DWD Synoptische Übersicht Mittelfrist

31-12-2020 10:30

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Donnerstag, den 31.12.2020 um 10.30 UTC



Unbeständig mit zeitweiligen Niederschlägen, teils als Schnee. Vor allem an den
Küsten windig.
__________________________________________________________

Synoptische Entwicklung bis zum Donnerstag, den 07.01.2021


Am Sonntag, zu Beginn des mittelfristigen Prognosezeitraumes, erstreckt sich zum
Tagesanfang über dem Nordatlantik ein breiter Höhenrücken, der ein Hoch mit
Zentrum westlich der Britischen Inseln stützt. Östlich flankiert wird dieser
Höhenrücken von einem Langwellentrog, der von Fennoskandien über weite Teile
West- und Mitteleuropas bis ins westliche Mittelmeer und nach Nordafrika reicht.
Dieser, mehrere Drehzentren aufweisende, Trog ist mit Höhenkaltluft angereichert
- verbreitet herrschen zwischen -27 und -37 °C im 500 hPa-Druckniveau. Im
Tagesverlauf tropft der Höhentrog ab und bildet ein mächtiges Höhentief über
West- und Mitteleuropa sowie dem westlichen Mittelmeer. Dieses korrespondiert
mit tiefem Luftdruck am Boden, wobei das "Haupttief" mit seinen Kernen über dem
Löwengolf, der Adria und bei Sardinien zu finden ist. Gleichzeitig schafft ein
kleinräumiges Tief den Sprung über die Alpen, das feuchte Luft aus dem
(zentralen und östlichen) Mittelmeerraum in seine Zirkulation einbezieht. Das
sorgt vor allem nördlich der Donau für Niederschläge, die bei 850
hPa-Temperaturen zwischen -1 °C im äußersten Nordosten und -8 °C an der Grenze
zu Belgien selbst in tiefen Lagen zumindest zum Teil als Schneeregen oder Schnee
fallen. Über Skandinavien kann sich derweil ein neuer Hochschwerpunkt (> 1035
hPa im Zentrum) bilden. Entsprechend verschärft sich der Luftdruckgradient ab
dem Abend und in der Nacht zum Montag im äußersten Norden. Dann gibt es dort
steife, an der See teils stürmische Böen aus Nordost.

Am Montag etabliert sich nun endgültig eine Hochdruckzone über Nordeuropa, die
schlussendlich bis weit nach Sibirien reicht (im Grund genommen ist es ein Keil
jenes sibirischen Hochs). Das Höhentief ändert sich im Grunde genommen kaum in
Position und Gestalt, sondern dreht sich mehr oder weniger genau um ein
Drehzentrum über Südfrankreich. An seiner Südostflanke kommt es über dem Balkan
zu einer Zyklogenese. Das entstehende Tief zieht im Tagesverlauf in den
Karpatenraum und sorgt in Südosteuropa gebietsweise für recht kräftige
Niederschlag. Das zunächst noch für uns wetterbestimmende Bodentief zieht über
Benelux nach Nordfrankreich und zum Ärmelkanal. Seine "frontalen" Reste sorgen
im Norden und Osten noch für zeitweilige Niederschläge, meist in Form von Regen,
teils aber auch mit Schnee vermischt oder als nasser Schnee. Der Wind lässt
etwas nach, weht aber an den Küsten (vor allem an der Ostsee) und im
schleswig-holsteinischen Binnenland noch mit steifen, exponiert auch stürmischen
Böen.

Am Dienstag bleibt der hohe Luftdruck über Nordeuropa (mehr als 1040 hPa über
Finnland und Nordwestrussland) erhalten. Das o.e. Tief erreicht morgens die
Tatra, zieht tagsüber weiter über Polen und erreicht abends die Oder. Zum
Tageswechsel ist es über Nordwestdeutschland zu finden. Mit ihm einher gehen
Niederschläge, die im Norden häufig noch als Regen (T850 um -1 °C), in der Mitte
auf der kalten Seite des Tiefs zumindest teilweise als Schnee fallen. Allzu groß
fällt die Akkumulation aber auch dort nicht aus. Der Wind weht ähnlich wie an
den Vortagen vor allem im Küstenbereich mit steifen, exponiert stürmischen Böen
aus meist nordöstlicher Richtung.

