DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

18-08-2016 09:00
SXEU31 DWAV 180800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Donnerstag, den 18.08.2016 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
Übergang von HNa zu Ww
Heute im Süden markante Gewitter, Unwetter bzgl. Starkregens nicht
ausgeschlossen, später auch im Südwesten Gewitter mit Starkregen.


Synoptische Entwicklung bis Samstag 24 UTC
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Donnerstag... befindet sich Deutschland am Südwestrand eines hochreichenden
Tiefdruckgebietes, dessen Drehzentrum sich in 500 hPa in etwa über der
südöstlichen Ostsee befindet und zunächst kaum Verlagerungstendenz aufweist. Das
korrespondierende Bodentief weist eine zunehmend achsensenkrechte Position zum
Höhentief auf und beginnt sich somit allmählich aufzufüllen. Das zugehörige
okkludierte Frontensystem, welches mit schauerartigen Regenfällen auf den
äußersten Nordosten des Landes übergegriffen hat, kommt im Tagesverlauf nur noch
wenig südwärts voran und löst sich mehr und mehr auf. Postfrontal gelangt ein
Schwall etwas höhenkälterer Luft nach Vorpommern, in der es noch zu einzelnen
Schauern kommt, kurze Gewitter sind insbesondere an der Ostseeküste nicht
ausgeschlossen. Als Begleiterscheinungen kommen aber kaum mehr als starke
Windböen in Frage.
Während im Nordwesten und in einem breiten Streifen über der Mitte des Landes
auch heute nochmals ein über die Norwegische See und die Nordsee nach Süden
reichender Keil des Hochs über Nordeuropa für ruhiges und störungsfreies Wetter
sorgt, verbleibt der Süden im Einflussbereich feuchtwarmer und potentiell
instabiler Luftmassen. Im Tagesverlauf verlagert sich von Nordfrankreich her ein
in die westnordwestliche Höhenströmung eingebetteter Kurzwellentrog Richtung
Südwestdeutschland und wird im weiteren Verlauf in das Zirkulationssystem des
Zentraltiefs über der südöstlichen Ostsee eingebunden. PVA führt vorderseitig
des Troges zu Hebungsprozessen, die im Laufe des Mittags oder Nachmittags auch
auf den Südwesten des Landes übergreifen.
Im Bodenfeld verstärkt sich dabei bis zum Abend ein flaches Tiefdruckgebiet über
Belgien und greift am Abend auf den äußersten Westen des Landes über.
Bereits aktuell gibt es im Alpenvorland einzelne Schauer. Nach dem
vormittäglichen Minimum dürfte dort die konvektive Aktivität bereits ab dem
späten Vormittag oder Mittag wieder aufleben. COSMO_EU simuliert vom Bodensee
bis zum Bayerischen Wald 300 bis 600 J/kg ML-Cape, ICON-Nest und WRF 4 km
punktuell sogar bis an die 1000 J/kg bei allerdings niedrigeren PPW-Werten als
gestern (meist unter 25 mm). Somit dürften die auftretenden Gewitter erneut von
Starkregen, kleinkörnigem Hagel und starken bis stürmischen Böen begleitet
werden. Die Unwettergefahr ist dabei wohl eher als gering einzustufen,
wenngleich nicht komplett ausgeschlossen. Nachmittags verlagert sich der
Schwerpunkt der Gewittertätigkeit in Südbayern allmählich ostwärts, wobei
COSMO-DE-EPS vor allem im Zeitraum 12 bis 18 UTC Wahrscheinlichkeiten von über
30 % für mehr als 35 mm/ 6h (Unwetter) auf der Karte hat. Die deterministischen
Läufe, auch der höher aufgelösten Modelle, haben aber keine derartigen Mengen in
petto.
Mit Übergreifen der in Verbindung mit dem oben genannten KW-Trog stehenden
Hebungsprozesse auf den Südwesten Deutschlands nimmt auch dort in etwa ab den
Mittags- oder frühen Nachmittagsstunden die Gewittertätigkeit zu. Betroffen
dürften die Regionen südlich des Bodentiefs ein, etwa von der Südeifel bis zur
Schwäbischen Alb und südwestlich davon. Die simulierte ML-Cape ist dort etwas
niedriger angesetzt als im Süden, bei allerdings höheren PPW-Werten. Mit der
Hebung scheint sich die Konvektion dort etwas organisierter abzuspielen als im
Süden, nämlich eher in Form schauerartiger und mit Gewittern durchsetzter
Regenfälle, die von Frankreich her auf den Südwesten übergreifen. Mit Starkregen
und kleinkörnigem Hagel, eventuell auch mit stürmischen Böen ist in kräftigeren
Entwicklungen auch dort zu rechnen, die Unwettergefahr ist aber eher noch
geringer als im Süden. Auch COSMO-DE-EPS gibt keine wirklichen Hinweise auf
unwetterartige Mengen.
Während es im Nordosten eher bewölkt bleibt und auch im Südwesten und Süden die
Wolken eher dichter werden, scheint in dem breiten Streifen dazwischen
überwiegend die Sonne. Die Temperaturen steigen im Norden und Osten auf 20 bis
25 Grad, in Vorpommern und an den Küsten werden kaum 20 Grad erreicht. Im Süden
und Westen werden 23 bis 28 Grad erreicht.

