DWD Synoptische Übersicht Mittelfrist

02-02-2021 11:30

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Dienstag, den 02.02.2021 um 10.30 UTC



Im Nordosten winterlich, teils Dauerfrost. Im Süden deutlich milder, teils mit
Föhn an den Alpen. Kommende Woche auch im Süden wieder zunehmend winterlich, im
Nordosten teils mäßiger Dauerfrost.
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Synoptische Entwicklung bis zum Dienstag, den 09.02.2021


Zu Beginn der Mittelfrist am kommenden Freitag liegt Deutschland am Südrand
eines komplexen Höhentroges über Nordeuropa, der einen kürzerwelligen, aber
langgestreckten Troganteil Richtung Kanarische Inseln aufweist. Darin
eingebettet ist ein Höhentief mit korrespondierendem Bodentief über den
Britischen Inseln. Davon ausgehend erstreckt sich ein Frontensystem Richtung
Polen und Ukraine und liegt damit auch über dem Norden Deutschlands. Dabei ist
der Gradient über der Nordsee etwas kräftiger, so dass auf der See und im
Küstenumfeld mit starken bis stürmischen Böen gerechnet werden muss. Nördlich
der Front liegt eine Luftmasse mit 850 hPa Temperaturen zwischen etwa -2 und -7
Grad. Die Wetterwirksamkeit dieser Front hält sich über Deutschland in Grenzen,
da sich zwischen dem Höhentief über den Britischen Inseln und dem deutlich
markanteren Höhentief über dem Baltikum bzw. Nordwestrussland über Deutschland
ein flacher Rücken befinden soll. Nach Norden hin kann aber gelegentlich etwas
Schnee oder Schneeregen fallen. Nach Süden hin werden nur geringe
Luftdruckgegensätze prognostiziert, allerdings findet sich hier eine weitere
Luftmassengrenze. In dem erwähnten langgetreckten Troganteil befindet sich knapp
westlich der Iberischen Halbinsel ein weiteres Tief, dessen Warmfront sich über
die Biskaya und Frankreich auch nach Süddeutschland erstreckt. Südlich davon ist
dann eine recht milde Luftmasse zu finden, die 5 Grad-Isotherme in 850 hPa
schiebt sich von Süden her bis etwa zum Main nach Deutschland hinein. Im Bereich
der Warmfront werden Regenfälle erwartet, die genaue Ausdehnung nach Norden
bleibt unsicher. Am Alpenrand wird es nach Frontdurchgang leicht föhnig.

Am Samstag rückt der westeuropäische Trog leicht ostwärts, die Warmfront des
okkludierenden Tiefs, das von der Iberischen Halbinsel nach Südfrankreich zieht,
liegt nun über den mittleren Landesteilen. Über Deutschland verstärken sich die
Temperaturgegensätze: Am Alpenrand werden mit Föhnunterstützung 850 hPa
Temperaturen teils über 10 Grad erwartet. Über Skandinavien kräftig sich das
Hoch und streckt sich in Form eines Keils Richtung Schwarzes Meer. Damit dreht
die Strömung ehr auf östliche Richtungen und die Polarluft kann besser angezapft
werden. Damit schiebt sich die -10 Grad Isotherme in 850 hPa in den
Norden/Nordosten Deutschlands. Im Norden und Nordosten herrscht dann Dauerfrost
und entlang der Luftmassengrenze kommt es dann auch zu Niederschlägen, die auf
der kalten Seite dann bis in tiefe Lagen als Schnee fallen, im Ostseeumfeld
können durch den Lake-Effekt Schneeschauer (Schauerstraßen) auftreten. Je nach
Lage der Luftmassengrenze kann es gebietsweise länger regnen, in
Mittelgebirgslagen auch länger bzw. mäßig schneie. Insbesondere im Norden und
Nordosten stellt sich eine flotte Ostströmung ein, so dass auch
Schneeverwehungen ein Rolle spielen dürften. Auf der warmen Seite fällt Regen
und die teils sehr milde Luft sorgt für ein weiteres Abtauen von eventuell noch
vorhandenen Schneeresten.

