DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

01-01-2021 09:01
SXEU31 DWAV 010800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Freitag, den 01.01.2021 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
TM
Zunehmender Hochdruckeinfluss und häufig nachlassende Niederschläge. Nachts
Frost und Glätte. Ab der Nacht zum Sonntag von Süden her neue Schnee- und
Regenfälle, im Osten Glatteisgefahr.

Synoptische Entwicklung bis Sonntag 24 UTC
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Freitag... thront weiterhin ein umfangreicher Langwellentrog über großen Teilen
Europas. Da er von zwei blockierenden Rücken flankiert wird, zeigt er nur
widerwillig ostwärtige Progression. Vielmehr wird in Richtung Iberische
Halbinsel eine Austropfung induziert, die sich als Gegenpart zu einem über
Skandinavien befindlichen weiteren Schwerpunkt des Troges herausstellt. Während
der südliche Teil nur ein Drehzentrum aufweist, gibt es im nördlichen Teil
mehrere Drehzentren. Interessant ist vor allem das Drehzentrum über Südschweden,
das die höhenkälteste Luft mit Temperaturen bis -37 Grad aufweist. Allerdings
schiebt dieses Höhentief in Zusammenarbeit mit Bodentief HERMINE eine Schleppe
WLA in den Norden Deutschlands, sodass es dort zu Regenfällen (1 bis 10 mm bis
zum Abend) kommt. Es fällt auf, dass EZMW und EURO4 die Niederschläge von Norden
her bis in den Hamburger Raum ausdehnen, während die deutschen Modelle nur bis
etwa der Mitte Schleswig-Holsteins vorankommen. Die feste Phase kann anfangs
Richtung Nordosten dabei sein, ohne dass dies zu Glätte führt, da die
Temperaturen tagsüber mit 2 bis 4 Grad zu hoch sind.
Richtung Landesmitte schließt sich im Norden ein Streifen an, in dem es heute
größtenteils trocken bleibt. Dort macht sich bereits zwischen den beiden
Höhentiefschwerpunkten aufkommendes leichtes Absinken bemerkbar. Dieses wird zum
Nachmittag hin zunehmend auch in der Mitte und im Süden wirksam, weil der
Abschnürvorgang über der Iberischen Halbinsel weiter voranschreitet. Dabei
wölben sich sowohl von Frankreich her als auch auf der anderen Seite von den
Britischen Inseln her flache Rücken auf, die aufeinander zulaufen und die
zwischen dem Azorenhoch und einem weiteren Hoch über Südosteuropa eine schwache
Hochdruckbrücke induzieren.
Zuvor gibt es in der Mitte und im Süden noch schwache Niederschläge, die im
Zusammenhang mit einer sich auflösenden Okklusion des Tiefs JULIA mit Zentrum
über dem Osten Deutschlands stehen. Mit der Okklusion lassen sich zwei Feuchte-
bzw. Niederschlagsbänder finden, wovon eines sich heute Morgen etwa von der
Eifel und dem Hunsrück bis in den Berliner Raum erstreckt, die Niederschläge
aber vor allem nach Westen hin bereits nachlassen. Das zweite Niederschlagsband
reicht aktuell vom südlichen Schwarzwald über die Schwäbische Alb bis zum
nördlichen Bayerischen Wald. Beide Niederschlagsbänder zerfleddern unter dem
zunehmenden antizyklonalen Einfluss immer mehr, sodass abends fast nichts mehr
von den Niederschlägen über bleibt.
Die Schneefallgrenze kann tagsüber auf rund 200 bis 400 m taxiert wird, im Osten
geht sie zum Teil bis ganz hinunter. Summa summarum sind allerdings meist nur
noch 1 bis 3, örtlich noch bis 4 cm Neuschnee zu erwarten.
Am Nachmittag können sich dann einige Auflockerungen vom Norden bis in die Mitte
vorarbeiten, im Süden deuten sich unter den Resten der feuchten Luft noch
stärker bewölkte Verhältnisse an.
Die Temperaturen steigen auf 0 Grad im Südosten und im Bergland und bis 5 Grad
im Südwesten und an der Nordsee.

In der Nacht zum Samstag bleibt der Norden im Einflussbereich des Höhentiefs
über Skandinavien. HERMINE füllt sich zwar langsam auf, die Feuchtigkeitsfelder
des Tiefs und noch WLA vor allem nach Osten hin bringen aber vom nördlichen
Schleswig-Holstein bis zur Ostsee noch zeitweilige Regenfälle, ganz im Osten
auch Schnee ohne größere Schneeakkumalationen, jedoch mit Glättegefahr.
Im großen Rest des Landes wirkt sich nun das ansteigende Geopotenzial zwischen
den beiden Höhentiefzentren sowie der dazwischenliegenden Hochdruckbrücke durch
Absinken stärker aus. So bleibt es größtenteils trocken und örtlich lockern die
Wolken auf, insbesondere in der Mitte. Da der Wind nur noch schwach unterwegs
ist, bildet sich wieder häufiger Nebel.
Dieser kann bei Tiefsttemperaturen von 0 bis -7 Grad gefrieren, sodass dadurch
und durch überfrierende Nässe sonst häufiger Glättegefahr besteht. Etwas milder
bleibt es im Norden, dort sinken die Temperaturen nur auf 3 bis 0 Grad. Ganz im
Norden Schleswig-Holstein sind zum Morgen hin Auflockerungen möglich, sodass die
Temperaturen knapp unter 0 Grad sinken können und ebenso Glättegefahr besteht.


