DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

02-01-2021 09:30
SXEU31 DWAV 020800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Samstag, den 02.01.2021 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
TM
Heute kurzer Zwischenhocheinfluss, ab Sonntag von Südosten leichte
Aufgleitniederschläge, meist als Schnee. Im Bergland durchweg winterlich, im
Osten und der Mitte auch bis in tiefe Lagen gebietsweise Ausbildung einer dünnen
Nassschneedecke.


Synoptische Entwicklung bis Montag 24 UTC
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Samstag... befindet sich Deutschland zwischen einem Höhentief über Südschweden
und einem sich im Abtropfen befindlichen, weiteren Höhentief über den Balearen
unter schwachem Zwischenhocheinfluss. Vom Balkan schiebt sich ein Hochkeil zu
uns hinein, der am Boden eine flache Hochdruckbrücke quer über der Landesmitte
stützt. Entsprechend gradientschwach ist das Bodendruckfeld. Nach wie vor
wetterbestimmend ist die eingeflossene erwärmte Meeresluft polaren Ursprungs mit
850 hPa Temperaturen um die -5 Grad. In der feuchten Grundschicht hält sich an
der Unterkante der Inversion, die mehrheitlich bei etwa 870 hPa zu finden ist,
tiefe Bewölkung, aus der vor allem in den frühen Vormittagsstunden hier und da
noch etwas Niederschlag fällt. Da die mittlere Troposphäre ziemlich trocken ist
und keine hochreichende Sättigung vorliegt, sind das vielfach unterkühlte
Wassertröpfchen - teils auch aus Nebelnässen. Dort, wo es nachts einmal
aufgeklart ist und die Temperaturen rasch unter 0 Grad abgerutscht sind (sowie
generell im Bergland) tritt in diesem Zusammenhang streckenweise Glätte auf. Ein
kleiner Hotspot für lokales Glatteis durch gefrierenden Regen ist aktuell noch
die Region vom Fläming über den Nordwestrand Berlins bis in die Uckermark.

Weiter nördlich schließt sich noch ein Niederschlagsband über Schleswig-Holstein
und Mecklenburg-Vorpommern an, das mit Feuchteresten des Tiefs HERMINE bei den
Ostfriesischen Inseln korreliert. Da dies bei Temperaturen zwischen +1 und +4
Grad geschieht, ist es glücklicherweise glättetechnisch irrelevant.

Das entspricht im Übrigen auch die landesweit zu erwartenden Höchstwerte sieht
man einmal von den mittleren und hohen Berglagen ab, wo es leichten Dauerfrost
gibt. Unter der sich verstärkenden Absinkinversion wird es vielerorts erneut ein
trüber Tag. Allenfalls im Bereich der Divergenzachse über der Mitte Deutschlands
und in den Kammlagen der Mittelgebirge sind einzelne Auflockerungen zu erwarten.


Interessanter ist jedoch der Blick in den äußersten nach Süden, wo sich zum
Abend hin zum einen von der Adria allmählich die Warmluftadvektion verstärkt und
zum anderen die Keilachse etwas nach Norden gedrückt wird und erste positive
Vorticityadvektion auf der Vorderseite des auf der Alpensüdseite befindlichen
Troges einsetzt. Die dadurch generierte Hebung induziert erste leichte
Schneefälle am Alpenrand zum Abend hin.

In der Nacht zum Sonntag beginnt der komplexe, da mehrkernige Tiefdruckkomplex
über Skandinavien mit dem Cut-Off über den Balearen wieder stärker zu
interagieren. Bei gleichzeitigem Abbau des Zwischenhochkeils rotieren die
genannten Schwerpunkt um eine gedachte zonal orientierte Achse über der Mitte
Deutschlands zyklonal umeinander. Damit verlagert sich das nördliche Zentrum
westwärts zur Nordsee und das südliche Cut-Off ein wenig ostwärts Richtung
Sardinien. Während es in diesem Zusammenhang an der Nordsee einzelne Schauer
gibt, setzt zeitgleich von Südosten - vor allem in einem Streifen von der
Schwäbischen Alb bis nach Sachsen Hebung ein, wobei nach Süden eher der
PVA-Anteil, in Sachsen eher die WLA überwiegt. Dabei fällt einem ins Auge, dass
der Niederschlag stark abgesetzt vom Alpenrand von den meisten Modellen
simuliert wird. Nur das IFS setzt direkt an den Alpen an. Das liegt daran, dass
der Südwind in der Höhe bis auf 850 hPa oder sogar noch etwas tiefer
runterreicht und somit kein effektives Aufgleiten stattfinden kann. Zudem sind
die für die Niederschläge wichtigen Niveaus zwischen 850 und 700 hPa noch
komplett trocken durch die Überströmung der Alpen. Folglich handelt es sich auch
nicht wirklich um eine klassische, sondern eher um eine VB-artige Wetterlage.