Am Sonntag greift der westeuropäische Troganteil auf Deutschland über. Das
okkludierende Bodentief verlagert sich von Frankreich in den Westen
Deutschlands, das Frontensystem schwenkt mit Niederschlägen ostwärts durch.
Damit bricht auch am Alpenrand der Föhn zusammen und mit einer allgemein auf Ost
bis Nordost drehenden Strömung gewinnt die Polarluft und flutet nach und nach
ganz Deutschland. Die Temperaturgegensätze nehmen damit deutlich ab - die -10
Grad Isotherme liegt im Bereich der Mittelgebirgsschwelle und auch an den Alpen
gehen die 850 hPa Temperaturen wieder auf Werte um -5 Grad zurück. Die
Schneefallgrenze sinkt damit auch im Westen und Süden des Landes wieder bis in
recht tiefe Lagen. Nach dem Tauwetter bis in recht hohe Lagen kann es nun im
Mittelgebirgsraum und in den Alpen wieder mit dem Aufbau der Schneedecke
losgehen. Der Gradient im vor allem im Norden und Nordosten weiterhin
nennenswert und somit besteht auch weiter die Gefahr von Schneeverwehungen.

Im weiteren Verlauf schwenken kurzwellig Troganteile, die am Südrand des
umfangreichen Trogkomplexes nördlich von uns über uns hinweglaufen, von West
nach Ost durch. Während in 500 hPa damit eine westliche Strömung vorherrscht,
etabliert sich in den unteren Atmosphärenschichten und bodennah am Rande eines
Tiefs über Osteuropa eine östliche Strömung, in der sich der Zustrom polarer
Luftmassen nach aktuellem Stand der Vorhersagen in ganz Deutschland
manifestiert. Die -10 Grad Isotherme soll zum Dienstag im Bereich der Donau zu
finden sein, in der Nordhälfte liegt das Temperaturniveau in 850 hPa verbreitet
bei unter -15, teils sogar bei unter -20 Grad. Hebungsvorgänge im Umfeld der
erwähnten Randtröge sorgen zeitweise für Schneefälle, vor allem im Ostseeumfeld
kann dann durch den Lake-Effekt in Schauerstraßen auch gehäuft Schneefall
auftreten.

In der erweiterte Mittelfrist ab Mitte kommender Woche verbleibt Deutschland
überwiegend unter dem zyklonalen Einfluss des umfangreichen Trogkomplexes mit
tendenziell wechselhaftem Wetter und eben zeitweiligen Niederschlägen. Die
Frontalzone liegt dabei südlich von uns und Deutschland verbleibt damit im
Einflussbereich der Polarluft. Zunächst im Norden und Nordosten dominiert weiter
eine Luftmasse unter -15 Grad in 850 hPa, die zum Ende der kommenden Woche dann
auch die Alpen erreichen soll.
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Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs


Die Konsistenz der vorliegenden IFS-Läufe kann für den gesamten
Mittelfristzeitraum als gut bewertet werden. Zum Ende der Mittelfrist und in der
erweiterten Mittelfrist ab Mitte kommender Woche wird die Konsistenz naturgemäß
schlechter, die Grundkonstellation einer überwiegend zyklonal geprägten West-
bis Nordwestlage bleibt aber in allen betrachteten Modellläufen bestehen.
Prinzipiell kann daher das Vorhersagekonzept beibehalten werden. Aufgrund der
Lage der Luftmassengrenze (zwischen milden Luftmassen im Süden und deutlich
kälteren Luftmassen polaren Ursprungs im Norden) direkt über Deutschland ergeben
sich aber trotzdem erheblich Unsicherheiten in der Detailprognose. Dies betrifft
sowohl die gebietsweise zu erwartenden Niederschläge als auch das
Temperaturniveau.
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Vergleich mit anderen globalen Modellen


Bei der Betrachtung anderer Globalmodelle (ICON, GFS) zeigen sich zunächst wenig
Unterschiede. Die Lage der Luftmassengrenze und die Lage der damit in
Zusammenhang stehenden Niederschläge variiert dabei ähnlich stark wie im Laufe
der vorliegenden IFS-Läufe.

