DWD Synoptische Übersicht Mittelfrist

06-02-2021 11:01

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Samstag, den 06.02.2021 um 10.30 UTC



Winterlich kalt bis sehr kalt. Gebietsweise Schneefälle, vor allem entlang den
Küsten. Dort auch erhöhte Verwehungsgefahr. An Freitag im Südwesten gefrierender
Regen und Schneefall möglich.
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Synoptische Entwicklung bis zum Samstag, den 13.02.2021


Alle Blicke richten sich derzeit auf die Wetterentwicklung im Kurzfristzeitraum,
aber auch in der Mittelfrist bleibt es interessant. Die Ausgangskonstellation am
kommenden Dienstag wird von einer weit südlich gelegenen Frontalzone geprägt,
die grob gesagt über dem südlichen Mittelmeerraum verläuft. Weiter nach Norden
hin kommt die Höhenströmung ebenso aus West, wenngleich schwach. Dies ist einem
Geopotentialminimum von Skandinavien bis Nordsibirien geschuldet. Insbesondere
im Raum Nordrussland und östlich davon hat sich eine sehr kalte Luftmasse
eingenistet, in der in 850 hPa -20 Grad und weniger gemessen werden. Der kalten
Luftmasse entsprechend steigt der Druck bis ins Bodenniveau stark an und so
verwundert es nicht, dass sich von Russland über Skandinavien und das Nordmeer
hinweg bis nach Grönland eine bodennahe Hochdruckzone befindet, während die
Tiefs entlang der Frontalzone südlich unseres Landes ostwärts ziehen. Das
Frontensystem, das in etwa über den Alpenraum verläuft, markiert den Übergang zu
bodennaher Kaltluft, die am Südrand des Hochs mit östlicher Strömung nach ganz
Deutschland eingeflossen ist. Dabei besteht aber ein gewaltiger
Temperaturgradient in 850 hPa zwischen 0 Grad an den Alpen und -16 Grad in
Brandenburg. Dementsprechend muss in Teilen Ostdeutschlands mit mäßigem
Dauerfrost gerechnet werden, wohingegen ganz im Süden noch leichte Plusgrade
gemessen werden. Ein schwacher, von Westen hereinschwenkender Höhentrog
generiert am Dienstag nach IFS leichte Hebungsprozesse, die gebietsweise für
leichten Schneefall, ganz im Süden auch Regen sorgen. Der östliche Wind weht
vielfach mäßig, was aber in den sehr kalten Regionen mitunter immer noch für
leichte Schneeverwehungen reicht. Ein Blick wird sicherlich auch noch auf die
Seegebiete zu richten sein, wo mitunter der Lake-Effekt für Schneefälle sorgt,
die dann vor allem auch nach Schleswig-Holstein ziehen dürften. Dort weht auch
noch stärkerer Wind, der Verwehungspotential in sich birgt.
Mittwoch schwenkt ein Trog über die Iberische Halbinsel hinweg und sorgt im
westlichen Mittelmeerraum für Zyklogenese. Dieses Tief zieht rasch weiter zur
Adria. Das führt ganz im Süden zu leichtem Niederschlag, meist wohl als Schnee,
aber auch (gefrierender) Regen könnte ein Thema sein. Wenn das Tief dann am
Abend die Adria erreicht, sorgt etwas Richtung Nordost drehender Wind, dass die
Kaltluft noch einmal deutlich in Richtung Alpen Boden gut macht. Im restlichen
Land ist es ruhig, teils sogar sonnig, mitunter gibt es leichten Schneefall. Der
Wind weht mäßig aus Nordost.
In der Nacht zum Donnerstag weitet sich dann ein Höhentrog mit Kaltluft von
Nordwesten her nach Deutschland aus, wohingegen westlich davon ein Höhenkeil
stärker wird und die Hochdruckzone im Bereich des Nordmeers stärkt. Das
Bodentief zieht am Donnerstag weiter zur Ukraine. Somit dreht dann der Wind auf
Nord und die Kaltluft weitet sich weiter nach Süden aus. Die -10-Grad-Isotherme
erreicht bis zum Abend den Südwesten Deutschlands, meist werden es nicht sehr
häufig anzutreffende -14 bis -17 Grad. Vielfach mäßiger, teils strenger
Dauerfrost ist weiterhin die Folge. Schnee fällt vor allem ganz im Süden und in
Ostseenähe, sonst kann sich vielfach die Sonne zeigen.
Am Freitag verstärkt sich das Hoch im Bereich der Nordsee weiter, gestützt von
einem Rücken im Bereich der Britischen Inseln. Gleichzeitig zieht das Bodentief
weiter in Richtung Belarus und Westrussland. Hochreichend kalte (-14 bis -17
Grad in 850 hPa, -30 bis -40 Grad in 500 hPa) Luft (cA) flutet das ganze Land
bis auf den Südwesten. Der Wind weht weiter mäßig um Nord und die winterliche
Kälte hält an. Insgesamt wird wenig Bewölkung simuliert, allerdings sollte man
schon erwarten, dass bei dieser Konstellation über den Meeresgebieten ordentlich
Konvektion in Gang kommt, so dass mit den nördlichen Winden einige Abschnitte
der Küste Schnee abbekommen dürften, vor allem im Bereich der Ostsee auch mit
Verwehungsgefahr.
Samstag verstärkt sich der Höhenrücken über Westeuropa weiter, so dass wir in
einer recht kräftigen nördlichen Höhenströmung liegen und sich die Kaltluft
immer weiter nach Süden verlagert, während ganz im Norden bodennah von der See
her etwas Milderung einsetzt, da der Wind weiter aus Nord weht. Vor allem im
Osten kommt es zu leichten Schneefällen.
In der erweiterten Mittelfrist weitet sich der Höhenkeil noch etwas ins Nordmeer
aus, so dass sich auch der Bodenhochschwerpunkt Richtung Nordskandinavien
verlagert. Das Bodentief, das zuvor die sehr kalte Luft aus Nordrussland
angezapft hat, schwächt sich ab. An der Südostflanke des Hochs macht sich aber
ein Kältemonster mit -20 bis unter -25 Grad in 850 hPa auf den Weg nach
Südwesten und erreicht bis zum Rosenmontag schon Belarus und Ostpolen. Bei uns
bleibt es hochwinterlich kalt mit nur leichten Schneefällen, öfter Sonne und
mäßigem Nordostwind. Vielleicht sind hier und da die Freunde des Karnevals sogar
froh, dieses Jahr nicht viel zu leicht bekleidet auf die Straßen zu müssen. Für
einen Winterspaziergang, dick eingemummt, eignet sich aber das Faschingswetter
sicherlich.
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Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs


