DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

11-01-2021 08:30
SXEU31 DWAV 110800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Montag, den 11.01.2021 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
Tr M, Übergang zu NW z

Zunächst nur an der Küste und auf höheren Berggipfeln der nördlichen
Mittelgebirge Gefahr von Sturmböen Bft 8/9. In der Nacht zum Dienstag bei
gefrorenem Boden örtlich Glatteis nicht auszuschließen. In den Staulagen der
nördlichen Mittelgebirge bereits teils mehr als 10 cm Neuschnee.
Am Dienstag weiter südostwärts übergreifender Niederschlag, im Bergland in
Staulagen der zentralen, östlichen und süddeutschen Mittelgebirge teils deutlich
mehr als 20 cm Schnee und Gefahr von Schneebruch. Außerdem auf höheren
Berggipfeln und an der Küste Sturmböen Bft 8/9, auf dem Brocken schwere
Sturmböen bis Bft 10. In der Nacht zum Mittwoch im Schwarzwald und an den Alpen
10 bis über 20 cm Schnee, in den östlichen Mittelgebirgen und zum Teil auch an
den Alpen mit der Gefahr von Verwehungen. An der Küste und auf höheren
Berggipfeln weiterhin Sturmböen Bft 8/9.
Am Mittwoch im Nordstau des Erzgebirges und an der Ostsee (Lake Effect) mehr als
10 cm Schnee. Im Norden und Nordosten bis weit ins Binnenland hinein stürmische
Böen, an der See und im Bergland Sturmböen bis Bft 9, exponiert schwere
Sturmböen bis Bft 10. An der Ostsee und in den östlichen Mittelgebirgen in der
Nacht zum Donnerstag andauernd. Sonst weitgehend abflauender Wind.

Synoptische Entwicklung bis Mittwoch 24 UTC
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Montag... liegt Deutschland an der Südflanke eines vom Nordmeer auf Skandinavien
übergreifenden Troges. Dieser weitet sich in Richtung Nordsee etwas nach Süden
aus, was die Strömung über dem Norden Deutschlands auf West drehen lässt. Durch
diesen Trog wird über dem Skagerrak eine Zyklogenese induziert. Das
resultierende kräftige Tief wird über Südschweden hinweg nordostwärts gesteuert,
dessen Warmfront streift den Norden Deutschlands. Frontale Niederschläge bleiben
auf den Norden beschränkt, wobei kaum mehr als 3 mm Niederschlag zusammenkommen.
Mit dem Übergreifen des Frontensystems legt im Norden der Wind zu. Bis ins
küstennahe Binnenland hinein sind Windböen bis Bft 7, an der See stürmische Böen
und exponiert (sowie auf dem Brockenplateau) Sturmböen bis Bft 9 zu erwarten.
Über der Mitte und dem Süden hält sich noch der Einfluss einer Hochbrücke, deren
Achse am Alpennordrand liegt. Dort dauert das ruhige und vor allem im Südwesten
und zu den Alpen hin teils sonnenscheinreiche Winterwetter noch an. Im Süden
sowie im Bergland hält sich auch meist leichter Dauerfrost, allenfalls in
Rheinnähe kann der Gefrierpunkt etwas überschritten werden. Im Norden und in der
Mitte steigt in tieferen Lagen die Temperatur auf 0 bis 5 Grad, an der Nordsee
auf Werte etwas darüber.

In der Nacht zum Dienstag gelangt das Tief unter weiterer Intensivierung nach
Mittelskandinavien. Hebung, die aus einem Zusammenspiel von kräftiger
Warmluftadvektion und positiver Vorticityadvektion resultiert, lässt von der
Nordsee her kräftigere Niederschläge vom Norden bis etwa zur Linie Südpfalz -
Oberpfälzer Wald übergreifen. Im Südosten und im ganz im Süden bleibt es
wahrscheinlich noch weitgehend niederschlagsfrei. In den Staulagen der
nördlichen und westlichen Mittelgebirge können 15 bis 20 mm zusammenkommen.
Dabei fällt zunächst Schnee, bedingt durch die Niederschlagsabkühlung kann die
feste Phase längere Zeit andauern, so dass in den Staulagen der nördlichen und
zentralen Mittelgebirge deutlich mehr als 10 cm Schnee zusammenkommen können.
Allerdings steigt die Schneefallgrenze rasch auf etwa 600, im Westen auf 1000 m,
was die Niederschläge unterhalb davon in Regen übergehen lässt. Da generell der
Gradient zunimmt (mit Sturmböen Bft 8/9 im höheren Bergland, Brocken schwere
Sturmböen bis Bft 10), dürften sich kaum Kaltluftreste halten, so dass die
Wahrscheinlichkeit für die gefrierende Phase gering ist. An der Küste treten
weiterhin Sturmböen bis Bft 9 auf, bevor in der zweiten Nachthälfte von der
Nordsee her der Wind abzuflauen beginnt. Im Norden und zumeist auch in der Mitte
bleibt es frostfrei, von der Mittelgebirgsschwelle aus südwärts ist leichter bis
mäßiger Frost zu erwarten. Ganz im Süden und im Südosten dürften sich Reste der
Hochbrücke halten, so dass es dort aufklart. In diesen Gebieten muss noch einmal
mit strengem Frost gerechnet werden.

