DWD Synoptische Übersicht Mittelfrist

01-01-2021 10:01

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Freitag, den 01.01.2021 um 10.30 UTC



Unbeständig und mäßig kalt bis kalt mit zeit- und gebietsweisen meist leichten
Niederschlägen, im Norden teils noch Regen, sonst Schnee. An der Küste anfangs
windig.
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Synoptische Entwicklung bis zum Freitag, den 08.01.2021


Am Montag, zu Beginn des mittelfristigen Vorhersagezeitraumes, befindet sich
Deutschland unter dem Einfluss eines Langwellentroges, der vom Weißen Meer über
die Ostsee bis nach Mittel- und Westeuropa reicht. Nach Lesart des gestrigen
IFS-Frühlaufes handelte es sich dabei um ein abgetropftes Höhentief. Im
aktuellen Lauf vollzieht sich der Abtropfungsvorgang nur eingeschränkt. Das tut
freilich der Wetteraktivität kaum Abbruch. Der Trog weist zum Mittagstermin über
dem Pyrenäenraum ein Drehzentrum auf, das sich im Tagesverlauf nur geringfügig
ostwärts verlagert. Das Ganze korrespondiert mit tiefen Luftdruck am Boden
(Zentren morgens südlich von Bordeaux und im Raum Prag), wobei an der Nordflanke
die Reste feuchter und auch geringfügig milderer Luft in den Norden und die
Mitte Deutschlands geführt werden. Diese sorgen in jenen Regionen für
Niederschlag, der bei 850 hPa-Temperaturen zwischen -3 und -7 °C im Norden als
Regen, in der Mitte zumindest zum Teil und je nach Intensität als Schnee oder
Schneeregen fällt. Dadurch, dass über Skandinavien noch ein recht kräftiges Hoch
(mehr als 1035 hPa im Zentrum) liegt, herrscht über dem äußersten Nord ein ganz
veritabler Gradient, der an der Ostsee und von Ostfriesland bis Cuxhaven für
steife bis stürmische Böen aus Nordost sorgt.
Auf der Vorderseite des Troges kommt es im Tagesverlauf über Griechenland zu
einer Zyklogenese. Das entstehende Tief zieht nordwärts und erstreckt sich zum
Tageswechsel über Bulgarien und Rumänien, wo es für recht kräftige Niederschläge
sorgt.

Am Dienstag verlagert sich das Drehzentrum des Troges noch etwas ostwärts und
bildet einen Dipol über dem Löwengolf und dem Golf von Genua, woraus sich zum
Abend zwei eigenständige Höhentiefs bilden. Die Reste der feuchten Luft im
Wechselspiel mit tiefem Geopotenzial sorgen bei uns bei weitgehend unveränderten
Temperaturverhältnissen besonders im Norden, vereinzelt auch in der Mitte und im
Süden für etwas Regen (v.a. im Norden) oder Schneeregen/Schnee. Das o.e. Tief
nimmt im Tagesverlauf über den Osten der Slowakei Kurs auf Polen. Seine
Niederschläge greifen ab etwa Mitternacht auf den äußersten Nordosten über,
wobei wohl die flüssige Phase zu finden sein wird. Ausgangs der Nacht liegt das
Tief dann über der Pommerschen Bucht.

Am Mittwoch tropft der inzwischen weite Teile Europas überdeckende Trog
vorübergehend ab, nimmt aber alsbald wieder Kontakt zu einem neuerlichen
Trogvorstoß beim Island auf. "Unser" Tief zieht unter allmählicher Rinnenbildung
zu den dänischen Inseln, wobei es im äußersten Norden etwas regnet oder
schneeregnet. Sonst ist Niederschlag unter schwachem Zwischenhocheinfluss eher
die Ausnahme. Erst zum Abend setzt im Süden Deutschlands auf der Nordflanke
eines Tiefs im Raum Triest leichter Schneefall ein. Die T850 liegt weiterhin
zwischen -4 und -8 °C.

Am Donnerstag stößt der Trog von Island über die Britischen Inseln auch zu uns
vor. Über dem Süden Deutschlands entsteht ein eigenes Drehzentrum, das sich
abends nach Tschechien verlagert. 500 hPa-Temperaturen um die -34 °C halten die
schwache Niederschlagstätigkeit über Süddeutschland am Leben, während sonst eher
antizyklonale Krümmung am Boden dämpfend auf den Trogeinfluss wirkt.
Gleichzeitig sinkt landesweit die T850 auf Werte um -8 °C, sodass Niederschläge,
so sie denn fallen, abgesehen von der unmittelbaren Küstenregion durchweg als
Schnee niedergehen. Die Rinnenbildung über der Ostsee und Nordpolen vollzieht
sich weiter, abends ist über der Danziger Bucht ein neues abgeschlossenes Tief
zu finden.

Am Freitag befindet sich (wie auch schon am Donnerstag) ein markantes
Drehzentrum über den Britischen Inseln. Dieses korrespondiert mit einem
Bodentief über der Irischen See. Dessen Ausläufer erreicht zum Abend den
äußersten Westen, wo es dann und in der Nacht zum Samstag vor allem westlich des
Rheins leicht bis mäßig schneit. Das o.e. kleinräumige Tief zieht von der
Danziger Bucht leicht westwärts, wodurch es im äußersten Nordosten etwas
schneit. Sonst bleibt es bei Zwischenhocheinfluss meist niederschlagsfrei. Mit
T850-Werten um -10 °C ist es niedertroposphärisch noch etwas kälter als an den
Vortagen.