In der Nacht zum Freitag verbleiben wir am Südwestrand des sich mit seinem
Drehzentrum allmählich zur mittleren Ostsee verlagernden Zentraltiefs. Der
Kurzwellentrog schwenkt nach Süddeutschland und ist im Geopotenzialfeld
Freitagfrüh kaum mehr als solcher auszumachen, die vorderseitigen
Hebungsprozesse klingen im Laufe der Nacht allmählich ab. Rückseitig wölbt sich
über Frankreich und Benelux ein Höhenrücken auf, der gestützt wird durch WLA auf
der Vorderseite eines Freitagfrüh von Grönland über den nahen Ostatlantik bis
zur Biskaya reichenden Langwellentroges.
Im Bodenfeld weitet sich die nur sehr flache Tiefdruckrinne über Benelux nach
Westdeutschland und bis in die mittleren Landesteile aus. Südlich davon kommt es
im Bereich der feuchten und leicht instabilen Luftmasse zu weiteren Schauern und
auch Gewittern, die aber allmählich seltener werden und sich eher Richtung
Südbayern/Alpen zurückziehen. Anfangs kann aber noch Starkregen auftreten, für
die zweite Nachthälfte zeigt COSMO-DE-EPS aber lediglich am Allgäu und Richtung
Chiemgau sehr geringe Wahrscheinlichkeiten (maximal 12 %) dafür.
Die mittleren Landesteile und vor allem die Nordhälfte befinden sich weiterhin
im Einflussbereich stabilerer und trockener Luftmassen (PPW-Werte abseits der
Küste deutlich unter 20 mm). Dabei kann es lediglich in der Nähe zum Höhentief
entlang der Ostseeküste noch einzelne Schauer geben, ansonsten bleibt es
überwiegend trocken und teils auch gering bewölkt. Nebel kann sich am ehesten im
Nordwesten sowie in der Mitte, nahe der Luftmassengrenze, bilden.

Freitag... schwenkt der Höhenrücken von Benelux allmählich nach Deutschland,
wird aber vorderseitig des sich zu den Britischen Inseln ausweitenden
Langwellentroges etwas "abgehobelt" und bereits von WLA überlaufen. Somit dreht
die Höhenströmung über dem Vorhersagegebiet zunehmend auf Westsüdwest.
Im Bodenfeld kommt es bereits in der Nacht trogvorderseitig zu einer kräftigen
Zyklogenese knapp südwestlich von Irland. Die flache Tiefdruckrinne über der
Mitte Deutschlands kann sich im Tagesverlauf mit zunehmender WLA- induzierter
Hebung wieder verstärken und kommt ein wenig nach Norden voran. Die
mitteltroposphärische WLA führt aber zunächst zu einer Stabilisierung der
Luftmasse, zudem wirkt der Höhenrücken dämpfend, so dass sich die im Tagesgang
wieder etwas auflebende Schauertätigkeit im Bereich der feuchtwarmen Luftmasse
im Süden und in der Mitte des Landes in Grenzen halten sollte. Lediglich im
Westen, an den Alpen und in den Mittelgebirgen werden vereinzelte Schauer
simuliert, Gewitter sind eher unwahrscheinlich. Erst zum späten Nachmittag oder
Abend hin gelangt in den Westen wieder eine etwas labilere Luftmasse (mehrere
100 J/kg ML-Cape), so dass die Schauer- und Gewittertätigkeit dort etwas
aufleben könnte. Modellseitig gibt es aber keine Hinweise darauf.
Außer im Westen und teilweise auch in den mittleren Landesteilen, wo es eher
bewölkt bleibt, steht ansonsten ein recht freundlicher Tag ins Haus, vor allem
im Norden und Osten sowie im Südosten ist es vielfach sonnig. Die Temperaturen
steigen im Norden auf 20 bis 25 Grad, sonst werden 24 bis 29 Grad erreicht.