Dienstag... wandelt sich das über Mittelskandinavien liegende Tief in ein
Zentraltief um und beginnt sich allmählich aufzufüllen. Dessen Kaltfront greift
von Norden her auf Deutschland über und arbeitet sich schleifend und unter
fortwährender Okklusion bis über die Mainlinie hinweg südwärts vor. Rückseitig
lockern im Norden und Nordwesten die Wolken auf, bevor von der Nordsee her eine
rege Schauertätigkeit einsetzt. Hierdurch frischt der Wind mit Böen bis Bft 7 im
küstennahen Binnenland und Sturmböen Bft 8/9 an der Nordseeküste auch wieder
auf.
Bedingt durch die schleifende Front sind in den Staulagen der Mittelgebirge 15
bis 25, im Schwarzwald bis über 30 mm Niederschlag zu erwarten. Die
Schneefallgrenze liegt im westlichen Mittelgebirgsraum bei 800 bis 1000 m und
anfangs auch in den zentralen Mittelgebirgen bei etwa 600 m, bevor in der
zweiten Tageshälfte die Schneefallgrenze wieder bis in tiefere Lagen abzusinken
beginnt. In den östlichen Mittelgebirgen und an den Alpen fällt durchweg Schnee.
Dort ist der Schnee relativ trocken, so dass Verwehungen auftreten können. In
den Staulagen der östlichen und süddeutschen Mittelgebirge sind 10 bis über 15,
im Schwarzwald bis über 25 cm Neuschnee innerhalb von 12 Stunden möglich. In
Verbindung mit dem kräftigen Wind (Bft 7 im Bergland, auf Gipfeln Sturmböen Bft
8/9) besteht die Gefahr von Schneebruch.
Leichter Dauerfrost beschränkt sich dann auf die Gipfellagen der zentralen
Mittelgebirge sowie das östliche Bergland und den unmittelbaren Alpenrand.
Ansonsten steigt die Temperatur auf 0 bis 5, im Nordwesten und bis zum
Niederrhein bis 7 Grad.

In der Nacht zum Mittwoch weitet sich, ausgehend von dem o.g. Zentraltief,
dessen Kern sich ein wenig nach Süden verlagert, ein Trog über Westpolen hinweg
in Richtung Ostalpen aus. Mit der steilen nordwestlichen Strömung kommt die
Kaltfront dieses Tiefs rasch bis zu den Alpen voran, was auch ganz im Süden die
Schneefallgrenze bis in tiefe Lagen absinken lässt. In den Staulagen der
südwestdeutschen Mittelgebirge kommen 10 bis 15, am Alpenrand bis etwa 30 mm
Niederschlag zusammen, wobei durchweg Schnee fällt. Im Hochschwarzwald sind
daher weitere 10 cm Neuschnee, am Alpenrand auch mehr als 20 cm
Schneedeckenzuwachs zu erwarten. Ansonsten reicht es in den Staulagen der
meisten Mittelgebirge nur für wenige Zentimeter. Zudem sind im Bergland
stürmische Böen, in Gipfellagen Sturm- und anfangs schwere Sturmböen zu
erwarten.
An der Küste zeichnet sich eine rege Schauertätigkeit ab, wobei die Schauer
vermehrt in fester Phase fallen. Aufgrund der Durchmischung ist dort die
Ausbildung einer Schneedecke vorerst unwahrscheinlich. Zudem sind an der See
Wind- und auch stürmische Böen zu erwarten. Bei Tiefsttemperaturen zwischen +3
und -3 Grad besteht verbreitet Glättegefahr.

