DWD Synoptische Übersicht Mittelfrist

17-08-2016 11:00
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Mittwoch, den 17.08.2016 um 10.30 UTC



Zunächst unbeständig und mäßig warm, vor allem im Süden am Samstag kräftige
Gewitter möglich. Ab Dienstag zunehmend beständiges und warmes bis sehr warmes
Spätsommerwetter.
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Synoptische Entwicklung bis zum Mittwoch, den 24.08.2016


Am kommenden Wochenende, zu Beginn des Mittelfristzeitraumes, stellt sich eine
Wetterlage ein, die gemeinhin als "winkelförmige Westlage" definiert ist. Dabei
verlagert sich bis Sonntag, 12 UTC ein Langwellentrog über West- allmählich nach
Mitteleuropa.
Im Bodenfeld zieht das korrespondierende, recht kräftige Tiefdruckgebiet mit
Kern über dem Norden der Britischen Inseln (Samstag, 12 UTC) bis Sonntagmittag
zur mittleren Nordsee, weist dann aber eine nahezu achsensenkrechte Lage zum
Drehzentrum des Troges auf und schwächt sich allmählich ab.
Die Kaltfront des Tiefs überquert bis Sonntag, 00 UTC Deutschland von Nordwest
nach Südost. Dabei gelangt am Samstag tagsüber in den äußersten Südosten des
Landes noch einmal ein Schwall potenziell instabiler Subtropikluft (Temperaturen
um 15 Grad in 850 hPa), innerhalb derer es zu kräftigen Gewittern kommen kann.
Im Bereich der schleifenden Front kann es vor allem im Süden nachfolgend bis in
die Nacht zum Sonntag hinein auch Dauerregen geben
Postfrontal strömt subpolare Meeresluft (6 bis 9 Grad in 850 hPa) nach
Deutschland, die indifferent bzw. leicht labil geschichtet ist, wobei es vor
allem im Norden und Westen - in Trognähe - zu Schauern und auch kurzen Gewittern
kommt, die von stürmischen Böen, eventuell auch von kleinkörnigem Hagel
begleitet sein können. Auch außerhalb der Schauer ist im Nordseeumfeld und im
Bergland mit stürmischen Böen zu rechnen, wenngleich der Gradient mit der
Abschwächung des Tiefs im Tagesverlauf wohl auffächert.
Bis Montag, 12 UTC verlagert sich der Trog ins östliche Mitteleuropa, kommt aber
aufgrund der Blockadewirkung eines kräftigen Höhenrückens über Russland kaum
weiter nach Osten voran und tropft bis Dienstag, 12 UTC über dem Balkan ab.
Dahinter baut sich ein am Dienstag, 12 UTC vom westlichen Mittelmeer bis nach
Mitteleuropa reichender Höhenrücken auf. Somit stellt sich die Großwetterlage
auf "Südwest antizyklonal" um.
Das Bodentief zieht von der Nordsee über Dänemark bis Dienstag, 00 UTC nach
Südschweden und füllt sich weiter auf. Am Montag gibt es aber vor allem im
Norden und Osten des Vorhersagegebietes noch weitere Schauer oder kurze
Gewitter, im Südwesten setzt bereits Wetterberuhigung ein.
Danach verstärkt sich über Deutschland der Hochdruckeinfluss, bis Dienstag, 12
UTC bildet sich ein eigenständiges Hochdruckgebiet mit Schwerpunkt über
Süddeutschland. Auf den Norden greift in der Nacht zum Dienstag die Warmfront
eines Tiefs bei Island über, die Kaltfront erreicht am Dienstag die südliche
Nordsee, kommt aber zunächst nicht weiter südostwärts voran. Im Warmsektor
gelangt zunehmend wärmere Luft aus Südwesteuropa ins Vorhersagegebiet, die
Temperatur in 850 hPa steigt bis Dienstagabend im Süden und Westen wieder auf
deutlich über 10 Grad. Im Nordwesten bleibt es leicht unbeständig, ansonsten
stellt sich recht sonniges Wetter bei spätsommerlichen Temperaturen ein.
Am Mittwoch kann sich der Höhenrücken - gestützt durch kräftige WLA vorderseitig
eines Langwellentroges über dem nahen Ostatlantik - über Mitteleuropa weiter
verstärken. Der Schwerpunkt des Bodenhochs verlagert sich bis Mittwochabend über
Polen hinweg allmählich nach Südskandinavien, während sich von der Iberischen
Halbinsel bis nach Benelux eine flache Tiefdruckrinne ausbildet. Auf deren
Vorderseite gelangt Subtropikluft ins Vorhersagegebiet, die Temperatur in 850
hPa steigt im Südwesten am Dienstag bereits auf etwa 20 Grad, an der Ostsee auf
etwa 13 Grad. Somit sollte - mit Ausnahme einzelne Gewitter im Nordwesten des
Landes - störungsfreies Wetter dominieren, wobei es sehr warm, im Süden und
Westen auch heiß wird.
Auch für die zweite Wochenhälfte deutet sich nach ECMWF ein Anhalten dieser
"Hitzewelle" an, wobei wohl zumindest im Westen die Gewitterneigung etwas
zunimmt.
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Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs


Am Wochenende weist der aktuelle Lauf des ECMWF eine sehr gute Konsistenz zu
seinen Vorgängern auf, alle Läufe simulieren bis Sonntag, 12 UTC ein Übergreifen
des Westeuropatroges auf Mitteleuropa. Lediglich bzgl. der genauen Lage des
Bodentiefs über der Nordsee gibt es dann kleinere Differenzen.
Im weiteren Verlauf kommt dann der Höhentrog im aktuellen Lauf langsamer nach
Osten voran als in den beiden Vorgängerläufen. Somit dauert die unbeständige
Witterung mit Schauern und Gewittern vor allem im Norden und Osten wohl etwas
länger an als nach den beiden Vorläufen, die am Montag, 12 UTC bereits das
Übergreifen der Keilachse auf den Westen Deutschlands simulierten.
Ab Dienstag zeigen alle Läufe eine Südwestlage, die aber vor allem im gestrigen
12 UTC-Lauf im Westen und Norden etwas zyklonaler geprägt war als im aktuellen
Lauf, der insgesamt die antizyklonalste Version auf der Karte hat.
Als Quintessenz bleibt festzuhalten, dass ab Dienstag wohl eine durchaus als
hochsommerlich zu bezeichnende Witterungsphase ins Haus steht, die aber vor
allem im Westen und Norden auch mit kleineren Schönheitsfehlern in Form von
Schauern und Gewittern behaftet sein kann. Im Süden und Osten - wahrscheinlich
auch in den mittleren Landesteilen - kann man aber nach aktueller
(ECMWF-)Modelllage durchaus von einer Hitzewelle sprechen.

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Vergleich mit anderen globalen Modellen


Am Wochenende zeigen alle vorliegenden Modelle den von West- auf Mitteleuropa
übergreifenden Höhentrog. Sogar die Achse des Höhentroges und die Lage des
Bodentiefs werden bis Montag, 00 UTC fast identisch simuliert.
Ab Montag werden die Unterschiede etwas größer. Während sich die Achse des
Höhentroges am Dienstag, 00 UTC nach GFS, ECMWF und GEM bereits über Polen
befindet und vor allem ECMWF und GEM einen Abtropfprozess über dem Balkan
simulieren, hängt der Trog nach ICON noch etwas zurück und tropft erst am
Dienstag tagsüber weiter westlich ab. Selbst in der Nacht zum Dienstag simuliert
ICON in der Osthälfte Deutschlands im Trogbereich Schauer, am Dienstag noch im
Südosten.
Den Schwerpunkt des Bodenhochs simulieren GFS und ECMWF am Dienstag, 12 UTC über
Süddeutschland, ICON und GEM dagegen eher über Westdeutschland, vor allem ICON
zeigt somit eine verzögerte Erwärmung von Westen her, während GFS diesbezüglich
eine etwas progressivere Variante als das ECMWF auf der Karte hat.
Am Mittwoch wölbt sich der Höhenrücken nach ICON und GEM weiter nach Norden auf
als nach ECMWF und ICON, die gleichzeitig auch die Achse des Rückens bereits
weiter östlich simulieren. Entsprechend verzögert wird nach beiden Modellen auch
die Erwärmung simuliert. Während am Mittwoch, 12 UTC GFS über Westdeutschland
bereits eine abgeschlossene 20 Grad-Isotherme in 850 hPa auf der Karte hat,
simuliert ICON dort etwa 10 Grad.
Somit deuten eigentlich alle Modelle am Dienstag/Mittwoch eine stabile
Schönwetterphase an - entweder die typische Spätsommervariante mit angenehmen
Temperaturen zwischen 25 und 30 Grad oder die Hitzevariante mit über 30 Grad,
aber auch kleinen Schönheitsfehlern in Form durchaus kräftiger Gewitter speziell
im Westen des Landes.