In der Nacht zum Samstag schwenkt der flache Höhenrücken ins östliche
Mitteleuropa und Deutschland gelangt zunehmend auf die Vorderseite des
westeuropäischen Höhentroges mit Drehzentrum am Samstagfrüh in etwa über der
Irischen See.
Das Bodentief hat den Höhepunkt seiner Entwicklung überschritten und befindet
sich in der Früh über Nordirland. Das zugehörige okkludierte Frontensystem
greift in der Früh auf den Nordwesten und Westen Deutschlands über.
Vorderseitig kommt die durch eine Konvergenz markierte feuchtwarme Luftmasse
auch nach Nordostdeutschland voran. Mit zunehmender trogvorderseitiger Hebung
setzen vor allem im Westen und Norden schauerartige Regenfälle ein, die sich
nordostwärts ausweiten. Hinweise auf konvektive Einlagerungen in Form von
Gewittern geben die Modelle nur wenig, wenngleich sie nicht ausgeschlossen sind.
Aufgrund der hohen PPW-Werte (über 30 mm im Bereich der Konvergenz) ist dann
auch Starkregen nicht ausgeschlossen. Ansonsten halten sich die simulierten
Mengen in Grenzen. ICON-Nest und COSMO-EU simulieren maximal 10 bis 15 mm im
Nordwesten, die anderen Modelle eher weniger. Unterschiedlich fallen auch die
Simulationen für die Südhälfte aus. GFS und COSMO_EU lassen es dort komplett
trocken, während ICON-Nest dort recht verbreitet etwa 1 bis 7 mm simuliert.
Offensichtlich lässt ICON die Hebungsprozesse weiter nach Süden ausgreifen als
andere Modelle.


Samstag... verlagert der westeuropäische Höhentrog sein Drehzentrum bis zum
Abend zur schottischen Nordseeküste. Das zugehörige Bodentief kommt ebenfalls
etwas nach Osten voran und schwächt sich zögernd ab. Insgesamt dreht die
Höhenströmung über dem Vorhersagegebiet mehr aus Südsüdwest, wobei sich die
stärksten trogvorderseitigen Hebungsprozesse mehr und mehr in den Südosten und
Osten des Landes verlagern und sich aufgrund zunehmender PVA dort noch
verstärken.
Im Bodenfeld kommt das teilokkludierte Frontensystem mit schauerartigen
Niederschlägen allmählich ostwärts voran und erreicht bis zum Abend den
äußersten Osten Deutschlands und die Alpen. Vor allem im Süden und Südosten
verstärken sich die Niederschläge mit zunehmender Hebung und sind auch konvektiv
durchsetzt, wobei dann entsprechend auch Starkregen, kleiner Hagel und
stürmische Böen auftreten können. COSMO_EU und ICON-Nest simulieren an den Alpen
im Zeitraum Samstag, 12 UTC bis Sonntag, 00 UTC Mengen bis an die 40 mm,
ICON-Nest in Staulagen auch darüber. Auch die Probabilistik (COSMO-Leps und
ECMWF-ENS, Läufe allerdings von gestern, 12 UTC) springt darauf an und zeigt
speziell im ostbayerischen Alpenraum recht hohe Wahrscheinlichkeiten für
markanten Dauerregen, gibt aber keine Signale für unwetterartige Mengen. ECMWF
und GFS haben zwölfstündige Mengen etwa bis 25 mm an den Alpen auf der Karte.
Modelldifferenzen gibt es auch noch bzgl. des Ausgreifens der Niederschläge auch
in die Osthälfte Deutschlands. ICON-Nest simuliert auch im äußersten Osten
Sachsens zwölfstündige Mengen bis in den Unwetterbereich. COSMO_EU dagegen nur
knapp über 10 mm im Zittauer Gebirge und Erzgebirge, während GFS lediglich in
Ostvorpommern Mengen über 10 mm in 12 Stunden auf der Karte hat.
Postfrontal gelangt subpolare Meeresluft in den Norden und Westen Deutschlands,
die allerdings nur bis in etwa 700 hPa labil geschichtete ist, lediglich im
Nordseeumfeld wohl etwas hochreichender. Somit sollte sich die Schauertätigkeit
dort in Grenzen halten, kurze Gewitter sind aber vor allem im Nordseeumfeld und
in Schleswig-Holstein nicht ausgeschlossen, wo ICON-Nest und COSMO_EU immerhin
bis nahe 400 J/kg ML-Cape simulieren.
Präfrontal scheint vor allem im Osten und äußersten Südosten anfangs noch länger
die Sonne, im Frontbereich bleibt es dann meist stark bewölkt, während sich
postfrontal im Tagesverlauf im Westen und Norden wieder häufiger die Sonne
durchsetzt. Die Höchstwerte liegen meist zwischen 19 und 25 Grad, im Südosten
und Osten können präfrontal nochmals bis nahe 29 Grad (Lausitz) erreicht werden.



Modellvergleich und -einschätzung
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Die externen Modelle simulieren im Kurzfristbereich eine der deutschen Modelle
sehr ähnliche Wetterentwicklung. Differenzen treten am ehesten noch bzgl. der
räumlichen Verteilung und Intensität der Niederschläge auf, sind weitgehend
nicht warnrelevant und wurden im Text bereits diskutiert.
Auch bzgl. der Stark- bzw. Dauerregenlage im Süden ab Samstagnachmittag haben
sich die Modelle, vor allem den zeitlichen Verlauf betreffend, weitgehend
angeglichen.



Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Winninghoff