DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

08-02-2021 18:30
SXEU31 DWAV 081800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Montag, den 08.02.2021 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
An der Ostsee zunehmend starke Schneeschauer mit Unwettergefahr, auch durch
Schneeverwehungen. Sonst kaltes Winterwetter mit gebietsweisem Schneefall.

Synoptische Entwicklung bis Donnerstag 12 UTC
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Aktuell ... verläuft die Frontalzone im europäischen Raum sehr weit südlich im
Bereich des südlichen Mittelmeerraumes, so dass unser Vorhersagegebiet komplett
auf der kalten Seite liegt, in der eine schwache mäandrierende westliche
Höhenströmung besteht. In den Polargebieten steht sehr niedrigem Potential über
dem Nordwesten Sibiriens höheres Potential im Bereich Grönlands gegenüber.
Dieses stützt bodennah ein kräftiges Hoch, von dem aus sich eine langgestreckte
Hochdruckzone über das Nordmeer und Nordeuropa bis nach Osteuropa erstreckt.
Dagegen ziehen Tiefs auf weit südlicher Zugbahn durchs Mittelmeer nach Osten, so
dass hierzulande der Wind zumeist aus Ost bis Nordost weht, sich allerdings auch
über dem Norden Deutschlands deutlich abschwächt. An der Ost- und Nordsee gibt
es aber weiterhin Sturmböen aus Ostnordost. Auch im Binnenland
Schleswig-Holsteins ist es sehr windig. Mit dem Wind ist eine arktische
Luftmasse weit nach Deutschland eingedrungen, so dass insbesondere in weiten
Teilen der Mitte heute Abend die Temperatur flächendeckend unter -5 Grad liegt.
Ganz im Süden liegt nach wie vor eine deutlich mildere Luft, in der heute
tagsüber noch einmal mehr als 5 Grad erreicht wurden. Allerdings gibt es aktuell
keine scharf ausgeprägte Luftmassengrenze mehr. Das Schneefallgebiet, das in der
letzten Nacht weit über die Kaltluft nach Norden gesteuert wurde, schwächt sich
über der Nordhälfte Deutschlands langsam ab. Ein Höhentief zieht derzeit in den
Westen Deutschlands und paust sich auch sehr schwach im Bodenfeld ab. Leichte
Schneefälle breiten sich dabei vom Südwesten ostwärts aus, wobei südlich der
Donau in milder Luftmasse noch Regen fällt.

In der Nacht zum Dienstag schwenkt das Höhentief nach Osten in Richtung Polen.
Ihm folgt ein weiterer Bodentrog nach. Somit zieht das oben erwähnte
Niederschlagsgebiet in der Nacht über Bayern hinweg nach Tschechien, wobei auch
südlich der Donau der Regen in Schnee übergeht. Meist fallen 1 bis 3 cm, örtlich
bis zu 5 cm. In der zweiten Nachthälfte greift dann vom Bodensee her ein
weiteres Schneefallgebiet auf Deutschland über. Das große Schneefallgebiet über
der nördlichen Mitte schwächt sich ab, meist gibt es dort nur noch 1 bis 2 cm,
hier und da, vor allem im Harzumfeld können es aber auch noch einmal bis zu 5 cm
sein. Zu guter Letzt setzt an der Ostsee allmählich der Lake-Effekt ein und
Schauerstraßen sollen (mit sehr guter Übereinstimmung zwischen den Modellen)
entlang leichter Konvergenzen über die Region
Rügen-Hiddensee-Zingst-Darß-Fischland (sowie evtl. auch etwas landeinwärts
ausgreifend) und von Fehmarn über Ostholstein bis nördlich Hamburg ziehen.
Entlang der Schauerstraßen sind 10 bis 20 cm Neuschnee zu erwarten, kleinräumig
auch bis zu 40 cm. Dazu kommen ordentliche Schneeverwehungen, denn entlang der
Ostsee weht der Nordostwind in Böen zumindest teilweise weiter stürmisch.
Deswegen wurden Unwetterwarnungen aufgrund von Schneefall und Schneeverwehungen
ausgegeben. Auch über der Nordsee gibt es noch steife bis stürmische Böen, im
Land zwischen den Meeren noch steife Böen. Ansonsten weht der Wind nur schwach
aus meist östlichen bis nördlichen Richtungen. Neben den ganzen
Schneefallgebieten kann es dazwischen auch mal auflockern, vor allem vom Westen
bis in die Mitte. Die Temperatur sinkt weiter ab, auch im Süden in den
Frostbereich. In einem großen Dreieck zwischen Westen, Nordbayern und Vorpommern
muss verbreitet mit strengem Frost gerechnet werden, sehr strenger Frost ist vor
allem vom Süderbergland ostwärts und über große Teile Ostdeutschlands hinweg zu
erwarten. Sollte dort über den Schneeflächen der Himmel auflockern, sind auch
örtlich unter -20 Grad drin.

