DWD Synoptische Übersicht Mittelfrist

09-01-2021 12:01

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Samstag, den 09.01.2021 um 10.30 UTC



Nach vorübergehender Milderung erneut winterlich. Dabei verbreitet auch tagsüber
frostig-kalt, in den Nächten teils strenger Frost.
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Synoptische Entwicklung bis zum Samstag, den 16.01.2021


Am Dienstag lieg Deutschland im Bereich eines Troges, der sich von Spitzbergen
mit einem darin eingelagerten Höhentief über Skandinavien bis in den zentralen
Mittelmeerraum erstreckt. Dieser Trog wir durch einen Keil flankiert, der vom
nahen Ostatlantik bis nach Ostgrönland reicht. Das bis dahin okkludierte
Frontensystem, das dem Trog vorgelagert ist, greift von Nordwesten her mit
Niederschlägen auf Deutschland über, die vorübergehend bis oberhalb etwa 800 m
als Schnee fallen. Bei noch gefrorenem Boden kann stellenweise Glatteis nicht
ausgeschlossen werden. An einigen Küstenabschnitten sowie auf höheren
Berggipfeln besteht die Gefahr von Sturmböen Bft 8/9, ansonsten sind im Norden
und in der Mitte in freien Lagen Windböen möglich.
In der Nacht zum Mittwoch verlagert sich das in den Trog eingelagerte Höhentief
in den Nordosten Deutschlands. Hochreichend labil geschichtete arktisch
Polarluft (mit Temperaturen im 500 hPa-Niveau um -38 Grad) erfasst ganz
Deutschland, wodurch schauerartige Schneefälle bis in tiefere Lagen zustande
kommen. An den Nordseiten der Mittelgebirge können mehr als 10, in den
südwestdeutschen Mittelgebirgen und an den Alpen auch 15 bis über 20 cm Schnee
zusammenkommen.
Am Mittwoch konzentriert sich, bedingt durch die Verlagerung des Höhentiefs nach
Tschechien, das Niederschlagsgeschehen (mit ähnlichen Neuschneemengen) auf den
östlichen und süddeutschen Mittelgebirgsraum sowie auf den Alpenrand. Leichte
Durchmischung verhindert vorerst, dass sich verbreitet leichter Dauerfrost
einstellt. Auf höheren Berggipfeln können nach wie vor Sturmböen nicht ganz
ausgeschlossen werden; zudem besteht im Bergland Verwehungsgefahr.
Ab der Nacht zum Donnerstag gelangt das wetterbestimmende Höhentief zur
Ungarischen Tiefebene. Ein von diesem Höhentief ausgehender Trog ist nach
Dänemark gerichtet und dreht sich in die Nordsee. Dieser aktiviert das
Niederschlagsgeschehen in weiten Teilen Deutschlands, wobei die Niederschläge,
die oberhalb von 400 m durchweg als Schnee fallen, einen skaligen Charakter
annehmen. Gleichzeitig läuft in der steilen nord-nordwestlichen Strömung eine
Warmfrontwelle nach Süden ab. Deren Niederschlagsfeld erfasst weite Teile
Frankreichs und streift allenfalls den Südwesten. Bis Freitag stellt sich bei
abnehmenden Gradienten eine nördliche bis nordöstliche bodennahe Strömung ein,
mit welcher zusehends kältere Luft advehiert wird. Geringe Schneefälle zeichnen
sich am Freitag und am Samstag noch an den Nordrändern der östlichen
Mittelgebirge und der Alpen ab. Nahezu landesweit gehen die Temperaturen im 850
hPa-Niveau unter -10, im Osten bis ca. -15 Grad zurück, so dass sich verbreitet
leichter Dauerfrost einstellt. Bei nächtlichem Aufklaren ist mäßiger bis
strenger, über schneebedeckten Gebieten sehr strenger Frost zu erwarten.
Im erweiterten mittelfristigen Vorhersagezeitraum verlagert sich das Höhentief,
das den Charakter eines Kaltlufttropfens annimmt, in den Alpenraum, was im Süden
Deutschlands weitere leichte Schneefälle zur Folge hat. Diese lassen
wahrscheinlich am Montag nach. Nahezu überall wäre demnach auch tagsüber
leichter bis mäßiger Dauerfrost zu erwarten, in den Nächten muss mit strengem
bis sehr strengem Frost gerechnet werden. Ob bereits in der Nacht zu Dienstag
ein Frontensystem mit Schneefällen auf den Nordwesten und Norden Deutschlands
übergreift und dort eine Frostabschwächung herbeiführt, ist noch unsicher.
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Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs


Bereits ab Mittwoch ergeben sich Unterschiede zu den beiden gestrigen
Modellrechnungen. Diese hatten den Vorstoß arktischer Polarluft (in Form des
o.g. Höhentiefs) weiter östlich gesehen. Nach dem aktuellsten Lauf dringt die
Kaltluft jedoch auf steilerem Wege nach Süden vor. Im 850 hPa-Niveau ist der
heutige 00 UTC-Lauf verbreitet mehr als 5 K "kälter" als die beiden Rechnungen
des Vortages. Insgesamt erfolgt die Abkühlung wesentlich rascher als am Vortag
noch abzusehen war.
Im erweiterten mittelfristigen Vorhersagezeitraum wäre auch nach den beiden
Simulationen des Vortages verbreitet leichter Dauerfrost zu erwarten. Das
Höhentief (oder besser gesagt, den Kaltlufttropfen) über dem Alpenraum hatte
jedoch keiner dieser Läufe im Programm.
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Vergleich mit anderen globalen Modellen


