DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

05-01-2021 18:01
SXEU31 DWAV 051800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Dienstag, den 05.01.2021 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
Trotz klassischer Ostlage "nur" nasskalt und lediglich ab etwa 400 m winterlich.
Dabei aber meist nur leichte Schneefälle. An der Ostsee kommende Nacht
vorübergehend Böen Bft 8 bis 9 aus Nordost.

Synoptische Entwicklung bis Freitag 12 UTC
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Aktuell ... bestimmt nach wie vor eine typische "high over low"-Konstellation
das Wetter in Deutschland: Ausgehend vom altbekannten Monumentalhoch über
Nordwestsibirien (Kerndruck zeitweise nahe 1070 hPa) erstreckt sich eine
Hochdruckbrücke über Skandinavien und Schottland bis zum mittleren Nordatlantik.
Diese wird gestützt durch fortwährende WLA an der Südflanke der weit im Norden
von Südgrönland über den isländischen Raum und das Nordmeer bis zur Barentssee
bzw. Karasee reichenden Frontalzone.
Als Gegenpart fungiert ein Höhentiefkomplex über Südwesteuropa mit Drehzentrum
über Südfrankreich, das seinerseits wiederum von kurzwelligen Trögen umlaufen
wird, die den Witterungsablauf auch im Vorhersagegebiet grundsätzlich
unbeständig gestalten.
Aus dieser Konstellation resultiert eine niedertroposphärisch ostnordöstliche
Anströmung, mit der bodennah allerdings weiterhin nur mäßig kalte und feuchte
Luftmassen aus dem osteuropäischen Raum nach Deutschland geführt werden. Grund
dafür, dass es nicht - wie sonst normalerweise bei einer klassischen Ostlage im
Hochwinter - für Winterwetter mit anhaltendem Dauerfrost bis auch in die
wärmebegünstigten Regionen des Vorhersagegebietes reicht, ist die Tatsache, dass
unter anderem aufgrund des bereits oben erwähnten Hochdruckblocks über
Westsibirien jegliche Kaltluftausbrüche aus der Nordpolarregion in den
nordosteuropäischen Raum unterbunden wurden und deshalb über Osteuropa (Polen,
Ukraine, südliches Baltikum) schlichtweg auch eine Schneedecke fehlt.
Doch nun zur Wetterentwicklung für die kommenden Stunden/Tage hierzulande, die
tatsächlich mal ein wenig Abwechslung bietet: Im Laufe der Nacht greift von den
Westkarpaten her ein etwas markanterer kurzwelliger Troganteil auf Südpolen über
und verlagert sich bis Mittwochfrüh in die Osthälfte Deutschlands. Vorderseitig
wurde bereits heute Mittag/Nachmittag im Lee der Tatra eine Zyklogenese
induziert; das daraus resultierende Bodentief kann sich in der Nacht nur noch
wenig vertiefen und erreicht in der Früh den Westen Polens. Auf dessen
Vorderseite greifen in den kommenden Stunden Niederschläge meist leichter
Intensität, die WLA-induzierter Hebung geschuldet sind, von Polen her auf den
Osten und Nordosten Deutschlands über. Diese fallen überwiegend als Schnee,
lediglich in tiefen Lagen, vor allem Richtung Ostsee, teilweise als Schneeregen
oder sogar Regen. Bis zum frühen Mittwochvormittag werden meist 1 bis 5 mm
simuliert, vom Oderbruch bis nach Ostvorpommern sowie im Stau des Harzes 5 bis
10 mm. Unterhalb von etwa 200 m reicht es allerdings nur selten für leichten
Frost, so dass sich nur gebietsweise eine dünne Schneedecke ausbildet (oft
Glättegefahr durch Schneematsch), darüber fallen 1 bis 5 cm Neuschnee, im
Ostharz auch bis zu 10 cm.
Mit der Gradientverschärfung an der Nordwestflanke des Tiefs nimmt der sowieso
schon lebhafte Nordostwind vor allem an der vorpommerschen Ostseeküste noch
etwas zu, an auflandigen Küstenabschnitten gibt es stürmische Böen (Bft 8),
vereinzelt auch Sturmböen (Bft 9). Ansonsten reicht es meist für steife Böen
(Bft 7), an der Nordsee auch nur an auflandigen Küstenabschnitten.
Im übrigen Land verläuft die Nacht dagegen überwiegend trüb und bedeckt, wobei
schwacher Hebungsprozesse, die durch weitere kurzwellige Troganteile generiert
werden, hier und da für geringe bis leichte Niederschläge, überwiegend als
Schnee, unterhalb von 200 m teils als Schneeregen oder Regen sorgen. Auch im
Bergland reicht es allerdings meist nur für maximal wenige Zentimeter Neuschnee.