Die Tiefdruckentwicklung am Mittwoch wurde von den Vorläufen noch weiter
nördlich gezeigt, mit mehr Niederschlag und etwas milderer Luft über
Süddeutschland. Die Tendenz geht ganz klar in Richtung kälter, aber auch
ruhiger. Ansonsten ließ der gestrige 00-UTC-Lauf das Tief im Osten noch etwas
näher heranrücken mit Schneefällen im Nordosten. Zum Freitag war dann von
Südwesten schon eine deutliche Milderung angedacht. Die beiden jüngeren Läufe
zeigen dagegen sehr massiv den Höhentrog, der weite Teile Mitteleuropas
überdecken soll und die mit ihm verbundenen hochwinterlich kalten Luftmassen.
Somit ist die Konsistenz der jüngsten beiden Läufe bis nächsten Samstag gut, zum
gestrigen 00-UTC-Lauf hin aber sehr schlecht, da dieser die Reinkarnation der
Luftmassengrenze über Deutschland zum kommenden Wochenende hin im Programm
hatte.
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Vergleich mit anderen globalen Modellen


Der Blick auf die externen Modelle zeigt schon am Mittwoch leichte Unterschiede
zum IFS. So zeigt das Gros der Modelle am Mittwoch eine leicht nördlichere
Zugbahn des Tiefs und damit ein etwas weiteres Ausgreifen der milderen Luft nach
Süddeutschland hinein wie beim gestrigen 00-UTC-Lauf. Vergleichsweise unstrittig
ist die Prognose für den Donnerstag, wobei IFS tendenziell etwas kälter ist als
die anderen Modelle. Zum Freitag hin soll sich dann - bei etwas weiter östlich
liegendem Hoch - nach GFS und UKMO, abgeschwächt auch nach ICON und noch
schwächer nach GEM von Südwesten wieder mildere Luft durchsetzen. Dies könnte im
Südwesten wieder Niederschlag in allerlei Phasen zur Folge haben. Alle Modelle
zeigen aber den massiven Kaltluftblock im Osten, der den Osten Deutschlands auch
im Griff behalten soll. Vor allem nach GEM soll sich nachfolgend auch die
Kaltluft wieder nach Westen ausdehnen.
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Bewertung der Ensemblevorhersagen


Für den Zeitraum Donnerstag, 00 UTC bis Samstag, 00 UTC werden insgesamt fünf
Cluster aus dem IFS-EPS gebildet. Diese ähneln sich stark. Bei den
Unsicherheiten im Süden am Mittwoch und am Freitag im Südwesten können auch die
Cluster nicht weiterhelfen. C1 bis C4 zeigen den Übergang der Wetterlage von
"negativer NAO" zu "Blocking". C5 (mit nur 5 Mitgliedern) zeigt dagegen einen
"atlantischen Rücken" und zeichnet sich dadurch aus, das bis zum Samstag das
Geopotential über Deutschland geringer ist, was für niedrigere Temperaturen
spricht. In der erweiterten Mittelfrist gibt es drei deutlich unterschiedliche
Cluster: C1 (19 Mitglieder + Hauptlauf) zeigt hohes Potential über dem Nordmeer
und Trogeinfluss von Osten her. Mehr Winter geht nicht. C2 (18 Mitglieder) zeigt
ein Abhobeln des Rückens und wieder eine westliche Höhenströmung und auch
Bodenströmung. C3 (14 Mitglieder, incl. Kontrolllauf) zeigt das Potenzialmaximum
über Südskandinavien und ein Hoch über uns, somit vor allem bodennahe Kaltluft.

