DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

02-01-2021 18:30
SXEU31 DWAV 021800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Samstag, den 02.01.2021 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
Aufkommende stratiforme Niederschläge, teils bis ganz unten als Schnee.

Synoptische Entwicklung bis Dienstag 12 UTC
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Aktuell ... befindet sich Deutschland am Rande eines mehrkernigen Tief-
respektive Trogkomplexes, der von Rücken/Hochs über dem nahen Ostatlantik und
Südosteuropa flankiert wird. Während die Drehzentren über Skandinavien aufgrund
Druck- und Potenzialanstiegs vom Nordmeer her immer weiter zerfleddern, gibt
sich das System zwischen Balearen und Korsika (LISA) vergleichsweise robust. Der
Chronistenpflicht halber sei noch ein weiteres kleines Höhentief erwähnt, das in
den nächsten Stunden von UK in die Bretagne übersetzt, wo es beginnt zu wachsen.
Von ihm wird später noch die Rede sein.
Zurück nach Deutschland, wo sich zwischen dem Hoch im Norden (ALEXANDER II) und
Tief LISA eine nordöstliche Bodenströmung etabliert, mit der feuchte und mäßig
kalte Polarluft advehiert wird. Mit der Höhe dreht der Wind graduell über Ost
auf Südost zurück, wodurch der Tatbestand der WLA erfüllt ist. Diese greift von
Osten und Südosten her auf den Vorhersageraum über und weitet sich im Laufe der
Nacht immer weiter nach Norden aus. Mit der WLA (im Süden kommt noch etwas PVA
vorderseitig eines vornehmlich in der unteren Troposphäre erkennbaren
Sekundärtroges dazu) setzt Hebung ein, wodurch die in weiten Teilen des Landes
präsente tiefe Bewölkung etwas angehoben wird. Vor allem in einem von Sachsen
und dem südlichen BB über die östliche Mitte und Teile Bayerns (am wenigsten im
Süden, weil dort die Hebung zu schwach ist) bis hinunter nach BW reichenden
Korridor setzen schwache Niederschläge ein. Da insbesondere die mittlere
Troposphäre anfangs noch nicht ausreichend durchgefeuchtet ist und es somit an
Eiskeimen mangelt, besteht in den Regionen, die schon mit Frost vom Tage in die
Nacht gestartet sind, zumindest lokal die Gefahr von gefrierendem (Niesel)Regen.
In der zweiten Nachthälfte sollte die Sättigung dann aber hochreichend genug
sein, so dass die feste Phase überwiegen dürfte, auch wenn im äußersten Südosten
T850 nur bei -1°C liegt. Bis zum Morgen jedenfalls muss im genannten Korridor
vielerorts mit einer dünnen (1 bis 3 cm) Schneedecke gerechnet werden, z.T. ist
es aber auch nur Schneematsch. In einigen Staulagen hingegen reicht es für rund
5 cm Neuschnee.
Ansonsten bleibt noch festzuhalten, dass im Norden noch ein paar schwache
Schauer unterwegs sind, während es im Westen komplett trocken bleibt. Die
Temperatur geht trotz des vergleichsweise geringen Tagesgangs auf Werte um den
Gefrierpunkt bzw. in den leichten, im Bergland punktuell mäßigen Frostbereich
zurück (am ehesten frostfrei bleibt es gebietsweise im Norden). Dabei besteht
auch außerhalb der Regionen mit Niederschlag Glättegefahr durch gefrierende
Nässe oder Reif.

