DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

29-01-2021 09:30
SXEU31 DWAV 290800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Freitag, den 29.01.2021 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
HN z Übergang zu HN a

Im Norden und Osten Luftmassengrenze und daran teils kräftiger, länger
anhaltender Schneefall und gefrierender Regen. Jeweils unwetterartige
Entwicklungen nicht ausgeschlossen. Im Süden weiter sehr mild mit starkem
Tauwetter, Sturmböen und Gewittern mit Sturmböen. Mit Vordringen der Kaltluft
nach Süden am Wochenende Wetterberuhigung, nachts strenge Fröste möglich, im
Süden weitere, aber nachlassende Schneefälle.


Synoptische Entwicklung bis Sonntag 24 UTC
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Freitag... gelangt mit atlantischen Tiefausläufern ein neuerlicher Schwall sehr
milder und feuchter Meeresluft in den Süden, Westen und die Mitte Deutschlands.
Dabei schwenkt ein Höhenrücken zu den Britischen Inseln, an dessen
Ostflanke kurzwellige Tröge über uns nach Osten bis Südosten gesteuert werden.
Die Luftmassengrenze, die derzeit vom Nordwesten diagonal in die östliche Mitte
verläuft, wird durch die dagegen anlaufenden Tiefausläufer etwas nach Nordosten
verschoben. Gleichzeitig formiert sich aus dem Tief über der südlichen Nordsee
eine langgestreckte Rinne, die abends vom Emsland nach Sachsen reicht und an der
die Temperaturkontraste weiter zunehmen.
Während im Süden das sehr windige und milde Wetter weitergeht, auch wenn die
Temperaturen in der unteren Troposphäre etwas sinken, hält die sehr gute
Durchmischung die "hohen" Temperaturen aufrecht, wird an der Nordflanke der
Rinne noch etwas kältere Festlandsluft angesaugt, in der die Temperaturen
gebietsweise nicht mehr über den Gefrierpunkt hinauskommen. Dagegen wird es im
Südwesten sogar noch etwas milder wird und am Oberrhein sind +12 bis +14 Grad
möglich.

Der anfangs mit den Tiefausläufern über dem Süden durchziehende Regen verlässt
uns recht rasch wieder nach Osten und wird in leicht instabiler Biskayaluft
(Feuchte, Scherung und CAPE sind vorhanden) durch Schauer und vereinzelte
Gewitter mit Sturmböen und/oder Graupel ersetzt. Mit Übergreifen des Troges sind
nachmittags von Benelux her im Südwesten kräftige schauerartige Regenfälle zu
erwarten. Die 12-stündigen Mengen können in Staulagen wieder bei 10 bis 20 mm
liegen, stellenweise darüber. Es taut derweil im Bergland fleißig weiter.
Die Windrichtung im Süden ist weiter Südwest bis West. In Böen werden dort Bft 7
bis 8, exponiert 9 erreicht und im höheren Bergland Bft 9 bis 11. Auf der kalten
Seite der Luftmassengrenze kommt es durch Aufgleiten der feuchtmilden Luftmasse
von der Nordsee und Westniedersachsen über Sachsen-Anhalt bis nach Brandenburg
und Sachsen zu länger anhaltenden Schneefällen. Die genaue Lage ist noch
unsicher, die Modelle haben sich aber angenähert. Bei niedrigerem
Temperaturniveau als an den Vortagen wird ein großer Teil des Schnees liegen
bleiben.
In dem genannten Streifen sind häufig 5 bis 10 cm, lokal 15 bis 20 cm Neuschnee
in 12 bis 24 Stunden (bis Samstagmorgen) möglich, so dass markante Warnungen,
eventuell auch Unwetterwarnungen hierfür nötig werden. Dazu
kommt bei nassem Schnee und teils mäßigem Ostwind die Gefahr von
Leiterseilschwingungen und Schneebruch.