Samstag... schwindet der Tiefdruckeinfluss im Norden, weil der zwischen den
beiden Höhentiefzentren gelegene Rücken sich ein wenig mehr nach Norden
aufwölbt. Durch die zurückgebliebenen Feuchtefelder von Tief HERMINE treten noch
letzte leichte Regenfälle, nach Osten hin auch mit Schnee vermischt, auf.
Ansonsten dominiert der Hochdruckeinfluss und es bleibt meist trocken. Örtlich
hält sich Nebel länger in den Tag hinein. Zum Teil lockern die Wolken wieder
auf, erneut hauptsächlich in der Mitte. Nach Süden hin werden die Wolken dagegen
schon wieder dichter. Dort steuert das neue Tief LISA über dem Golf von Genua,
das durch Zyklogenese durch den Abtropfprozess über der Iberischen Halbinsel
entsteht, bereits Hebungsprozesse Richtung Süddeutschland.
Der Wind weht größtenteils nur schwach aus unterschiedlichen Richtungen, im
südlichen Bergland frischt er zeitweise ein wenig auf.
Die Temperaturen steigen auf -3 bis 1 Grad im Südosten sowie auf den Bergen und
auf 1 bis 5 Grad sonst.

In der Nacht zum Sonntag verlagert sich der Höhentiefschwerpunkt von
Skandinavien in Richtung Nordsee, wobei ein Anteil daraus Richtung Biskaya
hinausläuft. Im Zusammenhang damit kann es im äußersten Norden hier und da ein
paar Tropfen geben.
Interessanter ist aber die Entwicklung von Tief LISA. Es baut von Süden her
nicht nur die Hochdruckbrücke ab, sondern steuert zunehmend Hebungsgebiete,
vornehmlich durch WLA getriggert, von Südosten her bis in die Mitte
Deutschlands. Damit kommen Schneefälle auf, da bodennah eine nordöstliche
Strömung vorherrscht und auch die T850 hPa meist um -5 Grad liegen. Nach Osten
hin gibt es jedoch einen Einschub milderer Luft mit T850 hPa bis nahe 0 Grad,
sodass eine "warme Nase" die Schmelzflächen groß genug lassen sein würde für
Regen. Angesichts des zu erwartenden Frosts bei Tiefstwerten von 0 bis -6 Grad
käme damit das Thema Glatteisregen auf die Agenda, das die Modelle bis zum
Morgen aber noch sehr zurückhaltend formulieren.
Dort, wo Schnee fällt, kommen bei meist nur geringen Niederschlagsmengen 1 bis
3, lokal um 5 cm Neuschnee zusammen.
Die Lage wird von den Modellen her hinsichtlich Mengen und räumlicher Ausdehnung
noch nicht einheitlich simuliert, wenn auch mit den Morgenläufen eine
Angleichung stattgefunden hat.
Der nunmehr auf Nordost drehende Wind nimmt leicht zu, sodass Nebel kaum noch
auf dem Zettel steht. Am ehesten tritt er im Norden auf, da dort der Gradient
und damit der Wind noch schwächer ist.

Sonntag... dehnt sich der Einfluss von Tief LISA noch weiter nach Norden aus.
Östlich des Alpenhauptkamms kommt es im Zuge dessen zu einer schwachen
Zyklogenese, wobei das resultierende Tief die Aufgaben von LISA übernehmen und
langsam nördlich gen Polen ziehen soll. Die Aufgleitniederschläge dehnen sich
weiter nach Norden aus, ausgenommen davon bleibt wahrscheinlich noch der
äußerste Nordwesten (Emsland bis Schleswig-Holstein).
Die Niederschlagsmengen betragen 1 bis 5, lokal bis 10 mm (cm). Dabei überwiegt
im Westen die feste Phase, bei Höchstwerten von -1 bis 3 Grad ist die
"Schneeliegenbleibgrenze" bei etwa 200 m zu finden. Nach Osten hin wird
allerdings die etwas mildere Luft in T850 hPa bis nahe 0 Grad durch das neue
Tief allmählich nach Norden geführt. Weil die Schmelzflächen dann immer noch
ausreichen, regnet es dort zum Teil. Bei Temperaturen knapp über dem
Gefrierpunkt, am Boden aus der kalten Nacht auch tiefer, muss weiterhin mit
gefrierendem Regen gerechnet werden. Dafür zeigen die Modelle ein paar mehr
Signale als in der Nacht, eine überregionale Glatteislage erwächst daraus aus
heutiger Sicht aber (noch) nicht.
Meist trocken bleibt es dagegen in Südostbayern, dort fehlt die WLA-bedingte
Hebung. Auflockerungen bleiben dort jedoch Mangelware.
Durch das neue nach Polen ziehende Tief wird der Gradient insbesondere nach
Norden hin zusammengedrückt, was an der See starke Böen Bft 7, exponiert vor
allem an der Ostsee auch stürmische Böen Bft 8 hervorruft.

Modellvergleich und -einschätzung
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Die großsaklige synoptische Situation ist in den Modellen unstrittig. Im Detail
gibt es noch gewisse Unterschiede, die aber zunächst nicht warnrelevant sind. In
der Nacht zum Sonntag und am Sonntag werden die Unterschiede in der Ausbreitung
und der Phase des Niederschlags für das Warngeschäft wichtig. Bis dahin sollten
neue Modellläufe hinsichtlich dieser Kriterien neue, detailliertere Aufschlüsse
geben können.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Simon Trippler