Am Mittwoch zieht das Tief weiter in die südliche Nordsee und nach Ostengland.
In seinem Schlepptau (man kann mit seeehr viel gutem Willen eine Okklusion
konstruieren) regnet oder schneeregnet es im äußersten Norden noch etwas. Zu
Tagesbeginn kann es auch im Westen noch etwas Schneeregen oder Schnee geben, der
aber alsbald nach Benelux abzieht. Zum Abend liegen die 850 hPa-Temperaturen
dann verbreitet zwischen -5 und -9 °C. Ausgangs der Nacht zum Donnerstag greifen
dann ausgehend von einem Tief über Italien Schneefälle auf den äußersten
Südosten über.

Dieses Tief zieht dann am Donnerstag über die Adria nach Kroatien. Aufgleiten
induziert dabei Niederschläge, die in überwiegend fester Form im Tagesverlauf
auf das restliche Bayern und in der Folge auch auf den Osten und Teile der Mitte
übergreifen. Dann sind markante Schneefälle möglich. Ob dieses Szenario aber
tatsächlich so eintritt, muss noch abgewartet werden. Die letzten beiden Läufe
hatten das jedenfalls so nicht im Programm. In der Nacht zum Freitag frischt
zudem der Wind neben der Ostsee (Bft 7 bis 8) vor allem auch in Bayern stark
böig auf, sodass es im Freistaat möglicherweise zu Verwehungen kommen könnte.

Über der gesamten mittelfristigen Prognosezeitraum liegen die Tageshöchstwerte
meist zwischen 0 und 3 °C. Im Mittelgebirgsraum sowie im Süden, zur Wochenmitte
dann auch im Osten, gibt es teilweise leichten Dauerfrost. Nachts gibt es
verbreitet leichten, in den Mittelgebirgen und südlich der Donau mäßigen Frost.

__________________________________________________________

Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs


Der aktuelle Lauf des IFS zeigt gegenüber den Vorläufen zunächst keine neuen
Ideen, das kleinräumige Tief wird nun konsistent gerechnet. Erst ab Wochenmitte
divergieren die Läufe in ihren Lösungen stark. So ist der neueste Lauf zwar
niedertroposphärisch milder, jedoch auch im Südosten und Osten
niederschlagsreicher. Es bleibt also spannend, ob die aktuell apostrophierten
Schneefälle am Donnerstag im Südosten und Osten tatsächlich so kommen.
__________________________________________________________

Vergleich mit anderen globalen Modellen


Die vorliegenden Globalmodelle ähneln sich in ihrem großräumigen Setup zunächst,
wenngleich Details freilich leicht anders gerechnet werden. In erster Linie
erwähnenswert ist, dass GFS das Tief am Dienstag und Mittwoch auf ähnlicher Bahn
und mit gleicher Intensität ziehen lässt wie IFS, nur ganz leicht
phasenverschoben. Bei ICON hingegen soll das Tief über Osteuropa nach Norden
ziehen und dann am Mittwoch im Osten für Niederschläge (meist Schnee) sorgen.
Auf seiner Rückseite stößt bei ICON ein Rücken vom Nordatlantik zu uns herein.
Bei IFS und GFS bleibt in der Höhe zyklonaler Einfluss erhalten, wenngleich
dieser bei IFS sein Drehzentrum über Nordfrankreich hat und bei GFS eher über
dem östlichen Mitteleuropa. Mit letzterem Umstand korrespondiert auch die vom
GFS gezeigte Tiefdruckentwicklung über Tschechien bzw. dem Balkan, die die
Schneefälle in der Nacht zum Donnerstag und am Donnerstag selbst in
modifizierter Form brächte. Es bleibt also spannend...
__________________________________________________________