Im Übergangsbereich von der festen zur flüssigen Phase zeichnet sich in den
Prognosetemps eine "warme Nase" ab und hier ist in einem wahrscheinlich recht
schmalen Streifen gefrierender Regen mit entsprechendem Glatteis nicht
ausgeschlossen. Auch in diesem Punkt ist die Gefahr von starker Glätte gegenüber
der Nacht und den Vortagen erhöht. Bei u.a. höheren Niederschlagsraten sollten
auch diesbezüglich Unwetterwarnungen in Erwägung gezogen werden.

In der Nacht zum Samstag gelangen wir auf die Rückseite des Troges und das in
die Rinne eingebettete Tief zieht Richtung Riesengebirge ab. Die weiterhin nach
Deutschland hinein gerichtete Tiefdruckrinne schwenkt dabei nach Süden, womit
auch die Kaltluft nach Süden Boden gut macht. Die Luftmassengrenze soll Samstag
früh in etwa über der südlichen Mitte liegen.
Im Norden, später dann auch über der nördlichen Mitte sind zunächst weitere
Schneefälle zu erwarten, deren Intensität aber nachlässt. Im Süden regnet es
teilweise noch bis in Gipfellagen. Der Druckgradient im Süden weicht langsam auf
und die Böen lassen nach. Im Süden und über großen Teilen der Mitte bleibt es
frostfrei, sonst gibt es leichten Frost.
In den Norden schiebt sich eine flache Hochdruckzone, die dort auch für größere
Auflockerungen, teils geringe Bewölkung sorgen kann. Dann ist auch mäßiger Frost
möglich. Da von Südskandinavien ein weiterer Trog in Richtung Norddeutschland
schwenkt wird die Schneefallneigung (oder Schneeschauer) im Nordosten über die
Nacht hinweg aufrechterhalten.


Samstag... verlagert sich nach Abzug des Troges ein Höhenrücken von
Ostfrankreich unter Abflachung nach Süddeutschland. Während über Frankreich ein
weiterer kurzwelliger Trog bereitsteht, der verbunden ist mit einem Tief, das
unter Abschwächung bis zum Abend zur Bretagne zieht. Sein Frontensystem läuft
von Südwesten gegen die Luftmassengrenze an und sorgt für weiteren
Feuchtenachschub, verhindert aber auch, dass sie den Süden vollständig
überquert. Zum Abend liegt die milde Luft noch über dem äußersten Südwesten,
Reste halten sich eventuell am Alpenrand.
Nördlich davon gehen die Regenfälle vermehrt in die feste Phase über, wobei
natürlich gerade in tiefen Lagen, wo es vorher sehr mild war, viel von dem was
in fester Phase fällt taut. Hier sind in einem Streifen von Rheinland-Pfalz bis
in den östlichen und südöstlichen Mittelgebirgsraum noch einmal 1 bis 5, örtlich
um 7 cm Neuschnee möglich. Auch im Nordosten treten vor allem anfangs
Schneeschauer auf. In der milderen Luft ganz im Südwesten können sich die
Regenfälle, dort ja weiter bis in Gipfellagen Tauwetter, im Tagesverlauf sogar
wieder intensivieren, was im Tagesverlauf über dem Schwarzwald weitere 10 bis
20, vereinzelt an die 30 mm Regen nach sich zieht.

Die Temperaturen liegen auch südlich der Luftmassengrenze nicht mehr ganz so
hoch, meist zwischen 5 und 8 Grad, am Oberrhein und Alpenrand zunächst 11 bis 12
Grad. In einem schmalen Streifen in der Mitte liegen sie bei 2 bis 4 Grad und
die Temperaturen sinken bis zum Abend auf rund 0 Grad. Im Norden bewegen sich
die Höchstwerte ohnehin in diesem Bereich.
Im Süden ist der Südwestwind anfangs auf den Bergen stürmisch, in tiefen Lagen
mit einzelnen 7er Böen. Ansonsten ist der Wind nur schwach bis mäßig und kommt
in der Mitte und im Norden aus Ost bis Nord.