In der Südhälfte ist es dagegen zunächst trocken. Dort machen sich im Laufe der
Nacht allerdings Hebungsprozesse an der Nordflanke des zum Golf von Genua
ziehenden zentralsteuernden Höhentiefs bemerkbar, wobei sich ein Randtrog bis
nach Süd- bzw. Osttirol ausweitet, so dass die WLA-induzierte Hebung noch durch
PVA gestützt bzw. etwas verstärkt wird. Entsprechend setzen im Laufe der zweiten
Nachthälfte aus den Alpen heraus leichte Schneefälle ein, die sich auf das
gesamte Alpenvorland ausweiten. Bei schwachem Ostwind fehlt jegliche
Staukomponente an den Alpen, so dass bei leichtem Frost recht verbreitet 1 bis 5
cm Neuschnee fallen, vielleicht sogar etwas abgesetzt von den Alpentälern im
südlichen Alpenvorland etwas mehr als in einigen Tälern selber.
Im Nordosten, Norden sowie in vielen Niederungen West- und Südwestdeutschlands
bleibt es auch in der Nacht vielerorts frostfrei, ansonsten gibt es wieder
leichten Frost und örtlich auch Glätte durch Überfrieren bzw. etwas Neuschnee.

Mittwoch ... tropft der Teiltrog über Nordostdeutschland aus und wandelt sich in
ein Höhentief um, während sich das Höhentief über dem Golf von Genua über die
Alpen nordnordostwärts verlagert, so dass sich ein dipolartiges Gebilde ergibt.
Das Bodentief über dem deutsch-polnischen Grenzgebiet zieht allmählich nach
Vorpommern, so dass an dessen Nordwestflanke über der Ostsee der Gradient
auffächert und der Nordostwind dort von Osten her zögernd nachlässt, während er
im Nordseeumfeld, vor allem im Bereich der Ostfriesischen Inseln, etwas
auffrischt. Für mehr als Bft 7, exponiert 8 sollte es aber kaum reichen.
An der Westflanke des Tiefs weiten sich die Niederschläge über Norddeutschland
nach Westen aus und erfassen am Nachmittag auch das Münsterland bzw. Emsland,
während sie in der Lausitz und in Sachsen bzw. Thüringen wieder abklingen. Bis
zum Abend fallen meist 1 bis 5 mm, vom östlichen Niedersachsen bis nach
Ostholstein bzw. Westmecklenburg auch mehr, an der Ostsee gebietsweise an die 10
mm. Oberhalb von 200 m sollte es durchwegs schneien, darunter fällt vor allem
nach Norden und Westen zu örtlich auch Schneeregen oder Regen. Weiterhin reicht
es in den Niederungen vielerorts nur für etwas Nassschnee, ab 100 bis 300 m
fallen 1 bis 5 cm, Neuschnee, im Harzstau auch etwas mehr.
Mit dem nach Norden ziehenden Höhentief weiten sich auch im Südosten die
leichten Schneefälle etwas nach Norden und Westen aus und erfassen noch die
Frankenalb, die Oberpfalz und den ostbayerischen Mittelgebirgsraum. Die höchsten
Mengen werden mit 5 bis nahe 10 mm weiterhin etwas abgesetzt von den Alpen im
Alpenvorland simuliert und fallen dort überwiegend als Schnee, so dass
gebietsweise mehr als 5 cm, punktuell auch um die 10 cm Neuschnee zusammenkommen
können. Ansonsten beschränken sich die Neuschneemengen auf wenige Zentimeter.
Die Regionen vom Südwesten des Landes über Hessen und Franken bis zur Lausitz
befinden sich mehr oder weniger "zwischen den Stühlen", aber auch dort fällt
stellenweise etwas Niederschlag (in erster Linie nach Westen zu). In den
Niederungen fällt dieser teils als Regen, ab etwa 200 m wohl durchwegs als
Schnee, allerdings kommen auch oberhalb von 400 m bei leichtem Dauerfrost
maximal wenige Zentimeter Neuschnee zusammen, wenn überhaupt.
In nach wie vor mäßig kalter Luftmasse (T850 hPa -5 bis -8 Grad) herrscht
oberhalb von etwa 300 bis 500 m leichter Dauerfrost, darunter werden Höchstwerte
zwischen 0 und 3, an den Küsten bis nahe 5 Grad erreicht.