Das Anfeuchten der mittleren Troposphäre passiert dabei sehr zögernd, so dass
zunächst einmal erst die Hochnebeldecke etwas gehoben wird. Ergo ist vor allem
mit Beginn des Niederschlags die Gefahr gefrierenden Regens oder Sprühregens am
größten - insbesondere in den Gebieten, die tagsüber aus dem Dauerfrost nicht
herauskamen. In der zweiten Nachthälfte sollte die Sättigung allmählich
hochreichend genug sein, dass mehrheitlich die feste Phase überwiegt, auch wenn
sich von Tschechien langsam die 0 Grad-Isotherme in 850 hPa annähert.

Abseits davon gehen die Temperaturen wegen der kompakten Bewölkung nur wenig
zurück, vielfach reicht es aber dennoch für leichten Frost. Nur im Norden bleibt
es größtenteils frostfrei.

Sonntag... bestimmt weiterhin der dipolartige Höhentiefkomplex unser
Wettergeschehen. Das nördliche Zentrum erreicht die Bretagne, der südliche und
für uns prägende Kern liegt dicht westlich vor Korsika und Sardinien. Ein in 500
hPa flacher, in 700 hPa dagegen deutlich markanter ausgeprägter Kurzwellentrog
greift von Tschechien auf Ostdeutschland über. Am Boden befindet sich das
steuernde Tief über dem Golf von Genua und über dem Böhmischen Becken deutet
sich ein flaches Randtief mit Kerndruck um 1010 hPa an. Dadurch werden die
schwachen, aber kontinuierlichen Aufgleitprozesse (warmer Südostwind in der
Höhe, kalte bodennahe Strömung aus Nordost), die sich in der
Schichtdickenadvektion niederspiegeln, aufrechterhalten und weiter westwärts
gesteuert. Der Windsprung in der Höhe ist allerdings vom Übergang ziemlich
"weich" geartet, was auch die vergleichsweise geringen Niederschlagssummen mit
erklärt. Je weiter man sich der Küste nähert, desto trockener wird die mittlere
Troposphäre, die durch den Zwischenhocheinfluss noch abgetrocknet ist. Hier gibt
es allenfalls lokal kurze Schauer, wo über einen längeren Fetch der Wind noch
über das vergleichsweise warme Wasser streicht.

Ergo findet sich das skalige Niederschlagsfeld eher am Südrand des WLA Maximums
und erstreckt sich zunehmend über die Bereiche zwischen Oder und Eifel. Die
Niederschlagsphase sollte dabei mehrheitlich die feste Form tragen, lassen sich
doch in den Progtemps kaum signifikante Schmelzflächen ausmachen. Am ehesten
fällt Regen noch am Nordrand des Niederschlagsbandes, wo es bodennah mit bis zu
+4 Grad von Bremen bis Schwerin noch zu mild ist und an der Grenze zu Tschechien
und Polen (Mildeinschub in der Höhe). Gegen eine markante Glatteislage spricht
neben der überwiegend festen Niederschlagsphase zum einen die Vorgeschichte ohne
langanhaltende Frostperioden und die immer besser durchgreifende Durchmischung
mit Zunahme des Gradienten an der Nordflanke des Italientiefs bei gleichzeitigem
Druckanstieg über Skandinavien. So weht der Nordostwind über der Norddeutschen
Tiefebene schon häufig mäßig, an der See sogar frisch mit Böen der Stärke 7 Bft,
exponiert 8 Bft. So ist also unterm Strich damit zu rechnen, dass in tiefen
Lagen bei Temperaturen um oder knapp über dem Gefrierpunkt allenfalls eine dünne
Nassschneedecke, in den Städten wohl nur vorübergehend mal etwas Schneematsch
liegen bleibt oder die Rasenflächen und Autoscheiben mal leicht angezuckert
sind. Die Regionen oberhalb etwa 200-300 Meter können sich dagegen bei leichtem
Dauerfrost auf ein paar Zentimeter Neuschneezuwachs freuen. Meistens betragen
die Mengen 2 bis 5 cm. Mehr als 5 cm binnen 12 Stunden sollten es kaum werden.
COSMO-Leps sieht für den 12h Schneeanteil sogar punktuell Wahrscheinlichkeiten
über 50% in Südvorpommern und der Uckermark, wobei nicht zu erwarten ist, dass
jede Flocke liegen bleibt. Insofern fährt man mit einer "gelben
Schneefallwarnung wohl ganz gut.