In der Nacht zum Sonntag zieht nochmal ein kurzwelliger Trog über uns nach
Südosten, letztlich breitet sich aber eine schwache Hochdruckzone über
Norddeutschland aus, während sich der Schwerpunkt des tiefen Drucks von
Frankreich zu den Südalpen hin verlagert. In der nunmehr östlichen Strömung
setzt sich die kalte Luft auch ganz im Süden durch, Reste der milden Luft
verbleiben am ehesten Richtung Hochrhein und Oberrhein.
Während es im äußersten Südwesten (Hochrhein) noch teilweise bis in Lagen um
1000m regnet, fallen die Niederschläge sonst als Schnee. Mengenmäßig kommt aber
nicht mehr so viel zusammen. Über dem Süden sind gebietsweise noch 3 bis 8,
örtlich um 10 cm Neuschnee möglich. Auch im Küstenumfeld sind einzelne
Schneeschauer nicht ausgeschlossen.

Die Böen im Süden sind Geschichte, letzte stärkere Böen beschränken sich auf
höhere Berglagen. Im Norden klart es auf und es tritt recht verbreitet mäßiger,
stellenweise über Schnee auch strenger Frost auf. Je nach Lage der
Luftmassengrenze geht das Tauwetter auch im Südschwarzwald und an den Alpen zu
ende.


Sonntag... befindet sich Deutschland rückseitig des abziehenden Troges in einer
nordwestlichen Höhenströmung im Zustrom polarer Kaltluft. Dabei setzt sich meist
schwacher Zwischenhocheinfluss durch. Die Luftdruckgegensätze sind meist nur
noch gering, sodass abgesehen von den Küstenregionen der Wind nur noch schwach
unterwegs ist. Ganz im Norden vor allem an den Küsten kommt es dann zum Tief
über Nordosteuropa hin dann aber doch wieder zu einzelnen steifen Böen, Bft 7.

Im Süden schneit es noch etwas, am längsten im Stau der Alpen, wo bis zum Abend
nochmal ein paar Zentimeter Neuschnee hinzukommen. Auch im erweiterten
Küstenumfeld kann es einige Schneeschauer geben. Auch ganz im Südwesten sinkt
die Schneefallgrenze in tiefe Lagen.
Am freundlichsten wird es in den mittleren Landesteilen, unter der zonalen
Hochdruckzone, wo die Sonne auch mal länger scheinen kann.

Die Höchstwerte liegen von Niedersachsen bis in den Osten teils um 0 Grad, sonst
werden 1 bis 4 Grad erreicht.

In der Nacht zum Montag ist es wechselnd bis stark bewölkt. Dem erweiterten
Küstenumfeld bringt ein Randtrog neue, auch mal kräftigere Schneeschauer, an der
Nordsee auch Schneeregen.
In der zweiten Nachthälfte nähert sich über Frankreich erneut eine
Tiefdruckrinne auf deren Vorderseite von Südwesten dichtere Wolkenfelder im
Westen und Südwesten aufziehen. On diese auch schon Niederschlag bringen, ist
noch unsicher. Das europäische Modell und GFS sind offensiver als ICON. Neben
Regen im Südwesten sind auch gefrierender Regen bzw. Schnee nicht
ausgeschlossen.
Es wird verbreitet frostig. In den klaren Gebieten im Osten und der Mitte gibt
es mäßige Fröste, über Schnee durchaus auch wieder um -10 Grad.


Modellvergleich und -einschätzung
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Die grundsätzliche Entwicklung ist unstrittig. Angesichts der scharfen
Luftmassengrenze sind Details wichtig, die vorab nicht geklärt werden können.
Damit muss die Entwicklung entsprechend gut verfolgt werden. Mögliche
unwetterartige Entwicklungen bezüglich gefrierenden Regens und Schneefalls sind
nach wie vor in Betracht zu ziehen, nicht zuletzt wegen des Impacts in ansonsten
eher nicht von Schnee und Eis bevorzugten Regionen.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Bernd Zeuschner