DWD Synoptische Übersicht Mittelfrist

08-02-2021 12:01

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Montag, den 08.02.2021 um 10.30 UTC



Über die gesamte Mittelfrist kalt bis sehr kalt, im Randbereich zu tieferem
Luftdruck nach Osten und Süden teils wechselhaft mit Schneefällen.
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Synoptische Entwicklung bis zum Montag, den 15.02.2021


Die seit Anfang Januar gestörte stratosphärische Zirkulation (nach dem Major
Stratospheric Warming am 05./06.01.2021 und zwei weiteren Wind-Reversals in 10
hPa/60 Grad Nord (zonal gemittelt) von Mitte Januar und Anfang Februar; AO-Index
dadurch vor allem in der mittleren und oberen Stratosphäre (50...10 hPa) durchweg
teils deutlich negativ) hat sich mit entsprechender Verzögerung nun auch in der
Troposphäre bemerkbar gemacht durch persistent hohen Luftdruck im Bereich Arktis
- Grönland bis zum Nordmeer und nach Skandinavien. Dadurch hat sich im
atlantisch-europäischen Raum eine stabile Blocking-Situation etabliert (AO damit
auch troposphärisch derzeit deutlich negativ). Der Atlantik bleibt
nichtsdestotrotz aktiv (siehe Zusammenhang mit La Nina, Übersicht vom
29.01.2021), allerdings ist durch die oben beschriebene Lage die Frontalzone
teils weit nach Süden und Südwesten verschoben.

Was können wir nun in dieser (erweiterten) Mittelfrist für Mitteleuropa
erwarten?

Der stratosphärische Polarwirbel (SPV) erholt sich zwar allmählich (zonaler Wind
in 10 hPa, zonal gemittelt auf 60 Grad Nord), dennoch sprechen mehrere Faktoren
für eine länger andauernde kalte Phase auch in Mitteleuropa. Erstens sollte sich
der zunehmend positive AO-Index in der mittleren und oberen Stratosphäre
aufgrund nur träger Austauschprozesse erst mit deutlicher Verzögerung in der
Troposphäre durchsetzen. Zweitens sind die gemittelten Impuls- und Wärmeflüsse
in 10 hPa und 60 Grad Nord derzeit relativ schwach. Das erklärt sowohl die
Regenerierung des SPV als auch die schwächeren Austauschprozesse und Kopplungen
zwischen Stratosphäre und Troposphäre.

So, hier noch kurz die einzelnen Tage der Mittelfrist im Überblick, einschl.
kurzer Ausblick.

Am Donnerstag verlagert sich ein Langwellentrog nebst umfangreichem Bodentief
mit Doppelstruktur allmählich mehr in Richtung Balkan. Dessen Hebungsvorgänge
beschäftigen vor allem noch den Osten und Südosten, teils auch Süden des Landes.
Mit nordöstlicher Strömung wird im Ostseeumfeld der Lake-Effekt aktiv bleiben.
Auf der Rückseite dringt die arktische Kaltluft in Deutschland endgültig bis
ganz nach Süden vor. Im Verlauf etabliert sich hingegen westlich der Britischen
Inseln ein umfangreicher Trog mit Tiefdruckkomplex, der vorderseitig über dem
Ostatlantik durch starke Schichtdickenadvektion einen Höhenrücken aufbaut. Durch
bodennahen Druckfall von Island bis zur Grönlandsee wird die vorhandene Zone
hohen Geopotenzials von Grönland über Island bis ins Nordmeer vorübergehend
geschwächt und in diesem Bereich kann sich eine schwache Frontalzone ausbilden.

Die 850hPa-Temperaturen liegen Freitagfrüh im Süden und Südwesten bei -8 bis
-10, sonst um -10 Grad im Westen und -15 Grad im Norden und Osten Deutschlands.