Sonntag ... verbleibt Deutschland auf der Nord- bzw. Nordostflanke des
Drehzentrums über dem westlichen Mittelmeer, das zunehmend Fühlung zum in
Richtung Pyrenäen ziehenden Höhentief aufnimmt. Die WLA bei uns weitet sich noch
etwas weiter nach Westen und Norden aus, dazu kommen von Süden und Osten noch
kurzwellige Troganteile, die ebenfalls einen Hebungsbeitrag leisten. Während
über Skandinavien der Luftdruck weiter steigt auf rund 1035 hPa im Zentrum,
leidet Tief LISA südlich der Alpen etwas an Konturverlust. Trotzdem ist sie auf
der Wetterkarte noch erkennbar und leistet weiterhin ihren Anteil am hiesigen
Wettergeschehen.
So kommt es morgen in einem breiten, von Ost nach West bzw. Südwest gerichteten
Streifen zu skaligen oder auch stratiformen Niederschlägen meist leichter
Intensität, die zunächst durchweg als Schnee fallen sollten. Im Laufe des Tages
kommen dann ein paar Komponenten ins Spiel, die für einen Übergang in die
flüssige Phase sprechen: Tagesgang, Durchmischung, Einsteuerung
niedertroposphärisch etwas milderer Luft. Vor allem am nördlichen Rand des
Niederschlagsgebietes, wo der Nordostwind allmählich zulegt, aber auch im Osten
(T850 nur bei -2°C), ist die Gefahr groß, dass der Schneefall in Regen übergeht.
Wo genau der Übergang erfolgt, ist quasi nicht vorhersagbar. Fakt ist, dass
oberhalb von 200-300 m durchaus 2 bis 5 cm Neuschnee bis zum Abend
zusammenkommen, etwas mehr wohl nur in wenigen exponierten Staulagen. Darunter
ist von einer zumindest vorübergehend dünnen Schneedecke über Schneematsch bis
hin zu "gar nüschts" alles möglich.
In großen Teilen Bayerns bleibt es mit Ausnahme Frankens weitgehend
niederschlagsfrei und auch in BW zieht der anfänglich leichte Schneefall peu a
peu gen Norden ab. Die Wolkendecke bleibt trotzdem weitgehend geschlossen,
lediglich unmittelbar an den Alpen bestehen Chancen für
Aufhellungen/-lockerungen. Weitgehend trocken präsentiert sich der Sonntag auch
in weiten Teilen der Norddeutschen Tiefebene, wo sich der Niederschlag von Süden
her nur infinitesimal nähert (man bedenke die Blockadewirkung des
Nordeuropahochs). Allerdings werden mit dem Nordostwind ein paar Regenschauer
von der Ostsee bis an die Küste sowie minimal landeinwärts getrieben, viel fällt
aber nicht.
Apropos Wind, der kräftige Druckanstieg über Skandinavien lässt den Gradienten
in der Nordhälfte anwachsen, so dass der Nordostwind im Norden mäßig auffrischt.
An der See muss spätestens am Nachmittag mit Böen 7 Bft, exponiert 8 Bft
gerechnet werden. Die Temperatur erreicht Höchstwerte von
-1 bis +3°C, Richtung Küste bis +5°C.

In der Nacht zum Mittwoch passiert großwetterlagenmäßig gar nicht so viel. Im
Süden bzw. Südwesten übernimmt das zu den Pyrenäen ziehende Höhentief die
Hauptrolle, während sich der schmale Hochkeil über dem Nordmeer noch etwas
landeinwärts in Richtung Nordosten bohrt. Zwar ebbt die WLA bei uns zunehmend
ab, gleichwohl bleibt eine Schliere mit Niederschlägen übrig, die von der
Norddeutschen Tiefebene bis in den zentralen Mittelgebirgsraum reicht. Während
am Nord- und Nordostrand des Niederschlagsgebiets meist Regen fällt, ist weiter
südlich die Schneephase am Start. 1 bis 5 cm, im Stau des Harzes vielleicht auch
mal bis zu 10 cm innert 12 h stehen dabei auf der Karte.
Der Nordostwind nimmt an der Küste noch etwas zu, so dass 8er-Böen häufiger
werden und exponiert einzelne "9er" in den Bereich des Möglichen rücken. In
Süddeutschland regt sich hingegen kaum ein Lüftchen, dafür wird es dort am
kältesten mit z.T. mäßigem Frost im Bergland. Örtlich bildet sich Nebel. Im
Norden bleibt es nicht zuletzt wegen des Windes überwiegend frostfrei.