Südlich der Donau bleibt es zwar bewölkt, aber meist trocken. Auf den
Alpengipfeln scheint die Sonne.

In der Nacht zum Montag vereinigen sich beide Höhentiefs über Südfrankreich. Vor
allem in 700 hPa verbleibt auf dessen Vorderseite ein nach Polen gerichteter
Trog, wobei jedoch die WLA und damit auch ein Großteil der Hebungsvorgänge
allmählich abebbt. Nichtsdestotrotz liegt strömungsparallel noch die o.e.
Feuchteschliere quer über Deutschland. Über der Norddeutschen Tiefebene bis zu
den zentralen Mittelgebirgen kommt es also weiterhin zu leichten Schneefälle, je
weiter Richtung Küste tendenziell eher Regenfällen. Die Mengen liegen meist
zwischen 1 und 5 cm. Dort, wo die flüssige Phase überwiegt punktuell auch mal
bei 10 l/qm.

Der Gradient in Küstennähe erfährt seinen vorläufigen Höhepunkt, so dass an
auflandigen Küstenabschnitten verbreitet mit Sturmböen (Bft 8 bis 9) aus Nordost
zu rechnen ist. Der starke Wind verhindert gleichzeitig die Auskühlung, so dass
der Norden abermals mehrheitlich frostfrei bleibt. Sonst tritt verbreitet
leichter, im Süden teils mäßiger Frost auf.

Montag... verbleiben abgeschlossenes Höhentief und Ausrichtung des Troges zu uns
nahezu stationär. Auch die nordöstliche Grundströmung bleibt erhalten, in der
nach immer die Feuchtereste des Vortages eingelagert sind. Durch die langsame
Abschwächung des Tiefs, geht der Gradient im Norden etwas auf. Gleichwohl treten
an der See noch immer Windböen Bft 7 auf. Zwar hat sich an den generellen
Luftmasseneigenschaften nichts geändert, aber aus dem Skandinavienhoch fließt
allmählich etwas kältere und trockenere Polarluft aus mit 850 hPa Temperaturen
von -8 Grad. Insofern steigen die Chancen, dass auch in Küstennähe die
Niederschläge immer mehr in die feste Phase übergehen. Die milde Vorgeschichte
und die Wassertemperaturen von rund 4 Grad verhindern aber wohl selbst in
Ostseeschauerstraßen weiße Überraschungen.

Relevanter ist da wohl das verbleibende Niederschlagsband, das sich noch immer
von der Oder bis zum Niederrhein erstreckt. Die 12h-Summen liegen aber
allenfalls bei 1 bis 5 l/qm, im Stau des Harzes vielleicht bis 10 l/qm. Gerade
in den dortigen Lagen oberhalb von 300 Metern hat sich das Gesamtereignis
derweil auf teils mehr als 20 Zentimeter Neuschnee akkumuliert, was per
Definition eine markante Schneefallwarnung rechtfertigen würde (siehe
Modellvergleich). In tiefen Lagen bleibt es bei Tageshöchstwerten von 0 bis +3
Grad eher die nasskalte, matschige Variante.
Im Süden bleibt es ähnlich wie an den Vortagen zwar meist dicht bewölkt, aber
trocken bei mitunter leichtem Dauerfrost.

Modellvergleich und -einschätzung
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Die groben Abläufe werden einheitlich simuliert. Bei der Niederschlagsverteilung
am morgigen Sonntag gibt es noch Unterschiede. So ist die deutsche Modellkette
und mit Abstrichen auch das GFS sehr zurückhaltend, was die Ausbreitung des
Niederschlagsgebietes nach Norden betrifft. Die Nordhälfte Niedersachsens und
Mecklenburg-Vorpommern wird hier komplett ausgespart. IFS und Euro4 sind da
deutlich forscher, letztgenanntes auch (wie üblich) bei den Mengen, die in
Brandenburg und Sachsen-Anhalt punktuell bis 15 l/qm reichen. Die Probabilistik
und der Vergleich mit anderen Modellen legt aber nahe, dass mehrheitlich eher 5
bis 10 l/qm binnen 12 Stunden wahrscheinlich sind - es sich also im Wesentlichen
um eine "gelbe" Schneelage handelt. Allenfalls für die Staulagen des Ostharzes,
wo bis Montagabend teils mehr als 205 cm Neuschnee fallen könnten, käme eine
"ocker" Schneefallwarnung eventuell in Betracht.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Robert Hausen