Wie bei diesen 850 hPa-Temperaturen üblich, quälen sich die
Tageshöchsttemperaturen im gesamten betrachteten Zeitraum auf Werte im niedrigen
einstelligen Bereich, wobei das Niveau insgesamt leicht sinken dürfte. Regional
gibt es auch leichten Dauerfrost. In den Nächten ist verbreitet mit leichtem bis
mäßigem Frost zu rechnen.
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Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs


Während die großräumigen Strukturen bis Dienstag/Mittwoch recht konsistent
gerechnet werden, liegt der Teufel wie so oft im Detail. Es ist noch nicht ganz
klar, wann wo welches Bodentief mit welcher Intensität seine Wirkung tut. Ab
Donnerstag divergieren die Läufe dann eigentlich vollkommen. Die im gestrigen
Frühlauf noch apostrophierten (und von GFS durchaus unterstützten) Schneefälle
im Südosten und Osten sind im aktuellen Lauf vollkommen vom Tisch.
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Vergleich mit anderen globalen Modellen


Die Grundideen sind bei allen Modellen gleich, jedoch entwickeln sie die
Ausgangssituation sehr unterschiedlich weiter. So lässt GFS das über
Griechenland entstandene Tief in der Nacht zum Mittwoch und am Mittwoch über die
zentralen Teile Deutschlands westwärts ziehen. Dabei würde es auf der kalten
Seite im Süden Deutschlands schneien, sonst fiele verbreitet Regen. Bei ICON
hingegen bleibt das Tief über Polen hängen und lässt es an seiner Westflanke vor
allem im Nordosten und Osten schneien. Spätestens ab Donnerstag ist die
Trogkonfiguration zwischen den Modellen nicht mehr vergleichbar. Bei GFS liegen
wir noch unter einem abgeschlossenen Höhentief, bei ICON stößt ein Rücken statt
des IFS-Troges nach. Den gibt es dafür am Freitag, wobei ICON über dem Skagerrak
ein Tief zeigt, dessen Frontensystem von Nordwesten übergreift. GFS lässt dann
v.a. noch den Nordosten im Bereich des Höhentiefs, während am Boden ein vom
Nordatlantik über die Britischen Inseln zu uns vorstoßender Keil gerechnet wird.

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Bewertung der Ensemblevorhersagen


Die Rauchfahnen für eine repräsentative Auswahl deutscher Städte zeigt über den
gesamten Zeitraum einen relativ stark gebündelten Verlauf der Kurvenschar,
sowohl bei der 850 hPa-Temperatur als auch beim Geopotenzial. Haupt- und
Kontrolllauf liegen dabei jeweils in etwa mittig im Bereich der
wahrscheinlichsten Lösung. Der Verlauf der Kurven fällt dabei im betrachteten
Zeitraum allmählich ab. Niederschlagssignale gibt es durch die Bank weg, wobei
der deterministische Lauf häufig von einigen Ensemblemitgliedern mehr oder
weniger deutlich übertroffen wird. Das gilt besonders am Dienstag/Mittwoch im
Norden und in Teilen der Mitte. Man darf also gespannt sein, ob es nicht doch
noch etwas mehr Regen oder Schnee gibt.

Beim Clustering für den Zeitraum von Montag bis Dienstag (T+72...96h) gibt es
diesmal gleich sechs Cluster, die mit zwölf, elf, zweimal acht, sieben und fünf
Membern gar nicht mal so ungleich verteilt besetzt sind. Dabei korrespondiert
der Kontrolllauf mit dem zweiten, der deterministische Lauf mit dem vierten
Cluster. Auf den ersten Blick ähneln sich die Cluster auch sehr stark, jedoch
fällt auf, dass sowohl das Drehzentrum des Troges/Höhentiefs leicht versetzt
ist, als auch Bodentiefs (auch das über Griechenland/Südosteuropa entstehende)
durchaus anders gerechnet werden. Das hat dann freilich in der Folge auch
Auswirkungen auf unser Wettergeschehen.
Für den Zeitraum von Mittwoch bis Freitag gibt es hingegen nur noch drei Cluster
(25/14/12 Member). Der Kontrolllauf lässt sich dem zweiten, der deterministische
Lauf dem ersten Cluster zuordnen. Diese unterscheiden sich schon deutlicher in
der Konfiguration des Troges. So kippt dieser im dritten Cluster zunehmend in
einer zonale Ausrichtung. Zudem nimmt im dritten Cluster kein Tief Kurs auf uns,
sondern es etabliert sich am Rande eines Hoch westlich der Britischen Inseln
eine relativ glatte südwestliche Bodenströmung. Von einem Tief bei den
Britischen Inseln will diese Variante gar nichts wissen.
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Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen


Viel gibt die Wetterlage nicht an markant zu bewarnenden Ereignisse her. Nur am
Montag sind an der Ostsee- und an der ostfriesischen Küste stürmische Böen aus
Nordost wahrscheinlich. Zwar gibt es im Mittelfristzeitraum immer mal wieder
Schneefälle, jedoch bleiben sie aller Wahrscheinlichkeit nach in der Kategorie
"gelb". Einzig ICON hält für den Mittwoch noch die Möglichkeit markanter
Schneefälle im Osten und Nordosten offen.
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Basis für Mittelfristvorhersage
IFS, IFS-EPS, MOSMix
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VBZ Offenbach / M.Sc. Met. Stefan Bach