Am Freitag bleibt der umfangreiche Tiefdruckkomplex mit mehreren Drehzentren
deutlich westlich und südwestlich von Island liegen. Auf seiner Vorderseite
amplifiziert der Höhenrücken noch etwas nach Norden und stützt bzw. verstärkt
eine Zone hohen Luftdrucks vom Nordmeer bis in die Nordsee und Südskandinavien
reichend weiter. In Osteuropa ist mittlerweile der langwellentrog mit kräftigem
Bodentief angekommen. Zwischen diesen beiden Systemen werden weiter in breitem
Strom arktische Luftmassen nach Mittel- und Osteuropa gelenkt. Ganz im Osten und
Südosten werden dadurch noch schwache Hebungsvorgänge simuliert. An der Ostsee
halten vor allem in Vorpommern die Schneeschauer an. Die 850hPa-Temperaturen
liegen landesweit bei -10 bis -15 Grad.

Am Samstag und Sonntag ändert sich an der Gesamtkonstellation wenig. Bis
Montagfrüh bildet sich über Skandinavien ein abgeschlossenes kräftiges
Höhenhoch, mit korrespondierendem Bodenhoch, das von Südskandinavien bis nach
Deutschland reicht. Nach Osten und Südosten schließt sich ein amplifizierter
Trog mit verkürzter Wellenlänge an, durch den am Sonntag und zum Montag hin im
Nordosten und Osten, später auch im Südosten die Niederschlagsneigung wieder
etwas zunimmt (vor allem nach GFS). Auch im Westen und Südwesten nähert sich die
Warmfront des Tiefdruckkomplexes westlich der Britischen Inseln an, auch dort
sind schwache Niederschläge möglich. Die 850 hPa-Temperaturen steigen im Westen
und Südwesten bis Montagfrüh auf -7 bis -8 Grad an, sonst verbleiben diese meist
um -10, im Osten um -15 Grad.

Am Montag bildet sich westlich/ südwestlich der Britischen Inseln bei einer
amplifizierten Austrogung nach Süden ein eigenständiges Bodentief, dessen
okkludierte Fronten allmählich auf den Westen und Südwesten übergreifen können.
Im Norden und Osten bleibt weiterhin Hochdruckeinfluss dominant.
Dabei bleibt das kräftige Hoch über Skandinavien (am Boden und in der Höhe)
relativ ortsfest. Die 850hPa-Temperaturen steigen bis Dienstagfrüh im Westen,
Südwesten, teils auch im Süden auf -2 bis -4 Grad an, sonst liegen diese meist
zwischen -8 und -13 Grad (Osten).

In der erweiterten Mittelfrist bleiben die Signale auf kalt eingestellt.
Atlantische Tiefdruckgebiete ziehen meist ganz im Südwesten und Süden
Deutschlands um das stationäre Hoch über Süd-Skandinavien herum ostwärts.
Währenddessen macht sich der nordosteuropäische Trog im Nordosten und Osten mit
leichten Niederschlägen (Schnee) bemerkbar. Dazu sinken die 850hPa-Temperaturen
um die Wochenmitte voraussichtlich wieder deutschlandweit auf Werte zwischen -8
bis -15 Grad.
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Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs


Der aktuelle Lauf des EZMW weist relativ hohe Konsistenz auf. Das betrifft
hauptsächlich die Temperatur, aber auch Niederschläge und generell warnwürdige
Parameter wie Schneefall oder auch strengen Frost. Bedingt ist diese hohe
Konsistenz durch eine stabile Großwetterlage (Hoch Nordmeer Fennoskandien) und
eine deutlich nach Südwesten und Süden verschobene Frontalzone. Diese Konsistenz
ist bis zum Ende der Mittelfrist zu verzeichnen, wobei auch danach stärkere
Signale für eine Blocking-Lage (Cluster IFS) sprechen.
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Vergleich mit anderen globalen Modellen


