DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

14-01-2021 09:30
SXEU31 DWAV 140800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Donnerstag, den 14.01.2021 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
GWL: Nz bis NEz (Nord bzw. Nordost zyklonal)

Heute im Süden und Südwesten weitere kräftige Schneefälle, bis Freitagvormittag
andauernd. Sonst Schneeschauer. Vor allem zum Samstag hin vorübergehender
Hochdruckeinfluss, kalt.

Synoptische Entwicklung bis Samstag 24 UTC
--------------------------------------------------------------
Donnerstag... befindet sich Deutschland zwischen einem LW-Trog, der von
Fennoskandien bis hinunter zum östlichen Mittelmeer reicht und einem breit
aufgespannten Höhenrücken über dem Ostatlantik mit Ableger bis hoch ins
Nordmeer. Als Konsequenz resultiert daraus eine nordwestliche, im Tagesverlauf
rückseitig eines süd-südostwärts schwenkenden Randtrogs auf Nord drehende
Höhenströmung, die zunächst noch weitgehend zyklonal konturiert ist, aufgrund
ihrer konfluenten Struktur aber leichten Druckanstieg bewirkt.
Womit wir bei der allgemeinen Druckverteilung wären, die - bezogen auf unser
Wetter - von drei Gebilden geprägt wird. Da wäre zum einen das mit
quasisenkrechter Achse ausgestattete Tief DIMITROS (genau genommen ist es eine
Fusion von DIMITROS und dem "spanischen Schneetief BARTOSZ) über dem nahen
Osteuropa, von dem aus sich ein Trog bis zu uns erstreckt. Dann wäre da noch
ERHAN, ein kleines aber feines Tiefdruckgebiet, das heute dem Brexit trotzt und
von England her den Kanal in Richtung Frankreich überquert. ERHAN verfügt über
eine in dieser gut ausgeprägten (weil überaus baroklin) Form selten
anzutreffende Warmfront, die zwar knapp westlich des Vorhersageraums
positioniert ist, gleichwohl aber mächtig Wirkung auch auf das hiesige Wetter
ausübt. Sie trennt die in weite Teile Deutschlands einfließende skandinavische
Kaltluft (T850 in der Osthälfte -7 bis -10°C) von nicht ganz so kalter maritimer
Polarluft im Südwesten (T850 -1 bis -4°C).
Ja und dann wäre da noch das umfangreiche Hoch BOZENA über Nordeuropa, von dem
aus sich ein schmaler Keil nach Süden bis zu uns erstreckt und der quasi die
beiden zyklonal geprägten Areale voneinander trennt. Zunächst mal agiert er
dabei relativ schmalbrüstig, versucht aber den o.e. Druckanstieg zu nutzen, um
sich für die nächsten Tage etwas prominenter in Stellung zu bringen. Bis es
soweit ist, lässt sich Deutschland heute recht gut in drei Wetterzonen
unterteilen:
Zone 1 markiert im Großen und Ganzen die Regionen zwischen Ostsee und Erzgebirge
respektive Thüringer Wald sowie Teile Frankens und Niederbayern. Hier macht sich
die Nähe zum Trog bemerkbar, sprich, bis rund 700 hPa ist die einfließende
Kaltluft leidlich labil geschichtet (wenn auch nicht mehr so knackig wie
gestern), was bei dem niedrigen Temperaturniveau für einige Schnee- oder
Graupelschauer solide hinreichend ist. Intensiv sind die Schauer in aller Regel
nicht mehr und der Tagesgang sorgt zusätzlich dafür, dass vor allem in den
tiefen Lagen nichts oder nur sporadisch was liegenbleibt. Am ehesten darf noch
im Nordstau des Erzgebirges mit einigen Zentimetern Neuschnee gerechnet werden.
In Verbindung mit dem anfangs noch lebhaft und stark böig wehenden Nordwest- bis
Nordwind kann es im Bergland auch noch zu Verwehungen kommen. Allerdings lässt
der Wind im Zuge merklicher Gradientauffächerung (Druckanstieg) bereits im Laufe
des Vormittags nach, so dass er zunehmend seine Warnrelevanz verliert.
Zone 2 markiert den gesamten Südwesten und Teile Süddeutschlands bis hinüber zum
östlichen Alpenrand. Die Vorderkante des stratiformen Niederschlagsgebietes ist
etwas weiter nach Nordosten vorangekommen als gestern noch angenommen, heute
Morgen verläuft sie etwa entlang einer Linie Eifel-Nordbaden-Chiemgau (genau
genommen sogar noch etwas weiter, nur kommt von dem im Radar angezeigten
Schneefall unten nichts an). Überwiegend fällt der Niederschlag als Schnee, an
Hoch- und Oberrhein allerdings überwiegend als Regen oder Schneeregen. In den
nächsten Stunden zieht sich der Niederschlag in kleinen Schritten nach Südwesten
zurück, vor allem an den Alpen sorgt kräftige KLA für eine Abnahme der
Schneefallintensität von Osten her. Trotzdem, vom Allgäu bis hinüber ins
Werdenfelser Land kommen in Hochlagen oberhalb rund 800 m noch mal 10 bis 20 cm,
lokal um 30 cm Neuschnee dazu, so dass die Warnungen (teils Unwetter) erst mal
weiterlaufen können. Im Südwesten schneit es am meisten im Südschwarzwald, wo je
nach Höhenlage und Exposition auch noch mal rund 20 cm zusammenkommen können.
Darüber hinaus sinkt die Schneefallgrenze wieder bis in tiefe Lagen, wobei im
südlichen Rheintal durchaus 5 bis 10 cm möglich sind. Ansonsten liegen die
12h-Mengen heute meist um oder unter
5 cm.
Last but not least wäre da noch Zone 3, in der unter Ägide des o.e. Hochkeils am
wenigsten passiert. Sie reicht von Nordwestdeutschland über die westliche Mitte
bis hinunter zur bayerischen Donau bzw. noch etwas darüber hinaus und ist
geprägt durch weitgehende Niederschlagsfreiheit sowie einige Auflockerungen oder
gar sonnige Abschnitte, vornehmlich zwischen Ruhrpott und Nordsee.
Temperaturmäßig läuft es heute auf Maxima zwischen -1 und +4°C hinaus, oberhalb
rund 400 m herrscht leichter Dauerfrost. Die von MOS-Mix für das Hochrheintal
apostrophierten +6°C scheinen angesichts der erwarteten Entwicklung (Rückzug der
milderen Luftmasse) überhöht.

