DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

28-01-2021 18:30
SXEU31 DWAV 281800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Donnerstag, den 28.01.2021 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
Markante Luftmassengrenze mit Dauerregen und starken Tauwetter sowie teils
Sturmböen auf der Südseite und Dauerfrost nördlich davon. Im Grenzbereich starke
Schneefälle und Glatteis.

Synoptische Entwicklung bis Sonntag 12 UTC
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Aktuell ... hat ein erster Warmluftschub kräftige Niederschläge gebracht, die
sich etwa bis zum Harz und der Lausitz ausgebreitet haben. Damit sind im Mittel
bereits Mengen zwischen 5 und 15 l/qm gefallen. In Staulagen im Schwarzland
liegen die Summen zwischen 20 und 40 l/qm.

Verantwortlich dafür ist ein Tiefdruckkomplex, der sich rinnenförmig von der
Irmingersee über die Britischen Inseln bis nach Deutschland erstreckt.
Damit konnten sehr milde Luftmassen in den Westen und Südwesten vordringen,
sodass die Temperatur dort mittlerweile klar im zweistelligen Bereich liegt.

Demgegenüber steht ein Tief über der Polnischen Ostsee. Die resultierende
nördliche bis nordöstliche Strömung in den unteren Luftschichten steuert
weiterhin Kaltluft polaren Ursprungs in den Norden und Nordosten Deutschlands.
So lag die Temperatur bereits am Nachmittag schon oft im leichten Frostbereich.
Dieses Kaltluftbollwerk hat das Vorankommen der Warmluft nun zunächst
ausgebremst.

Die verbleibenden Niederschläge konzentrieren sich am Abend und in der ersten
Nachthälfte vor allem noch auf die östliche Mitte, den Südosten sowie die
Staulagen der Berge, während andernorts nur wenig Regen fällt. Gerade in den
östlich und zentralen Mittelgebirgen ist in höheren Lagen auch immer noch Schnee
mit von der Partie und es kann noch ein paar wenige Zentimeter Neuschnee geben.

In den Nachtstunden ist der erste Warmluftschub abgeebbt und die bodennahe
Kaltluft kann sich langsam wieder bis zur Mittelgebirgsschwelle ran saugen.
Dementsprechend gibt es im Osten und Nordosten in den Nachstunden häufig
leichten Frost bis 5 Grad. Gerade in den Gebieten wo noch länger Regen gefallen
ist, kann es (teils auch markante) überfrierende Nässe geben. Dies gilt
insbesondere auch für die östlichen und zentralen Mittelgebirge. Dort gibt es
zudem eine geringe Wahrscheinlichkeit für Glatteisregen.

Der Wind der bis zum späten Abend noch recht lebhaft unterwegs ist, ebbt
vorübergehend ab. Bis dahin kann es aber noch starke bis stürmische Böen, im
Bergland Sturmböen geben. In Gipfellagen treten auch schwere Sturmböen auf.

Freitag ... unternimmt die Warmluft einen neuen Anlauf von Südwesten. Auf der
Vorderseite eines Kurzwellentroges kann sich ein Bodentief über der Nordsee
verstärken. Kräftige Warmluftadvektion sorgt bereits im Laufe der zweiten
Nachthälfte für kräftige Aufgleitniederschläge, die in den Morgenstunden bis in
die mittleren Landesteile vorstoßen.

Die mitgeführte Luftmasse weist einen für diese Jahreszeit hohen Feuchtgehalt
auf, mit PPW-Werten, die im Südwesten über 15 mm steigen. Damit erklären sich
auch die kräftigen Niederschläge, wobei in 12 h bis zu den Mittagsstunden 5 bis
15 l/qm, in Staulagen der westdeutschen und süddeutschen Mittelgebirge bis 25
l/qm fallen. Im Schwarzwald gibt es Mengen bis 35 l/qm. Gepaart mit der
vorstoßenden Warmluft intensiviert sich das Tauwetter in den betroffenen
Gebieten nochmals.
Der feuchtwarme Charakter der "sommerlich anmutenden" subtropischen Luftmasse
drücke sich auch in eingelagerten Gewittern aus. Feuchte und steile Lapse Rates
sorgen für etwas CAPE. Mit den Gewittern ist neben Wind- und Sturmböen auch
Starkregen um 15 l/qm in 1h denkbar.

Gleichzeitig hält der Zustrom bodennah kalter Luftmassen aus Norden und
Nordosten an. Die Luftmasse ist zugleich deutlich trockener und stabil
geschichtet. Im Norden und Nordosten fällt entsprechend zunächst wenig
Niederschlag.