Bewertung der Ensemblevorhersagen


Die Rauchfahnen einer repräsentativen Auswahl deutscher Städte zeigt bei der 850
hPa-Temperatur einen moderat breit gefächerten Verlauf, wenngleich einzelne
Lösungen auch mal stark nach oben oder unten abhauen. Haupt- und Kontrolllauf
liegen durchweg im Bereich der wahrscheinlisten Lösungen, im Norden jedoch eher
an seinem oberen Ende, in der Mitte eher und im Süden definitiv an seinem
unteren Ende. Insgesamt wird mit den Ensembles die auch oben im Text angegebene
Spannweite zwischen -1 und -9 °C abgedeckt. Zunächst bleibt das Niveau recht
konstant, fällt dann aber vor allem im Norden ab Wochenmitte auf ähnliche Skala
wie Süddeutschland.
Auch die 500 hPa-Geopotenzial-Kurvenschar ist recht gebündelt und zeigt im
betrachteten Zeitraum nicht allzu viel "Bewegung" um die 540 gpdam herum, wobei
Haupt- und Kontrolllauf relativ mittig im Bereich der wahrscheinlichsten Lösung
liegen. Einzelne Ensemblemitglieder zeigen vor allem ab Dienstag und Mittwoch
Ausreißer nach oben, was der ICON-Lösung nahe käme.
Niederschlagssignale gibt es eigentlich durchweg, wobei der deterministische
Lauf häufig von zahlreichen Membern gestützt wird. Die donnerstägliche
HRes-Niederschlagsspitze im Südosten und Osten wird zwar nicht vom Kontrolllauf,
aber von einigen Membern gestützt.

Beim Clustering gibt es für den Zeitraum von Sonntag bis Montag (T+72...96h)
drei Cluster, die mit 24, 14 und 13 Membern besetzt sind. Der Kontrolllauf
korrespondiert mit dem ersten, der deterministische Lauf mit dem zweiten
Cluster. Für Mitteleuropa zeigen sich nur marginale Unterschiede.
Für den Zeitraum von Dienstag bis Donnerstag (T+120...168h) erhöht sich die
Anzahl der Cluster auf vier, die jedoch mit 15, 14, 13 und neun Membern relativ
gleich stark besetzt sind. Der Kontrolllauf korrespondiert weiter mit dem
ersten, der deterministische Lauf mit dem zweiten Cluster. Diese unterscheiden
sich in der Positionierung sowohl der Höhentief-Drehzentrum als auch der
Bodentiefs (und deren Intensität). Das hat freilich Auswirkungen auf die
Niederschlagstätigkeit und auch das Temperaturregime. Das dritte Cluster bringt
beispielsweise eine ähnliche Zugbahn wie ICON und simuliert am Donnerstag
hierzulande eine nördliche Strömung statt einer mehr oder minder östlichen
Strömung wie bei Cluster II (entspricht HRes) oder Cluster IV.

FAZIT: Es bleibt also insbesondere ab Wochenmitte spannend.
_________________________________________________________

Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen


Abgesehen von zeitweilig in Böen stürmisch auffrischendem Nordostwind an den
Küsten (siehe oben) gibt die Lage nicht viel her, was signifikante
Wettererscheinungen angeht. Erwähnenswert ist noch der leichte Dauerfrost, der
gebietsweise im Süden, teils auch im Mittelgebirgsraum und ab Wochenmitte auch
im Osten herrscht. Darüber hinaus muss man die möglicherweise markanten
Schneefälle im Südosten und Osten zum Donnerstag auf dem Tableau haben.
________________________________________________________

Basis für Mittelfristvorhersage
IFS, IFS-EPS, EZ-MOS
________________________________________________________


VBZ Offenbach / M.Sc. Met. Stefan Bach