Mittwoch... stößt das Zentraltief, das eher den Charakter eines Kaltluftkörpers
aufweist und sich gemäß der energiereichsten Strömung verlagert, nach Süd-Südost
vor und erreicht das Oderhaff. Rückseitig dringt von Skandinavien her
kontinentale arktische Polarluft in dieses Tief vor, was eine leichte
Intensivierung des Bodentiefs über der noch warmen Ostsee zur Folge haben
könnte. Dabei ist die genaue Zugbahn des Kerns noch unsicher. An der Südflanke
dieses Tiefs legt im Norden, Nordosten und über der Mitte der Gradient zu,
wodurch Windböen, in freien Lagen stürmische Böen und an der Küste (zunächst
Nordsee, später Ostsee) Sturmböen zustande kommen. Sturmböen sind auch in den
nördlichen und östlichen Mittelgebirgen, auf höheren Berggipfeln schwere
Sturmböen, zu erwarten.
Zudem zeichnet sich von der Küste bis in den zentralen und östlichen
Mittelgebirgsraum eine rege Schauertätigkeit ab. Während in tiefen Lagen noch
meist die flüssige Phase zu erwarten ist und selbst bei Schauern in fester Phase
noch kein Schnee liegen bleibt, fällt oberhalb von 300 bis 400 m durchweg
Schnee. Im Harz und im Erzgebirge sind um 10 cm Neuschnee mit der Gefahr von
Verwehungen vorstellbar. In der zweiten Tageshälfte dringt von Norden her eine
markante Kaltluftstaffel (mit Temperaturen im 850 hPa-Niveau deutlich unter -10
Grad) nach Süden vor, so dass sich von Norden her ein Temperaturrückgang
abzeichnet und die Wahrscheinlichkeit steigt, dass der Schnee in Ostseenähe
liegen bleibt. Zwischen den Schauerwolken sind auch größere Auflockerungen
möglich. Die Wahrscheinlichkeit hierfür ist im Lee der Mittelgebirge am größten.
Zudem lassen die Schneefälle am Alpenrand nach. Ob im Tagesverlauf in Verbindung
mit einer über Ostfrankreich nach Süden ablaufenden Warmfront(Welle) ganz im
Südwesten erneut Niederschläge aufkommen und in welcher Höhenlage dort die
Schneefallgrenze liegt, ist noch unsicher. Aufgrund der nach wie vor
ausgeprägten Durchmischung sind Tageshöchsttemperaturen zwischen 1 und 6 Grad zu
erwarten. Leichter Dauerfrost hält sich nur im Bergland oberhalb von 600 bis 800
m.

In der Nacht zum Donnerstag verlagert sich der Kaltluftkörper (und mit diesem
das sich auffüllende Bodentief) zu den Beskiden. Dennoch bleibt im Osten ein
kräftiger Gradient bestehen, so dass die gesamte Nacht hindurch im östlichen
Bergland Böen bis Sturmstärke (auf Gipfeln schwere Sturmböen) zu erwarten sind.
In der ersten Nachthälfte muss an der Ostsee noch mit Sturmböen Bft 8/9 und im
nordöstlichen Binnenland bis in die Lausitz hinein mit Windböen gerechnet
werden. Ansonsten ist es im Bereich einer meridionalen Hochbrücke, die,
ausgehend von einem Hoch über Nordwestrussland über Skandinavien und die Nordsee
hinweg nach Südwestdeutschland gerichtet ist, relativ windschwach. Da nunmehr
die Strömung auf Nord dreht und durch einen Trog, der den Kaltluftkörper
umläuft, zyklonal geprägt ist, dauert von der Ostsee bis in den nördlichen und
östlichen Mittelgebirgsraum hinein die Schauertätigkeit (mit Schauern durchweg
in fester Phase) an. Im östlichen Bergland kommen in Staulagen um 10 cm
Neuschnee hinzu, dort besteht nach wie vor Verwehungsgefahr. Aber auch an der
Ostsee kann es durch wiederholte Schneeschauer (Lake Effect) zur Ausbildung
einer Schneedecke kommen; Details sind noch unsicher.
Zudem ist die Niederschlagsentwicklung in Verbindung mit der nach Süden
ablaufenden Warmfrontwelle im Auge zu behalten. Oberhalb von 300 bis 400 m
sollte auch dort durchweg Schnee fallen. Im Hochschwarzwald und im Allgäu sind
10 bis über 15 cm Neuschnee vorstellbar, ohne dass dort Verwehungen auftreten.
Bei Tiefsttemperaturen zwischen +1 Grad (an Ober- und Hochrhein) und -1 bis -7
Grad im weitaus größten Teil Deutschlands besteht wieder vermehrt Glättegefahr.


Modellvergleich und -einschätzung
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Die verfügbaren Modelle stützen weitgehend die oben beschriebene Entwicklung.
Prognoserelevante Unterschiede lassen sich bis dahin nicht ableiten. Die anhand
der weiter zurückliegenden Modellläufe erkennbaren Modellunterschiede haben sich
weitgehend angeglichen. Geringe Unterschiede sind noch am Ende des
Vorhersagezeitraumes erkennbar, wobei EZMW und GFS die Temperaturen im 850
hPa-Niveau auch Donnerstagfrüh noch verbreitet unter -10 Grad zeigen.
Hinsichtlich der Niederschlagsverteilung und -mengen wie auch der Lage der
Schneefallgrenze ergibt sich jedoch ein weitgehend ähnliches Bild.
Probabilistische Verfahren ergeben ebenfalls keine größeren Unterschiede in
Bezug auf das oben beschriebene Szenario. Lediglich COSMO-LEPS zeigt in der
Nacht zum Donnerstag eine verstärkte (Schnee)schauertätigkeit. Allerdings kommt
dann der Lake Effect an der Ostsee bei allen Modellen und Verfahren etwas zu
kurz weg und wird möglicherweise unterschätzt.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Thomas Schumann