Am kältesten wird es bei Aufklaren in der Mitte und im
Süden mit punktuell unter -20°C, lokal nahe -25°C. Wenn sich nach dem Aufklaren
allerdings Nebel bildet, was gut sein kann, wird es freilich nicht so kalt.


Donnerstag... schwenkt der o.e. Randtrog langsam in Richtung Polen durch.
Zwischen dem Trog und einem breiten, bis hoch zum Nordmeer reichenden Rücken
über Westeuropa stellt sich bei uns eine zunächst noch zyklonal, später
zunehmend indifferent konturierte nordwestliche Höhenströmung ein. Derweil
steigt der Luftdruck von Westen her stetig an, weil das Hoch über Nordeuropa
einen kräftigen Keil nach Süden aussendet, dessen Divergenzachse in der Nacht
zum Freitag mitten über Deutschland liegt.

Mit Übergreifen des Hochkeils trocknet die Kaltluft niedertroposphärisch ab, was
die Chancen auf längeren Sonnenschein in der Westhälfte, aber auch im Süden
deutlich steigen lässt. Dabei bleibt es im Großen und Ganzen niederschlagsfrei
(über und an der Nordsee sind allerdings Schneeschauer möglich) und auch die
anfangs am Alpenrand noch auftretenden leichten Schneefälle hören alsbald auf.
Im Osten hingegen muss zwischen Ostsee und Erzgebirge, vielleicht auch noch
etwas weiter westlich, mit leichtem Schneefall gerechnet werden. Gebietsweise
fallen 1 bis 3 cm, im Stau des Erzgebirges lokal bis zu 5 cm, wobei aber
berücksichtigt werden muss, dass der Schnee in der Regel sehr fluffig ist, d.h.
es sieht z.T. nach viel aus, obwohl das Wasseräquivalent gering ist. Direkt an
der ostvorpommerschen Ostseeküste sind punktuell auch um 10 cm Neuschnee
möglich, wenn sich abermals eine Schauerstraße aufbaut, wie von mehreren
Modellen gezeigt wird.

Die Tageshöchsttemperatur liegt in der Kaltluft (T850 nun landesweit -10 bis
-16°C) zwischen -7 und 0°C, im Bergland sowie gebietsweise in Bayern zwischen
-11 und -7°C.

In der Nacht zum Freitag schiebt sich von Westen her der o.e. Hochkeil zu uns
rein. Das ändert aber nichts daran, dass in Küstennähe nicht weiterhin
Schneeschauer auftreten können. Und auch in den östlichen Landesteilen kann es
hier und da immer noch mal leicht schneien. Ansonsten löst sich die tiefe
Bewölkung mehr und mehr auf, so dass die Temperatur in weiten Landesteilen in
den strengen Frostbereich zwischen -10 und -20°C, lokal um -25°C zurückgeht.
Lediglich unmittelbar an der See wird es nicht ganz so kalt. In der Mitte bildet
sich stellenweise Nebel.

Freitag... schwenkt der Hochkeil langsam in Richtung Osten, trotzdem bleibt das
Geschehen bei uns weitgehend antizyklonal geprägt. Das "Mutterhoch" hat sein
Zentrum mittlerweile über Südnorwegen (etwas über 1040 hPa), von wo aus es
weiterhin Blockade betreibt. Der Wind dreht nun wieder mehr auf östliche
Richtungen und nimmt im Westen und Süden etwas zu (im Südwesten stellt sich eine
Bisenlage ein). In freien Lagen sind Böen bis Stärke 7 Bft drin, in höheren
Lagen je nach Exposition auch 8 Bft. Aufgrund des zuvor gefallenen und
inzwischen durchweg trockenen Schnees muss z.T. mit Schneeverwehungen gerechnet
werden. Ob es im äußersten Süden, wie von ICON simuliert, im Tagesverlauf von
der Schweiz, dem Vorarlberg und Tirol heraus beginnt zu schneien, muss derzeit
noch stark angezweifelt werden. IFS und GFS wollen davon nichts wissen, während
SuperHD durchaus Interesse für diese Lösung aufbringt. Hier wird man weiter
monitoren müssen, ob die Tiefdruckrinne über Frankreich und dem westlichen
Mittelmeer (die als Fortsatz des umfangreichen Orkantiefs WOLFRAM über dem
Ostatlantik fungieren) über ausreichend Präsenz und Substanz verfügt, um sich
gegen das Hoch und den kalten Ostwind durchzusetzen.

Durchsetzen wird sich am Freitag auf alle Fälle die Sonne, wenn auch nicht
überall im Lande. Vor allem in der Mitte und im südlichen Norddeutschland
bleiben noch Reste tiefer ST-/SC-Bewölkung übrig, aus denen ein paar Flocken
fallen können. Ansonsten aber stehen die Chancen gut für einen sonnigen oder
zumindest heiteren und kalten Wintertag mit leichtem bis mäßigen, punktuell
sogar strengem (um- 10°C) Dauerfrost. Auch die Schauerneigung an den Küsten
nimmt allmählich ab.

In der Nacht zum Samstag simuliert ICON weitere Schneefälle im äußersten Süden,
deren Auftreten aber nach wie vor fraglich ist. Ansonsten präsentiert sich der
Himmel verbreitet gering bewölkt oder klar, am ehesten treten nach Osten hin
noch gebietsweise tiefe Wolken oder Hochnebel mit wenigen Flocken, stellenweise
auch Nebel auf. Die Tiefstwerte dürften auf ähnlichem Niveau wie in der Vornacht
liegen.

Modellvergleich und -einschätzung
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Die Basisfelder werden von den Modellen sehr ähnlich simuliert. Die
unterschiedliche Snow-Prognose für den äußersten Süden am Freitag wurde im Text
angesprochen. Hier gilt es noch abzuwarten.
In Bezug auf die Temperaturprognose sei erwähnt, dass MOS die tiefen Spitzen in
den Nächten nicht erwischt (vor allem bei Aufklaren) und auch tagsüber teilweise
zu hoch liegt. Das sollte man sowohl in den Vorhersagen als auch in den
Warnungen berücksichtigen. Die vergangene Nacht bietet sich dabei ganz gut als
Lernplattform an. Der DMO von ICON scheint auf alle Fälle besser zu sein, wenn
die Bewölkung passt.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. **