Im Grenzbereich der beiden Luftmassen verstärken sich die Gegensätze im
Tagesverlauf. Während in der Südwesthälfte vielfach Werte im klar zweistelligen
Bereich erwartet werden, bleib es im Norden und Nordosten bei Dauerfrost. Im
Grenzbereich können die Temperaturunterschiede auf nur wenigen Kilometern sich
um über 5 K unterscheiden.

Gerade die Schärfe der LMG erklärt, warum eine genaue Prognose für Schneefall
und Glatteis nur im Nowcasting möglich ist. Betrachtet man einen festen Punkt
(z.B. Leipzig), dann haben allein 20-50 km Verschiebung (und das ist die
Schwankungsbreite die im Osten immer noch besteht) große Auswirkung. Von
leichtem Frost und Schneefall bis +6 Grad und Regen ist alles möglich.
Erschwerend kommt hinzu, dass die LMG nicht ortsfest ist, sondern sich im
Tagesverlauf mäandrierend etwas nach Nordosten schiebt.

Dennoch, wenn man den Streifen etwas breiter hält, so kann es von der Nordsee
bis nach Sachsen und Brandenburg zum Teil kräftige Schneefälle mit Summen 5 bis
10 cm in 6h geben. Je nach Stationärität sind auch unwetterartige Schneemengen
über 10 cm (im Extremfall bis 20 cm) denkbar. Dies wird aber nur im Nowcasting
zu beurteilen sein. Stattdessen bietet es sich an zunächst eine markante
Grundwarnung für die wahrscheinlichsten Regionen zu schalten. Am höchsten ist
die Wahrscheinlichkeit dafür in Niedersachsen bis nach Sachsen-Anhalt, wo sich
kaum Schwankungen der Lage der LMG zwischen Modellen und auch im Laufe der Zeit
ergeben. Etwas unsicherer ist es hingegen in Richtung Sachsen und Brandenburg.

Ein zweiter Punkt, der unwetterartig werden könnte ist der gefrierende Regen.
Die bodennahe Kaltluft legt sich keilartig unter die vorstoßende und
aufgleitende Warmluft, sodass horizontal gesehen die 0-Grad Grenze weiter
südlich liegt, als die Grenze, wo der Regen in Schnee übergeht. Dementsprechend
wird es einen schmalen, ebenfalls nur im Nowcasting ermittelbaren Streifen
geben, wo mit Glatteis im Unwetterbereich zu rechnen ist.

Im Hauptgefährdungsbereich muss dann auch mit Schneebruch und evtl.
Leiterseilschwingungen gerechnet werden.

Bleibt noch der Wind, der vor allem an der Südflanke der Luftmassengrenze sehr
ruppig unterwegs ist und sich von West nach Ost verstärkt. In tiefen Lagen
treten Windböen und stürmische Böen auf, im Bergland Sturmböen. Auf exponierten
Gipfel sind bis hin zu Orkanböen möglich (z.B. Feldberg/Schwarzwald).
Auch böig ist der Wind von der schleswig-holsteinischen Ostsee bis zur Nordsee
mit Windböen und auf den Nordseeinseln auch stürmischen Böen und Sturmböen aus
Ost bis Nordost.

In der Nacht auf Samstag sieht das in die Luftmassengrenze eingelagerte Randtief
nach Polen ab. Damit verlagern sich die intensivsten Niederschläge in die
östlichen Landesteile. Im kalten Bereich fallen dann nochmal 2 bis 5 cm,
vereinzelt auch bis 10 cm in 12h. An der Südflanke bleibt Glatteis ein Thema.

Im Nordwesten hören die Schneefälle im Verlauf auf. In der Südhälfte kann es
zeitweise regnen. In Staulagen von Schwarzwald und Allgäu anfangs auch noch
ergiebig.

Der Wind bleibt zunächst lebhaft mit starken bis stürmischen Böen, lässt bis zum
Morgen aber deutlich nach. Auch an der Nordsee lässt der Wind mit dem
abziehenden Tief bald nach.

Frost gibt es grob gesagt bis zur Mittelgebirgsschwelle mit 0 bis -6 Grad,
während es südlich davon Tiefstwerte zwischen 8 und 0 Grad gibt.

Samstag ... nimmt der Atlantik einen neuerlichen Anlauf. Die bodennahe Kaltluft
hat sich von Norden aber mittlerweile über die Mittelgebirgsschwelle bis in die
Mitte des Landes vorgeschoben.
Ausgehend vom steuernden Tief südlich von Irland erstreckt sich eine
Tiefdruckrinne bis in den Süden Deutschlands.

