DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

09-02-2021 18:30
SXEU31 DWAV 091800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Dienstag, den 09.02.2021 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
Hochwinterlich kalt mit teils sehr strengem Frost. An der Ostsee starke
Schneeschauer mit Unwettergefahr durch starke Verwehungen. Dort teils auch noch
in Böen stürmischer Nordostwind.

Synoptische Entwicklung bis Freitag 12 UTC
-------------------------------------------------------------
Aktuell ... verläuft die Frontalzone in unserem Raum sehr weit südlich über dem
Mittelmeerraum, wobei aber auch weiter nördlich in unseren Breiten noch eine
schwächere westliche Höhenströmung herrscht, in der Tröge und Rücken zu finden
sind. Stark prägend für unser Wettergeschehen ist ein vom Kältepol über
Westsibirien ausgehender und sich weit nach Südwesten erstreckender
Langwellentrog, dem sich ein aktuell zur Biskaya schwenkendes Höhentief
angliedert. Zudem ist an der Südflanke dieses Langwellentroges ein
Kurzwellentrog entlanggelaufen, der im Süden etwas Schneefall gebracht hat, aber
jetzt nach Osten abzieht und einem kurzwelligen Rücken den Platz freimacht. Ein
langwelliger Rücken wölbt sich derzeit westlich der Britischen Inseln auf.
Dieser stützt ein Hoch über Grönland, von dem aus sich eine Hochdruckbrücke bis
nach Osteuropa erstreckt. Die Tiefs ziehen dagegen, der Lage der eigentlichen
Frontalzone entsprechend, durch den Mittelmeerraum. Über Deutschland ist aus
Osten eine sehr kalte Luftmasse eingeflossen. So wurden heute Mittag über der
Mitte und dem Norden Deutschlands in 850 hPa flächendeckend -12 bis -16 Grad
gemessen, etwas milder ist es dagegen noch über dem Süden (-5 Grad über
Altenstadt). Im äußersten Süden gab es dann heute auch noch leichte Plusgrade,
wohingegen in der Mitte und nach Osten hin heute teils -10 Grad nicht mehr
erreicht wurden. Über der Ostsee hat sich eine Schauerstraße gebildet, die Rügen
und Zingst touchiert und Schneeschauer nach Ostholstein ziehen lässt, weiter
nach Südwesten hin lösen sich diese nördlich von Hamburg langsam auf. Da an
einigen Abschnitten der Ostseeküste (insbesondere auch in diesem Bereich) der
Wind noch mit steifen bis stürmischen Böen aus Nordost weht, wurden in den
genannten Bereichen Unwetterwarnungen vor Schneeverwehungen ausgegeben, in
Holstein zudem auch Unwetterwarnungen vor Schneefall. Bisher ließen sich aber im
Messnetz noch keine größeren Neuschneehöhen verifizieren, aber das muss nichts
heißen. Ansonsten ist es in den heutigen Abendstunden von geringfügigem
Schneefall abgesehen niederschlagsfrei. Insbesondere im Norden und in der
nördlichen Mitte hat die Wolkendecke auch größere Lücken bekommen.

Diese Lücken sollen sich auch in der Nacht zunächst noch halten, bevor sich auf
der Vorderseite des von der Biskaya nach Frankreich ziehenden Troges zunächst
hohe, später mittelhohe Wolkenfelder bis in die Nordhälfte ausweiten. Wo sich
diese Lücken länger halten, wo viel Schnee liegt und die kälteste Luftmasse,
muss wohl recht verbreitet mit Tiefstwerten unter -20 Grad gerechnet werden,
stellenweise sind dort auch unter -25 Grad zu erwarten. MOSMIX geht immerhin bis
örtlich -20 Grad mit, ICON bis -24 Grad. Ansonsten gibt es eine große Zone mit
Tiefstwerten zwischen -10 und -20 Grad, also alles ocker-warnwürdigem strengem
Frost. Milder mit nur mäßigem Frost ist es im Norden und teils sogar nur
leichten Frost gibt es in der milderen Luftmasse ganz im Süden. Kommen wir zum
Wetter: Die Schauergebiete an der Ostsee sollen in der Nacht allmählich etwas
Richtung Südosten schwenken, in etwa bis Hamburg. Weiterhin weht in diesem
Bereich der Nordostwind recht stark mit zumindest starken bis steifen Böen, was
auf jeden Fall noch für markante Schneeverwehungen ausreicht. Neuschneehöhen bis
zu 10 cm können sich innerhalb einiger Stunden akkumulieren, wo die
Schauerstraßen lange verharren auch bis zu 20 cm. Unwetterwarnungen sollten aber
nicht mehr erforderlich sein. Im Süden kommt - wie schon erwähnt - der Trog nach
Frankreich voran und auf seiner Vorderseite bildet sich über dem Löwengolf ein
Tief, das rasch zum Golf von Genua weiterzieht. Dadurch frischt im Südwesten der
Nordostwind etwas auf und in der zweiten Nachthälfte kommen im Südwesten
Schneefälle auf. Dort wird vorübergehend auch noch einmal niedertroposphärisch
etwas mildere Luft eingesteuert, so dass sich vorübergehend eine warme Nase
bilden kann, die aber durch die Südkomponente des Höhenwindes (der Wind dreht
oberhalb 800 hPa auf Süd) leicht föhnig abgetrocknet ist, so dass durch diese
durch kaum Niederschlag fallen sollte und damit auch die Gefahr von gefrierendem
Regen nicht besteht. Im großen Rest des Landes bleibt es meist niederschlagsfrei
und über der östlichen Mitte bildet sich sogar ein Hochschwerpunkt, was dort den
Wind einschlafen lässt und die Abkühlung auch noch begünstigt. Zudem kann sich
auch teilweise Nebel bilden.