In der Nacht zum Freitag zieht das Tief ERHAN mit dem korrespondierenden KW-Trog
in der Höhe in Richtung Westschweiz. Dabei kommt es vom Saarland und der
Südpfalz bis hinüber zu den Alpen sowie südlich dieser Linie zu weiteren
Schneefällen, wobei sie an den Alpen noch mal etwas nach Osten ausgreifen
sollen. Insbesondere vom Südschwarzwald bis hinüber zum Allgäu wird noch mal ´ne
ordentliche Hucke Schnee abgeladen, in höheren Lagen 10 bis 15 cm, exponiert um
20 cm. Ansonsten stehen 1 bis 7, lokal bis zu 10 cm auf der Karte. Insbesondere
im Saarland sowie in RP frischt der Ost-Nordostwind vorübergehend auf.
Ansonsten gilt es zu konstatieren, dass von Skandinavien her ein weiterer
Randtrog auf den Vorhersageraum übergreift, der im Norden und Osten
Schneeschauer generiert. Meist sind die Mengen gering, trotzdem kann es freilich
glatt werden. Am ehesten akkumulieren sich im Erzgebirge ein paar Zentimeter,
vielleicht auch noch im Harz. Auch Teile Vorpommerns (Osten) und BBs (Nordosten)
sollte man auf dem Schirm haben, könnte sich doch durch wiederholte
Schneeschauer von der Ostsee her eine 1 bis 5 cm dünne/dicke Schneedecke bilden.

In einem von Westdeutschland bis nach Südostbayern reichenden Streifen bleibt es
weitgehend niederschlagsfrei, teilweise lockert die Wolkendecke auf. Die
Temperatur geht verbreitet in den leichten, im Süden und Südosten vielfach
mäßigen Frostbereich zurück. Frostfrei bleibt es wohl nur unmittelbar an der See
(auflandiger Wind) sowie lokal an Hoch- und Oberrhein.

Freitag... kräftigt sich der vom nahen Ostatlantik bis hoch zum Nordmeer
reichende Höhenrücken. Auf seiner Ostabdachung schwenkt der o.e. Randtrog über
Deutschland hinweg gen Süden und sorgt dabei für eine zyklonal konturierte
nördliche Höhenströmung. Nördliche Winde leichter bis mäßiger Natur sind auch in
bodennahen Luftschichten Trumpf. Tief ERHAN füllt sich über der Schweiz bzw.
Südostfrankreich mehr und mehr auf und verschwindet letztlich von der
Wetterkarte, während sich gleichzeitig über dem Tyrrhenischen Meer ein neues
Tief on Szene setzt. Relevant für uns wird aber zunehmend eine von den Azoren
via UK bis nach Skandinavien reichende Hochdruckzone (CHANA und BOZENA wachsen
zusammen), die allerdings nicht verhindern kann, dass es in der labil
geschichteten Kaltluft von der Ostsee bis zu den östlichen Mittelgebirgen noch
zu Schneeschauern kommt. Vor allem im Erzgebirge akkumulieren sich die Schauer
zu weiteren rund 5 cm Neuschnee, aber auch im ostdeutschen Tiefland kann sich
eine dünne Schneedecke oder zumindest Schneematsch bilden (T850 um -10°C, T2m um
0°C).
Mit der Aufgabe von ERHAN und Annäherung der Hochdruckzone ziehen sich die
Schneefälle im Süden und Südwesten mehr und mehr in die Schweiz und nach
Österreich zurück, so dass es am Nachmittag dann schon weitgehend trocken
bleibt. Und nicht nur das, von Norden her lockert sogar die Wolkendecke
teilweise auf, was übrigens auch im hohen und seit gestern Abend (Holzbeine
können auch Elfmeter) in anderer Sphären schwebenden Norden der Fall ist.
Thermisch geht es morgen nicht mehr höher als 0 bis +3°C. Im Süden, gebietsweise
im Osten und Nordosten sowie im Bergland stellt sich leichter, in höheren Lagen
gar mäßiger Dauerfrost ein.