Die IFS- Rauchfahnen für ausgewählte Trendstädte von Nordost nach Südwest
(Berlin, Offenbach, Freiburg) zeigen Folgendes: In Berlin werden ab kommendem
Dienstag in 850 hPa -10 bis -17 Grad erwartet, mit einzelnen Ausreißern nach
oben zum kommenden Wochenende. Dann steigt auch das Geopotential etwas an.
Leichte Niederschlagssignale sind immer drin.
In Offenbach geht das Temperaturniveau von -8 auf -15 Grad zurück, um dann
wieder auf -10 Grad anzusteigen. Ausreißer nach oben gibt es immer, die Tendenz
ist aber klar kalt bis zum Schluss. Noch weiter im Südwesten, in Freiburg,
verbleibt der Hauptlauf um -10 Grad, der Schwerpunkt des Ensembles steigt aber
über -5 Grad. Die Streuung am nächsten Wochenende ist extrem und reicht von -17
bis +10 Grad. Am Freitag und Samstag zeigen auch viele EPS-Mitglieder wieder
stärkere Niederschlagssignale.

Die GFS-Rauchfahnen sehen in Berlin recht ähnlich aus wie die IFS-Rauchfahnen.
In Offenbach und Freiburg geht dagegen die Temperatur in 850 hPa bei weitem
nicht so stark zurück wie bei IFS. Viele Läufe liegen um 0 Grad. Zudem fällt
hohes Geopotential und wenig Niederschlag nächstes Wochenende auf, was auf
Hochdruckeinfluss hindeutet. Unter einer Inversion könnte es dann trotzdem sehr
kalt sein. Dennoch muss festgestellt werden, dass das GFS-Ensemble (00 UTC) in
seiner Gesamtheit viel weniger in Richtung der starken Kälte des IFS tendiert.
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Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen


EFI:
Der EFI zeigt im Mittelfristzeitraum in den kommenden Tagen nur Kältesignale.

Schneefall/gefrierender Regen:
Nach Cosmo-LEPS besteht eine geringe Neigung zu markanten Schneefällen im
Alpengebiet am Mittwoch. Nach IFS-EPS sind ab Freitag im Südwesten mehr als 10
cm Schnee in 12 Stunden nicht ganz ausgeschlossen. Hier könnte auch gefrierender
Regen drohen.
In den Globalmodellen nicht gezeigt, aber wohl wahrscheinlich sind immer wieder
Schneefälle aufgrund des Lake-Effekts, die sehr leicht markante Kriterien
erreichen können und während der gesamten kommenden Woche an allen
windexponierten Küstenabschnitten auftreten können. Auch Unwettergefahr besteht.
Böen der Stärke 6 bis 7 reichen in der Kaltluft problemlos auch für Verwehungen.

Auch in anderen Regionen können leichte Verwehungen der vorhandenen Schneedecke
nicht ausgeschlossen werden.

Sturm:
Am Dienstag besteht nach Cosmo-LEPS an ostexponierten Küstenabschnitten eine
erhöhte Gefahr von stürmischen Böen. Am Donnerstag besteht an exponierten
Abschnitten der Ostsee noch eine geringe Gefahr hierfür.

Dauerfrost:
Vom Osten bis zur Mitte wird im gesamten Mittelfristzeitraum Dauerfrost
erwartet. Im Süden und Westen setzt dieser teils erst ab Donnerstag sein und
könnte teils am Freitag schon wieder zu Ende gehen. Im Norden herrscht bis
Donnerstag Dauerfrost, anschließend erreichen die Temperaturen tagsüber
eventuell wieder über 0 Grad.

Strenger Frost: Während der gesamten nächsten Woche besteht vom Osten bis zur
Mitte jede Nacht die Gefahr strengen Frostes, ab Donnerstag auch im Süden. Im
Norden kann es vor allem bis Donnerstag in den Nächten teils strengen Frost
geben. Je nach genauer Entwicklung kann es in der zweiten Wochenhälfte teils
auch sehr strengen Frost bis unter -20 Grad geben.
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Basis für Mittelfristvorhersage
MOS-MIX (das repräsentiert dann auch ein bisschen die ICON-Variante), IFS-EPS.
Etwas Risiko, weil IFS von den externen Modellen nicht unterstützt wird, aber es
ist konsistent mit dem letzten Lauf.
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VBZ Offenbach / Dipl.-Met. Peter Hartmann