Mittwoch ... schwenkt der Trog unter Ausweitung nach Süden weiter nach Osten und
das Bodentief verlagert seinen Schwerpunkt zur Adria. Da gleichzeitig auch vom
Schwarzen Meer ein Tief nordwärts zieht, dreht der Wind von östlicher auf
nördliche Richtung. An einigen Küstenabschnitten der Ostsee kann es noch steife
Böen aus Nordost geben, ansonsten weht der Wind meist schwach bis mäßig. Mit der
Winddrehung kommt aber die Kaltluft in der zweiten Tageshälfte auch an den Alpen
an, so dass im Alpenvorland, wo die Temperatur auch morgen noch einmal knapp
über 0 Grad steigen kann, auch der Dauerfrost einsetzt. In 850-hPa erreicht
immerhin dann die -4-Grad-Isotherme die Alpen. Ansonsten dürfte morgen das
Temperaturniveau ähnlich wie heute sein, außer in den Regionen, die sich heute
Nacht sehr stark abkühlen. Da sind dann auch Höchstwerte teils unter -15 Grad
vorstellbar. Das Schneefallgebiet, das an den Trog und das Tief gekoppelt ist,
verlagert sich morgen langsam von West nach Ost, wobei der Schneefall erst in
der Nacht zum Donnerstag allmählich nachlässt. Insgesamt werden südlich einer
Linie Karlsruhe-Passau meist 5 bis 10 cm Neuschnee erwartet, im Bergland bis zu
15 cm, im Allgäu auch bis über 20 cm. In einem nördlich daran anschließenden
Saum fällt etwas weniger Schnee. Ansonsten sollen auch die Schauerstraßen von
der Ostsee her anhalten, sich aber noch etwas weiter nach Südosten hin drehen
und etwas schwächer werden. Bis zu 10 cm Neuschnee, lokal auch 20 cm, sind
weiterhin vorstellbar. Da der Wind schwächer wird, geht auch die Gefahr von
starken Verwehungen zurück. Da im Nordseeraum durch Vorstoß von Höhenkaltluft
die Schichtung weiter labilisiert wird, steigt auch dort die Schauerneigung.
Ansonsten ist es aber von leichtem Schneegekrümel abgesehen weitestgehend
trocken. Vor allem Richtung Nordwesten und vor allem in der zweiten Tageshälfte
kann es auch längere sonnige Abschnitte geben.

In der Nacht zum Donnerstag weitet sich von Nordosten her der Trog und über
unserem Land die Höhenkaltluft aus. Bodennah kommt mit den nördlichen Winden die
Kaltluft endgültig bis ganz in den Süden und am Donnerstagmorgen hat in 850 hPa
die -12-Grad-Isotherme ganz Deutschland überquert, ganz im Osten sind es -16
Grad. Im Süden lassen die Schneefälle, wie oben schon beschrieben, nach und
ziehen sich an die Alpen zurück, wo leichter Stau herrscht. Stau gibt es auch am
Erzgebirge, auch dort kann es wenige Zentimeter Neuschnee geben. Der Wind an der
Ostsee lässt weiter nach und es schwächen sich dort auch die Schneeschauer ab.
In größeren Landesteilen soll es zu Auflockerungen kommen, so dass sich über den
meist vorhandenen Schneeflächen die Luft stark abkühlen kann. Allerdings ist es
etwas windiger als in der Nacht zu zuvor, was die Tiefstwerte vielleicht nicht
mehr ganz so weit sinken lässt, auch die Nebelgefahr ist dann geringer. Grob
kann man sagen, dass in fast ganz Deutschland strenger Frost zwischen -10 und
-20 Grad zu erwarten ist, in ungünstigen Lagen über dicken Schneedecken bis -25
Grad. Deutlich milder ist es nur in der Nähe der See.