Die synoptische Entwicklung wird von anderen Globalmodellen wie ICON oder GFS
bis zum Anfang der nächsten Woche recht ähnlich simuliert. Unterschiede bestehen
wie so oft in einigen Details wie z.B. Lage des Tiefdruckkomplexes über dem
Atlantik sowie des stationären Hochs über Skandinavien sowie Lage und Ausprägung
des nordosteuropäischen Troges bzw. dessen Amplifizierung bis nach Südosteuropa.
Auch in der erweiterten Mittelfrist (GFS) besteht relativ guter Konsens über die
Beibehaltung einer bodennahen östlichen Strömung.
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Bewertung der Ensemblevorhersagen


Bis Montag (t+120...168 h) bleiben im Prinzip alle gruppierten Cluster des IFS im
Modus NAO negativ bzw. Blocking (HN/F). Ebenso wird der amplifizierte Trog/ Tief
über Ost- und Nordosteuropa sowie der Trog/ Tiefdruckkomplex über dem
Nordatlantik ähnlich gesehen. Im Prinzip bildet sich so eine stabile
Omega-Wetterlage ab. Auch in der erweiterten Mittelfrist (t+192...240 h)
überwiegen ähnlich gestaltete Blocking-Lösungen. Auch die vorübergehende
Milderung am Dienstag/Mittwoch (betrifft vor allem Südwesthälfte) mit einem
gruppierten Cluster mit NAO positiv ist enthalten.

Zu den Rauchfahnen kann man Folgendes zusammenfassen:
Bezüglich der 850 hPa-Temperatur ist der Spread bis Sonntag wie zu erwarten
relativ gering, danach geht dieser naturgemäß in die Breite. Nichtdestotrotz
liegt der Median der Ensemble-Member weiter bei Werten von um -10 Grad (Berlin
am Mittwoch nächster Woche) und zwischen -5 und 0 Grad (Stuttgart, ebenso
Mittwoch), wobei der Trend dann erneut nach unten zeigt.
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Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen


Am Donnerstag in den östlichen Mittelgebirgen (v.a. Erzgebirge, Lausitzer
Bergland) und an der Ostseeküste zeitweise Schneefälle 10 bis 15 cm, lokal um 20
cm in 12 bzw. 24 h wahrscheinlich (IFS-EPS). An den Alpen nachlassende
Schneefälle, aber 10 bis 15 cm in 12 h anfangs nicht ausgeschlossen (COSMO-LEPS,
IFS-EPS). Im Osten vereinzelt strenger Dauerfrost um -10 Grad nicht
ausgeschlossen. Nachts recht verbreitet strenger Frost -10 bis -15 Grad, über
Schnee auch sehr strenger Frost um -20 Grad möglich. Im östlichen und südlichen
Bergland sowie an der Ostsee Böen der Stärke 8 (stürmische Böen) gering
wahrscheinlich.
Am Freitag bevorzugt an der Vorpommerschen Küste um 10 cm Neuschnee in 12 h
möglich (IFS-EPS). Nachts strenger Frost -10 bis -15 Grad, über Schnee um -20
Grad. Im südlichen Bergland in Hochlagen Böen der Stärke Bft 8 bis 9.
Am Sonnabend und Sonntag im östlichen und südöstlichen Bergland sowie bevorzugt
an der Vorpommerschen Ostseeküste 10 cm Neuschnee in 12 h gering wahrscheinlich
(IFS-EPS). In Hochlagen des südlichen Berglandes weiter Böen der Stärke 8 bis 9
möglich. Nachts zumindest strenger Frost, über Schnee sehr strenger Frost um -20
Grad. Tagsüber Frostabschwächung.
Am Montag an der Vorpommerschen Küste sowie im Nordosten um 10 cm Neuschnee in
24 h gering wahrscheinlich (GFS-EPS). Nachts weiterhin teils strenger Frost.
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Basis für Mittelfristvorhersage
IFS-EPS, GFS-EPS, ICON, MOSMIX
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VBZ Offenbach / Dipl. Met. Dr. Jens Bonewitz