Etwas markanter werden die Unterschiede zum Sonntag. Während ICON einen recht
ähnlichen Verlauf mit dem okkludierenden Tief über Frankreich, dem
Durchschwenken des Frontensystem und dem anschließenden, deutlichen
Temperaturrückgang auch im Süden zeigt, hat das GFS ein weiteres/anderes Tief
über dem östlichen Kanalausgang im Programm. Damit ginge für ganz Deutschland
ein höheres Temperaturniveau einher. Diese Unterschiede werden sehr markant und
setzten sich im weiteren Mittelfristzeitraum fort, während ICON nach wie vor die
IFS-Variante stützt. Deutschland läge demnach zum Dienstag hin nicht im Bereich
zwischen -5 und teils unter -15 Grad in 850 hPa, sondern nach Lesart von GFS um
gut 10 Kelvin höher. Winterliche Wettererscheinungen blieben demnach auf den
äußersten Norden/Nordosten beschränkt.
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Bewertung der Ensemblevorhersagen


Die Clusteranalyse des IFS liefert für den ersten Vorhersagezeitraum am
kommenden Freitag (+72 bi +96 h) ganze 6 Cluster mit 15, 10, 9, 6, 6 und 5
Membern, wobei Haupt- und Kontrolllauf dem am stärksten besetzten Cluster 1
zugeordnet werden. Insgesamt sind die Unterschiede relativ gering, über unserem
Vorhersageraum zeigt sich eine mal etwas mehr oder wenig starke "Aufwölbung" des
flachen Höhenrückens. Damit wird die oben angesprochene Front über dem Norden
Deutschlands, de vom Tief bei den Britischen Inseln ausgeht, wohl z.T. ein etwas
größere Wetteraktivität aufweisen können, als dies der deterministische Lauf
zeigt. Im Folgezeitraum für Sonntag und Montag (+120 bis + 168 h) ergeben sich 4
Cluster, die allesamt dem Regime (wie auch alle Cluster im ersten Zeitraum)
negativer NAO zugeordnet werden. Haupt- und Kontrolllauf werden erneut dem
ersten Cluster mit 17 Membern zugeordnet, die anderen Cluster haben 12, 12 und
10 Member. Hier gibt es durchaus auch Member (Cluster 3), die in der Betrachtung
vor allem der Druckverhältnisse im Bodenniveau eine gewisse Ähnlichkeit zum
deterministischen GFS-Lauf zeigen: Da gibt es kein markantes Tief über Mittel-
bzw. Osteuropa, dass an seiner Nordflanke mit einer östlichen Strömung die
Polarluft anzapft.
Für die erweiterte Mittelfrist stehen 2 Cluster (32 bzw. 19 Member, Haupt- und
Kontrolllauf in Cluster 1) zur Verfügung. Beide haben den Fortbestand einer eher
zyklonal geprägten, also wechselhaften Wetterlage im Programm. Die entscheidende
Frage wird aber wohl sein, wo sich die Frontalzone genau befindet und ob
nachhaltig Polarluft aus Osten herangeführt wird oder ob sich von Süden mal mehr
oder weniger milde Luft durchsetzt.