Donnerstag ... schwenkt der Höhentrog nach Osten, der Rücken weitet sich über
dem Nordmeer aus. Der Schwerpunkt des Bodenhochs wandert Richtung Skandinavien,
einen Ableger des Hochs soll es über dem Westen des Landes geben. Während es
dort schwach umlaufende Winde gibt, kommt er sonst meist mäßig aus nördlichen
Richtungen. Es dominiert Absinken, so dass es meist niederschlagsfrei bleibt,
wobei teils Stratocumulusfelder über den Himmel ziehen, teils die Sonne scheint.
An der Ostsee können weiterhin Schneeschauer entstehen, auch am Erzgebirge kann
es staubedingt noch leicht schneien. An der Luftmasse ändert sich nichts, so
dass ein neuer kalter Wintertag ins Haus steht. MOSMIX deutet am Donnerstag
tagsüber eine deutliche Erwärmung im Vergleich zu den Vortagen an, was
vielleicht auf etwas mehr Sonne zurückzuführen ist. Das erscheint aber nicht
realistisch. Vielmehr darf man sicher wieder in den meisten Regionen mäßigen
Dauerfrost annehmen, im östlichen Bergland sicher auch wieder strengen
Dauerfrost. Milder wird es vielleicht ganz im Westen und an den Küsten, aber
auch dort bleiben wir im Dauerfrostbereich.

In der Nacht zum Freitag ändert sich nicht viel an der Lage. Weiterhin bestimmt
das Hoch mit Schwerpunkt über Südskandinavien die Wetterlage. Es streckt einen
Keil südwärts nach Deutschland aus. Meist ist es folglich windschwach, etwas
stärker weht der Wind um die Ostsee und eventuell auch stärker böig aus Ost in
den Höhenlagen des Südwestens. Schneeschauer kann es weiterhin im Umfeld der See
geben. Wieder sinkt die Temperatur vor allem bei klarem Himmel in den Keller,
teils ist es aber auch bewölkt. Somit können in den meisten Regionen wieder
streng frostige Tiefstwerte zwischen -10 und -20 Grad erwartet werden, mit
einzelnen Ausreißern bis -25 Grad. Deutlich milder ist es allenfalls an der See.
Bei den ruhigen Windverhältnissen muss zur Landesmitte hin wieder verstärkt mit
Nebelfeldern gerechnet werden.

Freitag ... ändert sich weiterhin nicht viel bei der Wetterlage. Der
Hochdruckkeil verlagert sich leicht nach Osten, so dass in vielen Regionen der
Wind wieder auf Ost dreht und vor allem im Südwesten etwas stärker weht.
Warnwürdig ist er aber nicht. Unter Hochdruckeinfluss bleibt es
niederschlagsfrei, auch an der Ostsee sind Schauer wohl die Ausnahme.
Gebietsweise können sich Stratusfelder halten, ansonsten scheint vielfach die
Sonne. Das Temperaturniveau sollte sehr ähnlich dem des Vortages sein, also
wahrscheinlich wieder knapp unterhalb der MOS-Prognosen.


Modellvergleich und -einschätzung
----------------------------------------------------------------
Im Großen und Ganzen wird die synoptische Lage sehr übereinstimmend simuliert.
Größere Unsicherheiten bestehen bei den Schneemengen an den Ostseeschauern, die
Verlagerung der Schauerzugbahnen wird recht übereinstimmend simuliert, diese
soll nach Südosten über Hamburg hinweg nach Lauenburg schwenken. Wie oben schon
angedeutet, gestaltet sich die Temperaturprognose recht schwierig, zumal bei den
aktuellen Verhältnissen die Modelle schon Schwierigkeiten haben (wobei ICON-EU
sicherlich in die richtige Richtung geht) und das MOS erst recht. Deswegen
schadet es auch nicht, bei den Temperaturen mutig nach unten abzuweichen (so wie
das heute auch schon geschehen ist), insbesondere wenn der Himmel aufklart.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl.-Met. Peter Hartmann