Dienstag ... schwenkt der oben erwähnte Höhentrog über den Süden hinweg und
nachfolgend erreicht uns von Südwesten ein Rücken. Ein weiterer Höhentrog
schwenkt von der Nordsee heran, zeichnet sich aber kaum durch Wetteraktivität
aus. Bodennah verbleiben wir am Rande der Hochdruckzone, allerdings soll sich
über Deutschland ein kleines Zwischenhoch bilden. Damit bleibt der Wind über dem
Norden recht ruhig, nur an der Ostsee gibt es bis zum Abend noch starke bis
stürmische Böen. Über dem Süden verstärkt sich dagegen der Nordostwind etwas, so
dass die Kaltluft bodennah noch etwas nach Süden vorankommt. In 850 hPa kommen
wir aber trotzdem gerade mal auf -3 Grad am Alpenrand, was vom Hochrhein über
den Bodensee und entlang den Alpen immer noch einige Plusgrade tagsüber erlaubt.
Das kann man sich anderswo kaum vorstellen, erreichen doch über der östlichen
Mitte die Werte in 850 hPa eher selten zu sehende -18 Grad, was dort strengen
Dauerfrost gebietsweise wahrscheinlich macht. Beim Wetter spielen vor allem zwei
Systeme eine Rolle. Zum einen zieht das neue Schneefallgebiet über das
Alpenvorland hinweg ostwärts, vermag dort aber allenfalls wenige Zentimeter
nassen Schnees zu bringen. Zum anderen halten um die Ostsee die oben schon
beschriebenen Schneefälle weiter an. Im übrigen Land krümelt es höchstens mal
leicht aus den Wolken, die regional auch etwas auflockern können.

In der Nacht zum Mittwoch lenken wir unseren Blick auf einen weiteren Höhentrog,
der von der Biskaya nach Frankreich schwenkt. Auf seiner Vorderseite kommt es
über dem Löwengolf zur Zyklogenese, wobei das entstehende Tief bis zum Morgen
schon bis zum Golf von Genua zieht. Es bringt von Südfrankreich bis zu den
Südalpen kräftige Regen- und Schneefälle und in der zweiten Nachthälfte greift
auch Schneefall auf den Südwesten Deutschlands über. Des Weiteren kommt es im
Bereich der Ostsee weiterhin zu Schneeschauerstraßen, deswegen ist auch gar
nicht sicher, ob die Unwetterwarnungen verlängert oder in etwas andere Gebiete
ausgedehnt werden müssen. Zumindest kleinräumig könnte es an der Ostsee auch
noch recht strammen Nordostwind mit starken bis stürmischen Böen geben.
Ansonsten ist der Wind allgemein schwach und schläft unter dem schwachen Hoch
über Ostdeutschland fast ein. In großen Teilen des Landes verläuft die Nacht
weitgehend niederschlagsfrei und vor allem in der Mitte kann es auch größere
Auflockerungen geben. Die Region des strengen Frostes dürfte ähnlich der
Vornacht sein, allerdings dürfte es insbesondere bei Auflockerungen in der
Schwachwindzone über dicken Schneedecken noch einmal etwas kälter werden.
Insbesondere über dem Osten Thüringens und in großen Teilen Sachsens muss nach
dem ICON-Modell mit Tiefstwerten zwischen -20 und -25 Grad gerechnet werden.
Ganz unrealistisch ist das nicht, das kaum unter -16 Grad reichende MOS scheint
den Winter dagegen noch nicht ganz erfasst zu haben. Viel milder mit nur
leichtem bis mäßigem Frost bleibt es im Nordwesten und Süden.