Die Betrachtung der Rauchfahnen für ausgewählte Orte in Deutschland zeigt eine
recht gute Bündelung bzgl. des Geopotenzials in 500 hPa für Freitag und Samstag,
nachfolgend nimmt der Spread zu und das Geopotenzial nimmt tendenziell ab. Dabei
zeigt sich aber, dass der Haupt- und Kontrolllauf eher am unteren Rand der
Lösungsbreite liegen. Bei der Temperatur in 850 hPa zeigt sich bereits ab
Samstag ein relativ großer Spread, wobei Stationen im Norden (bspw. Hamburg)
einen geringen Spread bis etwa zu Wochenmitte aufweisen als Orte weiter südlich.
Die Mehrzahl der Modelle liegt dort im Bereich der deterministischen Läufe und
es gibt nur einzelne, wärmere Läufe. Bei südlicheren Stationen ist die
Spannbreite sehr groß und umfasst teils 15 bis 20 Kelvin und es keine
Konzentration in einem bestimmten Temperaturbereich zu erkennen. Auch in punkto
Temperatur rangieren Haupt- und Kontrolllauf eher im unteren Bereich der
EPS-Member.
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Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen


WIND:
Am Freitag an der Ostsee, vor allem aber im Nordseeküstenumfeld und auf den
Inseln stürmische Böen aus Ost. Auf Alpengipfel aufkommende, föhnbedingte
Sturmböen um Süd. Im gesamten Zeitraum im Norden, insbesondere im Küstenumfeld
von Nord- und Ostsee starke bis stürmische Böen um Ost - diese werden auch durch
leichte EFI-Signale sowie das IFS-EPS gestützt. Im Laufe des Sonntags
Föhnzusammenbruch.

SCHNEE/SCHNEEVERWEHUNG:
Auf der kalten Seite und damit zunächst vor allem im Norden fällt Schnee bis in
tiefe Lagen, die Mengen sind zunächst meist gering. Nennenswert ab Samstag
eventuell im Ostseeumfeld durch den Lake-Effekt, in Schauerstraßen können da
durchaus lokal mal mäßige Neuschneemengen zusammenkommen. Im Zusammenspiel mit
dem böigen Ostwind besteht zudem die Gefahr von Schneeverwehungen. Dieses
Potenzial hält im Ostseeumfeld eigentlich über den gesamten Mittelfristzeitraum
an. Abseits davon, im Bereich der Luftmassengrenze und dort am kalten Rand,
fallen zeitweise Niederschläge auch über eine längeren Zeitraum. Mit Absinken
der Schneefallgrenze wird im Laufe der Mittelfrist daraus mehr und ehr Schnee,
die EPS-Verfahren liefern hier im Median aber keine Hinweise auf größere Mengen.
Einzelne Läufe (EPS-Max) zeigen aber schon Signale für teils mindestens mäßigen
Schneefall im Bereich der Luftmassengrenze und auch der EFI springt am Sonntag
im Bereich der Mittelgebirgsschwelle etwas an - mal schauen.

GLATTEIS:
An der Luftmassengrenze, im Übergangsbereich von Regen in Schnee, kann auch die
gefrierende Phase und damit Glatteis nicht ausgeschlossen werden.

(STRENGER) FROST:
EFI liefert ab Samstag vom äußersten Norden ausgehend und bis Montag südwärts
bis etwa zur Mittelgebirgsschwelle ausdehnend Signale für eine negative
Temperaturanomalie. Auch die EPS-Verfahren zeigen ein sich südwärts
ausbreitendes Areal mit einer hohen Wahrscheinlichkeit für Dauerfrost,
angrenzend nach Süden einen etwas größeren Bereich mit Nachtfrost. Ab Sonntag
und vor allem dann im Laufe der kommenden Woche dehnt sich der Bereich mit
Dauerfrost (respektive Nachtfrost) immer weiter südwärts aus, im Osten/Nordosten
ist dann teils auch mäßiger Dauerfrost und strenger Nachtfrost wahrscheinlich.

Abseits des warnwürdigen Wettergeschehens zeigt der EFI bis einschließlich
Samstag deutliche Signale für positive Temperaturabweichungen ganz im Süden
Deutschlands bzw. im Alpenraum und weiter nach Süden.
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Basis für Mittelfristvorhersage
IFS, IFS-EPS
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VBZ Offenbach / Dipl. Met. Sabine Krüger