Damit leben die Niederschläge in der Südhälfte Deutschlands neuerlich auf.
Insbesondere im Südwesten und damit in den Staulagen des Schwarzwald kann es
abermals ergiebig regnen. Zudem taut der noch vorhandene Schnee weiter ab,
sodass erneut größere Abflussmengen zu erwarten sind, die zu einem weiteren
Anstieg der Flusspegel führen dürfte.

Im Bereich zur kalten Luft fällt der Niederschlag erneut als Schnee. Dabei geht
es grob gesagt um die mittleren Landesteile von NRW und RLP bis nach Thüringen
und Sachsen. Allerdings gibt es da noch eine gewisse Schwankungsbreite zwischen
den Modellen.
Die zu erwartenden Schneemengen sind lange nicht mehr so hoch, wie am Freitag.
Dennoch können durchaus 1 bis 5 cm Neuschnee fallen, in Staulagen vielleicht
auch mal um 10 cm.
Inwiefern es im Übergangsbereich auch zu gefrierenden Regen kommt, ist eher
unwahrscheinlich ... infolge der warmen Vorgeschichte.

Der Wind spielt vor allem im süddeutschen Bergland noch eine Rolle mit Wind- und
auf den Gipfeln Sturmböen.

In der Nordhälfte gibt es Höchstwerte um den Gefrierpunkt, teils auch
Dauerfrost, Am Oberrhein und im Voralpenbereich werden nochmal bis 10 Grad
erreicht.

In der Nacht auf Sonntag amplifiziert sich ein Kurwellentrog nach Süden und
rückseitig dreht die Höhenströmung auf Nordwest. Damit hat die Kaltluft nun
endgültig ihren Kampf gegen den milden Atlantik gewonnen und ergießt sich bis in
den Süden. Damit fällt in südlichen Landesteilen noch länger anhaltend
Niederschlag, der nachfolgend bis in tiefe Lagen in Schnee übergeht und an den
Alpen auch noch länger anstaut. Damit sind einige Zentimeter Neuschnee zu
erwarten. Damit ist auch das Tauwetter beendet.

Die Tiefstwerte liegen nur noch am Oberrhein im positiven Bereich. Sonst gibt es
leichten bis mäßigen Frost. Bei Aufklaren über Schnee sind im Nordosten und
Osten durchaus auch Werte bis -10 Grad im Bereich des Möglichen.

Das Glätte vor allem in den Gebieten mit Niederschlag am Tag ein Thema ist,
bedarf eigentlich keiner Erwähnung.

Sonntag ... befindet sich Deutschland rückseitig des abziehenden Troges in einer
nordwestlichen Höhenströmung unter Zustrom polarer Kaltluft. Dabei setzt sich
schwacher Zwischenhocheinfluss durch. Der Luftdruckgegensatz ist nur noch
gering, sodass abgesehen von den Küstenregionen der Wind nur noch schwach
unterwegs ist.

Am längsten schneit es noch im Anstau der Alpen, wo bis zum Abend nochmal ein
paar Zentimeter Neuschnee hinzukommen. Auch im erweiterten Küstenumfeld kann es
einige Schneeschauer geben.

Am freundlichsten wird es in den mittleren Landesteilen, wo die Sonne auch mal
länger scheinen kann.

Die Höchstwerte liegen von Niedersachsen bis in den Osten teils um 0 Grad, sonst
werden 1 bis 4 Grad erreicht.

Nachts ist es wechselnd bis starke bewölkt. Dem erweiterten Küstenumfeld bringt
ein Randtrog neue, auch mal kräftigere Schneeschauer, an der Nordsee auch
Schneeregen.

In der zweiten Nachthälfte können von Westen und Südwesten dichtere Wolkenfelder
aufziehen. On diese auch schon Niederschlag bringen, ist noch unsicher.

Es wird verbreitet frostig. In den klaren Gebieten im Osten und der Mitte gibt
es mäßíge Fröste, über Schnee durchaus auch wieder bis -10 Grad.


Modellvergleich und -einschätzung
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Prinzipiell sind die Modelle gut auf Linie, wenn man mal vom absoluten Ende der
Kurzfrist absieht. Wie immer sind bei so eine markanten Luftmassengrenze aber
auch die Details entscheidende und da gibt es dann eben doch noch Unterschiede.
Dies wurden im Text bereist näher erläutert.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Marcus Beyer