In der Nacht zum Samstag zieht der Randtrog über die Alpen hinweg nach Süden ab.
Dahinter nimmt die nördliche Höhenströmung eine zunehmend indifferente glatte
Struktur an, gleichwohl fallen im Osten und Südosten noch einige Schneeschauer.
Meist kommen in der Summe bis zum Morgen gerade mal 1, 2 oder 3 cm zusammen,
lediglich im Erzgebirge sowie am östlichen Alpenrand könnte es auch etwas mehr
werden. Möglichweise (Modellunsicherheiten) bildet sich über der Nordsee eine
schmale Schauerstraße, die bei IFS dem westlichen Ostfriesland sowie dem
Emsland, bei EURO4 die Gegend um Jadebusen und Wesermündung herum einige
Schneeschauer bringen würden.
In weiten Teilen des Landes bleibt es trocken, wenn man mal von vereinzelten
leichtem Schneegriesel aus hochnebelartiger Bewölkung absieht. Frostig wird es
überall, an der See sowie im west- und nordwestdeutschen Binnenland leicht,
sonst vielfach mäßig, im Süden sowie im Bergland stellenweise auch streng.


Samstag... gelangen wir vollends in die umfangreiche Hochdruckzone, die sich
bogenförmig von den Azoren über die Iberische Halbinsel und Teile Mitteleuropas
bis hoch nach Skandinavien erstreckt. Gestützt wird sie von einem leicht nach
Westen phasenverschobenen Höhenrücken, der weit nach Norden bis zur Grönlandsee
bzw. Spitzbergen reicht. Auf den ersten Blick könnte man den Eindruck gewinnen
"wow, was eine Bastion", aber das ganze Gebilde ist zerbrechlicher als Tante
Ernas Porzellansammlung, wie der weitere Verlauf zeigen wird.
Am Samstag ist zumindest tagsüber aber erst mal weitgehende Ruhe angesagt. Es
herrscht leichtes Absinken, demzufolge sich etwa zwischen 850 und 800 hPa eine
Inversion etabliert. Die Darunter liegende Grenzschicht ist kalt (T850 im Osten
und Süden -9 bis -14°C), leicht labil geschichtet und ausreichend feucht genug,
dass es vornehmlich von Sachsen und Thüringen bis hinunter nach Bayern noch zu
einzelnen, meist schwachen Schneeschauern kommt. Die Neuschneeakkumulation ist
aber sehr unergiebig, auch in Nordstaulagen. In den übrigen Landesteilen bleibt
es weitgehend niederschlagsfrei und die Wolken lockern mehr (z.B. in SH) oder
weniger (z.B. im zentralen Mittelgebirgsraum) auf.
Mit Ausnahme des west- und nordwestdeutschen Tieflands, dem
Rhein-Main-Neckar-Raum sowie dem unmittelbaren Küstenstreifen bleiben die
Temperaturen auch tagsüber unter dem Gefrierpunkt.

In der Nacht zum Sonntag geht es dann schon los mit der o.e. Zerbrechlichkeit
der Hochdruckzone, wenn nämlich ein gut ausgebildetes Tief namens FLAVIU dicht
an Island vorbei gen Nordmeer zieht. Weit weg möchte man meinen, ab das Tief
verfügt über einen weit nach Süden reichenden Trog, in den ein okkludierendes
Frontensystem eingebettet ist. Außerdem rückt ein damit korrespondierender,
recht scharf ausgeprägter KW-Trog via UK/Irland immer dichter an den Kontinent
heran, wo er den o.e. Höhenrücken attackiert. Kurzum, bereits in den
Abendstunden gelangt mehr mehrschichtige Bewölkung in die westlichen
Landesteile, der in der Nacht dann die zugehörigen Niederschläge folgen. Diese
fallen zunächst durchweg als Schnee und kommen auch nur sehr schleppend (im
Süden leidlich, im Norden kaum) ostwärts voran, weil das Hoch sich zur Gegenwehr
entschließt und nicht so einfach weichen will. Wie weit der Schneefall in der
Nacht nach Osten ausgreift, ist noch nicht sicher (IFS simuliert eine Linie
Nordfriesland-bayerisch Schwaben, ICON südliches Emsland-Allgäu, GFS ist noch
defensiver). Fakt aber ist, dass diese erste Offensive den Auftakt zu einer
wahrscheinlich nicht zu verhindernden Umstellung der GWL in Richtung "zyklonal
und milder" darstellt.
Bis es soweit ist, dauert es aber noch ein bisschen. So gibt es einmal mehr
verbreitet mäßigen, im Westen und Nordwesten leichten Nachfrost.

Modellvergleich und -einschätzung
--------------------------------------------------------------
Der Generalkurs passt, leichte Abweichungen sind entweder nicht prognoserelevant
oder wurden im Text kommuniziert.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Hoffmann