Bis einschließlich Dienstag ergeben sich zwischen den verfügbaren Modellen keine
signifikanten Unterschiede. Bereits ab Mittwoch lässt EZMW die Kaltluft auf
steilerem Wege nach Süden vordringen. Demzufolge würde nach den anderen Modellen
nur der Norden und Osten sowie Teile der Mitte von der arktischen Polarluft
erfasst werden. Die am Donnerstag über Frankreich nach Süden ablaufende
Warmfrontwelle ist bei den anderen Modellen kaum zu finden.
Bis Samstag ergibt sich nach den externen Modellen eine Nordlage mit einem über
Osteuropa liegenden Langwellentrog. Das über dem östlichen Mitteleuropa liegende
und sich in den Alpenraum verlagernde Höhentief hat keines der anderen Modelle
im Programm. Lediglich GFS zeigt eine derartige, aber wesentlich schwächere
Struktur.
Im erweiterten mittelfristigen Vorhersagezeitraum können die Modellunterschiede
kaum größer sein. GFS zeigt das Durchgreifen einer südwestlichen Strömung, was
eine Milderung zur Folge hätte. Nach dem Modell des kanadischen Wetterdienstes
könnte eine über dem Norden Deutschlands liegend Tiefdruckrinne zustande kommen,
so dass sich dort eine Grenzlage hin zur arktischen Polarluft abzeichnen würde,
die anderen Gebiete aber in den Bereich der milderen Luft gelangen dürften.
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Bewertung der Ensemblevorhersagen


Das EPS des GFS stützt die Version des hauseigenen deterministischen Laufes. Der
Median der Temperaturen im 850 hPa-Niveau pendelt sich im Westen Deutschlands
etwa bei -5 und im Osten wenig über -10 Grad ein, wobei der Spread relativ hoch
ist. Im erweiterten mittelfristigen Vorhersagezeitraum ist der Hauptlauf eher,
wenn auch mit Schwankungen, im "warmen" Bereich der Verteilung zu finden. Eine
Blockierung über Nord- und Nordosteuropa, die für eine nachhaltige Kälteperiode
erforderlich wäre, zeichnet sich nicht ab.
Das EPS des EZMW ergibt ein geteiltes Bild. Die oben beschriebene Version findet
anhand der Clusterung keine überzeugende Mehrheit, die im erweiterten
mittelfristigen Vorhersagezeitraum zwar noch vorhanden ist, aber sich weiter
verringert. Die anderen Lösungen folgen der amerikanischen Variante, wenngleich
die Milderung nicht so ausgeprägt ist wie bei GFS und CMC. Bei weiter
zurückliegenden Modellläufen ergab sich ein ähnliches Bild. Allerdings sind auch
keine Signale für eine belastbare Zonalisierung und damit Milderung zu finden.
Dabei ergibt sich deutschlandweit ein hoher Spread. Der oben beschriebene
Deterministische Lauf ist meist am kalten Rand der Verteilung der Einzellösungen
zu finden. Die Tortendiagramme (mit der wahrscheinlichsten Windrichtung) lassen
eine Drehung der Winde auf nordöstliche Richtungen vermissen. Mehrtägiger
Dauerfrost wäre neben den Mittelgebirgen demnach auf den Osten und Süden
Deutschlands sowie auf Teile der Mitte beschränkt. Im Norden dürfte dies nur an
ein oder 2 Tagen der Fall sein, im Nordwesten und Westen ist zumindest in
tieferen Lagen mehrtägiger Dauerfrost eher unwahrscheinlich.
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Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen


Am Dienstag besteht auf höheren Berggipfeln und anfangs auch an einigen
Küstenabschnitten die Gefahr von Sturmböen Bft 8/9. Niederschläge greifen von
Nordwesten und Westen südostwärts über. Die Schneefallgrenze steigt
vorübergehend auf 600 bis 800 m. Bei noch gefrorenem Boden kann örtlich
gefrierender Regen nicht ausgeschlossen werden. In der Nacht zum Mittwoch gehen
die Niederschläge bis in Lagen zwischen 200 und 400 m in Schnee über. In den
Staulagen der Mittelgebirge können mehr als 10, im Schwarzwald und an den Alpen
auch 15 bis über 20 cm Neuschnee fallen.
Am Mittwoch muss auf höheren Berggipfeln weiterhin mit Böen bis Sturmstärke
gerechnet werden, zudem besteht im Bergland Verwehungsgefahr. Der meiste Schnee
fällt dann in den Staulagen der östlichen und süddeutschen Mittelgebirge, wo
noch einmal 10 bis über 15, an den Alpen auch um 20 cm Neuschnee hinzukommen.
In der Nacht zum Donnerstag sowie am Donnerstag und Freitag kommt es vor allem
im Bergland zu weiteren, meist leichten Schneefällen, aber mit abnehmender
Tendenz. Mehr als 10 cm Neuschnee sind noch am Alpenrand, aber mit deutlich
geringerer Wahrscheinlichkeit in den Staulagen der anderen Mittelgebirge
vorstellbar.
Zumindest im Osten, Süden und in Teilen der Mitte stellt sich leichter, über
schneebedeckten Gebieten teils auch mäßiger Dauerfrost ein. In den Nächten ist
mäßiger und über Schnee strenger bis sehr strenger Frost zu erwarten.
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Basis für Mittelfristvorhersage
EPS(EZMW), leichte Abschwächung des Szenarios des deterministischen Laufes
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VBZ Offenbach / Dipl. Met. Thomas Schumann