Mittwoch ... weitet sich der Trog von Frankreich stark nach Südosten aus und
erreicht Tunesien. Gleichzeitig kommt der andere Trog von der Nordsee mit immer
mehr Höhenkaltluft heran. Dadurch verändert sich auch die Druckkonstellation am
Boden etwas. Das Hoch zieht sich stark aufs Nordmeer zurück, wohingegen in Ost-
und Südosteuropa der Druck fällt. Dies lässt den Wind überall auf Nordost
drehen, so dass die bodennahe Kaltluft im Tagesverlauf auch die Alpen erreichen
sollte. Auch in 850 hPa geht das Temperaturniveau im Tagesverlauf über
Süddeutschland zurück, so dass am Abend nördlich der Donau überall -10 bis -17
Grad erreicht werden. Die Schneefälle ziehen über den Süden Deutschlands hinweg
und sollen maximal bis zum Main nordwärts ausgreifen. Mit ganz viel Pech können
sich im äußersten Süden noch einmal warme Nasen in die Temps einschleichen, das
wird aber aktuell nicht prognostiziert, so dass wir von Neuschneehöhen von meist
etwa 5 cm ausgehen. Des Weiteren kann es auch über der Nordsee zu Schneeschauern
kommen und auch für Schauerstraßen von der Ostsee her besteht weiterhin
Potential, dort sind eventuell auch noch Windwarnungen möglich, während sonst
der Wind unter den Warnschwellen liegt. Vor allem in der Nordwesthälfte kann
sich gebietsweise die Sonne durchsetzen. Das Temperaturniveau liegt tagsüber
meist zwischen -2 und -8 Grad, ganz im Süden werden es auch noch einmal knapp
über 0 Grad. In den sehr kalten Regionen der östlichen Mitte kann man sich
durchaus auch strengen Dauerfrost deutlich unter -10 Grad vorstellen, aber das
hängt natürlich auch von den Nachtwerten ab.

In der Nacht zum Mittwoch stößt der Trog mit der Höhenkaltluft bis zu den Alpen
vor, in 850 hPa sinkt dabei landesweit die Temperatur unter -12 Grad, in Sachsen
wieder auf -18 Grad. Der Wind weht meist schwach aus nördlichen Richtungen,
lediglich um die Ostsee kann es noch windiger sein. Dort werden auch weiterhin
Schneeschauer simuliert. Im Süden sorgt der Trog noch für leichte Schneefälle,
an den Alpen können mit Hilfe des zunehmenden Staus auch durchaus 5 bis 10 cm
Neuschnee zusammenkommen. Dort wird es nun auch richtig kalt, die Temperatur
sinkt deutlich in den mäßigen Frostbereich. Ansonsten muss in großen Teilen des
Landes mit strengem oder sehr strengem Frost gerechnet werden, zumal außerhalb
der Schneefallgebiete auch die Auflockerungen größer werden. Über die genauen
Temperaturen folgt in späteren Übersichten mehr, die Modelle und das MOS
scheinen sich schwer zu tun. Erwähnt werden sollte noch, dass es auch in den
anderen Regionen noch hier und da leicht schneien oder grieseln kann, denn - wie
Kollege Schumann zu sagen pflegt - bei dieser Temperatur "krümelt's aus jeder
Wolke".

Donnerstag ... schwenkt der Trog weiter nach Osten und über den Britischen
Inseln baut sich ein Höhenrücken auf. Das Bodenhoch verlagert seinen Schwerpunkt
nach Skandinavien und der Wind dreht wieder etwas Richtung Ost. Somit hält die
Zufuhr kalter Luft weiter an und in 850 hPa ändert sich das Temperaturniveau
wenig. Während der Wind meist schwach ist, weht er im Südwesten und um die
Ostsee noch etwas frischer. Ansonsten ist das Wetter, so wie man es erwartet,
wenn das ganze Land von mehr oder weniger kontinentaler Arktikluft (cA, xA)
beeinflusst ist und recht verbreitete Schneedecken (wenngleich sehr
unterschiedlicher Mächtigkeiten) auch noch lokale Hausmacherkälte zuliefern.
Teils sonnig, teils ist der Himmel aber auch mit Stratus und Stratocumulus
überzogen, so dass auch immer wieder mal ein bisschen weiß vom Himmel fällt,
meist aber so wenig, dass es bald wieder sublimiert. Vielleicht darf man sich in
den Frühstunden auch mal über Diamantstaub freuen. Lediglich die Küstengebiete
bleiben schneeschauergefährdet und auch am Erzgebirge kann vielleicht etwas mehr
fallen mit Nordweststau. Die Temperaturhöchstwerte verharren landesweit im
Frostbereich, in vielen Regionen der Mitte, und des Südens auch im mäßigen
Frostbereich, nach Osten zu teils auch im strengen Frostbereich. Dies lässt die
Herzen der Winterfreunde (die in den letzten Jahren so viel Kummer ertragen
mussten) sicherlich höherschlagen.


Modellvergleich und -einschätzung
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Die Modellunterschiede sind gering und bedürfen keiner großen Erläuterung. Auf
Unsicherheiten bezüglich der Schauerstraßen und der Temperaturprognose wurde
oben im Text schon eingegangen.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl.-Met. Peter Hartmann