In der Nacht zum Donnerstag bleibt der Höhentiefdipol über Norddeutschland fast
quasistationär, das korrespondierende Bodentief kommt ohne Intensitätsänderung
ein wenig nach Westen voran, während der südlichere Höhentiefdipol nach Polen
zieht, so dass das ganze Gebilde eine etwas zonalere Ausrichtung annimmt.
Niederschläge gibt es aufgrund der WLA, die gebietsweise auch durch etwas PVA
gestützt bzw. verstärkt wird, nach wie vor in erster Linie an der West- und
Nordflanke des Bodentiefs über Nordwest- und Westdeutschland, wobei sich der
Schwerpunkt der Niederschläge etwas nach Westen, Richtung mittleres
Niedersachsen bzw. NRW verlagert. Nur gebietsweise, am ehesten vielleicht im
Nord- bzw. Weststau vom Bergischen Land und Sauerland, werden mehr als 5 mm in
12 Stunden simuliert. Nach wie vor fällt oberhalb von 100 bis 200 m durchwegs
Schnee, so dass 1 bis 5 cm, in Staulagen bis nahe 10 cm Neuschnee
zusammenkommen, in den tiefsten Lagen fällt auch teils Schneeregen, dort reicht
es oft nur für Schneematsch.
Im Südosten des Landes klingen die Schneefälle dagegen mit Abzug des Höhentiefs
von Westen her allmählich ab und auch vom östlichen Mittelgebirgsraum bis nach
Brandenburg bzw. Ostvorpommern bleibt es meist trocken, während es im Südwesten
einzelne Schnee-, in tiefen Lagen Schneeregenschauer geben kann, die vor allem
im Schwarzwald auch 1 bis 5 cm Neuschnee bringen, stellenweise mehr.
Der Nordostwind an den Küsten nimmt weiter ab und ist im Laufe der Nacht wohl
nicht mehr warnrelevant.
Auch in den Regionen, wo es kaum mehr Niederschläge gibt, bleibt es oft bedeckt
und trüb und wenn die Wolken kurz mal auflockern, kann sich rasch dichter Nebel
ausbilden. An den Küsten sowie in den Niederungen West- und Norddeutschlands
bleibt es gebietsweise frostfrei, ansonsten gibt es erneut leichten Frost und
Glätte durch Überfrieren von Nässe oder etwas Schnee.

Donnerstag ... ändert sich an Lage und Ausrichtung des Höhentiefdipols über
Polen bzw. Nordwestdeutschland kaum etwas. Derweil stößt vom Nordmeer ein
Höhentrog Richtung Schottland und nordwestliche Nordsee vor und beginnt mit dem
Höhentief zu interagieren, so dass sich der westliche Dipol etwas Richtung
Deutsche Bucht/Jütland ausweitet.
Das korrespondierende Bodentief über Norddeutschland (Kern irgendwo zwischen
Ostvorpommern und Nordniedersachsen) verliert an Kontur und beginnt sich
allmählich etwas aufzufüllen. Gleichzeitig weitet sich von Frankreich her ein
flacher Hochkeil Richtung Alpenraum/Süddeutschland aus, so dass sich vor allem
in den mittleren Landesteilen und nach Osten zu der Gradient vorübergehend etwas
verschärft und der Wind aus westlichen Richtungen auffrischt, eventuell reicht
es in freien Lagen oder in den Hochlagen für steife Böen (Bft 7).
Leichte Niederschläge gibt es nach wie vor bevorzugt an der Westflanke des
Bodentiefs im Nordwesten und Westen des Landes bis in die mittleren Landesteile.
In den Staulagen der westlichen Mittelgebirge können 5 bis 10 cm Neuschnee bis
zum Abend fallen, ansonsten sind es meist nur 1 bis 5 cm, in tiefen Lagen,
unterhalb von etwa 200 m, fällt teilweise auch Schneeregen und es reicht
weiterhin nur für etwas Nassschnee, wenn überhaupt. In der Osthälfte fällt nur
noch gebietsweise etwas Schnee oder Schneeregen, im Süden bleibt es meist
trocken und im Einflussbereich des Hochkeils können die Wolken vor allem an den
Alpen und im Vorland endlich auch mal stärker auflockern.
An der Luftmasse ändert sich nur wenig und somit auch in weiten Teilen des
Landes an den Temperaturen. Lediglich im Süden, vor allem südlich der Donau,
wird es mit etwas Sonne und leicht auflebendem Westwind mit 1 bis 4 Grad etwas
milder als an den Vortagen. Dauerfrost gibt es nach wie vor oberhalb von 300 bis
500 m, ganz im Süden erst oberhalb von etwa 800 m.