Montag ... nimmt die GWL zunehmend das Muster HNFz (Hoch Nordmeer Fennoskandien
zyklonal) an. Das Hoch über Nordeuropa weitet sich nach Osten aus und reicht am
Ende des Tages vom nahen Ostatlantik bis hoch zur Barentssee, wo der Anschluss
an das monumentale Hoch über Sibirien gelingt. Im Süden verharrt das Höhentief
unweit der Pyrenäen, während das Bodentief zwischen Korsika und Löwengolf liegt.
Für uns bedeutet das weiterhin Nordostwind, der im Tagesverlauf ganz allmählich
schwächer wird. An der Küste muss aber bis mindestens zum Abend mit Böen 7 Bft,
anfangs exponiert 8 Bft gerechnet werden.
Darüber hinaus gilt es festzuhalten, dass die direkt aus dem Hoch ausfließende
Luft im äußersten Norden etwas kälter wird (T850 um -7°C am Abend), wodurch die
Chancen steigen, dass die nach wie vor über die Ostsee Richtung Küste
streichenden Schauer die feste Form annehmen. Sicher ist das aufgrund des
relativ warmen Meerwassers aber keinesfalls. Abgesetzt von den Schauern bleibt
auch am Montag die Feuchte- bzw. Niederschlagsschliere zwischen Oder/Neiße und
West-/Nordwestdeutschland erhalten, allerdings mit abschwächender Tendenz.
Aufsummiert über 12 h kommen kaum noch 5 l/qm zusammen, wobei oberhalb rund 200
m durchweg Schnee fällt, während darunter beide Phasen der Marke "nasskalt und
matschig" möglich sind.
Trocken bleibt es in Süddeutschland etwa südlich der Mainlinie, allerdings hält
sich reichlich tiefe Bewölkung, so dass die Sonne lediglich in einigen Hochlagen
(z.B. Alpen, Hochschwarzwald) zu sehen sein wird. Das Temperaturniveau ändert
sich kaum gegenüber den Vortagen.

In der Nacht zum Dienstag fächert der Gradient im Norden weiter auf, so dass
steife Böen 7 Bft an der Küste immer seltener werden. Gleichwohl können von der
Ostsee her immer noch ein paar Regen- oder Schneeschauer nach MV und das
südliche SH ziehen, evtl. sogar über den Hamburger Raum hinweg bis ins nördliche
Niedersachsen. Aufgeben tut auch das zwischen Norddeutscher Tiefebene und dem
nördlichen Mittelgebirgsraum positionierte Niederschlagsgebiet nicht, auch wenn
die Intensität weiter abnimmt. Meist fällt Schnee, mehr als ein paar wenige
Zentimeter oder auch nur etwas Matsch sind aber nicht zu erwarten.
Im Süden sorgt die zyklonal konturierte östliche Strömung dafür, dass die tiefe
Bewölkung etwas angehoben wird, so dass lokal etwas Schneegriesel oder auch
gefrierender Nieselregen möglich ist. Mit Ausnahme des unmittelbaren
Küstenstreifens geht die Temperatur auf Werte um den Gefrierpunkt oder etwas
darunter, in den Mittelgebirgen lokal unter -5°C zurück.

Dienstag ... verlagert sich das Drehzentrum im Süden etwas nach Osten.
Gleichzeitig zieht ein Tief vom nördlichen Balkan in Richtung Polen. Zwar werden
die stärksten Hebungsimpulse östlich von uns simuliert, trotzdem kommt es auch
bei uns noch zu schwachen Niederschlägen. Diese fallen oberhalb 200 bis 400 m
als Schnee, darunter ist "teils, teils" angesagt. Hinsichtlich der räumlichen
Verteilung kann es laut Modellmix fast alle Regionen treffen.
An der Ostsee nimmt der Gradient wieder etwas zu, so dass tagsüber vermehrt mit
Böen 7 Bft aus Nordosten zu rechnen ist. Temperaturmäßig ändert sich wenig bis
nix.


Modellvergleich und -einschätzung
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Obwohl die Modelle die Entwicklung sehr ähnlich sehen, ist die Prognose alles
andere als einfach. Niederschlagsprozesse bei Temperaturen um den Gefrierpunkt
sind immer eine Herausforderung, die Unwägbarkeiten wurden im Text angesprochen.
Von daher ist es auch vertretbar, beim Warnmanagement nach dem "Etappenprinzip"
zu agieren und nicht zu weit in die Zukunft zu planen. Im Falle des Harzes -
dort läuft eine Schneefallwarnung bis Montag - ist die Sache freilich sicher -
so sicher, wie Wettervorhersagen sein können.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Hoffmann