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Bewertung der Ensemblevorhersagen


Die Clusteranalyse zeigt im Zeitraum 72 bis 96 h, also am kommenden Wochenende,
zwei Cluster. Beide unterscheiden sich für Mitteleuropa kaum und haben das
Übergreifen des westeuropäischen Langwellentroges auf Mitteleuropa zum Sonntag
hin auf der Karte.
Auch im nächstfolgenden Zeitraum (120 bis 168 h) verteilen sich die ENS-Läufe
auf zwei Cluster (28 und 23 Member). Cluster 1, in dem sich auch Haupt- und
Kontrolllauf befinden, zeigt ein etwas markanteres Trog-Keil-Muster über
Mitteleuropa als Cluster 2. Der Höhentrog am Montag über Mitteleuropa und der
Abtropfprozess am Dienstag und Mittwoch über dem Balkan werden etwas kräftiger
simuliert, der Höhenrücken am Dienstag/Mittwoch über Mitteleuropa ebenfalls. Am
Mittwoch wird der Rücken in Cluster 2 vor allem über Nordwestdeutschland bereits
wieder ordentlich "abgehobelt", was wohl auf eine höhere
Gewitterwahrscheinlichkeit dort schließen lässt.
6 Cluster (12, 10, 9, 8, 8 und 4 Member) zeigt dann die erweiterte Mittelfrist,
wobei sich Haut- und Kontrolllauf in Cluster 5 befinden.
Cluster 1 deutet dabei ein Übergreifen der atlantischen Frontalzone auf
Mitteleuropa zum übernächsten Wochenende hin an. Alle anderen Cluster fahren
eine eher antizyklonal konturierte Variante, allerdings in den verschiedensten
Ausführungen. Vom markanten Höhenrücken über Mittel- und Osteuropa über eine
High- over- Low- Situation bis zum Höhenrücken West- und Trog Südosteuropa ist
alles dabei.
Die Rauchfahnen spiegeln die relative Einigkeit der Ensembleläufe bis zum
Sonntag in Form eines relativ engen Spreads der Temperatur in 850 hPa gut
wieder. Zum Höhepunkt der "kühleren" Phase (im Westen Sonntagvormittag, in der
Osthälfte Nacht zum Montag) bewegen sie sich in etwa zwischen 5 und 8 Grad.
Danach geht es bei größer werdendem Spread bergauf, allerdings gibt es selbst in
der zweiten Wochenhälfte auch einige Member mit kühleren Lösungen. Am Mittwoch
und Donnerstag vergrößert sich der Spread somit auf 5 bis 20 Grad, wobei sich
das Groß der Member zwischen 12 und 18 Grad bewegt, Haupt- und Kontrolllauf sind
dabei im oberen Bereich des Spreads angesiedelt.
Niederschlagssignale sind vor allem am Wochenende und dann wieder ab der zweiten
Wochenhälfte (im Westen) auszumachen.
Die ENS des GFS zeigen ein ähnliches Muster, wobei sich ab dem 24.8. (Mittwoch)
das Groß der Member im Temperaturbereich über 10 Grad in 850 hPa bewegt und es
nur einige wenige "kalte Ausreißer" gibt.
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Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen


EFI zeigt keine besonderen Signale für deutlich von der Norm abweichende
Wettererscheinungen.
Am Samstag und Sonntag gibt es Gewitter, die in subpolarer Meeresluft lokal eng
begrenzt von Starkregen, kleinkörnigem Hagel und stürmischen Böen begleitet
werden können. Hinweise darauf geben die Niederschlagssimulationen der
deterministischen Modellläufe und die Probabilistik allerdings kaum. In den
äußersten Südosten gelangt am Samstag kurzzeitig noch einmal ein Schwall
Subtropikluft, so dass dort auch ein geringes Unwetterpotenzial besteht,
allerdings kommt die Kaltfront von Lauf zu Lauf etwas schneller voran.
Im Bereich der schleifenden Kaltfront kann es dann ab Samstagmittag im Süden -
insbesondere an den Alpen - auch Dauerregen geben. Vor allem ECMWF-EPS zeigt
erhöhte Wahrscheinlichkeiten dafür.
Der Wind frischt vor allem am Sonntag auch außerhalb der Schauer und Gewitter
auf, im Nordseeumfeld und im Bergland steigen die Wahrscheinlichkeiten für
markante Böen (Bft. 8) vorübergehend an.
Am Montag sind dann noch im Norden und Osten einzelne Gewitter zu erwarten,
wobei die Wahrscheinlichkeit für markante Begleiterscheinungen zurückgeht.
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Basis für Mittelfristvorhersage
ECMWF-EPS, MOS-MIX
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VBZ Offenbach / Dipl. Met. Jens Winninghoff