In der Nacht zum Freitag tropft der nach Schottland vorstoßende Trog über der
Irischen See ab und zieht nach Wales. Vorderseitig wölbt sich ein flacher
Höhenkeil über Nordwestfrankreich bzw. den Ärmelkanal nordwärts auf, so dass
sich der Höhentiefdipol über Nordwestdeutschland beginnt aufzufüllen und sich
etwas nach Süden verlagert, während der Dipol über Polen quasistationär bleibt.
Auch das Bodentief füllt sich noch etwas auf, übrig bleibt aber eine
Tiefdruckrinne, die von Polen bis zu den Niederlanden reicht und etwas nach
Süden vorankommt. An deren Südwestflanke gibt es nach wie vor recht verbreitet
und teils auch schauerartige Niederschläge, wobei sich mit der Südverlagerung
der Rinne, der Gradient dort etwas verschärft und entsprechend auch in einigen
(Nord)Weststaulagen der westlichen, eventuell auch südwestdeutschen
Mittelgebirge die Niederschlagsintensität. Dort fallen gebietsweise mehr als 5
mm in 6 bis 12 Stunden, nach Lesart des aktuellen Laufes des ICON-EU im Odenwald
sogar bis an die 15 mm. Im Detail treten diesbezüglich zwar von Modell(lauf) zu
Modell(lauf) noch größere Differenzen auf, dennoch sind in einigen Staulagen
mehr als 10 cm Neuschnee in 6 bis 12 Stunden (die eine markante Warnung nach
sich zögen) nicht komplett ausgeschlossen.
Ansonsten fallen aber meist nur 1 bis 5 cm Neuschnee, die in den Niederungen
teilweise aber rasch wieder wegtauen bzw. gar nicht erst als Schnee dort
ankommen.
Insgesamt kommen die Niederschläge wieder etwas nach Süden, etwa bis zur Donau
voran, klingen dafür im Norden ab, während es im Osten und ganz im Süden
teilweise auch komplett trocken bleibt. Wie die Vornächte auch, bleibt es im
Norden, vor allem an den Küsten, und auch in den Niederungen West- und
Südwestdeutschlands gebietsweise frostfrei, ansonsten gibt es leichten, bei
aufgelockerter Bewölkung ganz im Süden gebietsweise auch mäßigen Frost und
stellenweise Glätte.

Freitag ... verschwindet der Höhentiefdipol über West- bzw. Südwestdeutschland
vollends von der Bildfläche. Übrig bleibt das quasistationäre Höhentief über
Polen, während das Höhentief über Westeuropa bis zum Abend in die westliche
Biskaya zieht. Beide Gebilde trennt eine brüchige Potenzialbrücke, so dass sich
für das Vorhersagegebiet eine schwache nordwestliche Höhenströmung ergibt.
Im Bodenfeld füllt sich die Tiefdruckrinne weiterhin etwas auf und zieht sich
ein wenig nach Osten zurück, so dass auch die Grundströmung mehr auf Nordwest
dreht. Gebietsweise gibt es leichte Niederschläge, bei labil bis indifferent
geschichteter Luftmasse auch in Form von Schauern, die meist als Schnee,
lediglich unterhalb von 100 bis 200 m teils auch als Schneeregen oder Regen
fallen und sich auch wieder auf die Regionen südlich der Donau ausweiten. Meist
fallen nur wenige mm in 12 Stunden, in Teilen Nord- und Ostdeutschlands kann es
auch trocken bleiben, auch an den Alpen kommt nur wenig an. Die höchsten Mengen
werden mit stellenweise mehr als 5 mm in den Staulagen der westlichen
Mittelgebirge simuliert. Oberhalb von 200 m kommen somit gebietsweise wenige
Zentimeter Neuschnee zusammen, in einigen Staulagen auch über 5 cm.
Am Temperaturniveau ändert sich gegenüber den Vortagen nur wenig.



Modellvergleich und -einschätzung
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Die oben beschriebene großräumige Wetterentwicklung im Kurzfristzeitraum ist
unstrittig und wird von allem vorliegenden Modellen ähnlich simuliert.
Im Detail ergeben sich Unterschiede, was die räumliche Verteilung und Intensität
der Niederschläge angeht. Davon abhängig, kann es auch in den tiefsten Lagen
durchaus zumindest vorübergehend mal "weiß" werden, meist reicht es dort aber
nur für "Stundenmatsch". Ab 300 bis 400 m bleibt es aber durchaus winterlich und
in einigen Staulagen können trotz überwiegend leichter Intensitäten bis Freitag
auch recht stattliche Mengen zusammenkommen.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Winninghoff